profi damals: Schleppertest Kirovets K-701 M: Grob und stark
Der K-701 M von Kirovets hat 246 kW/335 PS und sorgte im Schleppertest für etliche Überraschungen. Seine Startprozedur ist der beste Diebstahl-Schutz, sein Motor ist (sehr) überzeugend, das Getriebe (fast) unmöglich, sein (mächtiges) Hubwerk hat bescheidene Hubkräfte. Die größte Überraschung ist sein Preis: rund 335 PS für gut 100.000 Mark. Wie der starke Knicklenker im profi-Test abschnitt, beschreibt Manfred Neunaber.
Die Knicklenker von Kirovets aus Russland sind heute echte Legenden. Wir hatten 1994 einen dieser gelben Riesen im Schleppertest. Aber lesen Sie selbst.
Der erste Eindruck vom K-701M ist riesig: Das Geschütz vor Ihnen ist 7,50 m lang, 2,85 m breit, gut 4 m hoch und wiegt knappe 15 Tonnen. Stolz darauf, einen solchen Boliden fahren zu können, klettern Sie in die Kabine in luftiger Höhe – und scheitern bei dem Versuch, den K-701 anzulassen. Denn so einfach lässt er sich nicht starten.
Um Ihnen die Startprozedur des K-701 gleich vorneweg zu verraten: Sie betätigen zunächst den Batteriehauptschalter rechts in der Kabine, um die Elektrik mit Strom zu versorgen. Dann schieben Sie den rechten Ganghebel (für die vierstufige Lastschaltung) nach hinten in die Stellung „Neutral“. Nun bewegen Sie den linken Ganghebel (für die Gruppenschaltung) nach rechts in die Neutralposition der Schaltgasse „Frontantrieb“ und halten ihn dort fest. Und jetzt erst können Sie die 246 kW/335 PS mit dem Zündschlüssel starten.
Wegfahren können Sie allerdings immer noch nicht, weil sich die Gänge von einem unerfahrenen Fahrer nicht schalten lassen. Auch hier gibt es wichtige Regeln:
1. Treten Sie die Kupplung und bewegen Sie den Lastschalthebel nach hinten in die Position „Synchronisatorbremsen“.
2. Nehmen Sie den Fuß von der Kupplung.
3. Legen Sie jetzt die gewünschte Gruppe ein: Zunächst wird der Gruppenhebel in die rechte innere Kulisse und nach vorn (schnell) oder hinten (langsam) bewegt, um die Gruppe Acker/Straße vorzuwählen. Dann bewegen Sie den gleichen Hebel nach links in die innere Kulisse nach vorn (vorwärts Gruppe I/III) bzw. nach hinten (vorwärts Gruppe II/IV) oder nach links außen (rückwärts Gruppe I/II).
4. Jetzt treten Sie die Kupplung und bewegen den Lastschalthebel nach vorn, um den ersten Gang einzulegen.
5. Nun lassen Sie die Kupplung los, und der Schlepper fährt an.
6. Nach dem mühsamen Schalten von Gruppe und erstem Gang kommt die nächste Überraschung: Der K-701 M von Kirovets hat eine vierstufige Lastschaltung, die Gänge 1 bis 4 können jetzt ohne Fußkupplung geschaltet werden!
Wir haben Ihnen diese ausführliche Startprozedur nicht beschrieben, um den Schlepper lächerlich zu machen. Im Gegenteil: Mit 335 PS und 15 Tonnen Eigengewicht ist der riesige Knicklenker sehr ernst zu nehmen. Und die ungewöhnliche Handhabung ist ähnlich z. B. beim US-Knicklenker Big Bud zu finden, der auch nicht so ohne weiteres wie ein 100-PS-Schlepper zu fahren ist. Nein, an die vielen Handgriffe zum Anlassen und Losfahren kann man sich durchaus gewöhnen, wie ganze Heerscharen von Schlepperfahrern in Ostdeutschland bewiesen haben. Der umständliche Start charakterisiert dennoch den Traktor ganz vorzüglich:
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Die Knicklenker von Kirovets aus Russland sind heute echte Legenden. Wir hatten 1994 einen dieser gelben Riesen im Schleppertest. Aber lesen Sie selbst.
Der erste Eindruck vom K-701M ist riesig: Das Geschütz vor Ihnen ist 7,50 m lang, 2,85 m breit, gut 4 m hoch und wiegt knappe 15 Tonnen. Stolz darauf, einen solchen Boliden fahren zu können, klettern Sie in die Kabine in luftiger Höhe – und scheitern bei dem Versuch, den K-701 anzulassen. Denn so einfach lässt er sich nicht starten.
