Technischen Fortschritt nutzen
Nicht nur aus phytosanitären Gründen, auch durch wirtschaftliche Aspekte sind die Zeiten vorbei, in denen anbautechnische Kompromisse zu tolerieren sind. Es hat gute Gründe, warum beispielsweise Anbaudrillmaschinen mit seitlichen Antriebsrädern oder einfache Schleppschare hierzulande weitestgehend verschwunden sind. Wer heute eine Bestellkombination für die nächsten zehn Jahre kauft, kommt in meinen Augen nicht mehr an zeitgemäßer Sätechnik vorbei. Dazu zählen nicht nur mulchsaatfähige Ein- oder Doppelscheibenschare, sondern auch Einstellungen, die aus der Kabine heraus erfolgen können, sowie ein elektrischer Säantrieb. Spätestens bei der Handhabung haben solche Geräte die Nase vorn, hinzu kommt die größere Flexibilität für einen zukunftsorientierten Ackerbau. Denn wer weiß heute schon, welche Herausforderungen wir in den nächsten zehn Jahren noch zu meistern haben?
Mehr Technik ermöglicht einen spezifischeren Ackerbau und spart Zeit — zum Beispiel beim Abdrehen.
Schulz
Nur bequem wird verstellt
Bleiben wir beim elektrischen Säantrieb oder einer hydraulischen Zentralverstellung für den Schardruck: Speziell unter heterogen Bedingungen spielen diese Optionen ihre Trümpfe aus. Wie so oft gilt auch hier: „Nur was einfach und schnell zu bedienen ist, wird auch genutzt.“ Entsprechend zeigt die Praxis immer wieder, dass solche Systeme im Vergleich zu manuell einstellbaren Konzepten eher genutzt werden — bessere Feldaufgänge danken es. Gleiches gilt für die hydraulisch verstellbare Schleppschiene oder die aus der Kabine verstellbare Arbeitstiefe an der vorlaufenden Kreiselegge zur Optimierung des Saatbetts — beides kann auch schnell Diesel sparen.
Zurück zur Drillmaschine: Wesentliche Vorteile sehe ich durch einen elektrischen Antrieb beim Abdrehen ohne handgeführte Kurbel — die entsprechend auch nicht mehr verloren gehen kann. Mit einem elektrischen Antrieb reicht in der Regel ein Durchlauf, woraufhin das System perfekt kalibriert ist, ein immenser Zeitvorteil. Verschleißende Getriebe, wechselnde Öltemperaturen oder anfällige Kettenübersetzungen sind hierbei Geschichte. Zudem passen die eingestellten Ausbringmengen hiermit erfahrungsgemäß deutlich besser: Leergelaufene Saattanks auf den letzten Metern rauben einem endlich keinen unnötigen Nerv mehr.
Der elektrische Antrieb ermöglicht zudem Vorteile wie Section Control, wodurch doppelt gesäte Bereiche am Vorgewende oder Fehlstellen vorbei sind — ein wesentlicher Vorteil für die Pflanzenentwicklung, die Vermeidung von Lagergetreide und eine gleichmäßigere Abreife. Zudem erlaubt die weiterhin simple Technik die Aussaat per Applikationskarte — ein kleiner Baustein zum Ressourcenschutz oder für geringere Saatgutkosten.
Qualität siegt
Wohlwissend, dass jene Technik Geld kostet: Heruntergebrochen auf den Hektar und den Abschreibungszeitraum sind es oft nur wenige Euro pro Hektar mehr, die sich durch eine verbesserte Arbeitseffizienz und gleichmäßigere Bestände kompensieren lassen. Hinzu kommen höhere Wiederverkaufspreise am Ende der Nutzung. Selbst für kleinere Betriebe stehen mit abgespeckten Konfigurationen oder durch die Gründung von Maschinengemeinschaften verschiedene Türen offen, um solche Technik wirtschaftlich einzusetzen.
