Die Reisedauer war großes Thema, als sich alle Teilnehmer am Frankfurter Flughafen trafen: zwölf Stunden Flugzeit in das brasilianische Sao Paulo, dort vier Stunden Aufenthalt und noch einmal vier Stunden Busfahrt bis zum Ziel Santiago de Chile. Schnell waren alle miteinander bekannt, und erste Reiseerfahrungen wurden ausgetauscht — viele Teilnehmer waren bereits Gast auf Studienreisen wie dieser, die federführend von der Reiseagentur Farm-Tours organisiert wurde (farm-tours.de).
Nachdem wir bei nasskalten 4 °C in Frankfurt/Main gestartet waren, erwarteten uns in Chile sonnige 30 °C. Daran mussten wir uns alle erst gewöhnen, bevor uns der einheimische Reiseführer samt Fahrer sowie
klimatisiertem Bus in Empfang nahm und wir zur ersten Farm starteten.
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Die Reisedauer war großes Thema, als sich alle Teilnehmer am Frankfurter Flughafen trafen: zwölf Stunden Flugzeit in das brasilianische Sao Paulo, dort vier Stunden Aufenthalt und noch einmal vier Stunden Busfahrt bis zum Ziel Santiago de Chile. Schnell waren alle miteinander bekannt, und erste Reiseerfahrungen wurden ausgetauscht — viele Teilnehmer waren bereits Gast auf Studienreisen wie dieser, die federführend von der Reiseagentur Farm-Tours organisiert wurde (farm-tours.de).
Nachdem wir bei nasskalten 4 °C in Frankfurt/Main gestartet waren, erwarteten uns in Chile sonnige 30 °C. Daran mussten wir uns alle erst gewöhnen, bevor uns der einheimische Reiseführer samt Fahrer sowie
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Dort wartete Anbauberater Hugo Gonzales bereits auf uns. Er gab uns auf der Mandel-Farm einen ersten Überblick über die chilenische Landwirtschaft. Danach ging es jedoch zügig zum Hotel — nach dem doch sehr langen Weg lockte das Bett. Vorher haben wir uns jedoch bei einem gemeinsamen Abendessen gegenseitig vorgestellt. Zusammengekommen war eine illustre Runde von Landwirtinnen und Landwirten im Haupt- und Nebenerwerb sowie beispielsweise Lohnunternehmern, einer Floristin und landwirtschaftlichen Beratern — zusammengewürfelt aus allen Ecken Deutschlands und sogar aus der Schweiz.
Chile in Zahlen
Chile hat 756.700 km2 Gesamtfläche (Deutschland: 357.600 km2), die sich über eine Nord-Süd-Länge von 4.275 km erstrecken. Die Breite beträgt durchschnittlich 180 km. Wenn man bedenkt, dass dazu noch ein Großteil der Anden zählt, bleibt bis zur Küste oft nur ein recht schmaler Streifen übrig. Rund 22 Mio. Einwohner hat das Land, davon leben rund ein Drittel im Großraum der Hauptstadt Santiago de Chile.
Aufgrund der Länge gliedert sich das Land in drei Klimazonen: Bis zu 6.000 m hohe Berge in den Anden und die sehr trockene Atacama-Wüste im Norden, in der Mitte herrscht mediterranes Klima vor, der Süden hingegen ist äußerst niederschlagsreich.
Das Bruttoinlandsprodukt lag 2024 bei 290,2 Mrd. Euro (4.263,7 Mrd. Euro in Deutschland). Chile erzielt 4 % des BIP in der Forst-, Fisch- und Landwirtschaft (Deutschland: 0,92 %). Die land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 22,3 Mio. ha. Davon sind 1,09 Mio. ha Ackerfläche, 8,78 Mio. ha Weideland und 0,71 Mio. ha Brachland. Obst wird auf 0,38 Mio. ha angebaut. Die Anzahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe liegt bei ungefähr 138.600 — drei Viertel der Betriebe bewirtschaften weniger als 20 ha.
Der größte Exportmarkt von Chile ist China, er umfasst knapp 30 % des landwirtschaftlichen Außenhandels.
Es folgen die USA und die EU (Top 3: Niederlande, Deutschland, Italien). Weltmarktführer ist das Land beim Export von Kirschen, Tafeltrauben, Pflaumen, Äpfeln, Blaubeeren und Nüssen.