Um Ihnen die Startprozedur des K-701 gleich vorneweg zu verraten: Sie betätigen zunächst den Batteriehauptschalter rechts in der Kabine, um die Elektrik mit Strom zu versorgen. Dann schieben Sie den rechten Ganghebel (für die vierstufige Lastschaltung) nach hinten in die Stellung „Neutral“. Nun bewegen Sie den linken Ganghebel (für die Gruppenschaltung) nach rechts in die Neutralposition der Schaltgasse „Frontantrieb“ und halten ihn dort fest. Und jetzt erst können Sie die 246 kW/335 PS mit dem Zündschlüssel starten.
Wegfahren können Sie allerdings immer noch nicht, weil sich die Gänge von einem unerfahrenen Fahrer nicht schalten lassen. Auch hier gibt es wichtige Regeln:
1. Treten Sie die Kupplung und bewegen Sie den Lastschalthebel nach hinten in die Position „Synchronisatorbremsen“.
2. Nehmen Sie den Fuß von der Kupplung.
3. Legen Sie jetzt die gewünschte Gruppe ein: Zunächst wird der Gruppenhebel in die rechte innere Kulisse und nach vorn (schnell) oder hinten (langsam) bewegt, um die Gruppe Acker/Straße vorzuwählen. Dann bewegen Sie den gleichen Hebel nach links in die innere Kulisse nach vorn (vorwärts Gruppe I/III) bzw. nach hinten (vorwärts Gruppe II/IV) oder nach links außen (rückwärts Gruppe I/II).
4. Jetzt treten Sie die Kupplung und bewegen den Lastschalthebel nach vorn, um den ersten Gang einzulegen.
5. Nun lassen Sie die Kupplung los, und der Schlepper fährt an.
6. Nach dem mühsamen Schalten von Gruppe und erstem Gang kommt die nächste Überraschung: Der K-701 M von Kirovets hat eine vierstufige Lastschaltung, die Gänge 1 bis 4 können jetzt ohne Fußkupplung geschaltet werden!
Wir haben Ihnen diese ausführliche Startprozedur nicht beschrieben, um den Schlepper lächerlich zu machen. Im Gegenteil: Mit 335 PS und 15 Tonnen Eigengewicht ist der riesige Knicklenker sehr ernst zu nehmen. Und die ungewöhnliche Handhabung ist ähnlich z. B. beim US-Knicklenker Big Bud zu finden, der auch nicht so ohne weiteres wie ein 100-PS-Schlepper zu fahren ist. Nein, an die vielen Handgriffe zum Anlassen und Losfahren kann man sich durchaus gewöhnen, wie ganze Heerscharen von Schlepperfahrern in Ostdeutschland bewiesen haben. Der umständliche Start charakterisiert dennoch den Traktor ganz vorzüglich:
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Der K-701 M ist ein reiner Zugschlepper für schwere Arbeit auf großen Feldern. Von den Rädern und der nächsten Umgebung um den Knicklenker herum sieht man bei der Arbeit nichts, zum Gruppenwechsel (auch Vorwärts/Rückwärts) muss der Schlepper stillstehen, für beengte Verhältnisse oder häufiges Schalten außerhalb der vier Lastschaltstufen ist der Kirovets nicht gebaut.
Diese Erkenntnis machte uns besonders gespannt auf die Leistungswerte des Motors, denn der sollte in einer solchen Zugmaschine besonders gut sein. Und wir wurden von den Messergebnissen der DLG-Prüfstelle sehr angenehm überrascht:
Seine maximale Leistung von 220,4 kW an der Zapfwelle erreichte unser Testkandidat bei 1 700 Umdrehungen des Motors, erst bei etwa 1 550 Umdrehungen fiel die Zapfwellenleistung unterhalb der 216,5 kW, die im Heck bei Nenndrehzahl (nur 1 900 Umdrehungen pro Minute!) gemessen wurden. Damit hatte unser K-701 M eine ausgeprägte Constantpower-Charakteristik, die sich über einen weiten Bereich (gut 18 % der Nenndrehzahl) erstreckt.
Das maximale Drehmoment erreichte der Schlepper bei 1 400 Motor-Umdrehungen, 24 % Drehmomentanstieg bei 26 % Drehzahlabfall können sich durchaus gut mit westlichen Motoren messen lassen. Auch der Kraftstoffverbrauch von 249 g/kWh bei Nenndrehzahl und 233 g/kWh bei maximaler Leistung (jeweils bezogen auf die Zapfwellenleistung) geht so in Ordnung.
