Letzter Kraftakt
Aus profi 9/1991
Es war ein letzter Versuch, Eicher am Leben zu halten. Doch auch diese Kooperation konnte die Marke nicht retten.
Warum, so fragen viele Eicher-Fans, haben die neuen Eicher-Schlepper keinen Eicher-Motor? Dann wäre zumindest das wichtigste Eicher-Merkmal geblieben! – Eicher hat sich selbst viel Mühe gegeben, diese Idee zu realisieren. Der Prototyp der neuen Baureihe, der auf der Agritechnica 1989 in Frankfurt gezeigt wurde, hatte auch noch den Dreizylinder-Eicher-Motor mit individueller Luftkühlung.
Diese Lösung wurde jedoch wegen der kleinen Stückzahlen zu teuer. Die neuen Eicher-Schlepper sind technisch identisch mit den Traktoren von Hürlimann. Eicher macht daraus kein Geheimnis, das hätte allerdings auch keinen Sinn: wer die Schlepper der SLH -Gruppe kennt, sieht den neuen Eicher-Typen die Herkunft an. Anders ist nur die Farbe und ein Teil der Serienausstattung.
Damit ist auch der Eicher-Motor aus diesem Schlepper verschwunden. Die vier neuen Eicher-Typen von 51 kW/70 PS bis 67 kW/103 PS haben alle den wassergekühlten Vierzylinder-Motor mit 4 Liter Hubraum, der auch in den gleichen Typen von Lamborghini und Hürlimann steckt. Eine Besonderheit bei diesen Motoren ist die Kraftstoffeinspritzung: Jeder Zylinder hat seine eigene (Bosch-)Pumpe.
Mit Hilfe eines Abgasturboladers von KKK schafft der 2090 A eine Leistung von 65 kW/88 PS. Der Motor ist drehfreudig und liegt mit 30,8 % Drehmomentanstieg deutlich über dem Durchschnitt. Der Drehzahlabfall ist mit 46 % reichlich.
Die Betätigung des Kupplungspedales gefiel uns allerdings nicht. Das Pedal ist zu hoch, der Pedalweg zu lang. Auch die beiden Bremspedale sind recht hoch angeordnet. Der Fuß muss weit angehoben werden. Die Bremskraft gefiel uns dagegen gut: Die Scheibenbremsen im Ölbad sowohl vorne als hinten werden hydraulisch betätigt und sind sehr wirksam.
Auch das Fußgaspedal war uns zu hoch: Erst ab 1 500 Motorumdrehungen liegt der rechte Fuß angenehm auf dem Pedal. Kritik gab es auch am Handgas: Es ist zu weit vom Fahrer entfernt, die Bewegungsrichtung ist genau umgekehrt als normalerweise.
40 Gänge vorwärts und 40 Gänge rückwärts hat der Schlepper serienmäßig. Die 30/30-Version wird nur für den kleinsten Typ 2070 mit 51 kW /70 PS und Hinterradantrieb angeboten. Die Kriechgruppe gehört zur Serienausstattung, obwohl sie auf dem Gangschalthebel nicht angegeben wird. Mit der (Pirelli-)Bereifung 18.4 R 34 liegt der niedrigste Gang bei 0,36 km/h, der schnellste bei 38,8 km/h. Über die gut synchronisierte Wendeschaltung lässt sich jeder Gang vorwärts wie rückwärts fahren, die Rückwärtsgänge sind 4 % schneller.
Auch der Gangschalthebel ist gut synchronisiert, er ist noch besser erreichbar als der Wendeschalthebel. Viel Fahrkomfort bringt der Kippschalter für die zweistufige Lastschaltung oben am Gangschalthebel. Damit lässt sich jeder Gang um 17 % beschleunigen. Auffallend angenehm ist der weiche Übergang von einer Lastschaltstufe in die andere.
Der Gruppenschalthebel ist unsynchronisiert, vor allem beim neuen Schlepper lässt er sich zu schwer schalten. In der Praxis wird man diesen Hebel allerdings selten brauchen, weil sich die Gruppen überlappen und der erste Gang der Transportgruppe bei 9,6 km/h beginnt.
Mit 9 m hat der 2090 einen kleinen Wendekreis. Wenn die Vorderräder anstatt der 1,65 m Breite auf 1,50 m stehen, wird der Wendekreis allerdings größer. Wir hatten die Bereifung 16.9 R 24 (ebenfalls von Pirelli) auf der Vorderachse; mit kleineren Rädern und ohne Kotflügel können die Begrenzungsbolzen für den Lenkeinschlag entfernt werden, und der Wendekreis liegt wieder bei den 9 m.
Die Lenkung von ZF ist direkt und reagiert feinfühlig, das Lenkrad lässt sich in Höhe und Neigung verstellen. Beide Verstellungen könnten allerdings einfacher gelöst sein, größere Fahrer würden sich über einen weiteren Verstellbereich vor allem in der Lenkradhöhe sicher freuen.
