Schlüter: Neuer Trac, neue Zukunft?
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Wenn in der Branche über Schlüter diskutiert wurde, lag stets Wehmut in der Luft. Die großen Zeiten dieses Unternehmens schienen vorbei, und alle Welt wartete nur noch auf die Meldung, dass Firmenchef Dr. Anton Schlüter, der in diesen Tagen sein 75. Lebensjahr vollendete, seine Fabrik an die Kirche verkauft... Weit gefehlt. In aller Stille brütete die kleine, aber aktive Mannschaft um Dr. Schlüter und seinen Entwicklungs-Chef Oberingenieur S. Leutner ein völlig neues Trac-Konzept aus, das nicht nur den Markt für Trac-Schlepper umkrempeln soll, sondern auch das Unternehmen selbst seit gut einem Jahr in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt: Wenn Schlüter schnell genug ist, kann der Eurotrac nicht nur auf Resonanz in der Praxis hoffen, sondern auch den insgesamt 250 Mitarbeitern in Freising ihre Arbeitsplätze für die Zukunft sichern helfen.
Mit diesem Coup würde Schlüter wieder einmal beweisen, was konservative Gemüter schon immer behaupteten: Ein Familienunternehmen kann - gut geführt - schlechte Zeiten besser überstehen und gute Ideen schneller realisieren als so mancher multinationale Konzern mit viel Geld. Denn die Firma Schlüter erlebte in den 90 Jahren ihrer Existenz eine überaus wechselvolle Geschichte, in der mehr als einmal nur der Ideenreichtum und die Beharrlichkeit ihrer Besitzer ein Überleben gegen die Konkurrenz im hart umkämpften Landtechnikmarkt ermöglichte.
Im Jahre 1899 wurde das Motorenwerk Schlüter in München gegründet. Gründer war Anton Schlüter, der Großvater des jetzigen Firmenchefs, ein geborener Westfale und gelernter Schlosser, der sich nach zehn Jahren Wanderschaft durch Deutschland in München niederließ und im Hinterhof eines Wohn- und Geschäftshauses eine Werkstatt eröffnete.
Zwölf Jahre später baute Anton Schlüter in Freising, dem Heimatort seiner Frau, eine Gießerei auf das Gelände einer stillgelegten Landmaschinenfabrik. 1914 kaufte er dann das Grundstück, auf dem jetzt noch die Schlüterwerke stehen, und baute dort bis 1917 die bayerische Motorenfabrik Anton Schlüter auf.
In den folgenden zwanzig Jahren gehörten Dieselmotoren und -aggregate zum Produktprogramm von Schlüter. Fahrbare Motoren für Dreschmaschinen, Notstromaggregate und Wasserpumpen wurden in den Balkan, nach Afrika und bis nach Südamerika exportiert.
Im Jahre 1937 entschloss Anton Schlüter senior (immer noch der Gründer der Firma) sich zum Bau von Schleppern. Ein Schlepper enthielt viel Guss (das kam der Gießerei zugute), die Schlüter-Dieselmotoren hatten einen guten Ruf, und die Verbindung mit der Landwirtschaft bestand ohnehin. Schlüter verwendete als einer der ersten Hersteller Dieselmotoren für Traktoren.
Im Alter von 82 Jahren übergab Anton Schlüter senior 1948 das Unternehmen an seinen ältesten Sohn, ein Jahr später verstarb der Gründer. Auch der jetzige Firmenchef Anton Schlüter stieg 1948 mit 33 Jahren in die Firma seines Großvaters ein. Als sein Vater nach nur zehnjähriger Leitung 1958 starb, übernahm Anton Schlüter das Unternehmen. Er leitet es seit nunmehr 32 Jahren bis zum heutigen Tag.
