Gut zu wissen
- Cemos Automatic stellt selbstständig Drehzahlen, Sieböffnungen und den Dreschkorbabstand ein.
- Das System lernt dazu.
- Über Schieberegler kann der Fahrer die automatischen Feineinstellungen beeinflussen.
- Wichtig ist, dass alle Sensoren ordnungsgemäß kalibriert sind.
Es ist immer ein Spagat, den der Fahrer eines Mähdreschers leisten muss. Einerseits will er mit hohem Durchsatz dreschen, um das Leistungspotenzial der Maschine auszuschöpfen. Andererseits sollen die Verluste nicht zu stark steigen, und auch die Kornsauberkeit darf darunter nicht leiden. Das Optimieren der Einstellungen erfordert daher viel Erfahrung — zumal die Bedingungen im Feld nicht immer gleich sind.
Das Fahrerassistenzsystem Cemos Automatic unterstützt den Fahrer dabei, die richtigen Einstellungen für Dreschwerk, Siebe und Gebläse zu finden. Die Korn- und Strohfeuchte, der Durchsatz und die maximal akzeptierten Verluste beeinflussen die Einstellwerte. Mit einer umfassenden Datenbank im Hintergrund passt Cemos Automatic alle Parameter wie Dreschtrommeldrehzahl, Korbabstand, Gebläsedrehzahl und Öffnung der Siebe automatisch an die aktuellen Erntebedingungen an.
Das Know-how dafür hat Claas seit Beginn der Lexion-Baureihe, also schon über Jahrzehnte, weiterentwickelt und Kennfelder für verschiedene Früchte erstellt. Aus diesen Kennfeldern liest Cemos Automatic ab, welche Einstellungen unter den gegebenen Voraussetzungen die Leistung der Maschine optimieren. Ändert sich eine Kenngröße wie beispielsweise die Kornfeuchte oder der Durchsatz, so zieht das immer eine Verschiebung des Optimums im Kennfeld und damit Änderungen der Einstellwerte nach sich. Dem sind aus technischen Gründen Grenzen gesetzt.
Claas Cemos: Automatisch Grenzen ausloten
Wo diese Grenzen sind, lotet Cemos Automatic immer wieder selbstständig aus. Zu dem alten Erfahrungsschatz kommt damit also eine gewisse künstliche Intelligenz hinzu.
Zum Beispiel stellt Cemos Automatic für einen Selbstcheck des Reinigungsautomaten Auto Cleaning die Obersiebe kurzzeitig eng. Die Verluste steigen. Danach öffnet das System die Siebe weit. Es kommen Stroh und Spelzen mit in den Korntank. Der Lernvorgang dauert nur einige Sekunden. Solche Selbsttests führt Cemos Automatik für alle im System integrierten Automatikfunktionen durch, also auch für die Dreschwerkregelung Auto Threshing.
Nach einem Fruchtwechsel startet Cemos Automatic den Lernprozess nach wenigen Minuten und wiederholt ihn in Zeitabständen immer mal wieder. Je länger der
Lexion ein und dieselbe Frucht drischt, desto länger wird das Intervall. Sobald Cemos Automatic die Bedingungen vor Ort kennengelernt hat, überprüft der Fahrerassistent seine Regelfunktionen nur noch selten. Das Symbol eines Potenziometers im Cebis-Terminal zeigt dem Fahrer, dass sich Cemos Automatic gerade selbst testet.
Schieberegler mit Bedacht bedienen
Mit Hilfe von drei Schiebereglern am Touch-Bildschirm kann der Fahrer den Mähdrescher dazu bringen, dass er sanfter drischt und den Ausdrusch und die Kornsauberkeit verbessert. Dazu zieht er die Regler von der normalen Nullstellung in der Mitte um bis zu zwei Stufen nach links. Oder aber er zieht die Regler nach rechts und ändert damit die Optimierungsstrategie von Cemos Automatic in Richtung Durchsatzerhöhung. Entsprechend passt Cemos Automatic die Einstellungen für das Dreschwerk und die Reinigung an.
