An den Achsen druckluftgebremster Anhänger kommen zwei Bremszylindertypen zum Einsatz. Zum einen sind es die länglichen Kolbenbremszylinder, zum anderen die flacheren Menbranbremszylinder. Defekte Membranzylinder werden bedingungslos ersetzt. Für Kolbenzylinder gibt es zwar Reperatursätze, die Instandsetzung lohnt aber nur in Ausnahmefällen.
ISchon seit Jahrzehnten haben sich
im modernen Nutzfahrzeugbereich
die Membranbremszylinder
durchgesetzt. Ganz anders ist das
in der Landwirtschaft, wo man die Kolbenbremszylinder
noch sehr häufig antrifft. Der
Grund dafür ist ganz einfach das Alter vieler
Anhänger. Beim Kauf eines gebrauchten
Anhängers verrät der Blick auf die Bremszylinder
also gleich Einiges über das Alter
des Fahrzeugs.
Ob Membranbremszylinder oder Kolbenbremszylinder,
die Wirkungsweise ist gleich.
Lediglich die Funktionsweise ist etwas anders.
Den Aufbau eines Kolbenbremszylinders
kann man mit einem Hydraulikzylinder
vergleichen. Im Zylinderrohr befindet sich
ein Kolben, der sich nach vorne verschiebt,
sobald von der Druckluftanlage des Zugfahrzeugs
Luft in den Zylinder strömt. Die
am Kolben befestigte Kolbenstange drückt
dabei gegen den Bremshebel und veranlasst
so die Abbremsung des Fahrzeugs. Wird die
Luft über das Bremsventil wieder entlassen,
schiebt sich der federbelastete Kolben zurück
in die Ruhestellung.
Der Membranbremszylinder ist wesentlich
einfacher aufgebaut: Eine kräftige
Gummimembran wird hier zwischen zwei Gehäusehälften eingeklemmt. Bei der Bremsung
drückt die Druckluft des Zugfahrzeugs
gegen die Membran, die wölbt sich nach
vorn und drückt damit automatisch die Kolbenstange
gegen den Bremshebel der Anhängerachse.
Beide Systeme machen also ohne irgendwelche
Einschränkungen ihren Job. Der
größte Unterschied zwischen Kolben- und
Membranbremszylinder ist wohl der Preis.
So muss man für einen Kolbenbremszylinder
mit ca. 160 Euro netto etwa das
Dreifache bezahlen wie für einen Membranzylinder.
Sicherlich war auch das ein wichtiger
Grund für dessen Verbreitung.
Kann man
defekte Kolbenzylinder
reparieren?
In der Rubrik „profi-Praktisch“ versuchen
wir, unseren Lesern monatlich neue, interessante
Reparaturtipps zu geben. In diesem
Fall (Kolbenbremszylinder) kamen wir jedoch
nach unseren Recherchearbeiten zu
einer eindeutigen Erkenntnis: Die Instandsetzung
lohnt nicht — und das, obwohl Reparatursätze
erhältlich sind. Auch wir haben
einige Zeit gebraucht, um zu dieser Erkenntnis
zu kommen, aber es ist definitiv so, und
es ist auch die einhellige Meinung der Fachwelt.
Wir möchten daher nur typische Fragen
beantworten, die in diesem Zusammenhang
immer wieder aufkommen:
...oder stattdessen
Membranzylinder
einbauen?
Weil Membranzylinder zeitgemäßer und vor
allem erheblich preiswerter als Kolbenzylinder
sind, erhält man oft die Empfehlung,
bei der Gelegenheit doch gleich auf Membranzylinder
umzurüsten. Könnte man
drüber nachdenken, wird aber mit Sicherheit
erheblich aufwändiger und kostspieliger.
Schließlich müssen jetzt alle Zylinder
des Anhängers erneuert werden, neue Halterungen
müssen an die Achsen geschweißt
werden. Und das Wichtigste: Eine komplett
neue Bremsenberechnung muss für das
Fahrzeug erstellt werden. Wer den defekten
Kolbenbremszylinder gegen einen neuen ersetzt,
wird garantiert preiswerter und vor
allem auch schneller davon abkommen!
Wo gibt es neue
Kolbenzylinder?
Gegenüber den Membranbremszylindern ist
der Anteil der verkauften Kolbenbremszylinder
extrem gering. Man muss sich also
nicht wundern, wenn einen der Verkäufer
beim Fahrzeugteilehandel erst ungläubig anschaut
und dann irgendwann die Frage
stellt: „Kommen Sie aus der Landwirt-schaft?“ Wie bereits gesagt, ist dieser
Zylindertyp aufgrund des Alters vieler
Fahrzeuge fast ausschließlich noch in
der Landwirtschaft anzutreffen. Die
Konsequenz daraus ist, dass sehr viele
Fahrzeugteilehändler keine Kolbenbremszylinder
mehr am Lager haben oder nur noch
eine sehr geringe Auswahl. Ganz anders ist
das bei den Unternehmen, die sich darauf
spezialisiert haben, die Landwirtschaft mit
Ersatzteilen zu beliefern.