Für den Einsatz als schwerer Zugschlepper spricht allerdings auch das magere Anfahrmoment: Bei 1 000 Motor-Umdrehungen leistet der Schlepper 91 % des Drehmomentes bei Nenndrehzahl, zum Anfahren unter Last braucht der K-701 M also schon mehr Gas. Aber das soll den guten Eindruck, den der Motor auf dem Prüfstand hinterließ, nicht trüben.
Das Getriebe eines solchen Boliden, der seit vielen Jahren in Russland gebaut wird und so preiswert ist, kann man konstruktiv sogar mit „gut“ bewerten: 8 Gänge im Hauptarbeitsbereich, 30 km/h Endgeschwindigkeit, vierstufige Lastschaltung – was verlangen Sie mehr von 335 PS ? – Nun, die konstruktive Darstellung des Getriebes ist nur die halbe Miete. Auch die Montagequalität entscheidet mit über den Nutzen des Getriebes.
Und die Handhabung des Getriebes war bei unserem Testkandidaten denkbar schlecht: Erst mit einer gehörigen Portion Erfahrung lässt sich der K-701 M fahren, ohne dass Sie dauernd stillstehen und mehr oder minder verzweifelt den richtigen Gang suchen. Und selbst mit Schalt-Erfahrung passiert es Ihnen häufiger mal, dass sich der Allradantrieb nicht schalten lässt oder Sie im falschen Gang landen.
Diese schlechte Qualität in der Herstellung ist es vor allem, die uns zu dem Urteil bewog: „Nur als reiner Zugschlepper geeignet (wenn man selten schalten muss)“. Auf dem Fahrsilo walzen möchte aus unserer Testmannschaft jedenfalls keiner mit dem K-701 M. Und dass die Fahrkupplung mit 350 N Pedaldruck recht schwergängig ist, unterstreicht diese Bewertung noch.
Das Urteil wird noch negativer, wenn man Bedienung und Handhabung vom Allradantrieb bewertet: Nahezu mit roher Gewalt muss man den Gruppenschalthebel (!) in der rechten äußeren Kulisse „stoßweise nach vorn bewegen (am besten, wenn der Schlepper noch rollt), um den Allradantrieb einzuschalten. Ähnlich schwer geht das Ausschalten (das Ausgleichgetriebe in beiden Achsen ist ein selbstsperrendes Freilaufgetriebe). Beim K-701 M wird dann übrigens der Hinterradantrieb ein- und ausgeschaltet, die Vorderräder ziehen immer. Unter Last lässt sich der Allradantrieb nicht schalten.
Um es zu wiederholen: Mit der konstruktiven Lösung ließe sich auch hier leben, wenn die schlechte Montagequalität nicht alles so schwergängig zu handhaben ließe. Weil unser abschließendes Urteil über den ganzen Schlepper dennoch deutlich besser ausfiel, als Sie nach dieser Kritik vielleicht erwarten, wollen wir die Bewertung der übrigen Baugruppen kürzer fassen:
Hubwerk: die Kategorie IV ist in ihren Dimensionen so mächtig, dass man von dem Schlepper eine gewaltige Hubkraft erwartet. Tatsächlich brachte unser Testkandidat auf dem Prüfstand der DLG-Prüfstelle aber nur durchschnittliche 5 040 daN durchgehende Hubkraft – ein Zugschlepper eben, der ja auch selten schwere Anbaugeräte heben muss.
Allerdings muss man wissen, dass das Knickgelenk bei hoher Hubkraft über den Hinterwagen stark belastet wird. Deshalb schützt die mittelmäßige Hubkraft vermutlich auch den Schlepper. Positiv zu vermerken ist, dass der deutsche Importeur den Traktor mit einer Bosch-EHR ausstattet. Allerdings funktionierte die EHR bei unserem K-701 M erst nach gutem Zureden.
Hydraulik: Positiv zu nennen ist hier, dass der deutsche Importeur eine ziemlich komplette westliche Ausstattung einbaut mit Bosch-Ventilen und Danfoss-Ölmengenteilern, die Hydraulikanschlüsse entsprechen westlichen Standards. Recht bescheiden waren die Leistungswerte: Die DLG-Prüfstelle hat einen Betriebsdruck von 149 bar gemessen (Solldruck 160 bar), die maximale Fördermenge lag mit 71 l/min weit unter den vom Hersteller angegebenen 125 l/min. Die maximale hydraulische Leistung von knapp 12 kW reicht für 80 PS gut aus, aber 335 PS könnten ruhig etwas mehr bringen.
