Gut zu wissen
- Die chinesische Foton/Lovol Gruppe hat viel Kapital und Know-how in die Marke Arbos investiert.
- Die Schlepper werden in China und Italien gefertigt.
- Bisweilen gibt es nur wenige deutsche Händler, die Produkte von Arbos verkaufen.
- Neben Anbaugeräten will Arbos zukünftig auch Mähdrescher anbieten.
Nach seinem Debüt auf der Agritechnica 2015 hat der „neue“ Schlepperhersteller Arbos eine erstaunliche Entwicklung an den Tag gelegt. Dabei ist der ursprünglich italienische Hersteller nicht neu. Bereits 1923 hat Firmengründer Pietro Bubba den ersten Schlepper UTB 3 auf den Markt gebracht. 1954 wurden keine Schlepper mehr gebaut, aber unter dem Namen Arbos-Bubba Mähdrescher.
1964 kaufte White aus den USA das Unternehmen Arbos und produzierte sowie entwickelte weiter Mähdrescher. 1971 wurde z. B. mit dem Panther 7 Hills der erste hangtaugliche Drescher vorgestellt. Nach weiteren Übernahmen wurde die Produktion 1994 endgültig beendet. Nachdem die chinesische Foton Lovol Gruppe Mitte 2014 die Rechte an der italienischen Marke Arbos gekauft hatte, wurde in den kommenden Jahren ein kleines Vermögen in das Projekt investiert, darunter 53 Mio Euro für die Entwicklung einer kompletten Schlepper- und Geräteserie.
Große Investitionen
Weitere 78 Mio. Euro flossen in den Kauf der ehemaligen MaterMacc-Anlage in San Vito al Tagliamento im Januar 2015, gefolgt vom Goldoni-Schlepperwerk in Carpi bei Modena im Dezember 2015. Mit einer Produktionsfläche von 285 000 m² an beiden Standorten wurden weitere Mittel für die Modernisierung beider Fabriken bereitgestellt. Die Übernahme des Goldoni-Werks war ein entscheidender Schritt. Damit hatte Arbos eine europäische Basis für die Montage seiner Schlepper.
Der Umzug erfolgte im Herbst 2016, kurz nachdem das Ingenieurzentrum in Bologna geschlossen und das Team in ein neues Gebäude in Carpi umgezogen war. Heute werden in Carpi Schlepper für Sonderkulturen und Modelle mit gleich großen Rädern der Marken Goldoni und Arbos montiert sowie die Serie 5000 (110 bis 136 PS), die erste Serienproduktion von Arbos. Nach ihrem Auftritt auf allen großen internationalen Messen seit der Agritechnica 2015 gab es im Mai 2019 die erste Vorführung der drei Modelle auf der spanischen Demagro-Messe. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die chinesische Muttergesellschaft 157 Mio. Euro investiert!
Weitere neue Schlepper sind in der Planung, aber ebenso wichtig sind die Konsolidierung des Portfolios und die Erweiterung des Vertriebsnetzes. Derzeit gibt es 280 Händler der Arbos-Gruppe in 64 Ländern. Alle vertrieben ursprünglich Schlepper von Goldoni oder Landmaschinen von MaterMacc. Ziel von Arbos ist es, Schritt für Schritt weitere, von diesen Marken unabhängige Händler zu gewinnen.
Wenig deutsche Händler
Arbos rechnet mit 75 engagierten Händlern in Europa, vor allem in Italien (alle mit Goldoni- oder MaterMacc-Hintergrund), Frankreich und Spanien. Außerdem gibt es Vertriebspartner in Osteuropa und den Balkanländern. Kurzfristig soll die Zahl der europäischen Händler auf 100 steigen. In Deutschland ist die Marke bisher selten vertreten. Eine der großen Firmen ist Fudex (Kasten: „Wir spezialisieren uns auf die Kat. I“). In Italien sind einige Arbos-Schlepperhändler auf der Suche nach einem ergänzenden Schlepperangebot, das sie neben einem Premiumfabrikat anbieten können. Ähnlich ist die Situation in Frankreich und Spanien. Der Wettbewerb in Europa ist groß. Arbos hofft, mit Anreizen wie einer fünfjährigen Garantie und einer fünfjährigen 0 %-Finanzierung punkten und neue Kunden gewinnen zu können.
