Gut zu Wissen
-Der Generatorschutzschalter ist gemäß einem Gutachten Stand der Technik bei Generatoren.
-Die SVLFG hält am LS-Schalter kombiniert mit einem Unterspannungsschutz fest.
-Das Schalten des Schutzleiters (PEN) wurde durch das DKE nachträglich legalisiert.
Es war wohl reine Intuition, dass er seine zwei Melkroboter vom Netz trennte, bevor es losging: Zusammen mit dem Elektriker und dem Verkäufer nahm der profi-Leser sein Zapfwellen-Notstromaggregat erstmals in Betrieb. Doch wenige Minuten nachdem das Gerät lief, kam ein Altenteiler aus dem Haus und rief „Aufhören — der Fernseher brennt!“.
Zwei Jahre ist der Schlamassel mit mehr als 15 000 Euro Schaden her. Schadensersatz seitens des Händlers, Herstellers oder der Versicherung: Fehlanzeige. Schuld hätte der Elektriker, sagt der Verkäufer. Nun kommt der Fall wohl vor Gericht.
Das Traurige daran: Weder Hersteller und Händler noch die zuständigen Behörden scheinen Fälle wie diese zu interessieren. So wurde zwar laut SVLFG Kassel (Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) das besagte Gerät im Nachgang „stillgelegt“ und der Fall an die Bezirksregierung Arnsberg gemeldet. Aber Zurückrufen musste nach ersten profi-Recherchen der Inverkehrbringer seine insgesamt 80 verkauften Geräte gleichen Typs nicht.
Große Angst vor Schäden
Kurzer Rückblick: Der mehrtägige Stromausfall im Münsterland vor 15 Jahren veranlasste Landwirte zum Kauf von Notstromaggregaten. Viele der zapfwellenbetriebenen Geräte kamen jedoch nie wirklich zum Einsatz. Denn die Landwirte, die mutig genug waren und das neue Aggregat sofort in Betrieb nahmen, vermeldeten beim Testlauf durch Sicherheits- und Funktionsmängel der Geräte oft teure Schäden an Fütterungs- oder Lüftungsanlagen. Als Reaktion darauf parken seitdem jede Menge Notstromgeräte in den hintersten Ecken unserer Scheunen. Groß geredet wird darüber natürlich nicht.
Erste Verbesserungen
Der SVLFG fielen die teils gravierenden Mängel von Notstromaggregaten ebenfalls ins Auge (Bericht in „Sicher Leben“, 6/2007). Um den Landwirten mehr Sicherheit beim Kauf von zapfwellenbetriebenen Notstromaggregaten zu bieten, begann 2009 die Prüf- und Zertifizierungsstelle der SVLFG (PZ.LSV) mit der Prüfung und Abnahme von Zapfwellen-Notstromaggregaten. Geprüft wird seitdem ausschließlich auf freiwilliger Basis und gegen Gebühr.
Das Problem: Nach Auffassung des Herstellers, der als erstes seine Geräte prüfen ließ, vergab die Prüfstelle in den Folgejahren auch Zertifikate für Stromerzeuger, die vermeintlich weniger sicher sind. Kritisiert wird das Fehlen eines Generatorschutzschalters sowie das Umstellen vom Feld- auf Hausbetrieb durch ein Schalten des Schutzleiters.
Gutachten soll Streit beenden
Nach langem Streit über die Sicherheit von Zapfwellen-Notstromgeräten gab das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen — auf Anregung der SVLFG Kassel — ein Gutachten in Auftrag. Es wurde Mitte 2018 vorgestellt, seitdem gibt es für alle Beteiligten Klarheit.
Ein Ergebnis des Gutachtens stellten wir in profi 1/2019 im Interview mit Jürgen Thier, Leiter des Referats Betrieblicher Arbeitsschutz und Produktsicherheit im NRW-Ministerium, vor: Das sichere, zuverlässige Abschalten eines Zapfwellen-Notstromgenerators ist nur mit einem Generatorleistungsschalter, auch Generatorschalter (profi 5/2016) genannt, realisierbar.
Mit Veröffentlichung des Gutachtens in 2018 wurde dieser nun nach Auskunft des zuständigen Ministeriums zum Stand der Technik erhoben. Damit wird der Generatorschalter von der Marktüberwachung bei neuen Geräten vorausgesetzt. Fehlt der Generatorschalter, wird ein solches Aggregat in naher Zukunft durch Beamte der Marktüberwachung beanstandet.
Nach Auskunft des für die Durchsetzung beauftragten Ministeriums von Baden-Württemberg informiert die...
