Aus dem Heft

Fach- und Führungskräfte in Lohnunternehmen: Mitarbeiter finden und halten

Qualifizierte Mitarbeiter zu finden, die auch in Leitungspositionen arbeiten wollen und können, ist oft nicht einfach. Wir haben uns in Theorie und Praxis umgehört. Und dabei festgestellt, dass die Praktiker bisher noch weniger Probleme sehen als ihnen die Wissenschaft voraussagt. INoch ist der Bedarf an Führungskräften in Lohnunternehmen eher gering. Das wird sich mit der zunehmenden Größe vieler Lohnbetriebe aber vermutlich ändern. Darüber hinaus werden auch Fachkräfte für spezialisierte Arbeiten gebraucht. Beides muss man erst mal finden. Mit diesen Fragestellungen setzt sich Prof. Dr. Ludwig Theuvsen von der Universität Göttingen auseinander, den wir zu diesem Thema befragt haben. Den Eindruck der Praxis spiegeln die Lohnunternehmen Schmidt aus Adelebsen und Dettmer aus Kettenkamp wider. Christian Brüse, Lena Schloetmann Interview mit Prof. Theuvsen von der Uni Göttingen Qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte sind in der Landwirtschaft und bei Lohnunternehmen zunehmend knapp. Woran liegt das? Theuvsen I Einerseits haben wir durch geburtenschwache Jahrgänge insgesamt weniger Arbeitskräfte. Das trifft beispielsweise auch das Handwerk. Insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich haben wir aber auch ein Imageproblem: Die Arbeit dort wird Umfragen zufolge als hart, wenig innovativ und nicht als Unternehmertum angesehen. Dabei ist ja das Gegenteil der Fall! Landwirte und Lohnunternehmer sind klassische Unternehmer, die Chancen für Arbeitskräfte bieten können. Landmaschinen sind innovativer und mit raffinierterer Technik ausgestattet als Pkw, und die harte Arbeit im Sinne von einem Knochenjob ist ja auch Geschichte. Das Image muss verbessert werden. Das kann auch eine Aufgabe für Verbände sein, denn gerade kleinere Betriebe können sich keine eigenen Imagekampagnen leisten. Wo und wie suchen Lohnunternehmer nach Personal? Theuvsen I Meist geschieht das nach wie vor über persönliche Kontakte. Schülern oder möglicherweise Studenten, die zeitweise im Unternehmen gearbeitet haben, kann eine Anstellung angeboten werden. Danach folgt der eigene Internetauftritt, über den heute oft mehr Personal angeworben wird als zum Beispiel über die Tageszeitung. Deswegen rate ich dazu, den Internetauftritt ansprechend zu gestalten. Nicht vergessen werden dürfen soziale Netzwerke, die für die Personalgewinnung auch in unserem Bereich wichtiger werden. Lohnbetriebe wachsen. Gibt es eine Faustzahl, wie viele Mitarbeiter eine Person führen kann? Theuvsen I Normalerweise geht man von acht bis neun Mitarbeitern aus, die eine Person führen kann. Das hängt aber auch extrem vom Koordinationsbedarf und von der Selbstorganisation der Mitarbeiter ab. Viele Mitarbeiter in Lohnunternehmen habe ihre Arbeit gut im Griff, und die Mitarbeiter arbeiten im Vergleich viel selbstständiger, so würde ich schätzen, dass hier noch bis 15 Mitarbeiter geführt werden können. Wie sieht Ihrer Einschätzung nach eine typische Führungskraft im Lohnunternehmen aus? Theuvsen I Sie muss in der Praxis fachlich fit sein. Sie muss jedoch nicht alles selbst am besten können, sondern sie muss wissen, worum es geht. Sie muss Führungssituationen erkennen und wissen, wann ein Machtwort gesprochen werden muss. Vor allem müssen Führungskräfte aber delegieren und vertrauen können. Ist es aus Unternehmersicht wünschenswert, Führungskräfte aus den eigenen Reihen zu gewinnen? Theuvsen I Ja und nein. Einerseits hat das den Vorteil, dass man sich kennt und die Person einschätzen kann. Mitarbeiter von außerhalb haben dagegen einen anderen Blick, was ebenfalls hilfreich sein kann. Bei eigenen Mitarbeitern darf man das Autoritätsproblem aber nicht unterschätzen! Plötzlich jemanden aus dem Kreis der gleichgestellten Mitarbeiter aufs Schild zu heben, geht selten gut. Solche Personalien müssen frühzeitig erkannt und dann auch kommuniziert werden. Das ist eine Aufgabe des Chefs. Wie erkenne ich als Lohnunternehmer Potenziale der eigenen Mitarbeiter? Theuvsen I Das ist die schwierigste Frage überhaupt — ein Geheimrezept gibt es leider nicht. Dafür muss der Betriebsleiter ein Händchen haben. Am besten lassen sich Mitarbeiter schrittweise an Aufgaben heranführen, deren Anspruch immer weiter steigt. So erkenne ich als Chef, ob Potenzial vorhanden ist und wie weit es reicht. Ich muss