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profi damals: Eicher - Alles Hoffen war vergebens

Eine lange Tradition und ein guter Ruf zeichnen Eicher-Traktoren auch heute noch aus. Dennoch konnten auch die mehr als 100.000 Traktoren im praktischen Einsatz und die teils gewaltigen Anstrengungen der letzten 15 Jahre nicht verhindern, dass der bayerische Hersteller den Kampf ums Überleben verlor: Eicher ist pleite.

Ein Bild aus vergangener Zeit: 1964 bot Eicher neben Schleppern auch selbstgebaute Eicher-Ladewagen an. Heute ist die Fertigung auch der Schlepper (kleines Bild) stillgelegt. (Bildquelle: Archiv profi)

Die Luft war raus

Aus profi 6/1992
Über 30 Jahre ist es her, dass mit Eicher einer der wohl erfolgreichsten deutschen Schlepperhersteller Konkurs anmelden musste.
In seiner Blütezeit gehörte Eicher in der deutschen Traktorenindustrie zu den ganz Großen im Markt. 1936 wurde von den Brüdern Josef und Albert Eicher der erste Eicher-Schlepper konstruiert, 1954 wurde der Eicher-Schlepper Nr. 25.000 gebaut, schon 1965 erreichte der Eicher-Bestand im Markt die magische Zahl 100.000. Der bayerische Schlepperhersteller lag mit jährlich über 7.000 verkauften Neuschleppern auf Platz 4 der deutschen Zulassungsstatistik, etwa 2.000 Mitarbeiter produzierten jährlich bis zu 9.000 Schlepper auf den Montagebändern im bayerischen Forstern. Die luftgekühlten Eicher-Motoren setzten Maßstäbe in der Landtechnik.
Eicher übernahm 1968 von der einstigen Hans Glas GmbH die Firma Isaria und baute in dem von BMW gekauften Isaria-Werk in Dingolfing Drillmaschinen, die noch 1982 einen Marktanteil von 25 % hatten.
Eicher organisierte eigene Maschinenvorführungen in ganz Deutschland und im benachbarten Ausland, und im heimatlichen Freistaat Bayern kam an Eicher keiner vorbei. Die großen – und durchaus modernen - Produktionshallen am Wiesenweg 22 in Landau zeugen noch heute von dieser Vergangenheit.
Doch das ist auch so ziemlich das Einzige, was geblieben ist. Und selbst die Produktionshallen gehören Eicher heute nicht mehr. Hier ist die Firma Einhell eingezogen und vertreibt Pkw-Anhänger, fünf Traktoren standen in den letzten Monaten verloren vor dem großen Eicher-Verwaltungstrakt. 280 bis 300 Schlepper hoffte man in Landau 1991 zu verkaufen. Tatsächlich waren es dann jedoch nur 187 Traktoren, Eicher hielt damit 1991 noch Platz 18 der gesamtdeutschen Schlepper-Zulassungsstatistik.
Am 6. März 1992 kam dann das Aus: Nachdem sich der Hamburger Multi-Unternehmer Ulrich Harms als Eigner weigerte, weitere Millionen "in den Landauer Sand zu setzen" (so beschrieb es die Landauer Tageszeitung), kündigte die Hausbank Ende Februar einen mehrere Millionen Mark umfassenden Kredit. Eicher-Geschäftsführer Peter Hering musste beim Amtsgericht Landau den Konkurs anmelden. Und muss nun fürchten, dass sogar der Konkursantrag abgelehnt wird - mangels Masse.
Schuld daran ist allerdings nicht das Produkt. Der luftgekühlte Eicher-Motor mit den charakteristischen halbrunden Ventilatorgehäusen an jedem Zylinder genießt selbst heute noch einen guten Ruf, auch wenn sich der Geldmangel und die fehlende Weiterentwicklung des Schleppers in den letzten Jahren bemerkbar machten. Nein, schuld am Ende von Eicher sind vielmehr Fehler im Management des Unternehmens. Manche davon wurden sicherlich auch in den letzten Jahren mal gemacht, die meisten Fehl-Entscheidungen fielen jedoch schon vor 10, 20 oder gar 30 Jahren.
Anfang der siebziger Jahre beispielsweise. Schon damals war der Motor das Herz des Eicher-Schleppers nicht nur beim Antrieb, sondern auch im Verkauf. Dem Motor gehörte stets die Aufmerksamkeit der Konstrukteure. Als ZF deshalb Ende der sechziger Jahre die Fertigung der kleinen Traktorengetriebe einstellen wollte und Eicher einen neuen Getriebelieferanten brauchte, wurde der Gedanke an eine hauseigene Getriebeentwicklung schnell wieder verworfen.
Dabei hätte ein eigenes Eicher-Getriebe vermutlich eine noch größere Produktidentität bewirkt und die erreichten Marktanteile...

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