Gut zu wissen
- Uns gefällt das PigNap 4.0 durch eine gute Ergonomie sowie einfachen wie intuitiven Handhabung.
- Messungen der DLG zum Arbeitsschutz ergaben sehr gute Werte.
- Wen das Surren des Gebläses nicht stört, macht mit dem Kauf des PigNap 4.0 gewiss nichts verkehrt.
- Das PigNap 4.0 eignet sich für kleine und große Betriebe.
Ab Januar 2021 ist die Ferkelkastration nur noch unter Betäubung erlaubt. Der Gesetzgeber brachte deshalb 2019 die sogenannte Ferkelbetäubungs-Sachkundeverordnung auf den Weg. Landwirte mit Sachkundeprüfung dürfen dann ihre Ferkel mit Isofluran narkotisieren und kastrieren (siehe profi 5/2020).
Aus der Praxis, für die Praxis
Die Familie Schulze Bremer betreibt neben einem Handel mit Tierzuchtbedarf auch eine Sauenhaltung mit 500 Muttersauen. Von der ab 2021 geltenden Regelung ist der Betrieb somit auch betroffen. Man rechnete deshalb nach und stellte für fest, dass ab 2021 nur die Vermarktung chirurgisch kastrierter Ferkel wirtschaftlicher sein wird. Also machte man sich auf den Weg in die Schweiz. Denn in der Alpenrepublik ist die chirurgische Kastration länger schon nur unter Narkose in Kombination mit einem zu injizierenden Schmerzmittel erlaubt.
Die Wahl fiel am Ende auf das Patent von Walder & Reutegger aufgrund der Doppel-Atemmasken und des Atembeutels. Schnell war jedoch klar, dass man das Gerät umkonzipieren muss, um die Arbeitseffektivität sowie das „Hygienic Design“ zu verbessern. Das galt vor allem für die lästige Beschaffung von medizinischem Sauerstoff. Das ist jetzt nicht mehr nötig.
Notwendig wurde auch ein verbesserter Arbeitsschutz. Denn in der Schweiz ist eine maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert) von 77 mg/m³ Isofluran zulässig. Da es in Deutschland für die Ferkelbetäubung keinen Grenzwert gibt, legte die DLG den MAK-Wert auf 15 mg/m³ (2 ppm) fest. Das ist dann der weltweit niedrigste MAK-Wert. Übrigens: Isofluran ist erst ab einer Konzentration von 8 bis 10 ppm für den Menschen geruchlich wahrnehmbar.
PigNap 4.0: Die Technik im Detail
Der Wagen mit zwei feststellbaren Rädern ist 55 cm breit und 109 cm lang und passt in fast jede Stallgasse. Bei uns stand jedoch die mit der Narkose beschäftigte Person in der Abferkelbucht. Arbeitet keine zweite Person zu, muss der Narkosewagen zum Seitenwechsel aus dem Abteil gefahren oder in einer geöffneten Bucht umgedreht werden. Dabei kann das am Boden liegende 230-V-Anschlusskabel im Weg sein.
Gut gefällt hingegen die Höhenverstellung des Wagens im Bereich von 114 bis 124 cm. Dies erlaubt sowohl kleinen als auch großen Anwendern ein rückenschonendes Arbeiten. Dazu passt, dass die Schalen zum Einlegen der Ferkel so angeordnet sind, dass der Landwirt nicht mit gestreckten Armen arbeiten muss, sondern diese samt Tier nahe am Körper bleiben.
Den PigNap 4.0 gibt es nur in einer Ausführung mit vier Ferkelschalen. Diese sind unten 8 und oben 13,2 cm breit und fassen selbst groß gewachsene, bis zu sieben Tage alte Ferkel. Die aus verwindungssteifem Kunststoff gefertigten Schalen besitzen ein leichtes Gefälle nach vorne, so dass die auf dem Rücken liegenden Tiere mit dem Rüssel voran in die Doppelatemmaske rutschen und dabei das leichtgängige Gaseinströmventil öffnen.