Die ersten Ideen des neuen Chefs galten 1958 den Großschleppern. Die größten europäischen Schlepper hatten gerade mal 50 PS, nur in den USA gab es schon Traktoren mit 100 und 120 PS Leistung - nach Schlüters Meinung eine Entwicklung, die auch in Deutschland stattfinden würde: "Zur Bodenbearbeitung im Juli/August wurden die Leute auf die Felder geschickt, und Weihnachten kamen sie dann wieder." Hier war ein Markt für größere Schlepper.
Er begann 1958 mit der Entwicklung von Großschleppern und konnte 1962 die ersten Schlüter-Schlepper mit 80 und 100 PS vorstellen. Es fehlte allerdings an Arbeitsgeräten und an Leuten, die sich für die großen Geschütze interessierten. Deshalb veranstaltete Schlüter im Mai 1964 den ersten Schlütertag in Freising - mit 100-PS-Schleppern und Geräten aus England und Frankreich. Mit Mühe und Not brachte er damals 60 Besucher auf die Beine, die Hälfte davon Professoren und Händler.
Doch das sollte sich schnell ändern. Die deutschen Landmaschinen-Hersteller bauten passende Pflüge und Bodenbearbeitungsgeräte für die bayerischen Großschlepper, und das Interesse der Praxis an den leistungsfähigen Traktoren wuchs. Der Schlütertag - anfangs zweimal jährlich, später nur einmal im Jahr wurde zu einer festen Einrichtung, die 20000 bis 25000 Besuchern den aktuellen Stand der Landtechnik vorführte. Und die Schlüter-Traktoren verkauften sich gut.
Schnell erkannten aber auch die Wettbewerber, dass mit den großen Schleppern Geld zu verdienen war. Wenn Schlüter mit 100-PS-Schleppern Erfolg hatte, entdeckte die Konkurrenz dieses Marktsegment für sich, und Schlüter musste auf 120 PS, auf 140 PS und auf 160 PS ausweichen. Dr. Schlüter über die sechziger und siebziger Jahre: "Ich bin mir oft vorgekommen wie ein Hase, der immer vor den großen Firmen davonläuft..."
Mitte der siebziger Jahre war dann eine Schallmauer erreicht. Das Segment bis 150 PS hatten alle Hersteller im Programm, und in der Leistungsklasse darüber bis 300 PS ist die Luft sehr dünn, für Schlüter wurde es schwierig.
Die Anregung, in dieser Zeit einen 500-PS-Großschlepper zu bauen, kam dann aus dem Osten. In Jugoslawien wollte man die Staatskombinate auf 50000 bis 100000 Hektar pro Betrieb ausdehnen und für jeweils 10000 Hektar Fläche zwei solche Großschlepper kaufen. Als der Schlüter-Schlepper mit 500 PS jedoch fertig war, fehlte das Geld im Osten, und aus diesem Geschäft wurde nichts.
Anton Schlüter musste sich ab 1975/76 nach anderen Marktnischen umsehen. Eine Idee waren technische Neuheiten, doch klappbare Kabinen und Schiebetüren allein waren für die Praxis nicht Anreiz genug. Und mit aufwendigeren Lösungen stieß Schlüter schnell an die Grenzen der eigenen Möglichkeiten, denn hier war er auf Lieferanten angewiesen. Und die waren als Großkonzerne oft genug nicht in der Lage, Schlüters Ideen so schnell in die Tat umzusetzen, wie es der agile Unternehmer brauchte: "Wir haben 1984 auf der DLG-Ausstellung die ersten Schlepper mit elektronisch gesteuertem Getriebe vorgestellt. Leider hat ZF als Getriebelieferant dann bis 1987 gebraucht, um unsere Getriebe in Serie zu bauen. Das war zu lange, denn inzwischen hatten wir beispielsweise in Schleswig-Holstein viele Geschäfte an die Konkurrenz verloren, weil wir mit unseren Neuheiten nicht rechtzeitig kommen konnten..."
