Gegründet wurde das Unternehmen 1856 von Friedrich August Raussendorf in Klein-Boblitz, unweit von Bautzen. Aus der kleinen Reparaturwerkstatt für Landmaschinen formte er nach und nach eine Fertigung für Dreschsätze und Häckselmaschinen, für die Raussendorfs Sohn August, der eine Bau- und Möbeltischlerei gegründet hatte, die nötigen Holzgestelle lieferte.
Richtig Schwung kam durch den Eintritt von Hermann Raussendorf (1889 — 1961), ein Enkel von Friedrich August Raussendorf. Der talentierte Konstrukteur tüftelte bereits 1906 an einer Strohpresse mit einem auf Rollen laufenden Presskolben. 1909 folgte die erste Presse mit Schwingkolben — ein System, das sich durchsetzen sollte. 1911 präsentierte Raussendorf die erste Presse mit Selbstbinder.
Der Absatz kam zwar nur langsam in Gang, aber 1914 verzeichnete Raussendorf immerhin den Verkauf der 1000. Fallschwingkolbenpresse. Bemerkenswert ist dabei auch die Erfindung des „GR-Allesknoters“, die Gerhard Raussendorf, ein Bruder von Hermann Raussendorf, beisteuerte.
Neuer Standort Singwitz
Mit zunehmendem Erfolg wurde der Betrieb in Klein-Boblitz zu klein. 1927 bot sich die Gelegenheit, die Gebäude einer stillgelegten Papierfabrik im nahen Singwitz zu erwerben. Damit konnte Raussendorf die Pressenfertigung ausbauen und die Produktion fahrbarer Dreschmaschinen vorantreiben.
Ein Highlight war Anfang der 1930er Jahre die Dreschmaschine „Kombinus“, die zusätzlich mit einer Strohpresse ausgestattet war. Die Idee war schon älter, aber erst mit der Schwingkolbenpresse in Leichtbauweise ließ sich ein solcher „Pressdrescher“ realisieren. Die gezogene Dreschmaschine wurde bald auch in einzigartiger Stahlbauweise gefertigt und unter dem Modellnamen „Stahl-Kombinus“ verkauft.
Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Raussendorf zwar auch Rüstungsgüter, doch die Landmaschinenproduktion wurde aufrechterhalten.
Im Fortschritt-Kombinat
1947, noch vor der Gründung der DDR, ging das Unternehmen in den VEB Kombinus Dreschmaschinenbau Singwitz über. Hermann Raussendorf siedelte nach Westdeutschland um. Im Jahr 1951 zählte die ehemalige Raussendorfer Firma mit zu den ersten Betrieben, die in das neugegründete Kombinat Fortschritt eingegliedert wurden.
Hermanns Bruder Gerhard Raussendorf war in Singwitz geblieben und gründete bereits 1946 ein Unternehmen für den Knüpferbau. Die Firma wurde zwar als eigenständiger Betrieb geführt, aber später dem Kombinat Fortschritt unterstellt.
Nach der Wende folgten mehrere Anläufe, in Singwitz Mähdrescher der Marke „MDW“ zu bauen. 1997 übernahm Case kurzzeitig die Produktion, während in Singwitz bis 2016 Parzellenmähdrescher gefertigt wurden. Heute wird nur noch die Ersatzteilversorgung der MDW-Modelle gesichert.
Zu Ende ist die Raussendorf-Geschichte nicht: Im Jahr 1991 gründete Gerhard Raussendorfs Sohn Horst in Obergurig bei Singwitz die Firma „Raussendorf Maschinen- und Gerätebau“, zu deren Produkten Bindetechnik für mobile und stationäre Pressen gehört.
Gerd Theißen
Weitere Infos:
www.helo-obergurig.de