Das Besondere der im Durchmesser 62 mm messenden Doppelatemmaske aus Gummi: Das Narkosemittel Isofluran wird nicht per Gebläse zur Rüsselscheibe des Tiers gefördert — was immer das Risiko mit sich bringt, dass bei Undichtigkeiten am Rüssel Gas entweichen könnte. Stattdessen wird beim Einlegen des Tiers ein Kontakt ausgelöst, wodurch ein Ventil öffnet und die Ferkel aktiv das Narkosegas aus dem Atembeutel atmen. Im Atembeutel befindet sich 5 %-iges Isofluran, das für 80 Sekunden von einer kleinen Pumpe aus dem Verdampfer angesaugt wird. Nach 80 Sekunden kommt kein neues Isofluran mehr nach, was den Verbrauch reduziert.
Die Narkose mit Isofluran
Zum besseren Verständnis: Für die Anwendung von Isofluran schreibt Baxter als Hersteller von Isofluran eine Narkotisierung von mindestens 70 Sekunden vor. Wie die Messungen der DLG ergaben, reicht im Falle des PigNap 4.0 diese Zeit fast immer für eine sichere Betäubung der Tiere.
Lobend zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Atembeutel, da er das Nachatmen von Narkosemittel während der kompletten Kastration sicherstellt. Gewisse Zeitverzögerungen bei der Kastration kompensiert damit die Technik besser als so manches Konkurrenzprodukt.
Zurück zum Verdampfer: Dieser ist für die Herstellung des Narkosegases mit einer kleinen Heizung ausgestattet. Vor einem Einsatz muss das Gerät durch das Anschließen von Strom aufheizen. Bei der PigNap 4.0 beträgt diese Zeit drei Minuten.
Das Verdampfervolumen beträgt 350 ml, so dass immer eine ganze 250-ml-Flasche in das Gerät eingefüllt werden kann. Hier muss man allerdings wissen, dass beim Befüllen und Entleeren des Tanks unabhängig vom Hersteller die Gefahr eines unkontrollierten Entweichens von Isofluran am größten ist. Deshalb an dieser Stelle ein grundsätzlicher Hinweis: Bei allen Geräten sollte das Befüllen mit Isofluran entweder im Freien oder in einem sehr gut belüfteten Raum erfolgen!
Die Lösung zum Befüllen sagt uns beim PigNap 4.0 besonders zu. Denn für die Isofluranflasche gibt es einen Schraubadapter mit integriertem Rückschlagventil. Isofluran kann so weder austreten, noch entweicht durch den Dichtring beim Auffüllen Mittel aus der Flasche.
Wie viel Isofluran sich im Verdampfer (noch) befindet, kann der Landwirt am Schauglas ablesen. Nach dem Einfüllen wird der Einfüllstutzen wieder verschlossen und der Einfülladapter in einer eigens dafür vorgesehenen Konsole am Gerät abgelegt.
Apropos Einfüllen: Für die Skalpelle befindet sich neben jeder Ferkelschale ein Becher. Um eine Verschleppung von Krankheiten zu unterbinden, können die Becher mit einem Desinfektionsmittel aufgefüllt und so die Klingen sterilisiert werden.
Sichere Absaugung
Das Narkosemittel Isofluran ist bei einem unkontrollierten Austritt für den Menschen nicht ungefährlich. Die DLG legte deshalb bei ihren Prüfungen großen Wert auf die Arbeitssicherheit. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem Arbeitsplatzmessungen durch das akkreditierte Messinstitut Eurofins durchgeführt. Zusätzlich wurden unter Laborbedingungen die Narkosestationen bei verschiedenen Temperaturen gemessen und durch Wiegen ein etwaiger Verlust an Isofluran festgestellt.
Nach Auswertung der Labormessungen darf sich der PigNap 4.0 damit rühmen, als besonders sicher zu gelten. Denn rechnerisch fanden sich laut Testbericht 100 % des verbrauchten Isoflurans in den beiden Aktivkohlefiltern wieder. Damit hält das Gerät den MAK-Grenzwert von 15 mg/m³ Raumluft locker ein — sehr gut.
