Einsatzbericht Veredlungstechnik

Hanskamp Cowtoilet: Mit Urinal zu weniger Emissionen - Einsatzbericht

Die Cowtoilet verspricht eine Halbierung der Ammoniak-Emissionen im Milchviehstall. Wir nahmen für Sie die mit EuroTier-Gold ausgezeichnete Technik unter die Lupe.

Hanskamp Cowtoilet

Die Hanskamp Cowtoilet fängt den Urin der Tiere auf, so dass die Emission von Ammoniak sinkt. (Bildquelle: Tovornik)

Gut zu wissen

- Für die Erfindung der Cowtoilet erhielt Hanskamp 2021 die EuroTier-Medaille in Gold.
- Die Technik kann in Ställen mit Spaltenboden die Ammoniak-­Emissionen halbieren.
- Die Jauche ist ein schnell verfügbarer Pflanzendünger, der selbst in trockenen Sommern wie 2020 noch Gras wachsen lässt.
- Die von Hanskamp inzwischen zur Praxisreife entwickelte Technik geht ab Mitte 2021 in den Verkauf.
Die von Hanskamp aus den Niederlanden zur EuroTier Digital 2021 vorgestellte und von der DLG mit einer Goldmedaille prämierte Cowtoilet fängt den Urin der Kühe auf. Was auf den ersten Blick langweilig oder gar unsinnig erscheint, hat jedoch einen ernsthaften Hintergrund: Der im Urin enthaltene Harnstoff wird normalerweise binnen Stunden durch das Enzym Urease in Ammoniak und Kohlendioxid aufgespalten.
Da aber Urease nur im Kot der Tiere vorkommt, sinken die Emissionen eines Stalls, wenn man Kot und Urin voneinander trennt. Es gilt: Je weniger Urin auf dem Stall­boden bzw. im Güllekanal landet, desto weniger Ammoniak wird freigesetzt. Wie die Untersuchungen von Hanskamp mit vier Ställen ergaben, ist das Potenzial der Kuhtoiletten groß. Und zwar so groß, dass bei einem herkömmlichen Milchviehstall mit Vollspaltenboden die Ammoniak-Emissionen nahezu halbiert werden können.
Konkret gemessen wurde eine Stickstoffemission von 8 kg je Kuh pro Jahr. Zum Vergleich: Bei einem konventionellen Milchviehstall mit Spaltenboden gehen aktuell niederländische Behörden von 13 bis 18 kg Stickstoff (N) je Kuh und Jahr aus — ein Wert, den die Niederländer wohl nicht länger tolerieren. So denken einzelne Provinzen in den Niederlanden bei Stallgenehmigungen ab 2025 bereits über ein Niveau von weniger als 7 kg N je Kuh und Jahr nach.

Deutschland zieht nach

Bislang gelten in den Niederlanden andere Vorschriften als in Deutschland. Doch fordert das nationale Luftreinhalteprogramm (NEC) der Bundesrepublik aus 2017 bis zum Jahre 2030 gegenüber 2005 eine Reduktion der Ammoniak-Emissionen um 29 %.
Im Fokus der Beratungen steht auch die Rinderhaltung. Wer einen Bauantrag abgibt, sollte also mit Auflagen zur Emissionsminderung rechnen. Eines sei hier schon verraten: Die Cowtoilet wäre eine Lösung — wenn auch keine billige. Doch lässt sich die Technik sogar in Altgebäuden nachrüsten. Und zwar ohne den Stall nennenswert umbauen oder auf einen vorhandenen Spaltenboden dauerhaft verzichten zu müssen.

Hanskamp Cowtoilet: Die Technik

Basis der Cowtoilet ist die Kraftfutterstation von Hanskamp. Die Gabe von Kraftfutter ist wichtig, damit die Tiere kontrolliert und freiwillig den Urin lassen. 50 bis 100 g Futter je Stationsbesuch reichen nach ersten Erfahrungen aus, um täglich bei bis zu acht Besuchen 10 l Urin je Tier auffangen und separieren zu können.
Übrigens: Die Kuhtoilette gibt es auch als Option für automatische Melksysteme. Zu beachten ist jedoch, dass eine Kuhtoilette für maximal 25 Kühe reicht. Wer also 120 Tiere mit zwei Melkrobotern melkt, kommt um die Anschaffung von drei zusätzlichen Kraftfutterstationen nicht herum.
Nach dem Fressen des Kraftfutters beginnt die Technik am oberen Ende des Zentralbands in Richtung Vulva zu massieren. Dazu senkt die Futterstation über dem Rücken des Tiers einen Bügel ab, an dessen Ende sich ein 40 x 30 x 20 cm großes Urinal befindet. Zum Massieren bewegt der Arm das am Tier sanft anliegende Urinal wiederholt langsam auf und ab. Ein in diesem Bereich verlaufender Nerv wird dadurch derart stimu­liert, dass die Kuh den Schwanz hebt und ihr Wasser in das Urinal lässt.
Tatsächlich ist der Trick mit der Massage am Hinterteil eines Rinds alles andere als neu und erfahrenen Landwirten und Tiermedizinern bekannt. Genauso bekannt ist, dass der Trick nicht immer funktioniert. Das ist auch die Erfahrung von Hanskamp: Aktuell ist die Technik nur in drei von fünf Fällen erfolgreich. Für eine junge Technik halten wir eine Quote von 60 % dennoch für gut.
Schwerer wiegt für uns die Tatsache, dass ein Teil der Kühe weiterhin unkontrolliert außerhalb der Kraftfutterstation auf den Boden pinkelt. Von den 20 l Urin, die eine Kuh mit einer Tagesmilchleistung von 27 kg im Schnitt lässt, werden so nach ersten Erfahrungen ganze 10 l bzw. 50 % aufgefangen. Das klingt nach nicht viel.
Andererseits: Bei 100 Kühen kommt so im Laufe eines Jahres ein Volumen von 365 m3 zusammen. Unterm Strich also doch eine ganz schön ordentliche Menge.

Schlauchpumpe saugt Urin ab

Während das Tier uriniert, beginnt eine Schlauchpumpe mit dem Absaugen des Urins. Vorteil der Schlauchpumpe gegenüber einer Vakuumpumpe ist ihr vergleichsweise geringer Stromverbrauch. Auch kann bei Hanskamp die Schlauchpumpe zeitgleich den Urin von bis zu sechs Stationen absaugen und zur Jauchegrube fördern.
Ist das Absaugen beendet, öffnet die Front der Kraftfutterstation und das Tier kann nach vorne raus zurück in die Gruppe. Gleichzeitig schwenkt der Bügel samt Urinal in die Ausgangsposition zurück. Sofern ein Tier in das Urinal kotete, tropft es aus dem senkrecht über der Station stehenden Urinal — bis das Urinal wieder sauber ist. Versuche seitens des Herstellers, das Reinigen des Urinals mit Wasser zu automatisieren, scheiterten bislang. Bis auf Weiteres wird deshalb empfohlen, das Urinal regelmäßig im Abstand von drei Tagen von Hand zu reinigen.

Die Kosten

Zusammen mit einer Kraftfutterstation für jeweils 25 Kühe kostet die Cowtoilet aktuell 1000 Euro je Kuhplatz. Bei 100 Kühen und...

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