Technisch

Hubwerke und Anbausysteme: Muskeln mit Gehirn

Die Einführung des genormten Dreipunkt-Hubwerks war ein historischer Schritt in der Landtechnikgeschichte. Bis heute werden Anbaugeräte mit diesem System an Traktoren gekoppelt. 

Verschiedene Hersteller, gleiche Koppelpunkte: Die Dreipunkthubwerke sind in Kategorien von I bis IV standardisiert. (Bildquelle: Tovornik)

Mähwerk, Pflug, Einstreugerät, Schneepflug oder Ballastklotz — das Hubwerk wird für fast jede Arbeit genutzt. Die Traktorleistung steigt immer weiter an, und damit wachsen auch die Anbaugeräte — das Dreipunkthubwerk dagegen bleibt Standard.

Kategorisch

Um in den verschiedenen Leistungsklassen angepasste Anbaupunkte nutzen zu können, sind die Hubwerke nach den Kategorien I bis IV genormt. Kategorie I spielt vor allem bei Kleintraktoren, die überwiegend im kommunalen Bereich eingesetzt werden, eine Rolle. Im Bereich der Kategorie II und III werden die meisten Anbaugeräte genutzt.
In zunehmendem Maße gewinnt — bedingt durch die steigenden PS-Zahlen — die Kategorie IV an Bedeutung. Eine Herausforderung ist dabei die immer größer werdende Bereifung: Um innerhalb der gesetzlichen Abmessungen für den Straßentransport zu bleiben, wird der Platz zwischen den Rädern möglichst schmal gehalten. Walterscheid hat dafür im vergangenen Jahr einen neuen Unterlenker vorgestellt, welcher durch eine mehrfache Kröpfung ausreichend Platz bietet und gleichzeitig den Kraftfluss über die Fahrzeugmitte beibehält.
Während bei Hubwerken der Kategorie I noch Unterlenker mit integrierten Kugeln zum Standard gehören, sind im Agrareinsatz Schnellkuppler mit automatischer Verriegelung Stand der Technik.
Zwar werden immer wieder weitere Vereinfachungen zum schnelleren Koppeln von Anbaugeräten entwickelt — in der breiten Masse spielen sie aber nur eine untergeordnete Rolle. Vor allem bei Geräten, die nah am Schlepper gekoppelt werden sollen (beispielsweise Anbauspritzen), gibt es aber herstellerabhängig spezielle Schnellkuppelrahmen. Und auch das Schnellkuppel-­Dreieck nach dem System Weiste hat nach wie vor Bedeutung, vor allem im Bereich der Frontanbaugeräte.

Führungsrolle

Neben dem Ausheben von Geräten ist auch die Führung der Maschinen eine wichtige Aufgabe des Hubwerks. Zum einen müssen die Seitenstabilisatoren z. B. für den Einsatz in der Bodenbearbeitung frei beweglich sein. Zum anderen müssen sie eine seitliche Fixierung des Hubgestänges bieten.
Mechanische Systeme mit der automatischen Fixierung im angehobenen Zustand sind Standard. Zulieferer, wie etwa Walterscheid, bieten auch hydraulische Lösungen an. Unabhängig von der Aushubhöhe kann damit per Knopfdruck zwischen Schwimmstel­lung und fixierten Hubstreben gewechselt werden. Bei Hanglagen oder Seitenzug lässt sich gegensteuern. Um beim Gegensteuern zu bleiben: Schläge schwerer Anbaugeräte abpuffern kann ein stickstoffgedämpfter hydraulischer Oberlenker von Walterscheid. Dabei dient die hohlgebohrte Kolbenstange als Stickstoff-Speicher. Zudem ist eine Schwimmstellung integriert.
Ein Problem der im Einsatz praktischen, aber schweren hydraulischen Oberlenker bleibt: Das Koppeln von Anbaugeräten ist ein Kraftakt — praxistaugliche Lösungen stehen hier noch aus. Einzig Hydrokit aus Frankreich hat eine elektrische Seilwinde im Programm, die den Umgang mit hydrau­lischen Oberlenkern erleichtern soll. Die Seilwinde wird über zwei Knöpfe am Kotflügel bedient und soll sich auch zum Anbau schwerer Gelenkwellen verwenden lassen.