Wichtig zu wissen: Die beiden Filter haben eine Kapazität von maximal 530 Ferkeln. Nach 500 Tieren erscheint eine Warnung am Display des Geräts. Eine Technik, welche die Filterkapazität individuell bestimmt, gibt es beim PigNap 4.0 nicht. Hintergrund sind Erfahrungen des Herstellers. Diese ergaben, dass die dafür verwendeten photoelektrischen Sensoren unter Stallbedingungen oft falsch liegen.
BEG Schulze Bremer entschied sich deshalb für den sicheren Weg eines konsequenten Filterwechsels nach 530 Tieren. Messungen der DLG bestätigen, dass der Hersteller mit seinen Vorgaben richtig liegt. Übrigens: Großen Anteil an der hohen Auffangquote hat der unten im Wagen eingebaute Seitenverdichter. Das Gebläse saugt Isofluran direkt an der Doppelatemmaske ab und führt es einem zweiten Filter zu.
Die Kehrseite des Verdichters: Mit gemessen 76,5 dB(A) in unmittelbarerer Nähe und maximal 64,7 dB(A) am Ohr des Bedieners ist er zwar leiser als jeder Schlepper — dennoch kann das ständige Surren empfindliche Menschen stören.
Da der Gesetzgeber sicherstellen möchte, dass die Geräte zur Narkotisierung auch tatsächlich bei der Kastration zum Einsatz kommen, besitzt der PigNap 4.0 ein vor Manipulationen geschütztes Zählwerk. Die Daten können per App auf ein Smartphone exportiert und per WLAN zum Computer im Stallbüro übertragen werden. Am PC und per App für iOS und Android kann der Landwirt auch online nachsehen und kontrollieren, wie viele Tiere aktuell und wie viele in den vergangenen Wochen mit dem Gerät narkotisiert und welche Anzahl an Tieren seit dem Filterwechsel behandelt wurden.
Zur Praxis
Zusammen mit einem Tierarzt haben wir die Technik eingesetzt. Die Arbeiten starteten mit dem verlustfreien und vollständigen Einfüllen des Isoflurans. Die Aufheizphase war für uns kein Problem, da wir locker drei Minuten benötigten, bis inklusive Stromanschluss alles im Abteil für die Tierbehandlung hergerichtet war.
Noch ein Hinweis: BEG Schulze Bremer schreibt vor, dass für Einsätze der Technik die Raumtemperatur zwischen 18 °C und maximal 35 °C liegen sollte. Tests der DLG ergaben, dass selbst bei nur 5 °C die Voraussetzungen für eine ausreichende Narkosekonzentration erfüllt sind.
Das Einlegen der Tiere in die Schale einschließlich der Fixierung mit dem hinteren Haltebügel ging erstaunlich gut. Lediglich für große Tiere war die Doppelatemmaske etwas knapp bemessen.
Bei besonders wehrhaften Tieren dauerte das Einlegen auch mal eine Sekunde länger. Einmal eingeführt, lag der Kopf aller Tiere immer sicher in der Maske. Und durch die schnelle Anflutung des Isoflurans an der Rüsselscheibe beruhigten sich die Tiere auch im Handumdrehen, so dass man sich relativ schnell um das Einlegen des nächsten Ferkels kümmern konnte.
Nach dem Einlegen leuchtet die rote Kontrollleuchte neben der Doppelatemmaske für 55 Sekunden. Es folgt ein rotes Blinken für weitere 15 Sekunden. Nach 70 Sekunden euchtet dann die grüne Diode, und man kann nach Überprüfung des Zwischenklauenreflexes mit der Kastration beginnen. Spätestens nach 120 Sekunden ab Einlegen des Ferkels muss die Kastration abgeschlossen sein. Dann muss auch das Ferkel aus der Maske genommen werden.