Bei 400 Beschäftigten in den beiden Werken entsprachen die Verkaufszahlen von 3 000 Schleppern und 2 000 Maschinen in 2018 den Erwartungen. In 2019 stieg der Umsatz von MaterMacc angeblich um 20 %. Nach unseren Informationen fielen die Verkaufszahlen der Goldoni-Schlepper wieder auf das Niveau vor der Insolvenz des italienischen Schlepperherstellers vor vier Jahren zurück.
2018 lief die Produktion der Schlepper der Serie 5000 an — 100 Einheiten wurden verkauft. Im vergangenen Jahr 2019 wurden die meisten der 450 produzierten Einheiten in Italien, Frankreich, Polen, Rumänien, Spanien und Bulgarien verkauft, eben dort wo Arbos Händler hat.
2018 entsprach der Gesamtumsatz von Schleppern und Maschinen in Europa 80 Mio. Euro und lag damit im Plan, so die Aussagen der Arbos-Gruppe. Die Ziele der Chinesen sind aber weitaus ehrgeiziger: Der Eigentümer will diese Umsatzzahlen bis 2025 auf sage und schreibe 250 Mio. Euro steigern.
Schlepper in der Pipeline
Die Entwicklung geht weiter. Derzeit arbeitet Arbos an einer Lösung zur Abgasstufe V für die 5000er Modelle. Mit Blick auf die Zukunft hat das italienische Unternehmen den Plan, sein europäisches Schleppergeschäft in den nächsten fünf Jahren auszubauen und die Anzahl der Baureihen auf fünf zu erhöhen (Serien 3000, 4000, 5000, 6000 und 7000). Mit einer Bandbreite von 36 kW/50 PS bis 191 kW/260 PS plant man derzeit die Herstellung von 1 000 neuen Arbos-Schleppern pro Jahr. Dazu soll die Kapazität der derzeitigen Montagelinie von 600 produzierten Einheiten auf 1 200 Stück verdoppelt werden.
Die drei Modelle der Serie 7000, die auf der Agritechnica im November letzten Jahres zu sehen waren, sind laut Arbos das Ergebnis von zweijährigen Tests mit mehr als einem Dutzend Prototypen in Europa und China. Die Palette umfasst die Modelle 7220 (162 kW/220 PS), 7240 (176 kW/240 PS) und 7260 (191 kW/260 PS).
Angetrieben werden die Schlepper von einem 6,7-l-Sechszylindermotor der Abgasstufe Stufe IV von FPT. Der Block sowie der Kabinenrahmen werden in China hergestellt. Die Serienproduktion soll in 2020 beginnen. Bis Ende des Jahres sollen 50 Traktoren fertig sein. Die 7000er Serie kann bis 300 PS hochgefahren werden. Für größere Traktoren wird es womöglich eine 8000er Serie geben — das ist jedoch Zukunftsmusik. Das Zieldatum für die Einführung der 6000er Serie (140 bis 200 PS) ist auch noch nicht klar. Arbos will in den nächsten zwei Jahren einen ersten Prototypen präsentieren. Das Getriebe der 6000er Serie soll dabei volllastschaltbar sein.
Die zu Beginn dieses Jahres angekündigten Schlepperserien 2000 und 3000 (20 bis 50 PS) werden in China von Lovol hergestellt: „Wir wollen dies nicht verschweigen“, sagt Marketingchef Zambelli. „Unsere Muttergesellschaft ist chinesisch, aber wir haben zwei Produktionsstätten in Europa.“
Mähdrescher in der Entwicklung
Zur Positionierung der Marke als Fullliner gehört die Entwicklung von Mähdreschern. Im Carpi-Werk sahen wir den Grobentwurf des ersten Prototyps. Der letzte Arbos-Mähdrescher stammt aus dem Jahr 1994 — der 800 mit fünf Schüttlern. Dieses Modell dient als Basis für die aktuellen Entwicklungen. Erste Ergebnisse sollen unter der Modellbezeichnung C5000 (fünf Hordenschüttler) und C6000 (sechs Schüttler) gelistet werden. Ein erster funktionsfähiger Prototyp ist nach eigenen Angaben in China im Feldversuch.
Selbst einen Hybriddrescher mit Rotor kündigt Arbos in unserem Gespräch an. Doch das Unternehmen betont, dass die Schlepperentwicklung Vorrang hat. Daher rechnen die Italiener mit einer ersten Vorstellung auf der Agritechnica 2023. 2025 könnten die ersten Drescher dann in der Preisliste auftauchen.