Diese Abhängigkeit vom Lieferanten verringerte Schlüter, indem er das alte ZF -Getriebe mit einer eigenen Lastschaltung modernisierte. Damit konnten auch die Schlüter-Schlepper vor der Sämaschine arbeiten, ohne dass das Särad beim Schalten stehenblieb. "Wären wir damit schon 1985 gekommen, hätten wir dieses Marktsegment belegt!"
Mit "hätte" und "wäre" ist nun aber auch in der Landtechnik kein Blumentopf zu gewinnen. Das wusste auch Anton Schlüter, der mit seiner langen Erfahrung sicher zu den ganz alten Hasen im Geschäft gehört. Er beobachtete deshalb mit viel Interesse die Bemühungen um eine Landmaschinen-Union, die Mitte der achtziger Jahre auf Initiative von Daimler-Benz hinter verschlossenen Türen stattfanden. Neben Daimler-Benz (mit den MB-trac-Schleppern von 70 bis 150 PS) waren Fendt (Standardschlepper von 35 bis 185 PS), Claas (Erntemaschinen) und natürlich Schlüter mit den Schleppern oberhalb von 150 PS im Gespräch.
Im Herbst 1986 platzten die Unionspläne jedoch, und die Zusammenarbeit zwischen Daimler-Benz und Klöckner-Humboldt-Deutz nahm mit der Trac-Technik Gestalt an. Zunächst hatte Schlüter noch die Hoffnung, den Schlüter-Tracschlepper mit in diese Gesellschaft einbringen zu können und dort das Segment der Großtraktoren abzudecken. Doch das erwies sich dann schnell als unmöglich.
Also fasste der - zu jener Zeit immerhin schon 72jährige - Firmenchef einen verwegenen Gedanken: die Entwicklung eines komplett neuen Tracschleppers eigens für das Marktsegment von 80 bis 180 PS. Nicht als Weiterentwicklung der großen Trac-Schlepper von Schlüter nach unten, sondern tatsächlich neue Trac-Schlepper für den mittleren Leistungsbereich.
Doch zum neuen Trac-Schlepper gehört neben der guten Idee auch Geld. Die laufende Produktion der Schlüter-Traktoren trägt sich zwar selbst, konnte aber so teure Zukunftsplanungen nicht finanzieren. Also musste die Erbengemeinschaft Schlüter einspringen:
Die Erbengemeinschaft besteht aus drei gleichberechtigten Personen: Dr. Schlüter als Firmenchef, seinem Bruder (Pfarrer bei Berchtesgaden) und seiner Schwester (Studiendirektorin in einem Münchener Gymnasium). Ihnen gehören neben den Schlüterwerken in Freising weitere 10000 m2 Land in München (das ehemalige Fabrikgelände) und das Schlütergut in Freising (mit 130 Hektar Fläche, größtenteils Bauland).
Aus diesem Besitz finanzierte die Erbengemeinschaft die Entwicklungskosten des Eurotrac. Die Bewirtschaftung des Schlütergutes wurde 1987 eingestellt, 80 Hektar wurden als Grünzonen verkauft an den Freistaat Bayern mit der Auflage, diese Fläche nicht als Bauland zu verwerten. Die übrigen 50 Hektar wurden verpachtet an die Saaten-Union und andere Saatzuchtbetriebe, die auch die Durchführung des Schlütertages übernahmen.
Damit war die Finanzierung des Eurotracs - die Entwicklung kostete zwischen 15 und 20 Millionen Mark - gesichert. Von Anfang 1987 bis Anfang 1989 wurde der Eurotrac in nur zwei Jahren so weit fertiggestellt, dass er erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt werden konnte. Natürlich nur als Prototyp, aber immerhin als einsatzfähige Maschine, die sich mit Unterflurmotor, Wespentaille und dadurch engem Wendekreis trotz größerer Bereifung, Lastschaltung und Wendegetriebe sehen lassen konnte. Auch die Eurotrac-Schlepper auf der Agritechnica mit 80 PS als Vierzylinder, 130, 160 und 190 PS als Sechszylinder sind noch Vorserienmaschinen. Aber dennoch:
Schlüter hatte wieder einmal die Nase vorn und konnte als erster mit dem neuen Trac-Konzept in Eisen an die Öffentlichkeit treten. "Für die Serienproduktion und den Vertrieb brauchen wir fremde Hilfe, denn unser Umsatz und unser Vertriebsnetz sind dafür zu klein. Aber entwickelt haben wir den Eurotrac allein!"