Anders als wir vor dem Einsatz annahmen, sind die 70 Sekunden Wartezeit bis Kastrationsbeginn kein Problem. Denn während das erste Tier in den Schlaf kommt, kann man drei weitere in die Schalen einlegen — möglichst in einem Abstand von 15 bis 20 Sekunden, so dass später genauso viel Zeit für die Kastration bleibt. Unterm Strich dauerte so das Kastrieren durch das Warten rund 15 bis 20 Sekunden länger als heute ohne Betäubung. Von Vorteil ist, wenn eine Person zuarbeitet. Diese kann im Vorfeld bereits die schmerzstillende Spritze verabreichen oder die Ohrenmarken einziehen.
Nach dem Einsatz soll der Atembeutel leergedrückt werden, während das Isofluran im Verdampfer verbleiben kann. Das Reinigen des Geräts kann mit einem alkalischen Reinigungsmittel und Wasserschlauch erfolgen. Allerdings sollten zum Schutz vor Spritzwasser die Aktivkohlefilter ausgebaut und die Saugschläuche von den Atemmasken zu den Filtern demontiert werden.
Zum Reinigen der Atemschutzmasken lassen sich diese werkzeuglos demontieren und die offen liegenden Stutzen mit den mitgelieferten Schutzkappen verschließen. Die fünf Teile je Maske werden in einem Eimer mit Spülmittel gesäubert. Nach dem Trocken sorgt Silikonöl auf den O-Ringen für Leichtgängigkeit und Langlebigkeit.
Preise und Unterhalt
Das PigNap 4.0 steht mit 9 450 Euro (netto) in der Preisliste. Optional gibt es seitlich angebaute Ferkelkisten. Die laufenden Kosten: Isofluran (rund 70 Euro pro 250 ml Flasche) und rund 60 Euro für die Filter nach 530 Tieren.
Bei einem Verbrauch von 0,63 ml Isofluran je Ferkel kostet das Mittel 17 Cent je Tier, das Schmerzmittel 2 Cent. Der Wechsel der beiden Aktivkohlefilter schlägt mit 12 Cent je Tier zu Buche. Der zusätzliche Zeitaufwand ist bei einem Stundenlohn von 35 Euro mit 19 Cent zu veranschlagen. Mit Strom und Reinigungsmittel betragen die variablen Kosten so in der Summe gut 50 Cent je Ferkel.
Die fixen Kosten sind durch die Anschaffungskosten und Auslastung bestimmt. Rechnet man die aktuell angebotene Förderung des Bundes (5 000 Euro) an, kommen bei einer sechsjährigen Abschreibung fixe Kosten von 750 Euro im Jahr zusammen. Macht bei einem Betrieb mit 150 Sauen 30 Cent pro Ferkel, bei 400 Sauen 12 Cent und bei 1 000 Sauen mit jeweils 16 zu kastrierenden Ferkeln je Wurf nur noch 5 Cent pro Ferkel. Diese Zahlen gelten annähernd auch für Wartung und für Reparaturen. Hinzu kommen noch die Ausgaben für Schulungen.
Daraus resultieren Gesamtkosten in Höhe von 1,17 Euro bei 150 Sauen, 0,90 Euro (250 Sauen), 0,95 Euro (400 Sauen), 0,66 Euro (600 Sauen) und rund 0,59 Euro (1 000 Sauen) je kastriertem Tier.
1,17 Euro klingt erst mal viel. Vergleicht man die Kosten mit denen einer Immunokastration ohne Schlachthofkosten, spart das PigNap 4.0 fast 3 Euro je Tier.
Fazit
Der Hersteller BEG Schulze Bremer hat mit dem PigNap 4.0 mit als erster die für die Inbetriebnahme der Isofluran-Betäubung wichtige DLG-Prüfung abgeschlossen. Das Gerät ist sehr sicher, und man kann damit schnell und intuitiv arbeiten. Die Kosten je Tier sind im Vergleich zur Immunokastration überschaubar gering.