Die Sicht nach vorn und zu den Seiten ist gut, die Sicht nach hinten gefiel uns prima. Die recht große Scheibe hinter dem Sitz ist beim Ankuppeln von Anbaugeräten ebenso hilfreich wie bei der Suche nach den richtigen Ölanschlüssen für die Steuerventile: Die Reihenfolge in der Kabine entspricht nämlich nicht der Reihenfolge der Anschlüsse im Schlepperheck. Die Außenspiegel sitzen leider immer noch zu dicht an der Kabine, die Sicht durch den Spiegel nach hinten ist dadurch eingeschränkt. Der Ein- und Ausstieg in die Kabine ist etwas kompliziert, weil sich die Türen nicht weit genug öffnen.
Viele Funktionen im Eicher 2090 lassen sich mit Drehschaltern oder Druckknöpfen bedienen. Wie die Lastschaltung werden auch die Differentialsperren (in Hinter- und Vorderachse gleichzeitig), der Allradantrieb und die Zapfwelle per Knopfdruck betätigt, Differentialsperre und Allrad können auch unter Last geschaltet werden. Die Zapfwelle hat sowohl die 540er als auch die 1000er Drehzahl, beide Drehzahlen sind auch als Sparzapfwelle mit 750 und 1250 Umdrehungen vorhanden. Zusätzlich hat der Eicher 2090 eine separate Wegzapfwelle mit eigenem Stummel. Im Schlepperheck sind die unterschiedlichen Funktionen jedoch nicht erkennbar, die beiden Zapfwellenstummel sind darüber hinaus identisch. Damit die Urlaubsvertretung oder der Nachbarssohn keine Fehler machen, empfehlen wir, die Schutzhülse immer auf dem unteren Stummel für die Wegzapfwelle zu lassen.
Mit Hilfe der zwei serienmäßigen Zusatzhubzylinder hebt der Kraftheber 4700 daN (4800 kg). Für einen Schlepper in dieser Leistungsklasse reicht das aus. Das gilt auch für die 42,5 l Pumpenleistung und den maximalen Druck von 180 bar im Hydrauliksystem.
Das bleibt festzuhalten: Eicher hat in der Mittelklasse von 70 bis 103 PS einen attraktiven Schlepper im Markt. Die Technik dieses Traktors ist von der SLH-Gruppe bekannt und gibt es jetzt auch in Eicher-Blau: Einen modernen Motor, ein feinstufiges Getriebe und viele elektrohydraulische Funktionen. Die Kabine ist modern, im Gegensatz zu den Schleppern von Same und Lamborghini bietet Eicher die Baureihe 2000 serienmäßig mit der zweistufigen Lastschaltung an.
Kritikpunkte fanden wir beim Fahrbericht hauptsächlich in der Ergonomie: Die Pedal- und Lenkradanordnung könnten besser sein, auch der Ein- und Ausstieg ließe sich noch vereinfachen. Den treuen Eicher-Fahrern wird der luftgekühlte Motor fehlen. Aber das wäre zu teuer geworden.
profi Daten-Kompass
Eicher 2090 A
Motor:
Vierzylinder-Motor mit 4000 cm3 Hubraum, 65 kW/88 PS bei 2500 Motorumdrehungen, maximales Drehmoment 322 Nm bei 1 350 Umdrehungen, Drehmomentanstieg 30,8 % bei einem Drehzahlabfall von 46 %.
Getriebe:
Fünfgang-Synchrongetriebe mit zweistufiger Lastschaltung am Gangschalthebel, synchronisiertes Wendegetriebe, unsynchronisiertes Gruppengetriebe, 40 Vorwärts- und 40 Rückwärtsgänge, 10 Gänge im Hauptarbeitsbereich von 4 bis 12 km/h, Endgeschwindigkeit 40 km/h.
Zapfwelle:
Elektrohydraulische lastschaltbare Zapfwelle mit 540/1000 Umdrehungen, Sparzapfwelle mit 750/1250 Umdrehungen, Wegzapfwelle mit eigenem Zapfwellenstummel.
Hubwerk und Hydraulik:
Unterlenkerregelung Kategorie II mit Schnellkuppler, 4700 daN (4800 kg) Hubkraft. Hydraulik mit 42,5 l Pumpenleistung pro Minute und einem Arbeitsdruck von 180 bar.
Achsen:
Vorderachse mit mittigem Frontantrieb, 50° Lenkeinschlag, Differentialsperre kombiniert mit Hinterachse elektrohydraulisch zuschaltbar. Standardbereifung vorne 16.9 R 24 (14.9 R 24, 13.6 R 28, 12.4 R 28), hinten 18.4 R 34 (16.9 R 34, 14.9 R 38, 13.6 R 38). Leergewicht 3 500 kg, zulässiges Gesamtgewicht 5 790 kg, Nutzlast 2 290 kg.
Preis:
In Grundausrüstung ohne Mehrwertsteuer 76 600 DM.