Nach Angaben des Importeurs wurde die Hydraulik inzwischen in separate Kreisläufe für Lenkung und Arbeitshydraulik getrennt, die Leistung sei dadurch gestiegen.
Zapfwelle: Die 1000er Zapfwelle wird hydraulisch geschaltet. Im abgeschalteten Zustand soll sich der Stummel im Heck (21teiliges Evolventenprofil, 1 3/8 Zoll) von Hand drehen lassen, um die Gelenkwelle anbauen zu können. Bei unserem Testkandidaten kam wohl Lecköl in die Schaltung, jedenfalls war der Stummel bei laufendem Motor nicht anzuhalten.
Lenkung und Bremsen: Gut gefiel uns die horizontale dreistufige Lenkradverstellung, der Wendekreis mit 15,40 m (Zweiradantrieb) bzw. 16,70 m (Vierradantrieb) ist für einen Knicklenker in Ordnung (2,10 m Spurbreite, Reifengröße 30.5 R 32). Man muss sich an die Lenkung des Knicklenkers (über Hydraulikzylinder zwischen Vorder- und Hinterwagen) allerdings erst gewöhnen. Die von der DLG-Prüfstelle gemessene maximale mittlere Verzögerung der Bremsen war mit 3,7 m/s2 für 15 Tonnen Eigengewicht recht bescheiden.
Kabine: Der K-701 M bietet reichlich Platz in der Kabine. Die Grundausstattung mit Schaltern und Hebeln ist nicht überragend, aber ausreichend. Die Sicht ist wie gesagt nur in die Ferne gut: Enge Hofeinfahrten sind nichts für den K-701 M. Der Sitz ist gut, die Lautstärke unter Last mit gemessenen 82,0 dB(A) noch erträglich.
(Bildquelle: Tovornik)
Das Lenkrad ist kippbar, die Instrumente sind einigermaßen übersichtlich.
(Bildquelle: Tovornik)
Die Schaltung mit Lastschalthebel (oben) und Gruppenhebel (mittig). Unten das Handgas.
(Bildquelle: Tovornik)
Wartung: Hier überraschte uns der K-701 M mit einer deutlich einfacheren Wartung, als wir es erwartet hatten. Schlechte Erfahrungen mit der Pflege in der Praxis haben die Konstrukteure bewogen, überaus robuste und unempfindliche Traktoren zu bauen mit vielen großen und übergroßen Filtern, die sich auswaschen und wieder verwenden lassen. Für deutsche Verhältnisse, wo die Wartung regelmäßig und sorgfältig durchgeführt wird (hoffentlich!), ist die Wartung sogar umfangreicher und robuster als nötig.
Gewichte und Bereifung: Einen kleinen Schock verpasste uns unser Testkandidat beim Wiegen. Mit 14 960 kg Eigengewicht liegt er um 360 kg über dem zulässigen Gesamtgewicht. Dennoch erreichte er mit 61 kg/kW ein recht passables Leistungsgewicht.
Die (russische) Bereifung der Größe 30.5 R 32 kann laut Handbuch beim Einsatz von angehängten Geräten mit 0,9 bar gefahren werden. Das schont den Boden immerhin etwas.
Das bleibt festzuhalten: Wer als „Wessi“ das erste Mal den Kirovets besteigt, wird fasziniert sein von der Größe und schnell zum Ergebnis kommen: billiger Kram, reicht auch nicht annähernd an „unsere Ansprüche“ heran. Das ist falsch!
Wer große Felder zu bearbeiten hat und nach einem schweren Zugschlepper sucht, muss für westliche Fabrikate dieser Klasse rund 250 000 Mark hinblättern. Der K-701 M kommt mit gut 100 000 Mark aus. Dafür gibt es einen überaus robusten Traktor, der als Spezialist für schweres Ziehen mit einem guten Motor ausgerüstet ist und diese Arbeit zuverlässig verrichtet.
Sie sollten allerdings nicht darüber nachdenken, den Schlepper auch zu anderen Arbeiten zu verwenden. Hubkraft und Hydraulikleistung sind sehr begrenzt, die Sicht ist bescheiden, und häufiges Schalten verlangt muskulöse Fahrer mit Einfühlungsvermögen. Dafür ist der K-701 M nicht gebaut.
Es ist schade, dass das Sankt Petersburger Kirov-Werk keine bessere Arbeitsqualität hinbekommt. Wäre der K-701 M sorgfältiger montiert, könnte man sicher 50 000 Mark mehr für den Schlepper bezahlen – und hätte einen leichter zu fahrenden Traktor mit 335 PS.