als Chef aber auch in der Lage sein, Gespräche mit Mitarbeitern zu führen. Das muss ein Betriebsleiter können. Je eher man so etwas für die Zukunft lernt, desto besser — man kann solche Themen im Prinzip auch schon in Ausbildungen berücksichtigen — dort sitzen die Chefs von morgen. Stehen genügend Weiterbildungsmöglichkeiten für Lohnunternehmermitarbeiter zur Verfügung? Theuvsen I In den letzten Jahren haben sich einige Personalberater und Ausbilder auf die grünen Berufe spezialisiert. Gute Seminare sind dort im Angebot, die auf deren spezielle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Allerdings müssen Chefs in diesem Bereich auch investieren wollen. Wobei die Seminarkosten hier meiner Erfahrung nach erheblich geringer sind als in vielen anderen Bereichen. Teilweise beim Lohnunternehmerverband und bei der DLG, aber auch im Internet gibt es Auskunft über diese Berater. Wie lassen sich gute Mitarbeiter im Unternehmen halten? Theuvsen I In letzter Zeit ist hier vor allem die Sicherheit und Beständigkeit des Arbeitsplatzes ein Thema, bei dem Chefs punkten können — auch in der Landwirtschaft. Dessen sollten sich Betriebsleiter bewusst sein. Hinzu kommen die üblichen Dinge wie das Betriebsklima, gute Maschinen, flexible Arbeitszeiten etc. Das Geld kommt in diesem Fall erst später ins Spiel, auch wenn wir insgesamt ein eher niedriges Lohnniveau in diesem Bereich haben — leider. Das wird zu Recht beklagt und von Umfragen belegt. Woran erkenne ich motivierte Mitarbeiter? Theuvsen I Auch hier ist wieder das Gespür des Chefs gefragt — und Gespräche mit den Mitarbeitern. Wenn Mitarbeiter ohne vermeintlich konkreten Grund kündigen, ist bereits eine Schwelle überschritten. Dann sollten beim Chef die Alarmglocken schrillen. Spielen Zielsetzungen eine Rolle bei der Mitarbeiterführung? Theuvsen I Ziele sind wichtige Motivationsinstrumente. Entscheidend ist, dass die Ziele den Fähigkeiten des Mitarbeiters entsprechend formuliert werden. Außerdem müssen sie vom Mitarbeiter akzeptiert werden. Oft wird der Fehler gemacht, Ziele zu hoch zu stecken — was dann schnell in Frust umschlagen kann. Kann man in der Landwirtschaft denn überhaupt ordentlich mit Zielen arbeiten? Für Ziele braucht man doch messbare Größen? Theuvsen I Mitarbeiter müssen Ziele beeinflussen können, daher ist das in der Landwirtschaft allgemein oft schwierig. In der Tierhaltung oder der Landtechnik ist es dagegen teilweise einfacher. Tierleistungen, Dieselersparnisse oder unterdurchschnittlich viele Reparaturen kann man messen und dann auch als Ziel abbilden — auch wenn das grundsätzlich schwieriger ist, als in anderen Branchen. Sie sprachen das geringe Lohnniveau an. Gibt es denn Möglichkeiten, Mitarbeiter auf andere Art und Weise zu entlohnen? Theuvsen I Unternehmer können versuchen, Beteiligungen anzubieten, wenn das Geschäft erfolgreich war. Hier bieten sich Gewinnbeteiligungen als Motivation an. Das könnte in diesem Bereich öfter geschehen. Rein wirtschaftlich sind solche Beteiligungen sinnvoll, weil sie keine Fixkosten darstellen, die dann jedes Jahr zu stemmen sind. Für Führungskräfte könnte man auch über eine Beteiligung am Unternehmen selbst nachdenken. Haben Sie noch ein Schlusswort für uns? Theuvsen I Bei Lohnunternehmen sind die Ausbildung und das Einsetzen von Führungskräften oft schwieriger als bei anderen Unternehmen, weil es traditionell eine sehr flache Hierarchie gibt. Gerade deswegen ist der Chef aber ein besonderes Vorbild, vor allem, wenn es um Führung geht. Führt man sich dann vor Augen, dass die Anzahl der Arbeitskräfte in Lohnunternehmen in den letzten Jahren stark gestiegen ist, wird klar, dass das Thema Führungskräfte in Kürze auch bei Lohnunternehmen auf den Tisch kommt. Je früher man sich mit dem Thema auseinandersetzt, umso besser. Die Fragen stellten Christian Brüse und Lena Schloetmann Einer muss zeigen, wo es langgeht: Das sind in der Regel der Betriebsleiter oder auch die Führungskräfte. Fotos: Tovornik, Brüse, Schloetmann Professor Dr. Theuvsen ist seit 2002 Professor für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness an der Georg-August-Universität Göttingen. Seit 2009 befasst er sich insbesondere mit dem Mitarbeitermangel in der Landwirtschaft und bei Lohnunternehmen; und seit etwa zwei Jahren referiert er zu diesem Thema auch bei Lohnunternehmerveranstaltungen.

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