Wenn es Schlüter gemeinsam mit Claas (siehe Kasten) gelingt, den Eurotrac ab Herbst 1990 in Serie zu produzieren, dann hat es Anton Schlüter geschafft. Auf dem Markt tut sich der Eurotrac gegen die Konkurrenz leichter, wenn er als erster antritt, und die Schlüterwerke in Freising haben wieder mehr zu tun. "Bis zu 500 Maschinen können wir hier pro Jahr zusätzlich bauen, ohne dass wir damit in Schwierigkeiten kommen..."
Wer Anton Schlüter kennt, respektiert ihn wegen seiner großen Erfahrung und seiner Weitsicht. Und seiner Aktivität. Als wir ihm bei unserem ersten Gespräch Anfang November anboten, er könne vertrauliche Äußerungen aus dem Protokoll streichen, winkte er ab : "Sie werden von mir wahrscheinlich mehr zu hören kriegen als von den meisten anderen Managern. Ich kann schließlich frei entscheiden und bin nur mir selbst und meinen Mitarbeitern verantwortlich."
Dass Schlüter frei entscheidet und im Interesse seines Unternehmens und seiner Mitarbeiter auch persönliche Risiken eingeht, das hat er in den letzten Jahren eindrucksvoll bewiesen. Man darf gespannt sein, wie sich sein Eurotrac gemeinsam mit dem neuen Claas-Engagement entwickelt.
In den folgenden zwanzig Jahren gehörten Dieselmotoren und -aggregate zum Produktprogramm von Schlüter. Fahrbare Motoren für Dreschmaschinen, Notstromaggregate und Wasserpumpen wurden in den Balkan, nach Afrika und bis nach Südamerika exportiert.
Im Jahre 1937 entschloss Anton Schlüter senior (immer noch der Gründer der Firma) sich zum Bau von Schleppern. Ein Schlepper enthielt viel Guss (das kam der Gießerei zugute), die Schlüter-Dieselmotoren hatten einen guten Ruf, und die Verbindung mit der Landwirtschaft bestand ohnehin. Schlüter verwendete als einer der ersten Hersteller Dieselmotoren für Traktoren.
Im Alter von 82 Jahren übergab Anton Schlüter senior 1948 das Unternehmen an seinen ältesten Sohn, ein Jahr später verstarb der Gründer. Auch der jetzige Firmenchef Anton Schlüter stieg 1948 mit 33 Jahren in die Firma seines Großvaters ein. Als sein Vater nach nur zehnjähriger Leitung 1958 starb, übernahm Anton Schlüter das Unternehmen. Er leitet es seit nunmehr 32 Jahren bis zum heutigen Tag.
Doch das sollte sich schnell ändern. Die deutschen Landmaschinen-Hersteller bauten passende Pflüge und Bodenbearbeitungsgeräte für die bayerischen Großschlepper, und das Interesse der Praxis an den leistungsfähigen Traktoren wuchs. Der Schlütertag - anfangs zweimal jährlich, später nur einmal im Jahr wurde zu einer festen Einrichtung, die 20000 bis 25000 Besuchern den aktuellen Stand der Landtechnik vorführte. Und die Schlüter-Traktoren verkauften sich gut.
Die Anregung, in dieser Zeit einen 500-PS-Großschlepper zu bauen, kam dann aus dem Osten. In Jugoslawien wollte man die Staatskombinate auf 50000 bis 100000 Hektar pro Betrieb ausdehnen und für jeweils 10000 Hektar Fläche zwei solche Großschlepper kaufen. Als der Schlüter-Schlepper mit 500 PS jedoch fertig war, fehlte das Geld im Osten, und aus diesem Geschäft wurde nichts.
