Noch einmal Dreschen wie zu DDR-Zeiten — das war die Ansage für einen Erntetag Anfang Juli 2024 im brandenburgischen Hohenfinow. Wir nehmen Sie mit auf eine Zeitreise.
Kurz vor Mittag — noch herrscht die Ruhe vor dem Sturm: Heute soll die Gerste fallen. Mit 13 Fortschritt-Mähdreschern rückt der Erntekomplex rund um Gerd Mittag langsam vom Schlossgut Hohenfinow aus.
Schwieriger Start für die Oldtimer-Mähdrescher aufgrund von kleinen technischen Problemen
Schon auf den ersten Bahnen zeigt sich, dass die Mähdrescher nicht mehr die jüngsten sind: hier ein rauchender Keilriemen, dort ein hakelndes Schneidwerk. Trotzdem wird Ruhe bewahrt — man kennt das schon. Denn auch wenn die Maschinen des Kombinats Fortschritt technisch hoch entwickelt waren, so haperte es zum Teil an der Zuverlässigkeit.
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Kurz vor Mittag — noch herrscht die Ruhe vor dem Sturm: Heute soll die Gerste fallen. Mit 13 Fortschritt-Mähdreschern rückt der Erntekomplex rund um Gerd Mittag langsam vom Schlossgut Hohenfinow aus.
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Schon auf den ersten Bahnen zeigt sich, dass die Mähdrescher nicht mehr die jüngsten sind: hier ein rauchender Keilriemen, dort ein hakelndes Schneidwerk. Trotzdem wird Ruhe bewahrt — man kennt das schon. Denn auch wenn die Maschinen des Kombinats Fortschritt technisch hoch entwickelt waren, so haperte es zum Teil an der Zuverlässigkeit.
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„Es musste schon viel improvisiert werden, da auch Ersatzteile nicht immer verfügbar waren“, erinnert sich Gerd Mittag, der dabei die Ruhe selbst bleibt. Denn auch wenn er inzwischen in Rente ist, gehört im Sommer die Fortschritt-Latzhose zur festen Kleiderordnung. Seit Anfang der 1990er Jahre ist er im Sommer mit dem eigenen Mähdrescher unterwegs: „Ich habe 1992 mit einem gebrauchten Fortschritt E 512 angefangen“, erzählt er. Mit der Zeit waren jeden Sommer mehrere E 514-Maschinen im Einsatz. „Für mich sind diese Mähdrescher sehr zuverlässige Maschinen, und Ersatzteile sind heute gut und günstig zu bekommen“, weiß Gerd Mittag.
Das nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Begeisterung für die Marke eine Rolle spielen, zeigen die inzwischen neun Mähdrescher durch Ihre Farbvielfalt: So hat er gezielt seltene Modelle wie Exportvarianten für die Schweiz oder einen der letzten 514er im blauen MDW-Kleid gekauft.
Fortschritt Mähdrescher als Dauerbrenner
Neben zwei Fortschritt E512 bilden das Rückgrat des Erntekomplexes die Nachfolger E514: Die ab 1982 gebauten Mähdrescher basieren technisch stark auf dem E512. Schneidwerk, Dreschwerk und Abscheidung sind weitestgehend identisch. Fortschritt bot den E514 als einen „Meister der mittleren Leistungsklasse“ an. Im Dreschwerk rotiert eine Dreschtrommel mit 1 278 mm Breite und 600 mm Durchmesser. Es folgen vier Hordenschüttler mit insgesamt etwas über 5 m² Fläche. Von den Sieben gelangen die Körner in den 3,6 m³ großen Korntank.
Beim Motor konnte Fortschritt keine großen Sprünge machen: Ein Vierzylinder-Diesel mit maximal 85 kW/115 PS musste reichen — und tat es auch. So ist das Abbunkern während der Fahrt kein Problem — ein Muss im Komplexeinsatz, um Wartezeiten am Feldrand zu vermeiden. Deutlicher sind die Unterschiede zwischen E512 und E514 beim Blechkleid.
Neu war auch die höhere Kabine mit mehr Komfort wie einem Verlustkontrollgerät und optional einer Lenkautomatik mit zwei Tastarmen. Sie tasteten die Bestandskante ab und gaben ihr Signal an die hydraulische Lenkung der Hinterachse weiter.
Gebaut wurde der E514 vom VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen bis 1990. Auch, nachdem das Kombinat zerschlagen und privatisiert wurde, lief der E514 noch in Singwitz vom Band: Als MDW Erntemeister E514 wurde er bis 1993 gebaut, und auch die Nachfolger Erntemeister 521 bzw. Case IH 521 basierten noch auf dem E514.
Von der Geschichte zurück ins Jetzt: Nach den anfänglichen Schwierigkeiten beim Start rücken jetzt zehn Fortschritt-Mähdrescher der Gerste zu Leibe. Mit fast 50 m Schnittbreite fällt diese dann doch zügig.
Agra Filmstudio begleitete die Ernte mit den Fortschritt-Mähdreschern
Dass alle Maschinen heute auf einem Schlag zum Einsatz kommen, ist auch Georg Frank zu verdanken. Der 52-Jährige hat eines der größten Video-Archive rund um die Landtechnik der ehemaligen DDR aufgebaut. So ist er leidenschaftlich mit seinem Kameraequipment unterwegs, um die auf den Feldern verbliebene Ostblock-Technik einzufangen.
Am liebsten versucht er dabei, Szenen von damals wiederzubeleben. So auch heute: Der Komplexeinsatz mehrerer Fortschritt-Mähdrescher findet sich auf vielen der alten Filmrollen aus der DDR. Umso mehr Begeisterung kommt auf, als jetzt sowohl Technik als auch Wetter mitspielen.
„Solche Bilder sind für mich absolute Highlights“, schwärmt er über den gelungenen Komplexeinsatz am Nachmittag. Eine Auswahl davon wird auf seinem Youtube-Kanal georg2605 gezeigt, auf dem schon fast 600 Videos zur DDR-Landtechnik zu finden sind. „Jedes Jahr kommt weniger Fortschritt-Technik zum Einsatz“, weiß der sympathische Brandenburger. „Ich möchte die Geschichte dieses großen Landtechnikkapitels mit meinen Filmen vor dem Vergessen bewahren.“
Dass ihm das gelingt, zeigen auch die über 40 Mio. Aufrufe bei Youtube. Vor dem Vergessen bewahrt er auch die vielen historischen Filme auf 16- oder 35-mm-Filmrollen, indem er sie von einem Dienstleister digitalisieren lässt.
Wir halten fest
Der Komplexeinsatz mehrerer Fortschritt-Mähdrescher vom Typ E 512 und E 514 ließ das Feeling vergangener Tage wieder aufleben. Dass diese vermutlich einmalige Gelegenheit geschaffen wurde, ist einer Vielzahl an motivierten Personen rund um Gerd Mittag und Georg Frank zu verdanken. Denn ohne Schweiß und Reparaturen war der Einsatz eines Mähdrescherkomplexes damals nicht möglich — das hat sich bis heute nicht geändert.