Gut zu wissen
- Wie der 1000er Fendt hat jetzt auch der 900er einen MAN-Motor und das neue Stufenlos-Getriebe ohne Fahrbereichswechsel.
- Leistung und Verbrauch liegen trotz Abgasstufe V unter den Top 3 dieser Liga (mit Abgasstufe IV).
- Viele Details wie z. B. die voll integrierte Rüfa oder das doppeltwirkende Heckhubwerk hat Fendt nach wie vor als Alleinstellungsmerkmal.
Die Überschrift „Kleiner Bruder“ beim Fahrbericht (profi 8/2019) war der Tatsache geschuldet, dass der neue 900er Vario nicht nur beim Design, sondern auch bei der Technik viel mit dem 1000er Vario gemein hat. So setzt Fendt jetzt auch beim 900er auf einen MAN-Sechszylinder, allerdings mit 9 statt 12,4 l Hubraum. Und anders als beim 1000er Vario sitzt der Kühlerlüfter beim 900er saugend hinter den Kühlern. Das bedeutet weniger Bauaufwand; außerdem ist der 900er im Gegensatz zu seinem großen Bruder mit Frontzapfwelle zu haben.
Das MAN-Aggregat hat Vierventiltechnik, eine CommonRail-Einspritzung mit 2 500 bar sowie eine variable Turbolader-Geometrie mit gekapseltem Gestänge. Dank Partikelfilter (DPF) sowie Dieseloxidationskatalysator (DOC) und SCR-Katalysator, aber ohne Abgasrückführung, erfüllt der Motor die Abgasstufe V. Zudem arbeitet er mit dem bekannten Niedrigdrehzahlkonzept. Das heißt, im Bereich von 1 500 bis 1 700 U/min liegt immer die volle Leistung an.
Natürlich haben wir beim DLG-Testzentrum in Groß-Umstadt nachmessen lassen, wie viel von den angegebenen 305 kW/415 PS (Nennleistung nach ECE-R 120) hinten ankommen. Und tatsächlich: Schon bei nur 1 500 Touren liegen am ZW-Stummel fast 270 kW an. Das steigert sich „nur“ noch auf knapp 277 kW/377 PS bei der Nenndrehzahl von 1 700 Touren. Dementsprechend fällt auch der Drehmomentanstieg mit nicht mal 17 % sehr bescheiden aus.
Fendt Vario 942: Keine Überleistung, kein Boost
Diese Charakteristik ohne Überleistung und Boost kennen wir bereits vom 1000er Vario, der ebenfalls konsequent auf das stufenlose Getriebe abgestimmt ist: Der Motor kann z. B. bei 1 500 Touren konstant arbeiten, während das Getriebe die Schwankungen im Leistungsbedarf durch Geschwindigkeitsänderungen ausgleicht. Und über 1 800 Nm Drehmoment bis hinunter auf 1 200 Touren sorgen für die nötige „Standfestigkeit“ auch bei schweren Zapfwellenarbeiten.
Die niedrigen Drehzahlen resultieren in Rekorden beim Verbrauch: Nur 211 g/kWh (+23,7 g/kWh AdBlue) bei maximaler Zapfwellenleistung sind Spitze in dieser Liga! Entsprechend gespannt waren wir auf die Ergebnisse der praxisnahen Powermix-Messungen auf dem DLG-Rollenprüfstand: Mit einem Gesamtverbrauch von nur 237 g/kWh (+ 32 g/kWh AdBlue) spielt der 942 Vario auch hier ganz vorne mit.
Damit ist er etwa 15 % sparsamer als das Mittel aller bisher getesteten Traktoren und muss sich nur dem 1050 Vario (233 g/kWh) geschlagen geben. Auch der John Deere 8400R spielt mit einem Verbrauch von 238 g/kWh und nur 9 g/kWh AdBlue in dieser Liga mit, erfüllt aber nur die Abgasstufe IV. Außerdem hatte der John Deere ein Schaltgetriebe, das bei den (schweren) Zug- und Zapfwellenarbeiten für einen Vorsprung sorgt, den der 942 Vario mit deutlichen besseren Werten bei den „gemischten Arbeiten“ sogar fast wieder ausgleichen kann.
Spätestens wenn man aber die Transportarbeiten berücksichtigt, zeigt sich der Fendt 942 Vario von seiner besten Seite: Sensationell niedrige 383 g/kWh bei 40 km/h sind super (auch wenn immerhin 45 g/kWh AdBlue hinzukommen). Hier waren es beim 8400R z. B. 428 g/kWh (+ 14 g/kWh AdBlue).
Zieht mehr als der Vorgänger
Womit wir zur Zugleistung des Testtraktors kommen, der mit dem gleichen Getriebe ausgestattet ist wie der 1000er Vario. Vor dem DLG-Bremswagen hat der 942 Vario maximal genau 241,1 kW gezogen. Das sind über 15 kW mehr als seinerzeit beim Fendt 939 (profi 8/2015). Aber es sind auch deutlich weniger, als der Claas Axion 960 (259,4 kW) oder der John Deere 8400R (275,1 kW) vor dem Bremswagen gerissen haben.
