Gut zu wissen
- Die Ammoniak-Emissionen eines Xaletto-Stalls sind niedriger als die eines konventionellen Strohstalls.
- Gegenüber einem Vollspaltenboden sind die Emissionen höher.
- Im Xaletto-Ferkelaufzuchtstall fallen gewichtsbezogen bis zu 80 % weniger Wirtschaftsdünger an.
- Puro-X von Big Dutchman ist das erste Abluftreinigungssystem für Schweineställe mit Stroheinstreu.
Rückblick: In profi 3/2019 berichteten wir über das Stroh-Warmstallsystem Xaletto von Big Dutchman. Das von einem Landwirt entwickelte System setzt auf eine anaerobe Strohrotte, die den Strohverbrauch und die Emission an Ammoniak reduzieren soll.
Da weder Jauche noch Gülle anfallen, soll das mit dem Futtermittelhersteller Bröring entwickelte System auch die Ausbringkosten für Wirtschaftsdünger mindern. Einen Beleg, ob und in welchem Ausmaß die Aussagen zutreffend sind, hatte man aber seinerzeit für uns nicht parat. Also versprachen wir erneut zu berichten, sobald neue Fakten vorliegen. Dies ist nun der Fall.
Danke an dieser Stelle an Henning Cloer aus 59457 Werl für die Möglichkeit zur Besichtigung seines neuen Xaletto-Aufzuchtstalls.
Strohstall von Big Dutchman: Messungen durch die Lufa
Um vergleichen zu können, wie hoch die Emissionen eines Xaletto-Stalls mit und ohne Abluftreinigung sind, beauftragte Big Dutchman die Lufa Nord-West mit Messungen gemäß DLG-Prüfrahmen „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“. Dafür wurden in zwei Abteilen des Teststalls á 273 Masttiere ein zweistufiger Abluftwäscher Typ Puro-X von Big Dutchman mit trockener Vorentstaubung installiert.
Dies waren die ersten Tests eines Abluftreinigungssystems für eingestreute Schweineställe. Geprüft wurde unter anderem die Minderung von Ammoniak Staub (PM 10/PM 2,5) Gesamtstaub, und Geruch sowie Keimen in der Abluft. Die Wintermessungen erfolgten von Januar bis März, die Sommermessungen von Juni bis August 2020. Gemessen wurde auch während des Ausmistens an zwei Oktobertagen.
Die gute Nachricht
Die Überreichung des Zertifikats steht zwar noch aus, doch: Mit der Abluftreinigung Puro-X von Big Dutchman steht Schweinehaltern demnächst die erste Abluftreinigungsanlage für eingestreute, zwangsbelüftete Schweineställe zur Verfügung.
Erfüllt wurde unter anderem die Prüf-Anforderung einer 70 %-igen Gesamtstaubabscheidung. Bei den Wintermessungen wurden Abscheideraten von 78 bis 91 % erfüllt, im Sommer wurden 86 bis 89 % erreicht. Die Obergrenze von 300 Geruchseinheiten je m3 Abluft wurde sowohl bei den Sommer- als auch bei den Wintermessungen erfolgreich unterschritten.
Bei den Messungen zum Abscheidegrad von Ammoniak aus der Abluft wurde die Mindestanforderung von 70 % durchweg erfüllt. Konkret wurde im Winter gut 94 % des Ammoniaks abgeschieden und im Waschwasser wiedergefunden. Bei den Sommermessungen waren es laut profi vorliegendem Prüfbericht knapp 81 %.
Die Menge des zu entsorgenden Waschwassers wurde mit 50 m3 ermittelt (bezogen auf 1 000 Mastplätze). Bemerkenswert ist, dass das Waschwasser zu 7,3 % mit Ammoniumstickstoff angereichert war, so dass es wie Ammoniumsulfat-Dünger (ASL) zu behandeln ist. Die Lösung ist in einem separaten Silo zu lagern, das zum serienmäßigen Lieferumfang gehört. Die Reinigungsanlage ist in einem Container mit 5,8 m3 Gesamtwäschervolumen eingebaut.
Die Untersuchungen zur Reduzierung von Bakterien im Gesamtstaub ergaben im Winter Abscheidegrade von 85 bis 99 %, im Sommer wurden 30 bis 99 % abgetrennt.
Xaletto vs. Vollspaltenboden
Abluftreinigungsanlagen sind mit mehr oder minder hohen Zusatzkosten verbunden. Wer als Schweinehalter auf ihn verzichten kann, wird deshalb seinen Aufzucht- oder Maststall möglichst ohne Abluftwäscher bauen wollen. Gegenüber den Genehmigungsbehörden ist es dann oft hilfreich, wenn ein Stall von Haus aus weniger Ammoniak emittiert.