Als Fullliner und durch die Übernahme von MaterMacc kann Arbos auf ein Erfahrungsschatz im Bereich von Mulch- und Direktsaat greifen. Daher hat man sich auch noch nicht entschieden, den 2015 vorgestellten Pflug in die Preisliste aufzunehmen. Das Gleiche gilt für Grubber. Die Blaster-Anhängespritzen befinden sich derzeit noch in der Entwicklung. Auch diese Entwicklung kann noch bis zu zwei Jahre dauern. Für die Zukunft ist die Entwicklung von Schleppern ohne Abgasnachbehandlung für Märkte wie Afrika und Südamerika geplant.
Wir spezialisieren uns auf die Kategorie I
Die Firma Fudex aus Winsen Luhe hat sich auf den Import und Vertrieb von Kleintraktoren und Baumaschinen (Hytec) spezialisiert. Neben Marken wie Kubota, Iseki oder Mitsubishi haben die Norddeutschen auch Produkte von Farmtrac und eben Arbos im Programm.
Im Gespräch mit Vertriebsleiter Thilo Weiß ist die Strategie deutlich: „Wir haben uns auf Traktoren der Kategorie 1 spezialisiert. Größere Modelle von Arbos werden wir in naher Zukunft anbieten, aber der Schwerpunkt bleibt bei preiswerten Einsteigermodellen bis 50 PS.
Fudex hat mit Arbos erste Verträge zu einer engeren Zusammenarbeit geschlossen. Weiß ist von der Qualität der Arbos-Traktoren gegenüber den Vorgängern von Foton/Lovol überzeugt: „Die Chinesen haben bewiesen, mit europäischem Einfluss Traktoren bauen zu können“, so Weiß. Dennoch bleiben in naher Zukunft aber größere Modelle aus Italien eher die Ausnahme auf deutschen Äckern.
Tobias Bensing
Traktoren von der Seidenstraße
Unser Besuch in Italien beinhaltete auch eine Besichtigung der Montagelinie für die Serie 5000. Die Motoren für die drei Modelle 5100 (102 PS), 5115 (122 PS) und 5130 (136 PS), stammen derzeit von Kohler und erfüllen für Europa derzeit die Abgasstufe IV. Es gibt auch eine Version mit Stufe IIIA für Märkte ohne Emissionsschutzgesetze. Unabhängig davon, welche Version eingebaut wird, die Grundeinheit (Achsen, Motor und Getriebe) wird jeweils in China hergestellt. Jeweils vier solcher Einheiten werden in einen 40-Zoll-Container verladen und nach Italien verschifft. Die Getriebe für den 5000er und für weitere in China montierte Schlepper der Lovol-Gruppe werden in Carpi hergestellt. Die Gussteile sind ausgelagert. Zur hausinternen Produktion z. B. der Zahnräder für alle Schlepper (auch der für Sonderkulturen) stehen drei Produktionslinien zur Verfügung. Jede dieser Linien kann 15 Getriebe während eines Acht-Stunden-Tags herstellen — insgesamt 45 pro Tag. Sie werden im Werk lackiert, bevor sie per Schiff nach China gehen. Die Getriebe der Serie 7000 werden mit italienischer Unterstützung in China hergestellt.Die Traktorkabinen werden in Carpi konstruiert und in China hergestellt. Auch die 5000er Achsen und die Motorhauben stammen aus China. Die Tagesleistung liegt derzeit bei bis zu sechs Einheiten. Die vormontierten Schlepper aus China kommen mit dem Getriebe aus Carpi in Containern: je vier teilmontierte Traktoren pro Box bestehend aus dem Chassis, der Vorderachse und der Kabine. Sechs der zehn Beschäftigten arbeiten an der 70 m langen Linie, die anderen vier vervollständigen die Kabine. Danach wird der Motor zum ersten Mal gestartet und der Schlepper zur Qualitätskontrolle gefahren. Die fertigen Traktoren verlassen dann die Montagehalle und werden für den Transport aufgereiht. Die beiden Getriebeprüfstände im Werk in Italien können verschiedenste Einsatzbedingungen simulieren.
Fazit
Die Botschaft ist klar: Die Arbos-Gruppe meint es ernst mit Europa und mit dem Wachstum in anderen Teilen der Welt. Zunächst wird dies über Goldoni und MaterMacc-Händler geschehen, die auf diesen Kontinenten gut vertreten sind. Auch Russland gilt als potenzieller Markt für die Marke Arbos. Hier wird gerade ein Montagewerk entwickelt. Einige Geräte von MaterMacc werden bereits in Russland hergestellt, und das größere Ziel ist es, dort Schlepper herzustellen. Deutschland bleibt aber zunächst wohl ein kleiner Markt für die Arbos-Gruppe.