Dass der Wirkungsgrad aber auch bei Zugarbeit passt, beweist der spezifische Dieselverbrauch: Mit 244 g/kWh gehört der 942 Vario zu den Top 3 in dieser Liga, wobei man auch hier den vergleichsweise hohen AdBlue-Verbrauch von mehr als 30 g/kWh berücksichtigen muss.
TA300 (statt TA400 im 1000er Vario) heißt das Getriebe übrigens, da die Größe der Hinterachse und das Drehzahlniveau auf den 900er abgestimmt sind. Entsprechend muss jetzt auch beim 900er kein Fahrbereich Acker/Straße mehr gewechselt werden, und es gibt das geniale Allradkonzept, wie wir es vom 1000er kennen (profi 10/2017). Was die Zapfwelle angeht, sind für den 900er nach wie vor maximal zwei Drehzahlen möglich: entweder 540E/1 000 oder 1 000/1 000E.
Auch beim 900er ist es Fendt mal wieder perfekt gelungen, die Motor- und Getriebesteuerung in Einklang zu bringen. Egal, ob auf dem Acker oder auf der Straße — das ganze Fahrverhalten ist ein Gedicht. Einzig der Wechsel zwischen der Fahrhebel- und Fahrpedal-Bedienung ist in unseren Augen nach wie vor unnötig kompliziert.
Hydraulik und Hubwerk super
Ein getrennter Getriebe-/Hydrauliköl-Haushalt mit 90 l entnehmbarer Ölmenge sowie auf Wunsch zwei Axialkolbenpumpen mit getrennten Ölkreisläufen und Steuergeräte mit einem Durchfluss von 140 l/min (optional sogar 170 l/min) sind nur einige Beispiele dafür, dass Fendt auch in Sachen Hydraulik in einer eigenen Liga spielt. Wir würden uns nicht wundern, wenn Fendt schon bald auch zwei getrennte „Power beyond“-Kreise installiert.
Serienmäßig fördert die Axialkolbenpumpe 165 l/min, optional sind es (für gerade einmal 900 Euro mehr) 220 l/min (wie beim Testschlepper) oder gar zwei Pumpen mit zusammen 430 l/min. In der Testausstattung hat die DLG an den Anschlüssen 225,5 l/min bei über 66 kW nutzbarer hydraulischer Leistung gemessen — sehr gut!
Ebenfalls ein „sehr gut“ verdient das Hubwerk: Mit über 8,6 t durchgehender Hubkraft bei nahezu 85 cm Hubwerk gibt es genauso wenig zu meckern, wie bei den Seitenstabilisatoren — fast 50 Jahre alte Technik, der aber nach wie vor niemand das Wasser reichen kann. Trotzdem würden wir in dieser Liga immer 1 350 Euro für die noch komfortablere hydraulische Stabilisierung investieren. Denn auch hier hat Fendt eine Lösung parat, die selbst bei 900er Reifen mit dem Platz klarkommt. Genauso sind die Marktoberdorfer nach wie vor die Einzigen, die das doppeltwirkende Heckhubwerk im Programm haben.
Bleiben zwei Wermutstropfen: Zum einen verzichtet Fendt auch im 900er bei der Zugwiderstandsregelung auf Kraftmessbolzen und nutzt den Getriebeöldruck samt GPS-Daten als Regelgröße. Das bedeutet, dass die einfache „Power“Ausführung ohne GPS keine Zugwiderstandsregelung hat.
Zum anderen gelingt es den Marktoberdorfern nicht, die Handhabung des bleischweren hydraulischen Oberlenkers zu vereinfachen und das Zugmaul bei montiertem Oberlenker ausbauen zu können. Zumindest für den Oberlenker soll es schon bald eine Lösung geben — wir sind gespannt!
Bekannte Kabine und...
Bei der Kabine müssen wir uns erst dem Aufstieg widmen. Wie beim 1000er handelt es sich um eine echte „Freitreppe“ mit 45 cm breiten Stufen. Oben angekommen fühlt sich der Fendt-Fahrer sofort heimisch, da sich am Interieur sowie der Bedienung wenig geändert hat.
Die neue Fendt One-Bedienung wird vorerst nur in den Serien 300 und 700 Einzug halten. Es gibt aber auch beim 900er viele Details, wie das Infotainment-Paket mit Digitalradio, vier Lautsprechern, Subwoofer und acht Mikros, die Spaß machen (aber leider auch mit 2 770 Euro in der Liste stehen). Genauso findet man praktische Dinge, wie das „TI Headland“, das ein komplett automatisiertes Wenden am Feldende ermöglicht — wenn man sich „eingefuchst“ hat und die Flächen nicht nur Ausläufern haben. Denn für den „U-Turn“ direkt in die nächste Spur sind deutlich über 20 m Vorgewende nötig.
