Pimp my Tractor Teil 4: Neue Bereifung und Reifendruckregelanlage. Breite Puschen für wenig Druck.
Breite Reifen sehen auf Youngtimern nicht nur gut aus, sie schonen auch den Boden. Der Anbau einer Reifendruckregelanlage unterstützt diesen Effekt nochmals.
- Der Druck des Traxion 65 darf beim Agrostar je nach Zuladung bis auf 0,6 bar abgesenkt werden. - Eine Einleiteranlage steht im Vergleich zur Zweileiteranlage ständig unter Druck, ist dafür aber einfacher aufgebaut. - Bei der Steuerung setzt Krude auf einfache Elektromechanik. Per Selbsthaltefunktion steuert die Anlage die per Druckschalter eingestellten Solldrücke an.
Im vierten und letzten Teil unserer Serie „Pimp my Tractor“ setzten wir uns noch einmal mit der Bereifung des Agrostars 6.21 auseinander. Original verließ der Schlepper die Werkhallen mit Hinterreifen der Größe 520/70 R 38 und vorne mit 420/70 R 28. Die Voreilung der Vorder- zu den Hinterrädern beträgt in dieser Kombination gut 2 %. Wir entschieden uns, den Schlepper auf breitere Pneus der Größe 600/65 R 38 hinten und 540/65 R 24 vorne zu stellen. Sie halten die vorgegebene Voreilung ein.
Neu: Leise Pneus
Genauer gesagt handelt es sich bei den montierten Reifen um die auf der Agritechnica 2019 vorgestellten Pneus „Traxion 65“ von Vredestein. Das besondere an den Reifen ist laut Hersteller der um bis zu 29 % ruhigere Lauf, was sich vor allem in der Kabine bemerkbar macht. Dies soll vorrangig an der zuspitzenden Kontur der Stollen in der Mitte des Reifens liegen, die hier eine um bis zu 30 % größere Auflagefläche bieten. Außerdem erklärt der Hersteller, dass die zu den Flanken hin gebogene und nicht parallele Form der Stollen Verschmutzungen nach außen treibt und mehr Auflagefläche im Schulterbereich bereitstellt. Eine gute Basis also für die Reifendruckregelanlage. Laut Liste fallen für den Satz Reifen rund 6 000 Euro ohne MwSt. an. Wie genau Vredestein einen Reifen produziert, haben wir bereits im Spezial „Alles zu Rad und Reifen“ beschrieben (profi 5/2019). Da die alten Felgen mit 15 Zoll Breite hinten zu schmal und vorne mit 28 Zoll Durchmesser zu groß für die neue Reifenkombination waren, fertigte das Unternehmen Kock und Sohn neue Felgen in den Größen TW18L x 38 für die Hinterachse und W16 x 24 für die Vorderachse. Diese Felgengrößen empfiehlt Vredestein für die montierten Traxion 65-Reifen. Die hinteren Felgen wurden zudem mit Kugelhähnen versehen, um die Reifendruckregelanlage anzuschließen. Worauf genau bei der Auswahl der richtigen Felgen zu achten ist, haben wir in profi 10/2019 beschrieben.
Die Reifendruckregelanlage
Die letzte Station für den Agrostar ist der Anbau einer Einleiter-Reifendruckregelanlage der Firma S. Krude Fahrzeugbau aus 49828 Neuenhaus. Durch diese lässt sich der Innendruck der Hinterreifen beim Ackern absenken und für die Straßenfahrt erhöhen. Daraus resultieren ein geringerer Bodendruck und eine um bis zu 30 % höhere Traktion auf dem Acker sowie ein geringerer Dieselverbrauch auf der Straße. Zwar rüstete das Unternehmen bereits mehr als 1 000 Schlepper mit einer solchen Anlage aus, ein Deutz-Fahr Agrostar war für den Fachbetrieb allerdings eine Premiere. Trotzdem stellte sich der Schlepper als sehr montagefreundlich heraus. Die angebaute Anlage für die Hinterachse kostet rund 2 900 Euro netto.
Der Anbau der Reifendruckregelanlage erfordert Kreativität. Alle Halterungen und die Rohrbügel müssen nach der Demontage der Hinterräder passend für den Schlepper angefertigt werden. Dieser Winkel aus einem 1/2 Zoll großen Rohr führt an den Kotflügeln entlang über das Hinterrad nach außen. Stück für Stück muss er mit der Biegemaschine an die Kontur der Radabdeckung angepasst werden.
Um den Rohrbügel sicher zu befestigen, wird eine Halterung außen an dem Übergang zu der Kotflügelverbreiterung angebracht. Hierfür eignet sich ein geeignetes Blech, das an die Abkantung angeschraubt wird. Eine passende Bohrung führt das Rohr. Zwei weitere Halterungen (Flacheisen) befestigen Sie am Tragholm des Kotflügels. Dieser ist so dickwandig, dass ein eingeschnittenes M8-Gewinde genügt, um die zwei Haltebleche nach dem Ausrichten sicher anzuschrauben.