Sparmöglichkeiten nicht nur auf dem Acker
Was man will und was man braucht, sind oft verschiedene Dinge — im Einkaufszentrum wie beim Maschinenhändler. Nur dass bei Letzterem zwischen dem einen und dem anderen schnell einige tausend Euro liegen können. Klar ist: Geldausgeben ist leicht — längst lassen sich auch 3-m-Säkombinationen mit den technischen Raffinessen der Großen aufrüsten. Es bleibt aber die Frage, ob die theoretischen Vorteile im praktischen Alltag auch ankommen, geschweige denn sich im Deckungsbeitrag widerspiegeln.
Inwieweit z. B. eine hydraulische Einstellung der Arbeitstiefe und/oder der Planierschiene bei der Kreiselegge den Mehrpreis für den Landwirt wert sind, darf zumindest diskutiert werden. Und: Hersteller empfehlen meist, diese Systeme vor Arbeitsantritt einmal komplett aus- und einzufahren, damit sie präzise arbeiten. Daran müssen Landwirt, Opa oder Azubi am Morgen denken. Bei einem Lochraster können sie hingegen sicher sein, dass die Maschine noch die gleiche Tiefe hält wie am Vortag.
Schauen Sie nüchtern auf die Optionsliste Ihrer Wunschmaschine: kein konkreter Mehrwert, kein Häkchen.
Holzhammer
Eisen macht weniger Sorgen
Ohnehin hören wir von Landwirten und Lohnunternehmern regelmäßig, dass zu viele bzw. zu einfache Einstellmöglichkeiten gerade bei wechselnden Bedienern gerne mehr Fluch als Segen sind. Eine weitere Lehre aus der Praxis ist, dass elektrisch hochgezüchtete Maschinen nicht immer schneller im Feld sind.
Der Klassiker: Beim letzten Einsatz haben das Isobus-Terminal des Traktors und die Sämaschine noch einwandfrei zusammengearbeitet, heute ist der Wurm drin. Spätestens nach einem Software-Update sind Schweißperlen auf der Stirn vorprogrammiert. Solche Sorgen hat man bei rein mechanischen Verbindungen nicht.
Apropos Verbindung: Beschädigt man in der Eile das falsche Kabel, bedeutet das bei elektrischen Antrieben meist erst einmal Stillstand, bis der Mechatroniker kommt. Ein Spornradantrieb ist davon unbeeindruckt, im schlimmsten Fall fällt an einer einfachen Maschine durch ein defektes Kabel die Fahrgassenschaltung aus. Zudem: Der mechanische Antrieb lässt sich eher in der eigenen Hofwerkstatt reparieren.
Überschaubare Sparpotenziale
Arbeitet die Elektronik zuverlässig, ermöglicht sie z. B. Section Control: In der Theorie lässt sich damit am Vorgewende Saatgut sparen. Bei 3-m-Maschinen ist die doppelt gesäte Fläche aber oft überschaubar. Damit sinken das Einsparpotenzial für Saatgut und der eventuelle Minderertrag wegen schlechterer Pflanzenentwicklung.
Eine automatische Saatstärkenanpassung nach Applikationskarten dürfte bei den „kleinen“ Maschinen ebenfalls wenig Sparpotenzial heben. Zumal auch einfachere Maschinen heute eine manuelle Mengenanpassung aus der Kabine bieten. Und auch Applikationskarten müssen erst einmal erstellt und reibungslos auf die Maschine übertragen werden.
Trügerisch ist aus meiner Sicht der oft bemühte Wiederverkaufswert: Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass eine Bestellkombination mit allem, was die Technik heute hergibt, am Ende der Nutzungsdauer mehr erlöst. Wer seine Sämaschine aber nicht alle fünf Jahre tauscht, sondern eher nach zehn oder bei guter Pflege gar nach 20 Jahren, der wettet weit in die Zukunft. Und: Was man heute spart, braucht man morgen nicht verdienen.