Steigende Futterkosten könnten das Verfüttern von Frischgras wieder interessant machen. Wir haben einen Betrieb besucht, der mit moderner Technik täglich rund 400 Kühe versorgt.
Frontmähwerk, Schlepper, Ladewagen — so sah in den 1970er bis 1990er Jahren auf vielen Betrieben die Futtervorlagetechnik für die Sommermonate aus.
Betrieb Albring: Niederländischer Ursprung
Der Siegeszug des Futtermischwagens und damit der ganzjährigen Silagefütterung sorgte dafür, dass im Gegensatz zu unseren niederländischen Nachbarn in Deutschland heute nur noch wenige Betriebe auf die Frischgrasfütterung setzen.
Andre Albring hat die Frischgrasfütterung für seinen Betrieb mit 400 Milchkühen für sich wiederentdeckt. Albring stammt aus den Niederlanden und bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau und einem Team aus Festangestellten, Azubis und Aushilfen den heutigen Betrieb.
Im Jahr 2000 kam er als weichender Hoferbe nach Deutschland und übernahm einen Betrieb mit 40 Kühen im niedersächsischen Ihorst. Heute stehen an zwei Standorten insgesamt rund 975 Tiere. Gemolken wird in einem Außenmelker-Melkkarussel mit 40 Plätzen. Ein Großteil der bewirtschafteten Flächen ist Grünland, die Böden reichen von moorigen Torfböden bis hin zu besseren Böden mit Sandanteil.
„Wir versuchen, gesunde Tiere mit einer möglichst hohen betriebswirtschaftlichen Leistung zu kombinieren“, erklärt Andre Albring. „Dabei ist nicht immer der letzte Liter Milch das beste Ergebnis. Unser Ziel ist eine robuste Milchkuh mit 8 500 l Leistung bei 5 % Fett und 4 % Eiweiß.“
„Eigentlich ist der Einsatz von Frischmasse dazu konträr“, gibt der Betriebsleiter zu. „Denn die führt tendenziell eher zu hoher Leistung bei geringeren Inhaltsstoffen.“ Die steigenden Futterkosten sowie die guten Kontakte in die Niederlande führten auf dem Betrieb Albring dazu, dass das System in den Fokus rückte. „Die Futtermittelberatung dort ist mit dem System viel vertrauter“, erklärt er. „Mit dem Frischgras haben wir einen Teil unseres Kraftfutters direkt vor der Haustür — und nicht nur Grundfutter.“
Ursprünglich gab vor allem die Verwertung des Herbstgrases bei den Jungrindern den Anstoß, sich näher mit dem Verfahren zu beschäftigen. Hinzu kam ein auslaufender Soja-Kontrakt, mit dessen Ende sich der Preis für das Eiweißfutter verdoppelte. „Außerdem steht das Futter aus Übersee ständig in der Kritik“, ist sich der Milchviehhalter bewusst.
Und wie viel Eiweiß aus Soja wird auf dem Betrieb Albring inzwischen durch die Frischgrasfütterung ersetzt? Andre Albring rechnet damit, dass 4 kg Trockenmasse Frischgras etwa dem Eiweißgehalt von 1 kg Soja entspricht. Bei einem Trockenmassegehalt von 15 bis 18 % je kg Frischgras sind so 24 kg Frischmasse nötig, um 1 kg Soja in der Ration zu ersetzen. „Aktuell holen wir jeden Tag gut 40 kg Frischmasse pro Kuh, die Kraftfutter-Ration habe ich um 1,7 kg Soja reduziert“, rechnet Andre Albring weiter. „Schöner wäre natürlich die doppelte Menge, arbeitswirtschaftlich ist das im Moment noch nicht drin.“ Aber bereits jetzt werden auf dem Betrieb rund 700 kg Soja weniger pro Tag benötigt.
„Als wir uns im Vorfeld zu dem Verfahren umgehört haben, gab es immer zwei Gründe, warum Betriebe die Frischgrasfütterung eingestellt haben“, hat Andre Albring festgestellt. „Zum einen der Arbeitsaufwand, zum anderen die störanfällige Technik alter Ladewagen.“ Überzeugt von der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens war damit die Entscheidung für neue, schlagkräftige Technik gefallen.
Zum Mähen nutzt der Betrieb statt des bereits vorhandenen 3 m breiten Frontmähwerks aktuell eine Krone-Vorführmaschine mit 4 m Arbeitsbreite. „Weil unsere Traktorenausstattung sehr knapp war, haben wir einen neuen Case IH Puma 220 CVX angeschafft, der während der Saison hauptsächlich in der Kombination hängt,“ so Albring.
Herzstück des Systems ist aber der Ladewagen: „Für eine hohe Schlagkraft brauchen wir ein großes Ladevolumen in Verbindung mit einem Querförderband, daher ist unsere Wahl auf ein Modell von Krone gefallen“, erklärt Andre Albring. Der 40 m³ große Krone RX 400GD ist mit hydraulischem Fahrwerk und großer Bereifung komplett ausgestattet und lässt sich auch für die Silagebergung nutzen: Das Schneidwerk kann mit bis zu 46 Messern eingesetzt werden, der Aufbau ist mit hydraulischem Kratzboden und Dosierwalzen aber auch für den Einsatz im Fahrsilo ausgelegt. Das Querförderband schwenkt mit der Heckklappe nach oben.