Vorne wie hinten

Nicht nur im Heck muss das Hubwerk einen universellen Geräteanbau ermöglichen: Viele Traktoren sind heute mit einem Frontkraftheber ausgerüstet, der häufig für eine flexible Ballastierung genutzt wird. Aber auch mit der Kombination von Arbeitsgängen oder der Erhöhung der Arbeitsbreite (Mähen, Mulchen) bietet ein Fronthubwerk viele Vorteile.
Neben einer Ausstattung ab Werk bieten Unternehmen wie Aigner, Degenhart, Hydrac, Laforge Sauter, Stemplinger und Zuidberg auch Frontkraftheber zur Nachrüstung an. So hat Laforge unter anderem Frontkraftheber für die Raupenschlepper von Fendt im Programm, für die ab Werk kein Fronthubwerk erhältlich ist.
Ein wichtiger Aspekt bei Fronthubwerken ist die Sicherheit im Straßenverkehr. Klappbare Unterlenker gehören mittlerweile zum Standard. Um auch beim Einsatz des Fronthubwerks mit einem Ballastgewicht sicher unterwegs zu sein, bieten verschiedene Hersteller Frontgewichte von 300 bis 2 500 kg mit integrierten Sicherheitseinrichtungen an: LED-Begrenzungsleuchten, reflektierende Warnfolie und Peilstäbe zählen dazu, Kamerasysteme für das Einfahren in unübersichtliche Kreuzungssituationen sind optional erhältlich.
Außerdem erhöhen schwenkbare Seitenteile vor den Vorderrädern die Sicherheit. Angeboten werden solche Frontgewichte unter anderem von TractorBumper, Agribumper und Fliegl, praktische Staufächer in diesen formschönen Ballastgewichten erhöhen den Nutzwert.

Nicht nur am Traktor

Mit den gesetzlichen Vorgaben hat die bodennahe Ausbringtechnik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Während am Schlepper das Hubwerk mit drei Koppelpunkten dominiert, sind es an Gülletankwagen baulich bedingt eher Vierpunkt-­Hubwerke. Durch den runden Fasskörper ist die Anbringung eines mittigen Oberlenkers nur mit hohem technischen Bauaufwand möglich.
Während die meisten Hersteller bei neuen Fässern eine Ausstattung mit Hubwerk ab Werk anbieten, gibt es auch Nachrüst-lösungen: Walterscheid bietet ein auf bekannten Schlepperhubwerks-Komponenten basierendes System für Güllefässer an. Das Gestänge ist als Drei- und Vierpunkt-Variante erhältlich.

Fazit

Das Dreipunkt-Hubwerk ist nach wie vor die wichtigste Schnittstelle zwischen Traktor und Anbaugerät. Und selbst bei hoch technologisierten autonomen Feldrobotern sind zum Teil noch Dreipunkt-­Hubwerke zu finden — der einfachste Weg, um intelligente Maschinen mit vorhandenen Anbaugeräten zu kombinieren. Gleichzeitig steckt hier aber auch noch jede Menge Entwicklungspotenzial für die Zukunft.

Um die Kurve

Hydraulisch verschiebbare Heckmäh­einheiten sind insbesondere bei Schmetterlings-Mähkombinationen bereits seit einigen Jahren am Markt erhältlich. Damit kann auf die Schnittbreitenverlagerungen bei Kurvenfahrten und am Hang reagiert werden. Auch mit hydraulischen Unterlenkerstreben ist eine leichte Kurven- und Hanganpassung im Heck möglich. Jedoch kann es passieren, dass der vom Frontmähwerk bei Kurvenfahrten stehen gelassene Streifen teilweise durch die Räder des Traktors überfahren wird.
Bei einer Entwicklung von Claas und Sauter wird mit hydraulisch schwenkbaren Unterlenkern das Frontmähwerk bei Kurvenfahrten aktiv nach innen geschwenkt. Neben den unerwünschten Streifen wird das Frontschwad zudem weniger überfahren, und der Versatz bei Hanglagen soll sich ausgleichen lassen. Die Unterlenker werden einfach in die Standard-Unterlenkeraufnahmen gesteckt, so dass auch die Nachrüstung ohne größere räumliche Einschränkung möglich ist. Am Frontmähwerk sind dafür keine baulichen Änderungen erforderlich.
Die Unterlenkerkits werden bei der Hans Sauter GmbH speziell auf das jeweilige Claas Mähwerk und den verwendeten Traktor vorkonfiguriert. Der Schwenkbereich beträgt zu beiden Seiten maximal 30 cm und wird über ein doppeltwirkendes Steuergerät eingestellt.
Bei der Straßenfahrt sind die schwenkbaren Unterlenker mittels eines Sperrblocks gesichert. Werden sie nicht benötigt, lassen sie sich wie gewöhnliche Unterlenker nach oben klappen und fixieren.

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