Betätigt der Fahrer die Schieberegler, bleibt Cemos Automatic aktiv. Allerdings sollte er sie mit Bedacht bedienen. Es macht z. B. keinen Sinn, alle Regler auf einmal in Richtung Durchsatz zu verschieben. Besser ist es, immer nur einen Schieberegler jeweils nur um eine Stufe zu verschieben und danach erst das Ergebnis zu kontrollieren.
Natürlich kann der Fahrer nach wie vor auch einzelne Einstellwerte ändern, soll es aber eigentlich nicht. Er könnte z. B. die Gebläsedrehzahl von 1 000 auf 1 250 U/min hochsetzen. Cemos Automatic prüft daraufhin, ob der Wert in seine Logik passt. Wenn ja, übernimmt die Automatik diesen Wert. Sie kann also ein Stück weit vom Fahrer lernen — natürlich nur in gewissen Grenzen.
Liegt der vom Fahrer gewählte Wert außerhalb des im Kennfeld von Cemos Automatic vorgegebenen Bereichs, so wird das System diesen Wert nicht annehmen. Schließlich soll der Mähdrescher keinen groben Unfug machen und z. B. Weizen mit einer Dreschkorbweite von mehr als 35 mm dreschen.
Ohne Sensoren keine Automatik
Für eine solche selbstlernende automatische Regelung wie Cemos Automatic bedarf es Sensoren, die an verschiedenen Stellen im Mähdrescher Verluste erkennen, die Reinigung kontrollieren und die Druschqualität überwachen.
Plattenförmige Klopfsensoren rechts und links in einem Blech im Siebkasten erkennen die Kornverluste nach der Reinigung. Weitere Klopfsensoren messen die Abscheideverluste links und rechts im Schüttler. Zwei stabförmige Sensoren am Ende des Untersiebes ermitteln die Menge und die Zusammensetzung an Körnern, die in die Überkehr gehen. Diese Klopfsensoren funktionieren ähnlich wie eine Stimmgabel. Sie können auftreffende Körner von Spreu und Strohhalmstücken unterscheiden, weil diese jeweils einen anderen Ton erzeugen. Im Überkehrelevator selbst misst eine Lichtschranke die vom Gutstrom ausgelösten Dunkelzeiten. Die Elektronik ermittelt daraus das Volumen.
Wichtig für Cemos Automatik ist außerdem, die Kornfeuchte zu kennen. Zur kontinuierlichen Feuchtebestimmung ist deshalb im Kornelevator eine Schleuse eingebaut, die von Zeit zu Zeit einen Teil der Körner in eine Kammer leitet. Dort misst ein Sensor die Leitfähigkeit und damit den Wassergehalt der Körner. Außerdem erfasst eine Prallplatte oben am Ende des Kornelevators den Korndurchfluss.
Ein weiterer Sensor, der die Einstellung des Dreschwerks entscheidend mitbestimmt, ist eine Hochfrequenzkamera. Bei Claas heißt diese Grain Quality Camera. Sie schaut oben am Kornelevator auf die Körner in den dort vorbeilaufenden Paddeln und nimmt zwei Fotos pro Sekunde auf. Eine Bildverarbeitungssoftware kann anhand von Farbunterschieden auf den Bildern zwischen ganzen Körnern, Bruchkörnern und Fremdbesatz unterscheiden.
Außerdem gehört zum Cemos Automatic immer auch der CruisePilot von Claas, der die Fahrgeschwindigkeit des Mähdreschers automatisch an den Durchsatz anpasst. Entscheidende Kenngröße hierfür ist die aktuelle Schichtdicke im Einzugskanal. Zwei Drehwinkelsensoren messen dort die Auslenkung der Einzugswalze.
