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Teilflächen mit Agvolution: Hier regiertdie Ökonomie

In diesen Tagen geht Agvolution an den Start. Das System hat einen ganz neuen und vor allem ökonomischen Ansatz, um teilflächenspezifisch den begrenzenden Faktor zu finden.

Hier wurde eine Climavi microclimate mit Boden­feuchtemessung installiert. Die beiden Füße reichen etwa 60 cm in den Boden. (Bildquelle: Agvolution)

Nachher ist man immer schlauer. Diese Erkenntnis hat fast jeder Landwirt, wenn er nach der Ernte seine Entscheidungen und Maßnahmen resümiert. Gerade bei der Stickstoffdüngung geht es um viel Geld und in den roten Gebieten obendrein um administrativ gedeckelte Mengen. Im März berichteten wir über internetbasierte Systeme, die Ihnen mit Fernerkundungsdaten helfen, die Düngermengen innerhalb heterogener Schläge umzuverteilen. Rein technisch gesehen sind sie eine große Hilfe und werden immer häufiger genutzt.

Ein neuer Ansatz mit Agvolution

Doch die Entscheidung, wann, wie viel und ob Sie in schwachen Zonen mehr oder weniger Stickstoff düngen sollten, obliegt dabei Ihnen. Diese Systeme berücksich­tigen ebenfalls nicht die Bodenfeuchte und das kleinräumige ­Klima im Pflanzenbestand. Und genau hier setzt Agvolution an. Dahinter steckt ein junges Unternehmen, das eine Ausgründung der Universitäten Göttingen und Erlangen-Nürnberg ist. Das System fußt auf zwei Elementen, die ineinandergreifen. Das sind
  • der Internetdienst Farmalizer mit Prognosen und Entscheidungshilfen und einer gleich­namigen App für iOS und Android sowie
  • eine Wetterstation, die am Feldrand aufgestellt wird, und in etwa gleich aufgebaute Mikroklimasensoren, die direkt im Bestand installiert werden.

Das lokale Wetter

Die Wetterstation erfasst mit Sensoren namens Climavi weather zum einen den lokalen Niederschlag und den Wind. Zum anderen messen die Controller Climavi microclimate das Klima im Bestand sowie mit einem patentierten Verfahren die Bodenfeuchte in bis zu 4 m Tiefe. Eine Photovoltaikeinheit versorgt die Stationen mit Strom. Mit Hilfe eines narrowband IoT-Netzwerkes werden die Daten an das Farmalizer-System übermittelt. Dieses Netz ist eine Technologie der Mobilfunkan­bieter, die auf eine hohe Energieeffizienz ausgerichtet ist.
In einem ersten Schritt ist es für den Landwirt wichtig, dass er seine Feldumrisse im Farmalyzer anlegt. Die Felder lassen sich in der App in einem Luftbild einzeichnen oder aus den Antragsdaten (Invekos), der Schlagkartei oder den Maschinenportalen wie MyJohnDeere Operations Center oder FendtONE importieren. Um die Potenzialzonen innerhalb der Felder zu ermitteln, nutzt Agvolution wie die Wettbewerber satellitenbasierte Biomasse­karten. Weiterhin lassen sich öffentlich zugängliche Boden- und Topografiekarten hochladen. Und letztlich können die Landwirte ebenfalls Ertragskarten und Sensordaten benutzen. Sie können im Farmalyzer zusätzlich eigene Bodenzonen- und Erfahrungskarten erstellen.

Betriebsleiterwissen gefragt

Das System ist so eingerichtet, dass die Betriebsleiter diese verschiedenen Datenarten in jeweils einer eigenen Ebene selbst verwalten können. Für die Zonenberechnung können sie diese einbeziehen. „Ganz ohne Betriebsleiterwissen funktioniert Agvolution bewusste nicht“, sagt Andreas Heckmann, einer der Geschäftsführer von Agvolution, der selber von einem Hof kommt.
Das Pflanzenwachstum sowie alle Arbeiten sind stark durch das lokale, aktuelle Wetter beeinflusst. Doch fehlen in der Regel Wetterdaten direkt vom Feld, vor allem vom Niederschlags- und Bodenfeuchte­verlauf, um die Ertragsbildung oder die Nachlieferung von Bodenstickstoff pro Teilfläche zu prognostizieren. Genau aus diesem Grund hat Agvolution die Wetterstation und die Mikro­klimasensoren entwickelt.
Agvolution empfiehlt eine Wetterstation pro Betrieb und einen Mikroklimasensor pro Hauptfruchtart. Bei sehr großen Distanzen der Felder oder starken topogra­fischen Unterschieden können zusätzliche Sensoren die Prognosen verbessern und Entscheidungen vereinfachen.
Durch die Verknüpfung der Climavi-Sensoren mit der Software Farmalyzer kann man auch die Daten mehrerer Wetterstationen in der App nutzen und teilen. Wer bereits eine digitale Wetterstation hat, kann diese in das System einbinden lassen. Eine überbetriebliche Nutzung ist ebenfalls denkbar.

