Kaufvertrag mit Preisanpassungsklauseln: Fair bleiben!
Die Preisentwicklung bei Rohstoffen, Energie und Löhnen treibt auch die Kosten für Landmaschinen. Hersteller und Händler sichern sich ab — oft in einer Grauzone.
Außergewöhnliche Zeiten fordern außergewöhnliche Maßnahmen.“ Diese oder ähnliche Aussagen fallen in letzter Zeit häufiger gegenüber Landwirten und Lohnunternehmern. Absender sind die Hersteller oder Händler von Landmaschinen, wenn es um die finale Zahlung einer neuen Landmaschine geht. Der Landwirt oder Lohnunternehmen fällt aus allen Wolken, denn jetzt soll plötzlich ein höherer Kaufpreis gelten und nicht die bisher im Kaufvertrag und bei der verbindlichen Bestellung vereinbarte Summe.
Kaufvertrag: AGB mit Anpassungsklausel
Die Hersteller oder Händler berufen sich dabei auf Preisanpassungsklauseln, die sich zumeist aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers oder Herstellers ergeben. Ein konkretes Beispiel aus der Praxis ist folgende Formulierung:
„Es gilt der vertraglich vereinbarte Preis. Hat sich der Preis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung durch eine Änderung des Marktpreises oder durch Erhöhung der von in die Leistungserbringung einbezogenen Dritten verlangten Entgelte erhöht, gilt der höhere Preis. Liegt dieser 15 % oder mehr über dem vereinbarten Preis, hat der Kunde das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Dieses Recht muss unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen, nach Mitteilung des erhöhten Preises geltend gemacht werden.“
Bei dieser aktuellen Praxis stellen sich nunmehr zwei Fragen:
Ist eine solche Preisanpassung überhaupt rechtens?
Was ist in einem solchen Fall zu tun?
Grundsätzlich ist es so, dass ein Vertrag beiderseitige Rechtssicherheit geben soll. Deshalb sind die wesentlichen Eckpunkte eines Vertrages, bei einem Kauf der Kaufgegenstand und der Kaufpreis, grundsätzlich zu fixieren, schließlich besteht das ureigene Interesse des Verkäufers darin, dass der Käufer den Gegenstand tatsächlich abnimmt und den vollen Kaufpreis bezahlt.
Schließt nun ein Händler oder Hersteller als Verkäufer mit einem Landwirt oder Lohnunternehmer einen Vertrag, in dem er oben zitierte Klausel einbezieht, weicht er von diesem gesetzlichen Grundgedanken nicht unerheblich ab. Im Geschäftsverkehr ist dann zu prüfen, ob die Abweichung den Geschäftspartner unangemessen benachteiligt, wie es im rechtsdeutsch heißt.
Praktisch bedeutet das, dass die Abweichung nicht überrumpelnd sein und ein unfaires Maß erreichen darf. Ist dies der Fall, ist die Regelung, die sich nach aktueller Recherche zumeist aus den AGB ergibt, rechtlich unwirksam. Das hat zur Folge, dass der Vertrag geschlossen bleibt, allerdings der Regelungsinhalt der unfairen Klausel nicht gilt und damit die Preisanpassung nicht anzuwenden ist.
„Meiner Einschätzung nach ist die zitierte Klausel unwirksam. Dies liegt darin begründet, dass die Ausformulierung dermaßen unkonkret ist, dass für den Landwirt/Lohnunternehmer nicht nachprüfbar ist, ob die Preisanpassung in der konkreten verlangten Höhe gerechtfertigt ist, oder nicht“, so Rechtsanwalt Tobias Kemper.
Wann liegt überhaupt eine Änderung des Marktpreises vor und wer bestimmt den Marktpreis? Wenn es Preissteigerungen bei Vorleistungen gegeben hat, in welcher Höhe ist die Preissteigerung zu übertragen und wie kann sichergestellt sein, dass nur die Preissteigerung und nicht noch mehr weitergegeben wird? Muss der Verkäufer für eine Nachprüfbarkeit nicht seine Ursprungskalkulation inklusive der Gewinnmarge offenlegen?
Wenn beispielsweise bei einem Güllewagen zu einem Kaufpreis von 300 000 Euro der Kaufpreis um 14 % steigen würde, bedeutet dies einen Mehrpreis von 42 000 Euro. Diese erhebliche Summe würde nach der Klausel nicht zum Rücktritt berechtigen. Was ist, wenn diese Summe vom Käufer nicht zu finanzieren ist? Eine Preisanpassungsklausel ist also äußerst kritisch zu betrachten im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit. Das gilt sowohl für die Formulierung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch für die individualisierte Form im Kaufvertrag.
Stahl, Elektronik, Achsen und Reifen sind nur Beispiele: Knappe Ressourcen und steigende Energiepreise lassen Landtechnik deutlich teurer werden.
(Bildquelle: Schulze Vohren )
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(Bildquelle: Tovornik)
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Was tun?
Daraus resultiert ein rein praktisches Problem. Wenn der Verkäufer auf dem Kaufpreis von erhöhten 342 000 Euro für den Güllewagen besteht und bis zur vollständigen Zahlung die Auslieferung verweigert, stellt sich für den Praktiker die Frage, wie er verfahren soll.
Zahlt er den Kaufpreis nicht, bleibt ihm nur, den Verkäufer auf Lieferung des Güllewagen zum ursprünglich vereinbarten Kaufpreis zu verklagen mit der Folge, dass ein Gericht entscheiden muss. Neben erheblichen Kosten wäre eine Entscheidung praktisch frühestens in ein bis eineinhalb Jahren herbeizuführen. Zu spät, um rechtzeitig die Gülle auszubringen.
Ist zunächst keine Einigung möglich, wäre die weitaus praktikablere Möglichkeit, der Preisanpassungsklausel schriftlich zu widersprechen und den erhöhten Kaufpreis zu zahlen — mit einem Rückforderungsvorbehalt nach Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Preisanpassungsklausel.
Der Vorteil: Das Kaufgeschäft wird zunächst abgewickelt. Dann kann ohne jeglichen Zeitdruck über die Rechtmäßigkeit der Preisanpassungsklausel gestritten werden. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass der Streitwert, nachdem sich die gerichtlichen und rechtsanwaltlichen Gebühren errechnen, dem Wert der Preisanpassungsklausel entsprechen würde und nicht dem deutlich höheren gesamten Kaufpreis des neuen Güllefasses.