Die Standorte bedeutender Landtechnikunternehmen befinden sich ihren Produkten entsprechend häufig in direkter Kundennähe. Dieser Aspekt trifft sicher auf die Firma Cramer im ostfriesischen Leer zu — wenigstens was das einstige Kernprodukt Kartoffellegemaschinen angeht.
Erste eigene Legemaschine
Die Anfänge des Unternehmens gehen bis auf die Gründung einer Schmiede im Jahr 1835 zurück. Auf welche Produkte sich die kleine Firma seinerzeit konzentrierte, ist nicht bekannt. Aber die Nähe zum landwirtschaftlichen Umfeld hat sicher dazu beigetragen, dass Cramer die Kartoffeltechnik für sich entdeckte.
Niedersachsen ist Kernland für den Kartoffelbau. Und hier sah die Firma ihre Chance, sich zu spezialisieren. In den 1950er Jahren präsentierte Cramer die erste selbst entwickelte Kartoffellegemaschine — und legte damit den Grundstein für eine der wenigen deutschen Marken in diesem Produktbereich. Zu einem anderen bekannten Produzenten wie Gruse (später von Grimme erworben) gesellten sich noch weitere Hersteller in Deutschland, die jedoch nur regional von Bedeutung waren. Mit der Ausweitung des Kartoffelbaus in Deutschland ab den 1970er Jahren fassten vor allem niederländische Firmen hierzulande Fuß.
Cramer entwickelte sich in den 1950er und 60er Jahren zu einem namhaften deutschen Hersteller und konnte auch bald mit einem Patent aufwarten. Mit der Erfindung sollten Fehlstellen ausgeglichen werden. Und weil Fehlstellen einen bedeutenden Einfluss auf den Ertrag haben, war diese Neuerung ein Grund für den Erfolg der Marke.
Die Technik des automatischen Fehlstellenausgleichs war überaus einfach und funktionierte seinerzeit rein mechanisch. Ein Taster überprüfte zunächst, ob jeder Becher des Becherbandes mit einer Kartoffel belegt war. Ein leerer Becher wurde automatisch aus einem Reservoir, ähnlich einer Revolvertrommel, nachbefüllt.
Im Grunde funktionierte diese Technik vollautomatisch, nur das Reservoir musste immer gefüllt sein. Und das geschah nicht automatisch. Der Schlepperfahrer oder eine Begleitperson, für die es optional einen Sitz gab, musste stets dafür sorgen, dass das Reservoir gefüllt war.
Grünpflege als Standbein
Um nicht nur von der Kartoffeltechnik abhängig zu sein, diversifizierte Cramer sein Programm und stieg in den 1970er Jahren in die Gartentechnik ein, die in den folgenden Jahrzehnten mit Gartenhäckslern, Vertikutierern, Kehrmaschinen und Rasentraktoren ebenfalls erfolgreich war.
So erfolgreich, dass sich Cramer im Jahr 2012 nur noch auf die Gartentechnik konzentrierte. Die Kartoffeltechnik wurde an das niederländische Unternehmen Wifo-Anema verkauft. Die Baureihen Sirius und Marathon sollten in das Programm des neuen Eigners integriert werden. Im aktuellen Produktprogramm tauchen die Cramer-Maschinen aber nicht mehr auf.
Auch die Cramer-Geschichte verlief nach dem Verkauf der Kartoffel-Sparte nicht geradeaus. Im Jahr 2017 verkaufte die Eignerfamilie die Firma mehrheitlich an den chinesischen Investor Globe. Doch offenbar „konnten“ die Teilhaber nicht miteinander. Im Jahr 2020 wurde der Verkauf an Globe rückabgewickelt. Seit Anfang 2021 firmiert die ehemalige Firma Cramer unter dem neuen Firmennamen Remarc.