Also fasste der - zu jener Zeit immerhin schon 72jährige - Firmenchef einen verwegenen Gedanken: die Entwicklung eines komplett neuen Tracschleppers eigens für das Marktsegment von 80 bis 180 PS. Nicht als Weiterentwicklung der großen Trac-Schlepper von Schlüter nach unten, sondern tatsächlich neue Trac-Schlepper für den mittleren Leistungsbereich.
Aus diesem Besitz finanzierte die Erbengemeinschaft die Entwicklungskosten des Eurotrac. Die Bewirtschaftung des Schlütergutes wurde 1987 eingestellt, 80 Hektar wurden als Grünzonen verkauft an den Freistaat Bayern mit der Auflage, diese Fläche nicht als Bauland zu verwerten. Die übrigen 50 Hektar wurden verpachtet an die Saaten-Union und andere Saatzuchtbetriebe, die auch die Durchführung des Schlütertages übernahmen.
Damit war die Finanzierung des Eurotracs - die Entwicklung kostete zwischen 15 und 20 Millionen Mark - gesichert. Von Anfang 1987 bis Anfang 1989 wurde der Eurotrac in nur zwei Jahren so weit fertiggestellt, dass er erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt werden konnte. Natürlich nur als Prototyp, aber immerhin als einsatzfähige Maschine, die sich mit Unterflurmotor, Wespentaille und dadurch engem Wendekreis trotz größerer Bereifung, Lastschaltung und Wendegetriebe sehen lassen konnte. Auch die Eurotrac-Schlepper auf der Agritechnica mit 80 PS als Vierzylinder, 130, 160 und 190 PS als Sechszylinder sind noch Vorserienmaschinen. Aber dennoch:
Schlüter hatte wieder einmal die Nase vorn und konnte als erster mit dem neuen Trac-Konzept in Eisen an die Öffentlichkeit treten. "Für die Serienproduktion und den Vertrieb brauchen wir fremde Hilfe, denn unser Umsatz und unser Vertriebsnetz sind dafür zu klein. Aber entwickelt haben wir den Eurotrac allein!"
Wenn es Schlüter gemeinsam mit Claas (siehe Kasten) gelingt, den Eurotrac ab Herbst 1990 in Serie zu produzieren, dann hat es Anton Schlüter geschafft. Auf dem Markt tut sich der Eurotrac gegen die Konkurrenz leichter, wenn er als erster antritt, und die Schlüterwerke in Freising haben wieder mehr zu tun. "Bis zu 500 Maschinen können wir hier pro Jahr zusätzlich bauen, ohne dass wir damit in Schwierigkeiten kommen..."
Warum Claas bei Schlüter einsteigt: Die Hintergründe und Ziele der geplanten Kooperation
Zunächst zu den Fakten: Claas wird sich mit 40 Prozent am Kapital der Firma Schlüter beteiligen, Schlüter behält 60 Prozent. Dafür wird die "Anton Schlüter Motorenfabrik München" umbenannt in die "Anton Schlüter Traktorenfabrik Freising" . Diese gemeinsame Firma soll den Vertrieb und die Ersatzteillieferungen für alle Schlüter-Traktoren übernehmen und ab Herbst 1990 den neuen Schlüter-Eurotrac produzieren. Auch der Vertrieb des Eurotrac soll über die neue Firma erfolgen.
- Für Schlüter ist der Zweck der Kooperation eigentlich klar. Schlüter braucht einen Finanzier für den Bau des Eurotrac. Zwar wurde die Entwicklung der neuen Trac-Reihe bis zu den Prototypen von der Erbengemeinschaft Schlüter bezahlt. Trotzdem wird es noch viel Zeit, Arbeit und vor allem Geld kosten, bis die ersten Eurotracs beim Händler auf dem Hof stehen.