Wein aus Chile
Chilenischer Wein ist wohl das bekannteste Exportgut Chiles — da lag es nahe, dort den fachlichen Teil unserer Reise zu beginnen. Also ging es am ersten Tag vor Ort in das bekannte Colchagua-Tal südwestlich von Santiago de Chile zur Familie Siegel. Die Familie ist deutschstämmig, so wie viele ländliche Einwohner Chiles. 1978 begann Familie Siegel mit dem Weinbau in Chile.
Heute bewirtschaftet das Familienunternehmen an mehreren Standorten etwa 900 ha Weinreben, die sich in rund 500 ha zur Wein- und in 400 ha zur Tafeltraubenproduktion aufteilen. Hinzu kommen einige Hektar Kirschen, Pflaumen, Birnen und Orangen. Der Fokus des Betriebs liegt aber klar auf den Trauben, die zum Zeitpunkt unseres Besuchs gerade abreiften.
5.000 Reben stehen hier auf 1 ha, die Ertragserwartung liegt bei etwa 2 kg je Rebe. Geerntet wird an diesem teils sehr hügeligen Standort mit rund 200 Mitarbeitern aus der Region über ungefähr 30 Tage. Der Großteil der Ernte erfolgt manuell. Rund 650 mm jährlicher Niederschlag fallen am Standort in Los Lingues.
Mittagessen im Garten der Winzerfamilie Siegel. Sehenswert war der Grill mit seiner ganz besonderen Bauweise.
(Bildquelle: Brüse)
(Bildquelle: Brüse)
Zusätzlich werden die Kulturen bedarfsgerecht beregnet. Die Beregnung liegt in Chile weitgehend in der Hand des Landwirts und wird nicht von Beregnungsverbänden oder Ähnlichem geregelt. Das Wasser ist im
Colchagua-Tal nicht knapp, weil ein Großteil des Jahres Schmelzwasser aus den nahe liegenden Anden zur Verfügung steht. Es wird direkt aus Gewässern entnommen, ergänzend gibt es Speicherlagunen.
Die Familie exportiert weltweit — auch in deutschen Supermarktregalen oder bei Weinhändlern sind sie zu finden.
Unsere Reisegruppe hatte bei einem großartigen Grillbuffet im Garten des Landhauses der Familie Siegel die Möglichkeit, einige der wirklich leckeren Tropfen zu probieren. Leider hatten nicht alle ausreichend Platz im Koffer, um einige Flaschen mit in die Heimat zu nehmen.
Orangen für Amerika, Avocados für Europa
Auf dem Betrieb von Fernando Farias wird Obst für die Welt produziert. Auf seinen 150 ha baut er Orangen, Zitronen, Nektarinen, Avocados, Pflaumen, Kiwis und Walnüsse an — wobei Orangen und Avocados einen Schwerpunkt bilden.
Bei den Walnüssen befindet er sich noch im Versuchsstadium, mit welcher Art der Bestandsbegründung — vor allem mit oder ohne vorherige Bodenbearbeitung — sich die besten Bäume entwickeln. Derzeit zeichnet sich ab, dass die tiefe Bodenbearbeitung die bessere Variante ist.
Farias pflanzt konventionelle Walnuss-Bäume, die rund 6 Dollar je Stück kosten. Er experimentiert aber auch mit geklonten Exemplaren, die aber 20 Dollar/Stück kosten. Ob sich der Mehrpreis rechnet, findet er gerade heraus. Alle Pflanzen (Sorte Chandler) kommen ausnahmslos aus den USA — insbesondere aus Oregon — dort sind die weltweit besten Zuchtbetriebe ansässig. Der Preis, den er für 1 kg trockene Walnüsse erzielt, liegt bei rund 1,50 $. Je ha werden 6.000 kg maschinell mit Schüttel- und Sammelmaschinen geerntet.
Eine sichere Bank für den Betrieb von Farias sind die Orangen. Die Sorte Valencia hat eine dicke Schale, das macht sie vergleichsweise gut transport- und lagerfähig. Die gesamte Ernte exportiert er nach Lateinamerika. Geerntet wird hier wiederum manuell im Zeitraum von Oktober bis Mai. Weil nicht alle Früchte eines Strauchs gleichzeitig reif sind, wird mehrmals geerntet. Gepflückt wird dann, wenn der Kunde bestellt. Für Farias ist diese Ernte „das beste Geschäft“: Er erntet auf Bestellung, kann daher gut planen, und die Ware wird direkt voll bezahlt — anders als etwa bei den Kirschen (Kasten: „Von Chile in die Welt“). Die durchschnittliche Erntemenge gibt Farias mit etwa 35 t/ha an, für 1 kg bekommt er 0,5 US-Dollar.