„Wir haben die Messer bei der Frischgrasfütterung komplett ausgebaut, um die Struktur zu erhalten“, so Albring. Um die tägliche Futtermenge möglichst konstant zu halten und zu kontrollieren, ist der Ladewagen mit einem elektronischen Wiegesystem ausgestattet.
Der Betrieb legt morgens klassisch mit dem Futtermischwagen eine TMR vor. Im Laufe des Tages wird dann das Frischgras gemäht und auf die TMR ausgetragen. Eine Ladung für rund 430 Tiere ist nach Albrings Aussage noch nicht viel. „Allerdings ist die Arbeitszeit nicht zu unterschätzen, wir wollten auch erst einmal herausfinden, ob das Futterholen in unsere Arbeitsabläufe passt.“ Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist das kein Problem: „Das Futterholen mit dem Gespann machen alle Mitarbeiter gerne und unsere Tiere fressen das Frischfutter mit Begeisterung“, freut sich Andre Albring.
Das Futter wird auf die morgens vorgelegte TMR per Querförderband ausgetragen.
(Bildquelle: Colsman)
Über das Terminal des Ladewagens zeigt das aktuelle Gesamtgewicht an.
(Bildquelle: Colsman)
Schnittlängentreppe
Im ersten Frühjahr musste das Team erst einmal Erfahrungen sammeln: So wurde anfangs zu langes Gras für die Frischfütterung gemäht, was deutlich zu Lasten der Milchleistung ging. „Gras in der richtigen Länge vorzuhalten ist die größte Herausforderung des Systems“, hat Andre Albring festgestellt. „Die Schnittlängentreppe muss trotz unterschiedlicher Bodenbedingungen und Witterung möglichst gleichmäßig sein.“ Nach seinen Erfahrungen spiegelt sich die Grasqualität direkt in der Milchleistung der Herde wider.
Während der Wachstumsperiode versucht der Betrieb, täglich Frischgras zu holen — was witterungsbedingt nicht immer gelingt. Trockenheit kann dazu führen, dass auf den teils sandigen Standorten nicht ausreichend Futter nachwächst. Dann kann Albring kurzfristig die TMR-Menge um 15 kg pro Tier erhöhen und das fehlende Frischgras damit ausgleichen. Nässe bereitet dagegen kaum Probleme — durch das regelmäßige Mähen ist die Grasnarbe laut Albring dichter und damit tragfähiger.
Pro Tag werden aktuell 1 bis 1,5 ha Fläche für die Frischgrasfütterung abgemäht. Nach zwei, spätestens drei Wochen wird die gleiche Fläche erneut gemäht. „Bei genug Niederschlag wächst das Gras extrem schnell nach“, hat Albring festgestellt. „Und unterhalb einer Wuchshöhe von 22 cm ist das Futter am besten.“
Eine Herausforderung ist die Düngung: „Eine bodennahe Ausbringung ist Pflicht, da nur wenig Zeit bis zum nächsten Schnitt bleibt“, ist Albring überzeugt. „Wir nutzen ein Schleppschuhgestänge, noch besser wäre sicher ein Schlitzgerät.“
Auf dem Hof wird vor allem die Dünngülle des betriebseigenen Separators auf die Frischgrasflächen gefahren, deren Stickstoff besonders schnell verfügbar ist. „Arbeitswirtschaftlich ist es für uns deutlich entspannter, wenn wir alle paar Tage einige Fässer Gülle fahren, statt wie sonst nach dem ersten Schnitt 130 ha in wenigen Tagen abdecken zu müssen.“
Denn durch die Frischgrasfütterung hat sich die Silagefläche natürlich verringert. Von April bis in den November werden rund 30 ha regelmäßig mit dem Frischfuttergespann abgemäht. Die Flächenstruktur ist kleinstrukturiert und durch die moorigen Bedingungen von vielen Gräben durchzogen. Rund um die Hofstelle der Familie Albring liegen gut 70 ha des Grünlands, so dass die maximale Feld-Hof-Entfernung bei der Frischgrasernte 4 km nicht übersteigt.
Nach unserem Besuch im Sommer 2022 treffen wir Familie Albring zufällig auf der EuroTier wieder. Zeit für ein kurzes Fazit: „Im Spätsommer war für rund sechs Wochen kein Frischgras zu holen — es war einfach zu trocken.“ Trotzdem ist Albring mit seiner Entscheidung zufrieden: „Das System passt für unseren Betrieb bei den aktuell hohen Futterkosten sehr gut.“
Gleichzeitig hat er bereits Pläne für die Zukunft: So ist die Investition in ein breiteres Frontmähwerk für Albring sehr gut denkbar. „Ein Frontmähwerk mit 4 oder sogar 5 m Arbeitsbreite würde den Zeitaufwand und die Fahrspuren deutlich reduzieren.“
Eine weitere Idee für die Zukunft ist, im Herbst auf Weideflächen anderer Betriebe mit dem Gespann einen Säuberungsschnitt durchzuführen: „Durch die warme Witterung gehen viele Bestände zu lang in den Winter, und wir könnten das Material als Jungviehfutter direkt nutzen, ohne auf ein Wetterfenster für die Silagebergung angewiesen zu sein.“