Spezial-Beitrag

Assistenzsysteme im Mähdrescher: Guter Fahrer und/oder Assistent?

Der Mähdrescher ist ein Paradebeispiel für die Digitalisierung in der Pflanzenproduktion. Und er bietet von der Einstellhilfe bis zur Einstellautomatik alles, was das Herz begehrt.

Interessierte Fahrer können die automatische Regelung der Mähdrescher-Einstellung sinnvoll nutzen. (Bildquelle: Bensing (1), Bertling (3), Tovornik (2), Wilmer (4), Werkbilder (7))

Regeltechniken für die Führung von Erntevorsatz und Hangausgleich sind auch bei Mähdreschern der kleineren Leistungsklassen schon länger Standard. Selbst weitere Auto­matik­funk­tionen — z. B. die Anpassung der Gebläsedrehzahl an die Hangneigung — haben sie von den Mähdreschern der oberen Leistungsklassen übernommen. Die Ertragskartierung mit Kornfeuchte-Sensorik sowie GPS-geregelte Lenksysteme und Teleme­trie-Technik werden bei diesen Maschinen inzwischen ebenfalls angeboten.
Welche Mähdrescher-Typen elektronisch was und in welchem Umfang zu bieten haben, sollte vor einem Kauf geprüft werden. Auf die wesentlichen Techniken muss kein Kunde der kleinen bis mittleren Leistungsklassen verzichten, jedoch sind die einzelnen Optionspakete der Hersteller sehr unterschiedlich.

Informationstechnik

Die Systeme zur Informationstechnik für die Druschfruchternte werden zunehmend komplexer. Sie dienen vornehmlich zur Maximierung von Leistung sowie Arbeitsqualität und zur Entlastung des Fahrers. Immer mehr findet die Digitalisierung über vernetzte Informationssysteme Einzug. Die Hersteller setzen bei ihren Entwicklungen vermehrt auf unterschiedliche Technik und Baukastensysteme, wobei die Kombina­tionsmöglichkeiten beider Systeme sehr vielfältig sind:
  • Maschinengestützte Intelligenz vom Einstellassistenten bis zur Vollautomatisierung der Dresch- und Abscheideprozesse funktionieren auch ohne Vernetzung von Informationstechniken.

  • Teleservice-gestützte Systeme verbinden den Mähdrescher mit dem Server und lassen Informationsflüsse vom und zum Mähdrescher oder auch zwischen den Maschinen zu.

Maschinen-, Ertrags- und Applikationsdaten der maschinengestützten Systeme können per Teleservice über das Mobilfunknetz ohne weitere Datenverknüpfungen auf einen Server übertragen werden. Insbesondere die Maschinen- und Positionsdaten werden in den Farmmanagement-Systemen zur Optimierung der Betriebslogistik genutzt. Darin enthalten sind Arbeitszeitauswertungen zur Beseitigung mög­licher Schwachstellen in der Erntelogistik. Beispiele dafür sind JD Farmsight bzw. Operations Center von John Deere oder Fleet View mit 365 Farmnet von Claas. In diesem Markt sind außerdem auch Nicht-Mähdrescherhersteller aktiv.
Wird der Vertragswerkstatt Zugriff gewährt, kann diese bei Defekten auf die Maschine zugreifen und passende Ersatzteile in kurzer Zeit liefern bzw. direkt mitbringen und vor Ort montieren. Diese Art der Sicherung des Maschineneinsatzes ist die älteste, erstmalig von der Firma Riegger etablierte Teleservicevariante, die von der DLG schon zur Agritechnica 2001 „versilbert“ wurde.
Der Zugriff auf die Maschinendaten schafft Transparenz bei der Beurteilung möglicher Schäden. Es lässt sich z. B. einfacher diagnos­tizieren, ob technisches Versagen, unzureichende Wartung oder mangelhafte Bedienung die Ursache ist.

Big Data

Spannend wird die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Big Data-Systemen. Big Data-Systeme generieren aus den Daten vieler Zulieferer — hier Mähdrescher — neues Wissen, das für unterschiedlichste Zwecke bzw. Geschäftsmodelle nutzbar ist. John Deere stellte zur Agritechnica 2017 als erster Hersteller mit Connected Harvest ein solches System vor, das jedoch aktuell in der vorgestellten Version (noch) nicht ­verkauft wird.
Sämtliche Mähdrescherdaten lassen sich per Mobiltelefon abrufen. Ist der Farmmanager mit der aktuellen Mähdrescherleistung oder -arbeitsqualität nicht zufrieden, kann er sogar von extern die Maschineneinstellung optimieren.
Der oder die eigenen Mähdrescher können einer Vergleichsprüfung unterzogen werden. Dabei greift das System auf die Daten von Maschinen zu, die aktuell in der Region unter vergleichbaren Bedingungen arbeiten. Diese Mähdrescher werden in Kategorien mit hoher, mittlerer und geringer Arbeitsleistung sowie Arbeitsqualität bzw. Effi­zienz gegliedert. Dabei werden die Werte der eigenen Maschine/en diesen Kategorien zugeordnet. So erkennt der Nutzer direkt, mit welcher Effizienz seine Mähdrescher arbeiten.
Ähnlich arbeitet die seit 15 Jahren existierende Combine League von Claas Telematics. Auch hier kann auf die Daten anderer Mähdrescher zugegriffen werden, um die eigene Maschine bestmöglich einzustellen. Für alle Teilnehmer wird eine Rangliste der Spitzen- und der Tagesleistung erstellt. Im Unterschied zum Connected Harvest von John Deere melden sich alle Teilnehmer an und wissen folglich, dass sie Teil dieses Informationssystems sind.
Alternativ setzen beide Hersteller auf maschinengestützte Intelligenz. Der einfache Einstellassistent heißt bei Claas Cemos Dialog und bei John Deere ICA. Das 2009 vorgestellte Intelligent User Interface von New Holland wurde bisher nicht in die Serie eingeführt. Claas Cemos Dialog assistiert bei der gesamten Mähdreschereinstellung inklu­sive Erntevorsatz und Häcksler. John Deere ICA optimiert die Grundmaschine nach gesetzten Prioritäten und gehört bei den größeren Modellen der T-Schüttlerbaureihe sogar zur Serienausstattung.

Vollautomatik

Alle großen Hersteller setzen vor allem bei ihren Top-Modellen auf die automatische Mähdreschereinstellung:
  • Claas mit Cemos Automatik,

  • John Deere mit ICA2,

  • New Holland mit IntelliSense bzw. Case IH mit AFS Harvest Command sowie

  • Agco mit IdealHarvest.

Das Cemos Automatik von Claas für den Lexion (Schüttler- und Rotor-Modelle) beinhaltet...

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