Licht und Schatten gibt es beim Avocado-Anbau: Einerseits ist bei den Kulturen keinerlei Pflanzenschutz notwendig, es wird nur etwas Blattdünger appliziert. Außerdem brauchen Avocados nur rund 25 l Beregnung pro Woche — was im Vergleich zu den Orangen erheblich weniger ist. Aber weil die Früchte mit 5 Dollar/kg vergütet werden und er rund 15 t/ha erntet, hat Farias erhebliche Probleme mit Diebstahl, so dass die Avocados jetzt hochumzäunt sind. Er überlegt sogar, die Bäume vor der Ernte bewachen zu lassen.
Nach den ersten Tagen zwischen Wein und Früchten ging es für uns als Reisegruppe nun erneut zum Flughafen von Santiago, um weiter gen Süden in die Region rund um Puerto Varas zu fliegen.
Von Chile in die Welt — vor allem nach China
„Cerasus versorgt die Welt mit Kirschen“ — das selbst gegebene Motto greift nicht zu kurz: Cerasus ist von
52 Jahreswochen 34 Wochen lang lieferfähig. Dafür hat Cerasus Standorte auf der Nordhalbkugel — in USA-Bundesstaaten Washington und Oregon sowie in Chile. Wenn die Ernte auf der Nordhalbkugel beendet ist, beginnt sie in der südlichen Hemisphäre. Zusammen mit einer Auswahl von 13 Sorten ist man so mehr als ein halbes Jahr lieferfähig.
Am Standort Cerasus Giddings, ebenfalls im Colchagua-Tal, werden jährlich 10.000 t Kirschen aufbereitet, verpackt und exportiert. Hinzu kommen 4.500 t frische Pflaumen. Cerasus exportiert in 20 Märkte — der mit Abstand größte Markt ist China, vor den USA und der EU.
Die Landwirte liefern die Waren selbst an — meist frisch vom Feld in Transportcontainern. Darin sind 24 Boxen, die jeweils mit rund 9 kg Früchten gefüllt sind. Bevor die Früchte in den insgesamt 48 Verarbeitungsstraßen sortiert werden, kommen Stichproben in das Analysezentrum. Mit Refraktometern wird die Güte des Produkts bestimmt, Kameras scannen die Gleichmäßigkeit, das Kaliber sowie den äußerlichen Zustand. Ist alles in Ordnung, geht es auf den Weg durch die Fabrik.
In atemberaubender Geschwindigkeit sausen beispielsweise die Kirschen durch die Sortierstraßen und werden dabei mehrmals gescannt und luftunterstützt von der Hauptstraße zur jeweils passenden Endstraße gefördert. An deren Ende geht es ab in eine Kiste, die 2,5 kg Ware fasst. Diese wird umgehend mit Spezialfolie eingeschweißt, die für CO2 undurchlässig ist und so zur Erhaltung der Qualität auf den langen Transportwegen beiträgt.
Apropos Weg: Der Standardweg nach China dauert aus den chilenischen Häfen in Valparaiso und San Antonio rund 55 Tage im Kühlcontainer. Für frühe Ware, die in Fernost besonders gut bezahlt wird, gibt es Spezialtransporte, die 22 Tage dauern.
In China geht rund 70 % in den Großhandel, erstaunliche 30 % setzt Cerasus allerdings direkt an Supermarktketten ab. Die Ware wird am Ziel noch einmal beprobt, und erst dann steht der Enderlös für den liefernden Landwirt fest.Dieser erhält bei Lieferung nur einen Basispreis, der verbleibende Restpreis errechnet sich nach Prüfung der Ware in China.
Der Flug nach Puerto Montt dauerte gut eine Stunde. Die Region, die ziemlich exakt in der Mitte von Chile liegt, ist touristischer geprägt als der Norden, obwohl sich hier zeitgleich auch die Kornkammer von Chile befindet.
Für uns stand am ersten Sonntag der Reise etwas Sightseeing auf dem Programm. Das Hotel in Puerto Varas lag direkt am Lake Llanquihue (ausgesprochen „Ljanquiweh“). Der See ist mit einer Fläche von 877 km2 der zweitgrößte See in Chile und bis zu 350 m tief (Bodensee: 536 km2 groß und gut 250 m tief).
