Technisch

Green Efficiency im Off-Highway-Sektor: Nachhaltigkeit und Effizienz in der mobilen Automation

Auch wenn die Sonderschau SYSTEMS & COMPONENTS nicht wie geplant im Rahmen der AGRITECHNICA 2022 in Hannover stattfinden kann, bieten die Neuheiten und Strategien der Zulieferindustrie einen interessanten Ausblick auf die Zukunft des gesamten Off-Highway-Sektors.

(Bildquelle: greenbutterfly - stock.adobe.com)

„Green Efficiency – inspired by solutions“ – das Leitthema der Systems & Components beschreibt treffend die Situation, in der sich die Konstrukteure von mobilen Arbeits­maschinen aus der Landwirtschaft, der Bauindustrie sowie dem Bergbau befinden. Die Fahrzeuge sind nicht nur extremen Witterungsverhältnissen sowie Stößen und Schmutz ausgesetzt, was enorme Anforderungen an die Robustheit der eingesetzten Technologien stellt. Hinzu kommen die steigenden Ansprüche an die Digitalisierung und Automatisierung der einzelnen Baugruppen, die in den Arbeitsmaschinen zum Einsatz kommen. Zunehmend werden intelligente mechatronische Baugruppen integriert, um die Präzision und Sicherheit mobiler Arbeitsmaschinen zu steigern. Vor allem aber ist es der Wunsch nach Steigerung der Produktivität und Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks, der die Technikentwicklungen abseits der Straße treibt – und dies beginnt bereits auf der Antriebsebene.

Anforderungen an die Antriebe von morgen

Hier sind sich die Experten in einem einig: Verbrennungsmotoren bleiben mittel- und langfristig eine wichtige Säule bei schweren Off-Highway-Anwendungen. Sie werden auch dann noch zum Einsatz kommen, wenn die Ottomotoren im Pkw durch alternative Konzepte abgelöst worden sind. Doch die immer strengeren Abgasgrenzwerte stellen für Großmotorenhersteller eine zunehmende Herausforderung dar. Mit der Einführung der Abgasnorm EU Stage V wurden die zulässigen Emissionswerte noch einmal weiter nach unten gedrückt. Daraus resultiert ein energieeffizienteres Motorenportfolio, welches die Emissionsvorgaben und Marktbedürfnisse miteinander vereint. Um die seit 2019 gesetzlich vorgeschriebene Partikelanzahl­grenze einzuhalten, setzen die Aussteller auf modulare Abgasnachbehandlung, SCR-Katalysatoren und Partikelfilter. Darüber hinaus stehen technische Konzepte auf der Agenda, die eine maximale Flexibilität bei der Kraftstoffauswahl zum Ziel haben – ein wichtiger Aspekt auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft. Auch mit dem Einsatz sogenannter E-Fuels oder Power-to-Liquid-Kraftstoffen beschäftigen sich die Präsentationen sowie mit dem großen Bereich E-Mobilität. Modular skalierbare Antriebsstränge und Downsizing versprechen hier messbare Kosten- und Emissionsvorteile.

Startklar für die Elektrifizierung

Wie funktioniert die Elektrifizierung im Off-Highway-Bereich in der Praxis? Der Trend spiegelt sich in Hybrid-Konzepten wider, die kleinere und emissionsärmere Dieselmotoren mit elektrischen Antrieben und Lithium-Ionen-Akkus kombinieren. Die Lösungen stellen insbesondere für Niedriglastanwendungen im Bereich Material-Handling und kompakte Baumaschinen eine weitere Option dar. Die mechanische Anbindung der E-Maschine an den Dieselmotor erfolgt über ein Getriebe mit integrierter Trennkupplung. So kann das Fahrzeug auch rein elektrisch arbeiten. Ein weiterer Vorteil der Hybridisierung ist die Möglichkeit, zusätzliche Funktionen zur Energierückgewinnung zu implementieren oder Nebenaggregate wie die Zapfwelle elektrisch zu betreiben. Das Elektrifizierungsangebot der Systemlieferanten reicht von Motoren, Wechselrichtern und Invertern über Hydraulikpumpen und Fahrgetriebe bis hin zu Batterielösungen.