Gut zu Wissen
-Der Generatorschutzschalter ist gemäß einem Gutachten Stand der Technik bei Generatoren.
-Die SVLFG hält am LS-Schalter kombiniert mit einem Unterspannungsschutz fest.
-Das Schalten des Schutzleiters (PEN) wurde durch das DKE nachträglich legalisiert.
Es war wohl reine Intuition, dass er seine zwei Melkroboter vom Netz trennte, bevor es losging: Zusammen mit dem Elektriker und dem Verkäufer nahm der profi-Leser sein Zapfwellen-Notstromaggregat erstmals in Betrieb. Doch wenige Minuten nachdem das Gerät lief, kam ein Altenteiler aus dem Haus und rief „Aufhören — der Fernseher brennt!“.
Zwei Jahre ist der Schlamassel mit mehr als 15 000 Euro Schaden her. Schadensersatz seitens des Händlers, Herstellers oder der Versicherung: Fehlanzeige. Schuld hätte der Elektriker, sagt der Verkäufer. Nun kommt der Fall wohl vor Gericht.
Das Traurige daran: Weder Hersteller und Händler noch die zuständigen Behörden scheinen Fälle wie diese zu interessieren. So wurde zwar laut SVLFG Kassel (Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) das besagte Gerät im Nachgang „stillgelegt“ und der Fall an die Bezirksregierung Arnsberg gemeldet. Aber Zurückrufen musste nach ersten profi-Recherchen der Inverkehrbringer seine insgesamt 80 verkauften Geräte gleichen Typs nicht.
Große Angst vor Schäden
Kurzer Rückblick: Der mehrtägige Stromausfall im Münsterland vor 15 Jahren veranlasste Landwirte zum Kauf von Notstromaggregaten. Viele der zapfwellenbetriebenen Geräte kamen jedoch nie wirklich zum Einsatz. Denn die Landwirte, die mutig genug waren und das neue Aggregat sofort in Betrieb nahmen, vermeldeten beim Testlauf durch Sicherheits- und Funktionsmängel der Geräte oft teure Schäden an Fütterungs- oder Lüftungsanlagen. Als Reaktion darauf parken seitdem jede Menge Notstromgeräte in den hintersten Ecken unserer Scheunen. Groß geredet wird darüber natürlich nicht.
Erste Verbesserungen
Der SVLFG fielen die teils gravierenden Mängel von Notstromaggregaten ebenfalls ins Auge (Bericht in „Sicher Leben“, 6/2007). Um den Landwirten mehr Sicherheit beim Kauf von zapfwellenbetriebenen Notstromaggregaten zu bieten, begann 2009 die Prüf- und Zertifizierungsstelle der SVLFG (PZ.LSV) mit der Prüfung und Abnahme von Zapfwellen-Notstromaggregaten. Geprüft wird seitdem ausschließlich auf freiwilliger Basis und gegen Gebühr.
Das Problem: Nach Auffassung des Herstellers, der als erstes seine Geräte prüfen ließ, vergab die Prüfstelle in den Folgejahren auch Zertifikate für Stromerzeuger, die vermeintlich weniger sicher sind. Kritisiert wird das Fehlen eines Generatorschutzschalters sowie das Umstellen vom Feld- auf Hausbetrieb durch ein Schalten des Schutzleiters.
Gutachten soll Streit beenden
Nach langem Streit über die Sicherheit von Zapfwellen-Notstromgeräten gab das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen — auf Anregung der SVLFG Kassel — ein Gutachten in Auftrag. Es wurde Mitte 2018 vorgestellt, seitdem gibt es für alle Beteiligten Klarheit.
Ein Ergebnis des Gutachtens stellten wir in profi 1/2019 im Interview mit Jürgen Thier, Leiter des Referats Betrieblicher Arbeitsschutz und Produktsicherheit im NRW-Ministerium, vor: Das sichere, zuverlässige Abschalten eines Zapfwellen-Notstromgenerators ist nur mit einem Generatorleistungsschalter, auch Generatorschalter (profi 5/2016) genannt, realisierbar.
Mit Veröffentlichung des Gutachtens in 2018 wurde dieser nun nach Auskunft des zuständigen Ministeriums zum Stand der Technik erhoben. Damit wird der Generatorschalter von der Marktüberwachung bei neuen Geräten vorausgesetzt. Fehlt der Generatorschalter, wird ein solches Aggregat in naher Zukunft durch Beamte der Marktüberwachung beanstandet.
Nach Auskunft des für die Durchsetzung beauftragten Ministeriums von Baden-Württemberg informiert die Marktüberwachung derzeit die Hersteller, damit diese künftig ab Werk den Generatorschalter oder eine vergleichbare Technik einsetzen.