Verschiedene Szenarien mit Agvolution für den Landwirt

Jetzt kann der Landwirt im Farmalyzer verschiedene Witterungsszenarien aufrufen, auf deren Basis ihm jeweils eine ökono­mische Profitabilitätskarte pro Teilfläche angezeigt wird. Denn es lassen sich auch Preis- und Kostenannahmen eingeben, die für die Berechnung des Deckungsbeitrags genutzt werden. Es ist dadurch möglich, während der gesamten Saison zu kalkulieren, welche Stickstoffmenge unter dem Strich den höchsten wirtschaftlichen Nutzen bringt.
Ein dichter und blatt­reicher Pflanzenbestand kann einen geringen Ertrag liefern und umgekehrt. Andreas Heckmann weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es darüber hinaus weitere Vorteile bringt, nicht nur die Satelliten­daten, sondern auch die Boden-, Management- und Wetterdaten zu nutzen. So gibt es keine Probleme mit Wolken bei der Erstellung von Applikationskarten. Man sieht, warum die Erträge je Teilfläche höher oder niedriger sind, und die Applikationskarten können tagesaktuell erstellt werden.
Der Farmalyzer gibt seine Empfehlungen als maschinenlesbare ISO-XML oder Shape-­Applikationskarte aus. Um damit eine Maßnahme im Feld umzusetzen, braucht der Landwirt eine Maschine mit ISO-Bus-Steue­rung, ein Terminal mit freigeschal­teter Varibale-Rate-App und einen GNSS-Empfänger auf dem ­Traktor.

Sensoren und Satelliten erkennen, was im Boden passiert

Kurzum: Agvolution nutzt wie andere Systeme auch Satelliten-, Boden-, Ertrags- und Sensordaten für die Zonierung. Aber sofern gewünscht, fließen diese Daten noch in Pflanzenwachstumsmodelle, die Prognosen über wahrscheinliche Wachstums­szenarien je Teilfläche zulassen.
Zusätzlich erfassen Sensoren im Feld die kleinräumige Wetterdatenlage sowie insbesondere die Bodenfeuchte. Das ermöglicht die Prognose der N-Nachlieferung im Boden und hilft dabei zu verstehen, was die Ertragsbildung wann und wo beeinflusst.
Dabei drängt sich eine Frage auf: Müsste nicht nur in der Zone mit der schwächsten Bodenwasserversorgung, sondern in allen oder zumindest in der Höchstertragszone ebenfalls eine Mikroklimastation stehen? — Andreas Heckmann erklärt das Prinzip: „Es gibt hierbei kein falsches Vorgehen. Unser Ansatz ist, unter Einbeziehung von topografischen Gelände-, Bo­den­- und Wetter­daten eine tages­aktuelle Bodenwasserkarte in bis zu 2 m Tiefe zu erzeugen. Der Farmalyzer gibt in der App eine Karte über Feuchtezonen aus, die geeignete und notwendige Installa­tionspunkte ausweist. Die finale Entscheidung trifft auch hier der Landwirt. Durch diese Bodenfeuchtekarte kann die Anzahl der Sensoren auf ein Minimum reduziert werden, was die Investition überschaubar macht.“

Preise und Kosten

Eine Climavi weatherstation für den Feld­rand schlägt mit 900 Euro zu Buche. Eine Climavi microclimate mit Bodenfeuchtemessung für den Bestand kostet einschließlich der Datenübertragung für fünf Jahre rund 600 Euro (alle Preise plus MwSt.). Die Applikationskarten und die KI-Prognosen kosten fünf Euro pro Hektar Nutzfläche und Jahr.
Die App ist kostenlos und verfügt zudem über eine Reihe von Funktionen. Besonders spannend ist die bisher einzigartige Einbindung von sogenannten Augmented-Reality-Werkzeugen (AR). Damit kann man Flächen und Objekte in der Kamera­ansicht des Smartphones einzeichnen und später wieder aufrufen. Der Clou dabei ist, dass die Ungenauigkeit der herkömmlichen Smartphone-GNSS durch die AR-Funktionen erheblich verbessert wird.
Auf die Frage, warum Agvolution neben Wettersensoren und KI-Prognosen auch noch AR macht, antwortet Heckmann: „Wenn man Mikroklimasensoren vergräbt, muss man sie auch wiederfinden. Markierungsstäbe gehen verloren, RTK-Geräte sind zu teuer und zu aufwändig. Wir brauchten eine Lösung, die auch mit dicken Daumen funktioniert.“
Mit der App von Agvolution kann jedes Smartphone oder Tablet markierte Objekte mit einer Genauigkeit von maximal 1 m Abweichung wiederfinden. Das können nicht nur Sensoren, sondern auch Grenzsteine, Drainageausläufen oder Bäume sein.

Fazit

Bei Agvolution werden teilflächenspezi­fische Applikationskarten nicht allein auf der Basis von Satellitendaten erzeugt. Bodenkarten und Farm-Management-­Infor­mationen werden ergänzt um Daten aus Wetterstationen, Mikroklimasensoren und Bodenfeuchtemessung. Das ist neu. Diese Daten sind unabhängig vom Rhythmus der Satellitenüberfliegung und der Bewölkung und deshalb tagesaktuell abrufbar. Als Entscheidungshilfe produziert das System ökonomische Teilflächenkarten für ISO-Bus-gesteuerte Arbeitsvorgänge.

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