M2M-Kommunikation auf dem Acker

Die Digitalisierung als Nachhaltigkeitsmotor für die Landwirtschaft auszugestalten, ist ein weiterer Aspekt, auf den die SYSTEMS & COMPONENTS mit ihrem Leitthema „Green Efficiency – inspired by solutions“ abzielt. Voraussetzung dafür ist die intelligente und zielgerichtete Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen – ganz im Sinne des Precision-Farming, einem Megatrend, den die Unternehmen mit intelligenten Lösungen bedienen. Immer geht es darum, mithilfe verschiedener Sensorsysteme ein differenziertes Wissen über alle wesentlichen Aspekte des Ackers und der Pflanzenbestände zu erhalten. Als Folge davon nehmen die Ansprüche an Präzision, Sicherheit und Performance auf der Anbaufläche zu. Saat-, Dünge- und Erntemaschinen werden Schritt für Schritt digital aufgerüstet. Sie werden mit dem Traktor vernetzt und agieren zunehmend autonom. Der Einzug der Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) macht es nicht nur möglich, die landwirtschaftlichen Anbaugeräte von der Traktorkabine aus zu steuern. Es geht auch umgekehrt: Mit TIM, dem Tractor-Implement-Management. Mit TIM-Technik ausgerüstete Sämaschinen, Spritzen oder Pressen können einem Schlepper bereits heute über den ISOBUS Befehle erteilen, um selbstständig ihren Arbeitsablauf zu optimieren. Auch wenn längst nicht alle Geräte in der Praxis mit diesem Feature ausgestattet sind: Die stetig wachsende Zahl elektronisch gesteuerter Komponenten führt die ISOBUS-Architektur immer stärker an ihre Performancegrenze. Ethernetbasierte Backbones sollen den Weg für hohe Bandbreiten bereiten, wie sie für die echtzeitfähige M2M-Kommunikation oder cloudbasierte Diagnosefunktionen notwendig sind.

Smarte Sensorik übernimmt die Fahrerassistenz

Voraussetzung für autonome und teilautonome Arbeitsmaschinen sind neben GPS-Ortungssystemen vor allem Sensoren zur Nah- und Fernüberwachung. Ihre Aufgabe ist es, Objekte und Personen in der Umgebung zu erkennen, den Fahrer zu entlasten und damit in letzter Konsequenz Schaden an Mensch und Maschine zu verhindern. Bei der Entwicklung von 3-D-Kameras, LiDAR-Sensoren oder Laserscannern, Ultraschall- und Neigungssensoren, Encodern und induktiven Näherungssensoren sowie intelligenten Assistenzsystemen setzen die Hersteller auf eine große Bandbreite an Technologien. Zu den jüngsten Innovationen gehören Steer-by-Wire-Technologien, bei denen die Lenksäule entfernt und durch kleinere, präzisere Mechanismen wie Joysticks oder Mini-Lenkräder ersetzt werden kann. Das Ergebnis sind Lösungen, die nicht nur eine zusätzliche Flexibilität beim Design des Cockpits ermöglichen, sondern auch zur Verringerung der arbeitsbedingten Belastung des Bedieners beitragen und somit die Produktivität verbessern.

Auf dem Weg zur autonomen Arbeitsmaschine

Der Ausblick zeigt: Es wird noch einige Jahre dauern, bis elektrisch angetriebene und autonom fahrende Arbeitsmaschinen die Baustellen und landwirtschaftlich genutzten Flächen beherrschen. Mit Branchen-Know-how und einem breiten Portfolio an digitalen Technologien begleiten die Hersteller der Zulieferindustrie den anstehenden Wandel im Off-Highway-Bereich. Technisch ist der Weg zum automatisierten Fahren durch Assistenzsysteme und Sensortechnik bereits geebnet.

DLG-AgriSafety: Funktionale Sicherheit & Cyber Security

Im Rahmen der Entwicklung von Maschinensteuerungen sind auch die Anforderungen der harmonisierten Norm ISO 25119 zur Funktionalen Sicherheit einzuhalten, da nur so die Einhaltung der Vorschriften der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG nachgewiesen werden kann. Aber wie erkennt man, ob Ausfälle bei Komponenten, Bauteilen, Software und Systemen gefahrenbringend sind und wie hoch ist ihre Wahrscheinlichkeit in verschiedenen Szenarien? Oder kurz: Wie definiert man die richtigen Anforderungen an die Funktionale Sicherheit und Cyber Security?
Die Schulungen und Personenzertifizierungen des DLG-Testzentrums Technik und Betriebsmittel vermitteln normatives und technisches Fachwissen, stellen die rechtlichen Anforderungen zur Minimierung von Restrisiken dar und steigern so das Sicherheitsniveau von Produkten und Prozessen – von der Fortbildung für den einzelnen Mitarbeiter bis hin zum individuell angepassten Inhouse-Seminar für ganze Abteilungen und Arbeitsgruppen. Die Seminare zur Funktionalen Sicherheit und Cyber Security richten sich an Projektleiter, Produktmanager, Entwicklungsleiter, Entwickler für Hardware und Software, Safety Manager und Ingenieure und schließen nach erfolgreicher Prüfung mit dem Zertifikat „DLG Certified Professional for Functional Safety/Cyber Security of Agricultural Machinery“ ab.

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