Leitungsschutzschalter nicht mehr ausreichend
Der bei den meisten Herstellern standardmäßig verwendete Leitungsschutzschalter, kurz LS-Schalter, ist laut Gutachten nicht ausreichend. Der Grund hierfür ist einleuchtend: Um Motoren mit hohem Anlaufstrom, z. B. den Motor einer Schrotmühle, zum Laufen zu ringen, benötigt dieser das sechs- bis achtfache des Nennstroms. Eine solche Überlast ist bei einem Hausanschluss mit einem C-Automaten in der Verteilung kein Problem, da die Generatoren im Kraftwerk der Energieversorger eine derartige Überlast problemlos möglich machen.
Im Gegensatz dazu ist ein in der Landwirtschaft üblicher Notstromgenerator nur für die dreifache Nennstromabgabe ausgelegt. Der Anlaufstrom muss deshalb überwacht und begrenzt werden, denn sonst kann der Generator in Brand geraten oder eine Wicklung „durchbrennen“. Das Problem: LS-Schalter besitzen immer eine fest eingestellte Auslösecharakteristik. So löst ein B-Automat erst dann sicher aus, wenn der fünffache Nennstrom (5 x IN) erreicht ist. Bei einer Absicherung mit einem 100-Ampere- LS-Schalter müsste folglich ein Auslösestrom von 500 Ampere erzielt werden. Diesen Strom kann ein 80-kVA-Generator aber nicht liefern.
Aggregate, die nur über einen LS-Schalter sichern, müssen deshalb beim Generator größer dimensioniert sein, damit dieser die Auslösewerte liefern kann. Voll ausschöpfen kann man die Generatorleistung folglich nicht. Bildlich erklärt verhält es sich so, als ob Sie einen 100-PS-Schlepper bestellen und bezahlen würden, aber nur einen mit 60 PS geliefert bekommen — ein schöner Schwindel.
Anders mit einem Generatorschalter. Er verhindert eine unkontrollierte Überlast, da der Auslösestrom und die Verzögerungszeit auf den Generator abgestimmt werden können. Standardmäßig stellen Hersteller den Generatorschalter so ein, dass das Aggregat im Bereich von Millisekunden nur den zweifachen Nennstrom zum Abschalten liefern muss. Eine Schrotmühle läuft somit sicher an, gleichzeitig wird zum Schutz vor einem „abrauchen“ des Generators die Stromabgabe überwacht.
Jede Menge Altlasten
Die zweite Kritik des klagenden Herstellers betrifft das Schalten des Schutzleiters beim Umstellen von Haus- auf Feldbetrieb. Tatsächlich war das Schalten des Schutzleiters zum Zeitpunkt der ersten Beschwerde gemäß VDE-Norm 0100 540 und 0100 460 nicht zulässig. Nur für Prüfzwecke dürfen Verbindungen mit Werkzeug gelöst werden, steht hier. Denn bei unterbrochenem Schutzleiter besteht bei einem Körperschluss die Gefahr eines tödlichen Stromschlags.
2018 wurde die VDE-Norm 0100-551 überarbeitet, seitdem ist das Schalten des Schutzleiters legalisiert. Hintergrund hierfür ist nicht die Aufhebung physikalischer Grundsätze. Sondern, dass die SVLFG und einzelne Hersteller von Zapfwellengeneratoren Mitglied des DKE sind (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE).
Die SVLFG begründet ihre Handlungsweise mit dem hohen Anwenderschutz von Geräten mit Isolationsüberwachung bei Einsätzen im Feld. Dass das Schalten des Schutzleiters (PEN) ein gewisses Gefahrenpotenzial in sich birgt, hat sich inzwischen aber auch bei der SVLFG herumgesprochen. Bei den letzten PZ.LSV-Prüfungen wurde daher von den Herstellern die Verwendung eines zugelassenen Schalters vorgeschrieben, wie er für das Umschalten des Hausanschlusses auf Notstrombetrieb verwendet wird.
Ungeachtet dessen sind aber noch viele unsichere Geräte mit Isolationsüberwachung im Umlauf. Unsicher, weil bei diesen noch mit einem „einfachen“ Schalter der Schutzleiter (PEN) geschaltet wird. Oder weil bei diesen eine Brücke gelegt und dafür Klemmen gesetzt werden müssen. Bei Berührung droht hier im ungünstigen Fall ein tödlicher Stromschlag, weshalb ein fachlich versierter Elektriker das Umstellen erledigen sollte.
