Technisch

Fahrerkabine: Kontrolle, Komfort und Klasse

Die Kabine hat sich mit der Zeit zu einer wichtigen Baugruppe entwickelt. Neben dem Komfort spielt die Gesundheit des Fahrers eine entscheidende Rolle. 

Auch in der Kabine tut sich technisch immer etwas: Bei der Variante IdealDrive in der Fendt-Mähdrescherkabine fehlt die komplette Lenksäule.  (Bildquelle: Colsman)

Vom einfachen Blechsitz, Wind und Wetter ausgesetzt, zu den heutigen hochmodernen Kommandozentralen war es ein weiter weg. Und auch wenn viele aktuelle Entwicklungen und Zukunftsvisionen in Richtung autonomer Feldarbeit — und damit zu Maschinen ohne Fahrerkabine — gehen, spielt der Fahrer aktuell noch eine Schlüsselrolle für den effizienten Landmaschineneinsatz.
Gute Sicht, passende Klimatisierung, eine angenehme Geräuschkulisse und eine optimale Ergonomie der Bedienelemente sind nur einige der Kriterien, die eine gute Fahrer­kabine ausmachen. Hinzu kommen nicht direkt greifbare Faktoren wie etwa der Schutz vor schädlichen Dämpfen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Schutzkategorie

Nach der Richtlinie DIN EN 15695 ist dieser Schutz genau geregelt und in vier Kategorien eingeteilt. Die meisten Kabinen erfüllen aktuell die Kategorien 2 oder 3, wobei die Schutzkategorie 4 zunehmend an Bedeutung gewinnt. Kabinen ohne gesteuertes Belüftungssystem, also auch Umsturzbügel oder alte Verdeck-Kabinen, werden in der ersten Schutzkategorie eingestuft. Kabinen der Kategorie 2 bieten bereits Schutz vor Stäuben. Erreicht wird dies durch einen Kabinen-Überdruck mit einem Belüftungssystem von mindestens 20 Pa (Pascal) und einer Filteranlage.
Kabinen der Schutzkategorie 3 erreichen einen Schutz des Fahrers vor Aerosolen, also auch vor flüssigen Schwebeteilchen in der Luft. Für diese Kategorie müssen 98 % der in die Kabine zugeführten Luft gefiltert werden. Pflicht in der Kategorie 3 ist zudem eine Überdruckanzeige in der Kabine, um die Funktion prüfen zu können.
Erst mit der Schutzkategorie 4 wird der Fahrer aber auch zuverlässig vor Dämpfen geschützt. Anstelle des normalen Kabinen-Luftfilters wird dazu ein Aktivkohle-Filter verbaut. Ein Nachteil ist die kurze Lebensdauer der Filter: Nach 500 Stunden muss der gut 200 Euro teure Filter ersetzt werden — es kann sich also lohnen, den Filter nur bei tatsächlichem Bedarf (z. B. beim Pflanzenschutz) einzusetzen und ansonsten gegen einen herkömmlichen Filter aus­zutauschen. Stichwort Pflanzenschutz: Theoretisch müssten bei Kabinen der Schutzklassen 2 und 3 die Fahrer bei Pflanzenschutzeinsätzen eine vollständige Schutzausrüstung auch in der geschlossenen Kabine tragen. Einzig in einer Kabine der Schutzklasse 4 ist dies nicht notwendig.
Durch eine Übergangsvereinbarung muss diese Vorgabe aktuell noch nicht umgesetzt werden. Ob diese Vereinbarung zukünftig bestehen bleibt, ist fraglich. Bei einigen Herstellern wie etwa Case IH und New Holland ist die Kabinenausrüstung nach Schutzklasse 4 ab Werk möglich. Unternehmen wie Seka bieten zudem Umrüstsätze an, mit denen bestimmte Kabinentypen auch nachträglich auf die Schutzklasse 4 hochgerüstet werden können.

Sitz(t)

Ebenfalls Auswirkungen auf die Gesundheit des Fahrers hat die Sitzausstattung in der Kabine. Von der einfachen Blechschale entwickelte sich die Technik auch hier zu echtem Hightech weiter.
Von mechanischer, hydraulischer und pneumatischer bis hin zu aktiv elektronisch gesteuerter Sitzfederung sind heute auf Landmaschinen alle Varianten vertreten und häufig relativ einfach nachzurüsten. Das Ziel: Schwingungen und Vibrationen vom Fahrer fernzuhalten. Damit dieses Ziel bestmöglich erreicht wird, muss sich der Sitz an Größe und Gewicht des Fahrers anpassen.
Es müssen sowohl vertikale als auch horizontale und laterale (seitliche) Schwingungen abgefangen werden. In einem aktiv gefederten Sitz sind dazu eine Menge Komponenten verbaut: Posi­tionssensor, Beschleunigungsaufnehmer, Controller, elektropneumatische Ventile, Kompressor, Luftspeicher, Dämpfer, Luftbalg oder Hydraulikkomponenten. Zusätzlich zur Technik der Federung kommen immer häufiger weitere Komfortoptionen bei Sitzen zur Anwendung: Sitzheizung und auch belüftete Fahrersitze kommen vor allem bei Großmaschinen zum Einsatz.

Für gute Sicht

Ein Kernthema bei Kabinen ist seit jeher eine gute Übersicht. Seit einigen Jahren werden die bis in das Kabinendach hineingezogenen Frontscheiben auf dem Markt angeboten, die auch als „Helikopterscheiben“ bezeichnet werden. Zuletzt hat Claas mit der aktuellen Arion-400-Baureihe eine besonders weit nach hinten ins Dach gezogene Scheibe vorgestellt.
Ebenfalls für eine gute Sicht gibt es auch im Erntemaschinenbereich spannende Entwicklungen: Agco verzichtet beim Großmähdrescher Ideal in der Ausstattung Idealdrive komplett auf das Lenkrad. Stattdessen wird wie bei großen Radladern in der Bau­branche per Joystick in der Armlehne gelenkt. Die freie Sicht ohne Lenksäule im Blickfeld ist insbesondere beim Schwaddrusch mit einer Pickup (Nordamerika) von Vorteil. Im Feldhäckslerbereich gibt es eine ähnliche Entwicklung bisher nur für den Big X von Krone — allerdings nur als Doppellösung mit Lenkrad und Joysticklenkung.

Ausblick

Ein anderes Konzept aus der Nutzfahrzeugbranche hat es noch nicht in die Schlepperkabinen geschafft: Kameras statt Rückspiegel. Continental hat aber ein Kamerasystem zur Rundumsicht für Landmaschinen vorgestellt. Auch federungstechnisch bietet die Lkw-Branche noch Vorbilder, etwa eine aktiv gesteuerte Kabinenfederung — es gibt also noch Entwicklungspotenzial.

Schienensystem

Obwohl in vielen Kabinen inzwischen ISO-Bus-Systeme Einzug gehalten haben, sind viele Geräte noch mit externen Terminals und Monitoren versehen. Raul Fahrzeugtechnik bietet mit den Kugelflex-Befestigungsschienen ein System aus Alu-Profilen und Klemmmechanismen zum sicheren Montieren von externen Terminals, Tablets und Handyhaltern in der Kabine an. Angeboten werden die Schienen für Traktoren von Fendt, John Deere, Claas, Massey Ferguson, Deutz-Fahr und Valtra. Für die Montage sollen sich vorhandene Anschraubpunkte nutzen lassen.

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