All diese Informationen erhielten wir von unserer Reisebegleitung des Tages: Felicitas. Felicitas ist deutschsprachige Rentnerin und hat sich auf die Führung deutscher Reisegruppen spezialisiert. Felicitas hat deutsche Vorfahren, sie selbst ist die fünfte Generation, die in Chile lebt. In den späten 1840er Jahren begann die Besiedlung von Chile mit europäischen Einwanderern, viele davon kamen aus Deutschland. Daher erhält sich bis heute eine gewisse deutsche Kultur in Chile — wie etwa auch die deutsche Schule in Puerto Varas mit insgesamt 400 Schülerinnen und Schülern.
Weitere deutsche Schulen gibt es im ganzen Land. Allerdings — so berichtet Felicitas — merkt man in den vergangenen Jahren, dass die Verbindung zur deutschen Sprache und Kultur langsam erodiert. Was nach so vielen Jahren auch normal erscheint. Nichtsdestotrotz spürt man den Einfluss der deutschen Einwanderer noch an sehr vielen Stellen im Alltag.
Höhepunkt des Tages war der Besuchs des Vulkans Osorno — der bekannteste der vielen chilenischen Vulkane und daher ein beliebtes Reiseziel. Er ist rund 2 650 m hoch und kann bestiegen werden. Er gilt zwar geologisch noch als aktiv, ist aber seit weit über 100 Jahren nicht mehr ausgebrochen. In unmittelbarer Nachbarschaft am See Llanquihue liegt der Vulkan Calbuco, der zuletzt 2015 ausbrach.
Der Vulkan Osorno ist ein touristisches Highlight in Chile, das wir während unserer Reise auch besucht haben.
(Bildquelle: Brüse)
Der Club Aleman: Ein Dokument deutscher Wurzeln vieler Einwanderer.
(Bildquelle: Brüse)
Chile hat sehr viele Vulkane und eine interessante Geologie, was vor allem der Lage auf der Berührungslinie zweier kontinentaler Platten geschuldet ist. Dies hat bis zu 300 Erdbeben jährlich zur Folge — die wenigsten sind aber gefährlich. Diese seismischen Aktivitäten erklären auch, weshalb viele kleinere Häuser und sonstige Gebäude nur aus Holz gebaut sind. Das hat weniger einen Kostengrund als viel mehr den, dass die Holzbauten nach Erdbebenschäden — zumindest in früheren Zeiten — deutlich besser zu reparieren waren.
Damit endete der erste, landtechnikarme Teil unseres Reiseberichts aus Chile. Im zweiten Teil geht es um den größten Lohnunternehmer des Landes, um die Getreideproduktion sowie die Verarbeitung und um besondere Milchviehbetriebe. Die Haselnuss-Produktion bildet dann den süßen Abschluss. Bleiben Sie gespannt.
Kirschen in Folienbau
Ein Teil der Kirschen in Chile wird unter Folie angebaut. Im Mai wird die Folie mit Hilfe von Drahtkonstruktionen über die Bäume gezogen — das verfrüht die Blüte der Kirschen um vier Wochen in den August.
Das System kostet 70.000 Dollar/ha, doch die Investition rechnet sich normalerweise nach sechs Jahren. Denn durch die frühere Verfügbarkeit und bessere Qualität lässt bis zu 3 Dollar/kg mehr erlösen. Die Bäume werden in dieser Anbauart mit einer Hohlkrone erzogen und bis zur Ernte täglich per Tropfschlauchsystem bewässert.
Als Pflanzenschutzmaßnahme sind vier bis fünf Sonnenschutzbehandlungen notwendig, wenn die Folien nach der Blüte wieder entfernt werden. Unter Folie sind rund 30 t/ha Ertrag erwartbar, ohne Folien halb so viel. Die Anlage einer Kultur mit Wegen und Bewässerung wird mit rund 8.000 Dollar/ha veranschlagt, hinzukommen je ha noch 1.800 Pflanzen à 5 Dollar/Stück.
Die Ernte ist sehr handarbeitsintensiv, eine Arbeitskraft kostet durchschnittlich 55 Dollar/Tag. Üblich sind 44 Stunden Arbeitszeit je Woche, die sich in der Ernte auch auf sieben Tage verteilt.