Wie identifiziert
man den passenden
Zylindertyp?
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal
der Kolbenbremszylinder ist ihr Querschnitt.
Je dicker das Zylinderrohr, desto
größer ist die Kolbenfläche und desto größer
ist die Kraft. Laut der Bremsenberechnung
für das jeweilige Fahrzeug muss der
Kolbenbremszylinder eine ganz bestimmte
Dimension haben. Weil das Typenschild eines
älteren Bremszylinders oft kaum noch
vorhanden bzw. lesbar ist, gehen Sie so vor:
Messen Sie mit einem Messschieber das Außenmaß
des alten Zylinders (des Zylinderrohrs)
und geben Sie dieses bei der Bestellung
an. Messen Sie hier beispielsweise 106
Millimeter, dann darf gefolgert werden, dass
es sich um einen Zylinder mit einem
100er-Kolben handelt.
Ob der Zylinder nun von Wabco, Haldex,
Knott etc. stammt, spielt dabei eine untergeordnete
Rolle. „Das ist die Praxis, alles
andere ist Theorie“, so ein Fachmann.
Die Aufnahmen für die Befestigung sind in
aller Regel aufeinander abgestimmt.
Reparatursätze — eine
Alternative?
Zu einem Reparatursatz
gehören eine Kolbendichtung,
eine Gehäusedichtung
und ein Gummi-
Faltenbalg für die Kolbenstange. Je nach
Bremszylindertyp und –hersteller können
vor allem die Kolbendichtungen sehr unterschiedlich
sein, obwohl sich die Zylinder von
außen kaum unterscheiden. Die Hersteller
bauen hier sehr unterschiedlich geformte
Dichtungen ein, die dann nur zu einem ganz
bestimmten Zylindertyp passen.
Bei der Bestellung reicht es also nicht aus,
nur den Kolbenquerschnitt anzugeben. Sie
müssen die genaue Typenbezeichnung finden,
und das ist nach Jahrzehnten oft kaum
noch möglich. Hat man es doch geschafft,
dann stellt sich die Frage, ob es speziell für
diesen Zylindertyp überhaupt einen Dichtsatz
gibt.
Ein Fahrzeugteilehandel, der sich bereits mit
der Lieferung eines Kolbenbremszylinders
schwertut, wird mit der Beschaffung eines
passenden Reparatursatzes dann wohl noch
größere Probleme bekommen.
Der Preis für einen Reparatursatz liegt übrigens
zwischen 65 und 85 Euro. Ein neuer
kompletter Kolbenbremszylinder kostet
ca. 150 Euro.
Wie montiert man
einen solchen
Reparatursatz?
Wer es unbedingt tun will, der schraubt den
mit mehreren Schrauben gehaltenen Deckel
auf (Achtung Druckfeder!) und tauscht die
Kolbendichtung aus. Stellen Sie dabei Riefen
und Rost auf der inneren
Zylinderwandung
fest, kann die
Reparatur gleich beendet
werden. Ab auf den
Schrott!
Sinn machen kann die
Erneuerung eines defekten
Faltenbalgs. Bei
der technischen Untersuchung
kann ein gerissener
Gummibalg
schon einmal bemängelt
werden. Der Zylinder
muss dafür nicht geöffnet werden. Lediglich
die Kolbenstange wird vom
Bremshebel getrennt, um den Faltenbalg
dann aufzuschieben. Mit einem Kabelbinder
wird er vor dem Zylinderrohr festgezogen.
Leider gibt es den Faltenbalg nicht einzeln,
sondern nur als Bestandteil des gesamten
Reparatursatzes.
Ein Anhänger mit
Kolbenbremszylindern
kann nicht ohne
weiteres auf
Membranzylinder
umgerüstet werden.
Andere Konsolen und
eine Bremsenberechnung
wären nötig.
Die Anbaukonsolen für
Membranbremszylinder
(rechtes Bild) und
Kolbenbremszylinder
sind völlig unterschiedlich.
Für eine
nachträgliche Umrüstung
auf Membranbremszylinder
gibt es
einzelne Konsolen als
Anschweißteile.
Text:
D. Renfert-Deitermann
Der Kolbenbremszylinder wird
mit vier Schrauben auf einer Konsole
gehalten.
Fotos: Tovornik, Renfert-Deitermann
Für die Bestellung eines Kolbenzylinders
reicht es, den Querschnitt anzugeben.
Der Hersteller und Typ älterer Bremszylinder
ist nur noch selten festzustellen
Bei entlasteter Bremse drückt die Feder den
Kolben in die Ruheposition.
Der Luftdruck drückt
die Lippen der
Kolbendichtung
(links) auseinander.
Um den Gummibalg zu
tauschen, muss lediglich
die Kolbenstange vom
Bremshebel
gelöst werden