Vorab Sensoren kalibrieren
Um sicherzustellen, dass alle Sensoren im Mähdrescher brauchbare Werte für Cemos Automatic liefern, müssen diese ordnungsgemäß kalibriert sein. Teilweise übernimmt das die Werkstatt vor der Erstinbetriebnahme. Sie bringen dem System beispielsweise die Leerlaufdrehzahl des Dieselmotors und die Drehzahlbereiche der Aggregate bei.
Darüber hinaus müssen die Positionssensoren an den Sieben der Reinigung die Endanschläge lernen, und die Sensoren für die Bestimmung von Durchsatz, Kornfeuchte und Ertrag müssen ihre Nullpunkte kennen. Claas gibt für das Kalibrieren vor dem Ersteinsatz eine Checkliste mit. Daran kann sich der Servicetechniker oder auch der Fahrer orientieren.
Das Kalibrieren des Lichtschrankensensors sollte mindestens einmal bei Beginn der Erntesaison erfolgen. Noch häufiger muss der Fahrer eine Korrektur für die Kornfeuchtemessung durchführen, indem er den Messwert des Leitfähigkeitssensors mit dem eines geeichten Messgeräts abgleicht. Claas empfiehlt dies bei jedem Frucht- und Sortenwechsel durchzuführen. Gleiches gilt für die Ertragserfassung.
Auch die Grain Quality Camera sollte der Fahrer für jede Fruchtart neu kalibrieren, indem er deren Empfindlichkeit für das Erkennen von Bruchkörnern beeinflusst. Dazu vergleicht er das, was er im Schaufenster des Korntanks sieht mit den Kamerafotos am Monitor. Dort hat die Bildverarbeitung Bruchkörner und Besatz markiert. Sind im Korntank mehr Bruchkörner zu sehen als in den Monitorbildern, ist die Empfindlichkeit der Kamera zu erhöhen.
Anderes herum: Wenn die Kamera Bruchkörner erkennt, obwohl keine vorhanden sind, sollte der Fahrer die Empfindlichkeit reduzieren. Ansonsten regelt Cemos Automatic den Durchsatz nicht bis an die Leistungsgrenze der Maschine, weil das vermeintlich erkannte Bruchkorn frühzeitig zum limitierenden Faktor wird.
Ebenso ist es erforderlich, eine Feinjustierung der anderen Sensoren im Cemos Automatic-Regelkreis vorzunehmen. Unterstützung beim Optimieren der Maschineneinstellungen erhält der Fahrer durch Cemos Dialog. Die optional für das Cebis Mobile Touch Terminal erhältliche Fahrertrainingssoftware stellt dem Fahrer von Zeit zu Zeit Fragen.
Was uns sonst noch auffiel:
- Cemos Automatic mit automatischer Dreschwerk-Einstellung ist für alle Getreidearten außer Dinkel sowie für Raps, Sojabohnen und Körnermais verfügbar.
- Die notwendige Sensorik für die Ertragserfassung (Quantimeter), die Überkehrmessung (Grainmeter), die Grain Quality Camera und den Cruise Piloten kosten in Summe rund 11 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Softwarepakete Auto Threshing, Auto Cleaning und Cruise Pilot für knapp 15 000 Euro (je ohne MwSt.).
Chancen und Grenzen
Das Fahrerassistenzsystem Cemos Automatic hilft, den Spagat zwischen Durchsatz und Druschqualität zu bewältigen. Es entlastet an langen Arbeitstagen auch gute, engagierte Fahrer, jedoch kann es diese nicht ersetzen. Denn grundsätzlich will die Automatik bei einem Fruchtwechsel an die Hand genommen werden.
Eine sinnvolle Investition ist die Zusatzoption Cemos Automatic für den Claas Lexion, wenn dieser überwiegend auf großen, inhomogenen Schlägen drischt. Ein Problem: Cemos Automatic arbeitet bislang nicht vorausschauend. Es erkennt daher dichten, eventuell grünen, feuchten Bestand zu spät.