Tatsächlich ging Big Dutchman 2019 davon aus, dass der Schadgasgehalt in der Stallluft aufgrund der vergleichsweise trockenen Strohmatratze reduziert sei — gegenüber einem herkömmlichen Stall mit Spaltenboden sogar um bis zu 30 %. Um zu sehen, ob diese Aussage Bestand hat, ließ Big Dutchman die Lufa Nord-West auch die Emissionen ohne Abluftwäscher gemäß VERA-Prüfprotokoll ermitteln.
Ergebnis: Der Xaletto-Stall kommt auf Ammoniak-Emissionen von 3,12 kg je Tierplatz und Jahr (TP*a). Das ist kein schlechter Wert, vergleicht man diesen mit einem konventionellen, zwangsbelüfteten Strohstall. Hier betragen gemäß VDI 3894 die Ammoniakemissionen 4,86 kg/TP*a, also fast 1,8 kg bzw. 50 % mehr.
Aber: Erhalten die Tiere im konventionellen Festmiststall ebenfalls ein N/P-reduziertes Futter, gehen die Emissionen mit 3,89 g/TP*a deutlich zurück. Doch bleibt ein Vorteil von 20 % für den Xaletto-Stall.
Nun der Vergleich mit einem konventionellen Vollspaltenboden-Stall: Ohne N/P-reduziertes Futter werden hier 3,64 kg/TP*a emittiert. Mit N/P-reduziertem Futter sind es 2,91 kg/TP*a. Damit ist der Xaletto-Stall mit gemessenen 3,12 kg/TP*a nicht besser, sondern um 7 % schlechter als ein konventioneller Stall mit Vollspaltenboden.
Weniger Mist
Grund zum Feiern haben Big Dutchman und der Kooperationspartner Bröring dennoch. So wurde im Juni 2020 das Xaletto-System durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen als „Strohhaltungssystem ohne
Jauche“ anerkannt. Dem vorausgegangen war eine Untersuchung von drei Aufzuchtgängen, unter anderem mit Berechnungen zur anfallenden Menge an Mist. Laut Bericht fallen bei der Aufzucht von Ferkeln (8 bis 28 kg) für jedes kg Gewichtszunahme 1 kg Mist an, also 20 kg Mist je 28-kg-Ferkel.
Der Strohverbrauch in der Aufzucht wurde mit 4 kg je Ferkel ermittelt. In Relation zum Futter ergibt sich ein Verbrauch von 1 kg Stroh je 7,5 kg Futter. Ursprünglich ging Big Dutchman von 1 kg Stroh auf 10 kg Futter aus. Die gute Nachricht: Statt 95,2 kg Stroh je Aufzuchtplatz, wie der Verbrauch laut Kammerbezirksstelle Oldenburg-Süd für einen konventionellen Strohstall normalerweise angesetzt wird, erlaubt das Xaletto-System mit 27,8 kg je Platz eine Reduzierung des Verbrauchs um bis zu 70 %.
Der Anfall an Mist je Ferkelaufzuchtplatz wurde von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit 135 kg im Jahr ermittelt (bei 140 kg Zuwachs je Aufzuchtplatz). So fallen jedes Jahr pro 1 000 Aufzuchtplätze hochgerechnet 135 t (umgerechnet sind das 180 m3) Festmist ohne Jauche an.
Zum Vergleich: Für einen konventionellen Ferkelaufzuchtstall mit Vollspaltenboden kalkuliert man aktuell einen jährlichen Gülleanfall von 0,7 m³ je Platz (8 bis 28 kg). Bei 1 000 Aufzuchtplätzen sind das theoretisch 700 t Gülle im Jahr. Auf das Gewicht bezogen fallen beim Xaletto-System somit 80 % weniger Wirtschaftsdünger gegenüber einem Ferkelstall mit Güllesystem an.
In ihrem Abschlussbericht schlussfolgert die Landwirtschaftskammer Niedersachsen deshalb, dass das Xaletto-System sehr gute Ergebnisse liefern kann. Die Verfasser des Papiers geben aber auch zu Protokoll, dass die Ergebnisse lediglich auf drei Aufzuchtdurchgängen beruhen und noch erheblicher Forschungsbedarf zur Beantwortung einer langen Reihe weiterer Fragen besteht.
Wie geht es weiter?
Big Dutchman sieht in den Untersuchungsergebnissen die Bestätigung für die Praxistauglichkeit von Xaletto und wird das System daher mit Vehemenz weiterentwickeln. Zusammen mit Landwirten erstellt das Unternehmen aktuell neue Ställe oder baut Altgebäude um. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion zur Tierhaltung ist das Praktikerinteresse mit mehr als 20 laufenden Genehmigungsverfahren respektabel groß.