Andererseits: Ganz ungefährlich sind auch Aggregate ohne Isolationsüberwachung nicht. Liegt beispielsweise bei Einsätzen im Feld die Ader eines Kabels offen, droht hier ebenfalls ein Stromschlag.
Das sagt die SVLFG
Wir wollten von der SVLFG Kassel wissen, was Landwirte nach Vorlage des genannten Gutachtens erwartet. Anders als Jürgen Thier argumentiert Martin Hartenbach von der Prüf- und Zertifizierungsstelle Kassel im Schreiben vom 16. April 2020 an profi damit, dass bis heute keine eindeutige Festlegung im Sinne des zitierten Gutachtens erfolgte. Hartenbach verweist dabei auf das erwähnte Fachgremium des DKE/AK 221.5.3. Dieses vertrete die Meinung, Leitungsschutzschalter wären zusammen mit Überwachungseinrichtungen für Über- und Unterspannung und Über- und Unterfrequenz so sicher wie ein Generatorschutzschalter.
Was die Kontrolle landwirtschaftlicher Betriebe betrifft, orientieren sich Aufsichtspersonen der SVLFG zunächst daran, ob das eigene PZ.LSV-Prüfzeichen vorhanden ist. Fehlt dieses oder werden Mängel festgestellt, könne eine Stilllegung per sofort vollziehbarer Anordnung erwirkt werden. Um etwaige Probleme zu vermeiden, rät Hartenbach Landwirten, sich frühzeitig durch die SVLFG beraten zu lassen.
Kommentar
von profi-Redakteur Martin Zäh
Die Branche hat bei mir viel Vertrauen verspielt
Lange vertraute ich darauf, dass Anbieter von Notstromaggregaten wissen, was sie tun. Der Fall aus der Praxis mit 15 000 Euro Schaden zeigt es aber einmal mehr: Viele Hersteller und Händler sind weniger am Wohl des Kunden als an seinem Geld interessiert. Einrichtungen, die vor Spannungsschäden schützen, sucht man hier vergebens. So ausgestattet kann man im Feld eine Pumpe betreiben, nicht aber einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Elektronik in Melkrobotern und Lüftungsanlagen. Das Fiese an der Masche: Diese Geräte nimmt der Verkäufer nie selbst in Betrieb. Stattdessen überzeugt man den Landwirt mit fetten Rabatten, dass der Hofelektriker das Anschließen übernehmen möge. Doch die Einbindung eines Notstromaggregats in den Betrieb ist keine leichte Aufgabe. Mancher Elektriker verweigert sich ob der Verantwortung inzwischen gar. Zu Recht, soll doch der Verkäufer für die damit verbundenen Gefahren bürgen!Beschädigt ist auch mein Vertrauen in die SVLFG. Denn wer selbst ein Gutachten über die Notwendigkeit eines Generatorschalters einfordert und dann bei vorliegenden Gutachten jene Empfehlung in den Wind schreibt und weiterhin den Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) gutheißt, ist nicht auf Linie. Zumal das Gutachten die eindeutigen Vorteile des Generatorschalters beschreibt und Lösungen auf Basis eines LS-Schalters ablehnt. Der Grund hierfür erklärt sich mit einem Blick in die Praxis: Was passiert denn, wenn beim Anlauf eines größeren Motors der LS-Schalter Typ B auslöst? — Der Hofelektriker tauscht ihn im Handumdrehen gegen einen vom Typ C! Dass er damit einen Geräte- und Personenschaden riskiert, verkennt er in diesem Moment. Mit dieser Praxis konfrontierte ich einmal einen Hersteller von Notstromgeneratoren: Mit einem Grinsen im Gesicht wies dieser jegliche Verantwortung für „spätere Manipulationen“ von sich. Angesprochen auf meine Bedenken argumentieren Verantwortliche der SVLFG, dass weder die Verwendung von LS-Schaltern noch das Schalten des Schutzleiters bislang zu Personenschäden führte. Dass keine Unfälle passiert sind, liegt aber nach meiner Auffassung vorrangig daran, dass ein Großteil der verkauften Notstromaggregate nie im Einsatz war — weil die Besitzer ihren Notstromgeneratoren schlichtweg misstrauen. Doch wir dürfen hoffen. Denn die SVLFG will besser hinschauen und unsichere Geräte bei Betriebskontrollen stilllegen. Für Betroffene mag dies zunächst bitter sein. Wirklich bitter ist aber ein Versagen des Geräts im Notfall, ein samt Schlepper brennendes Aggregat oder der Verlust eines Menschen durch einen Stromschlag.