...bester Fahrkomfort
In Sachen Fahrkomfort können wir dem 900er ebenfalls beste Noten ausstellen. Im Unterschied zum 1000er steht die Kabine zwar nach wie vor auf drei statt vier Federpunkten, hatte aber die pneumatische Komfortfederung (1 747 Euro).
Kritik üben wir da eher an den Lenkgeräuschen unseres Testtraktors. Und auch die von der DLG gemessenen 73 dB(A) unter Last sind kein Rekord in Sachen Lärmdämmung. Trotzdem ist das Gefühl, mit 60 km/h bei weniger als 1 500 Touren „dahinzugleiten“ sensationell.
Eher für Rekorde taugt da die auf LED umgestellte Beleuchtung mit Leuchtweitenregulierung für das Fahrlicht und 66 000 Lumen rundum. Dank der guten Verstellmöglichkeiten und unterschiedlicher Streugläser macht man so die Nacht zum Tag, muss allerdings auch rund 7 000 Euro für die Vollausstattung investieren.
Apropos Nacht: Eine dritte Bremsleuchte oben im Dach (die auch beim Verzögern per Fahrhebel leuchtet) oder Blinker auf den Warntafeln sind genauso Highlights, wie die teleskopierbaren Rückspiegel für 620 Euro extra, die per Tastentipp gleichzeitig eingezogen werden können.
Fast 13 t Leergewicht
Mit 12 795 kg in Testausstattung ist der 942 kein Leichtgewicht. Damit hat er fast 2 t im Vergleich zum „alten“ 900er zugelegt, bleibt aber noch eine 1 t unter dem 1000 Vario. Bei 17 t zul. Gesamtgewicht (60 km/h) bleiben so nur gut 4,2 t Nutzlast. Gut, dass Ausnahmegenehmigungen für 19 t (50 km/h) bzw. 20 t (40 km/h) möglich sind.
Einer der Gründe für das Mehrgewicht ist — dank 3,15 m Radstand (bisher 3,05 m) — die Möglichkeit, 2,20 m hohe Hinterräder aufziehen zu können. Auch gibt es keine Einschränkungen für bis zu 75 cm breite Zwillinge hinten (60 cm vorne). Und natürlich ist auch der neue 900er mit Radgewichten bis 1 t pro Seite sowie Reifendruckregelanlage VarioGrip zu haben. Der Zweizylinder-Kompressor mit 720 cm3 ist wassergekühlt, und die Anlage arbeitet jetzt mit 12,5 bar, um auf die Luftkessel in den Radkästen verzichten zu können. Eine bittere Pille ist aber der Listenpreis von stolzen 15 600 Euro!
Ölwechsel nur alle 1 000 h
In Sachen Wartung gibt es Lob für die wechselbaren Ölfilter-Einsätze sowie das Wechselintervall von 1 000 h für das Motoröl. Jedoch passen immerhin 43 l Öl in die Wanne des Sechszylinders. Schade nur, dass die Elektronik den Verschmutzungsgrad des Luftfilters anzeigt, aber nicht automatisch den Ölstand ermittelt. Stichwort Luftfilter: Er saugt unter der Haube nur noch von oben an, damit kein Dreck vom Umkehrlüfter in den Ansaugbereich gerät.
Die Codierung für den Zündschlüssel gab es ja bereits seit Längerem optional. Jetzt bekommt der Traktor dazu dann auch einen individuellen Schließmechanismus, einheitlich für Türen, Tank, Haube und Zündschloss. Hoffen wir nur, dass diese Ära nicht Jahrzehnte Bestand hat und bald von einem Zugang ganz ohne Schlüssel abgelöst wird.
1 000 Euro pro PS
Womit wir bei den Preisen wären: In der einfachsten „Power“-Version gibt es den 942 Vario ab rund 341 000 Euro (alle Preise plus MwSt.). In der „ProfiPlus“-Version mit großem Multifunktionsgriff, großem Terminal sowie den Basispaketen für die Maschinensteuerung, Spurführung und Telemetrie sind es schon 362 500 Euro.
Hinzu kommen dann noch Dinge wie z. B. Frontkraftheber (4 900 Euro), drei zusätzliche Steuerventilen (6 200 Euro) sowie VarioGuide RTK mit NovaTel-Antenne für 5 600 Euro und 900er IF-Bereifung für rund 5 000 Euro. Unterm Strich sind so für den 942 Vario in Testausstattung 414 900 Euro fällig — 1 000 Euro pro PS!
Die Liebe zum Detail
An vielen Stellen hat auch der 900er Fendt praktische Details, die ziemlich einzigartig sind. Hier ein paar Beispiele.
Fazit
Fazit
Mit der sechsten Generation der 900er Serie ist Fendt in Sachen Motor und Getriebe ein Quantensprung gelungen. Hinzu kommen die zahlreichen Kleinigkeiten, die die Arbeit mit dem Dieselross im Alltag zum Vergnügen machen. Leider gilt das nicht für den Preis: Fast 415 000 Euro in Testausstattung sind alles andere als ein Schnäppchen — und 65 000 Euro mehr, als der 939 Vario im Test vor fünf Jahren gekostet hat. Auch ein Quantensprung!