Energie

Biogas aus Gülle und Mist: Mehr Bhkw-Leistung, mehr interne Flexibilität

Seit Anfang 2019 bestimmt die Bemessungsleistung, ob die EEG-Vergütung für kleine Gülleanlagen zu zahlen ist. Das bietet die Chance für eine betriebsinterne Flexibilisierung.

Befüllen einer Biogasanlage mit Hilfe eines Radladers

Die Biogasanlage von Stefan Korbeck holt täglich rund 1 800 kWh Strom aus Mist und Gülle. (Bildquelle: Böhrnsen, Korbeck (1))

Gut zu wissen

- Maximal 657 000 kWh pro Jahr vergütet der Netzbetreiber derzeit mit 22,14 Cent/kWh.
- Ein größeres Bhkw erzielt die 75 kWel Bemessungsleistung zuverlässiger und stressfreier.
- Rechtlich noch unklar ist, ob Überschussstrom ohne Abzüge bei der EEG-Vergütung selbst verbraucht werden darf. Aber auch eine Vermarktung an der Strombörse kann lukrativ sein.

Landwirt Stefan Korbeck aus 48720 Rosendahl ist Milchviehhalter und Energiewirt zugleich. In den 90er Jahren war er einer der ersten im Kreis, der ein 80-kW-Windkraftrad auch für den Eigenstrombedarf betrieb. Dies ist inzwischen abgebaut. Dafür sind seit dem Jahr 2007 nach und nach Photovoltaik­anlagen auf den Kuhstalldächern mit ins­gesamt 240 kW Nennleistung hinzugekommen. Einen Teil des Solarstroms nutzt er für den Eigenbedarf. Zwei Melkroboter melken die rund 130 Kühe. Doch die Sonne scheint nur tagsüber, Strom braucht der Betrieb aber auch nachts.
Daher überlegten Stefan Korbeck und seine Frau Reinhild, ob sie mit einer Biogasanlage aus der Gülle und dem Mist ihrer Kühe und Mastbullen weiteren Strom erzeugen können. Ein Seminar der Firma PlanET gab dann den Impuls für die Entscheidung. Seit November 2019 ist nun bei den Korbecks eine Biogasanlage von PlanET mit 99 kW elektrischer Bhkw-Leistung in Betrieb. Für den eingespeisten Biogas-Strom erhält Familie Korbeck die EEG-Vergütung für Gülle­anlagen bis 75 kWel von 22,37 Cent/kWh bzw. etwas mehr durch Direktvermarktung.

Bis 657 000 kWh nach EEG

Möglich ist dies, weil mit dem Energiesammelgesetz seit Anfang des Jahres 2019 nun die Bemessungsleistung und nicht mehr wie zuvor die installierte Leistung für die Zuordnung zur besser vergüteten Klasse der Gülle­­kleinanlagen herangezogen wird. Das heißt, im Jahr darf das Biogas-Bhkw bis zu 657 000 kWh einspeisen, die der Netzbetreiber dann mit dem Kleingülleanlagensatz vergüten muss, auch wenn das Bhkw mehr Strom produzieren kann.
Der maximal vergütungsfähige Jahresstrom­ertrag wäre allerdings bei Installation eines 75-kWel-Bhkw nur erzielbar, wenn das Bhkw rund um die Uhr jeden Tag mit Volllast (8 760 Volllaststunden) liefe, was in der Praxis nicht möglich ist. Daher hilft hier eine Überbauung der Bhkw-Leistung.
Stefan Korbeck hat sich für ein Bhkw von 2G mit 99 kWel entschieden, weil zum einen der preisliche Unterschied zu dem kleineren Bhkw mit nur 75 kWel nicht besonders groß gewesen wäre. Zum anderen sollte es nicht größer sein, weil ab 100 kW elektrischer Leistung eine Fernwirktechnik installiert werden muss, über die der Netzbetreiber die Leistung des Bhkw drosseln kann.

Puffer durch 24 kWel Zusatzleistung

Somit ist sein Bhkw um 24 kWel überbaut. Der entscheidende Vorteil daran ist: Stefan Korbeck kann seine kleine Gülle-/Mist-Biogasanlage in einem gewissen Rahmen betriebs­intern flexibel fahren. So lassen sich beispielsweise die turnusmäßigen Bhkw-War­tungen ohne Verluste bei der Stromproduktion durchführen und die Fahrweise an den Gasertrag aus dem vorhandenen Futter anpassen.
Außerdem ist eine Leistungserhöhung in den Wintermonaten möglich. Die Tiere sind dann häufiger im Stall als im Sommer und produzieren dort mehr Mist. Stefan Korbeck schätzt, dass er im Winter genug Gülle und Mist für 99 kWel Bhkw-Leistung hat, im Sommer hingegen reicht das Futter nur für 60 bis 80 kWel. Für geplante Wartungen erhöht er kurz vorher die Leistung seines Bhkw, um anschließend im Gasspeicher genügend Puffervolumen frei zu haben. So kann der Speicher das Biogas aufnehmen, während das Bhkw abgeschaltet ist — und die Monteure können entspannt ohne Stress arbeiten. „Ich musste bisher noch nie Gas über die Gasfackel verbrennen“, sagt der Landwirt.

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