Außerdem sucht Schlüter nach einem Partner für den Vertrieb. Schlüter selbst hat etwa 50 Händler. Gerade für den Vertrieb des Eurotracs ist dieses Netz aber zu grobmaschig. Denn dieses neue Trac-Konzept sollte von Anfang an mit einem leistungsfähigen Service unterstützt werden, damit es im Markt Chancen auch gegen die "große" Konkurrenz hat.
Ob Claas tatsächlich der gesuchte finanzstarke Partner für den Eurotrac sein wird, ist schwer zu beurteilen. Überzähliges Kapital hat der Erntemaschinenhersteller sicher nicht, auch wenn der Umsatz in Harsewinkel die Milliardengrenze erreicht (zum Vergleich: Schlüter machte 1988 mit 156 Schlepperverkäufen im Inland und etwa 90 Verkäufen im Ausland einen Umsatz von etwa 40 Millionen Mark).
Es gibt aber einen anderen Grund, der Claas als Partner für Schlüter interessant erscheinen lässt: das gute Vertriebsnetz und der ausgezeichnete Ruf, den Claas in der Praxis als pünktlicher Ersatzteillieferant genießt. Claas hat keine Schlepper im Programm, die dem Eurotrac Konkurrenz machen könnten. Und dazu hat Claas gute Kontakte gerade auch zu Lohnunternehmern, die für den Eurotrac als Käufer besonders in Frage kommen.
Aus der Sicht von Schlüter sind das Vorteile, die eine Verbindung mit Claas sehr interessant gestalten. Die Frage ist jedoch, welche Vorteile sich umgekehrt Claas von der Kooperation verspricht. Was will ein Hersteller von Erntemaschinen mit Schleppern im Programm? Zumal die Claas-Händler in aller Regel andere Schleppermarken im Angebot haben und ein Fendt- oder Case-Verkäufer sicher nicht scharf darauf ist, den Eurotrac mit zu vertreiben...
Claas baut jedoch schon länger an einem Trägerfahrzeug für Erntevorsätze und neue Geräte. Unter dem Projektnamen ,,207" fahren in Europa bereits Prototypen eines Claas-Schleppers mit 250 PS. Die weitere Entwicklung eines Schleppers aus Harsewinkel würde jedoch noch viel Zeit und Geld kosten. Abgesehen davon wären die Claas-Händler sicher wenig erbaut von dem Gedanken, einen "echten" Claas-Schlepper verkaufen zu müssen.
Aus dieser Sicht macht auch für Claas die Verbindung mit Schlüter Sinn: Wenn der Eurotrac ganz bei Schlüter bleibt, kann Claas sich weiterhin als reiner Erntemaschinen-Hersteller im Markt betätigen. Claas hätte jedoch über die Kapitalverbindung zu Schlüter ein nahezu fertiges Trägerfahrzeug im Haus, das als Tracschlepper mit geringen Änderungen vor, hinter und unter verschiedenen Geräten arbeiten kann, die bei Claas vermutlich in der Planung sind. Der Claas 207 wäre damit gestorben, Claas hätte aber viel Zeit und Geld gespart.
Im Gegenzug könnte Claas sein Gewicht bei den Genossenschaften und Landmaschinenhändlern in die Waagschale werfen, um auch in der Bundesrepublik Deutschland den Vertrieb des Eurotracs zu forcieren. Und im Ausland hat Claas über die eigenen Tochtergesellschaften ohnehin genügend Möglichkeiten, für eine Verbreitung des Eurotracs zu sorgen.
So gesehen würde sich in der Praxis gar nicht so ganz viel ändern. Schlüter bekäme mit dem Claas-Know how ein besseres Vertriebs- und Servicenetz und bessere Verbindungen ins Ausland. Claas hätte den Schlüter-Eurotrac als Basismaschine für neue Geräte-Entwicklungen fertig und darüber hinaus Geld für ein eigenes Trägerfahrzeug gespart.