Im nächsten Schritt müssen Sie die Halterungen am ausgerichteten Rohrbügel anheften. Wichtig dabei ist, die Masseklemme direkt auf den Rohrbügel zu setzen. Ein Abklemmen der Batterie ist so überflüssig. Das vollständige Verschweißen der Halterungen am Bügel sollte aber im demontierten Zustand erfolgen.
Der Rohrbügel muss so gekürzt werden, dass das senkrechte Rohr zur Felgenmitte gut 4 cm Luft zur Reifenflanke hat. Auch die Länge der Anschweißmuffe und des 90-Grad-Winkels, die vorne auf das Rohr gesetzt werden, müssen Sie beachten.
An den zuvor abgeschnittenen Enden des Rohrbügels schweißen Sie unten eine 1/2-Zoll-Anschweißmuffe mit Innengewinde und oben eine 15L-Verschraubung (SW27) umlaufend an. Zum Anhalten und Ausrichten eignet sich ein Stück Rohr.
Zum Identifizieren undichter Stellen des Rohrbügels, verschließen Sie die Enden und setzten den Bügel unter Druck. Beim Eintauchen ins Wasserbad sollten keine Blasen aufsteigen. Ansonsten muss nachgeschweißt werden.
Das sogenannte Gebilde ist eine recht einfache Konstruktion, die über das Öffnen und Schließen von zwei Kugelhähnen die Hinterreifen befüllt. Zudem gibt es einen Kugelhahn zum Ablassen der Luft. Platz dafür finden Sie innen am linken Kotflügel.
Gesteuert werden die Hähne am Gebilde pneumatisch durch zwei 5/2-Wegeventile. Für die Ventile sollten Sie gut zugänglich einen Platz in der Nähe des Gebildes finden. Passt alles, müssen Gebilde sowie Rohrbügel demontiert und lackiert werden.
Es folgt das Anbringen des Gestänges zwischen den Kugelhähnen sowie der Pneumatikzylinder: zwei für die Befüllhähne, einer zum Ablassen. Eine Brücke aus Kunststoffrohr dient als Druckausgleich zwischen den Hinterreifen.
Zum Befüllen dient der Vorratsdruck im Kessel. Ein Überstromventil sorgt dafür, dass der Druck nie unter 6,5 bar fällt. Das nachgeschaltete 2/2-Wegeventil öffnet beim Befüllen. Von diesem führt ein flexibler Bremsschlauch zum Gebilde.
Zum Betätigen der Kugelhähne wird der Steuerkreis der Druckluftanlage vorne am Ventil angezapft. Eine 6-mm-Kunststoffleitung führt den Druck hin zu den Steuerventilen, wovon weitere 6-mm-Kunststoffrohre die Zylinder versorgen.
Als Verbindung zwischen Rohrbügel und Gebilde verwendet Krude flexible 13-mm-Bremsschläuche, die auf angeschraubte Stutzen per Schelle befestigt werden. Im Radkastenbereich dient ein Spiralkabelschlauch als Schutz vor scharfen Kanten.
Kernelemente der selbstgebauten Schaltbox sind die Druckschalter: Der eine erfasst Drücke zwischen 0,3 und 3 bar, der andere ist bis 5 bar ausgelegt. Die Schaltpunkte können Sie von außen mit einem Schraubendreher einstellen.
Zum Befestigen eignet sich der rechte B-Holm. Sie müssen eine 4-mm-Kunststoffleitung für die Druckschalter, drei zweiadrige Kabel für die Magnetventile und eine Leitung für die Zündstrom-Versorgung bis zur Box ziehen.
Um den Reifendruck zu erfassen, bohren Sie in den rechten Rohrbügel ein Loch und schneiden ein 8 x 1 mm-Gewinde hinein. In dieses wird eine Anschlussmuffe gedreht, an die das Kunststoffrohr von der Schaltbox angeschlossen wird.
Die Drehüberträger werden auf ein Flachstahl geschraubt, der außen mit zwei Radschrauben befestigt wird. Vom inneren Anschluss legen Sie ein Stück flexiblen Bremsschlauch zu den bereits angebauten Kugelhähnen in den Felgen. Außen schrauben Sie einen 90-Grad-Winkel ein.
Um den Rohrbügel zu erweitern, nutzt Krude ein rund 30 cm langes 1/2-Zoll-Edelstahlrohr, auf dessen Enden Gewinde geschnitten werden. Oben wird das Rohr per 90-Grad-Winkel an den Rohrbügel angeschraubt, als Verbindung zum Drehüberträger dient ein Hydraulikschlauch.
Zu guter Letzt muss der neue Drehüberträger noch geschmiert werden. Dies sollten Sie auch später nicht vernachlässigen und regelmäßig erledigen, da Sie so die Lebenszeit von Dichtungen und Lager am Drehüberträger deutlich verlängern.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die sehr sauber verlegte Anlage ermöglicht es, den Druck der Hinterräder per Taster anzupassen. Beim Agrostar ist der begrenzende Faktor der Serien-Kompressor, weshalb das Befüllen recht lange dauert. Alternativ bietet Krude Zusatz-Kompressoraggregate, z. B. für das Fronthubwerk, mit bis zu 4 400 l/min Förderleistung an.