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Schlüter Super Tronic 1900 TVL-LS: Der Zeit weit voraus
Schlüter Super Tronic 1900 TVL-LS: Der Zeit weit voraus
Vor fast 40 Jahren gab es bei ZF ein Traktorgetriebe, das ein Riesenpotenzial hatte. Schlüter hat nur 15 Traktoren damit ausgerüstet. Die Geschichte ist ebenso spannend wie tragisch.
Man glaubt es kaum: Ab 1983 arbeitete der Triebwerksspezialist ZF an einem elektronisch gesteuerten Doppelkupplungsgetriebe. Das blieb Dr. Anton Schlüter nicht verborgen, und ab 1984 beteiligte er sich an der Entwicklung. Schlüter baute einen Super 2200 TVL mit 210 PS aus acht Zylindern extra zur Erprobung des neuen T-6500-Getriebes.
Zuvor hatte Ford als Initiator des Projekts einen TW 25 mit 154 PS und einen TW 30 mit 177 PS zur Verfügung gestellt. Während Schlüter den ZF-Konstrukteuren freie Hand ließ, forderte Ford einige Restriktionen. So sollte das neue Getriebe gegen ein simples, klauengeschaltetes Achtganggetriebe mit Vorschaltsplitter und Vorwärts/Rückwärts-Gruppe austauschbar sein sowie zur Hinterachse passen, die Ford selbst produzierte.
In der Folgezeit entstand ein elektronisch überwachtes Getriebe mit insgesamt acht lastschaltbaren Stufen. Es bestand aus einem Grundgetriebe mit vier Gängen, bei denen jeweils die Gänge eins und drei sowie zwei und vier wechselweise über zwei Kupplungen kraftschlüssig geschaltet wurden. Dem vor- gelagert war ein zweistufiges Planetengetriebe, das über Lamellenkupplungen ebenfalls unter Last geschaltet wurde. Die Kupplungen wurden wie die Gänge hydraulisch betätigt und dienten auch als Inch- und Anfahrkupplungen, da Ford keine Turbokupplung vorsah. Bei Schlüter war eine hydraulische Strömungskupplung von Voith vorgeschaltet. Sensoren für Stellungen, Drehzahlen und Temperaturen sowie ein Mikrocontroller überwachten und schalteten das Getriebe über eine 17 + 2-bar-Hydraulik. Das war 1984 revolutionär — und es funktionierte!
Dieses Getriebe hatte den hohen Wirkungsgrad eines Handschaltgetriebes und bis auf die zweite Kupplung nicht mehr Komponenten. Es war preiswerter herzustellen als ein Lastschaltgetriebe mit zahlreichen Lamellenkupplungen und deutlich reparaturfreundlicher. Zudem lief es mit herkömmlichen Motor- oder STOU-Ölen.
Anfangs forderte Ford elektronisch gesteuerte Shuttle-Funktionen für Vorwärts-Rückwärts und Acker-Straße, doch fehlten dafür 100 mm Baulänge. Die Versuche mit hydraulisch betätigten Synchronisierungen kosteten Zeit und Geld, und letztlich stieg Ford 1986 auch angesichts unsicherer Wechselkurse aus dem Projekt T-6500 aus.
Auch Deutz-Fahr, Fendt, IHC und Renault rüsteten Versuchstraktoren mit dem T-6500 aus, gingen damit aber nicht in Serie. Letztlich blieb Schlüter allein zurück und übernahm 1986 eine Kleinserie von 15 Doppelkupplungsgetrieben. Für eine wirtschaftliche Produktion wäre aber eine weitaus größere Stückzahl pro Jahr nötig gewesen. Deshalb stampfte ZF das Projekt 1988 endgültig ein.
Schlüter hatte die Schlepper bereits 1985 als Super Tronic 1900 TVL-LS (185 PS) mit sechs Zylindern und als Super Tronic 2200 (210 PS) TVL-LS mit acht Zylindern angekündigt. Diese Typen sollte es ebenfalls in der Trac-Version mit vier gleich großen Rädern geben.
Von August 1986 bis Mai 1989 baute Schlüter 15 Exemplare mit elektronisch gesteuertem T-6500-Getriebe. Dies waren sechs Super Tronic 1900 TVL-LS und neun Super Tronic 1900 Trac TVL-LS. Varianten mit 210 PS gab es nicht, weil ZF die Getriebe nur bis 184 PS freigegeben hatte.
Heute gelten die Schlüter Super Tronic als absolute Raritäten. Mancher Schrauber hat sich am Triebwerk schon die Zähne ausgebissen. Auch machte der aufgeladene Schlüter-Motor nicht nur Freude. Ein Vorbesitzer des hier abgebildeten Schlüter Super Tronic 1900 TVL-LS ließ deshalb einen MAN-Motor einbauen.
Doch wer solch ein Schätzchen sein Eigen nennt und es wieder zum Laufen gebracht hat wie Robert Geffers aus Sehnde, gibt es nicht mehr her. Schade findet er nur, dass sich Ford-Gene ausgerechnet bei der Endgeschwindigkeit eingeschlichen haben: Sein Super Tronic 1900 TVL-LS läuft nur 33 km/h. Fairerweise sei aber erwähnt, dass es auch 40-km/h-Versionen gibt.