Test Veredlungstechnik
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5 Akku-Schermaschinen für Rinder im Vergleichstest
5 Akku-Schermaschinen für Rinder im Vergleichstest
Ihre Akkus werden immer besser — doch längst nicht alle kabellosen Schermaschinen sind für Rinder tadellos. So quittierte ein Modell im Test vorzeitig den Dienst.
Eben noch mal vor dem Mittagessen den Rücken von drei Rindern scheren — mit einer Akku-Schermaschine geht das. Denn ohne Kabelsalat tendieren die Rüstzeiten gegen Null, und beschädigte Verlängerungskabel gehören auch der Vergangenheit an.
Wirklich Spaß machen Akku-Schermaschinen aber erst dann, wenn man auch beim Kauf die richtige Wahl getroffen hat — so unser Fazit nach dem ausgiebigen Test von fünf Schermaschinen. So gibt es in Bezug auf Handhabung, Scher- und Akkuleistung teils große Unterschiede. Ebenso in Sachen Haltbarkeit. Doch der Reihe nach.
Akku-Schermaschinen für Rinder: Unsere fünf Testkandidaten
Neu auf dem Markt sind die Electric 2020 von Hauptner & Herberholz, genauso wie die Xplorer Pro 2-Speed von Heiniger. Beide waren erstmals auf der EuroTier im November 2022 ausgestellt, kamen aber für den Test bereits im Spätsommer zu uns. Kerbl schickte mit der Clipster FarmClipper 2 das Nachfolgemodell der Maschine ins Rennen, die bei unserem letzten Test von Schermaschinen (profi 1/2015) mit einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis von sich reden machte — im Nachgang aber leider auch mit diversen Problemen. Ob der Hersteller diese nun im Griff hat?
Die für kleine Hände schlank gebaute Bonum entwickelte Aesculap einst fürs Scheren von Pferden. Sie fiel mit einer Sache auf, über die noch zu reden ist.
Die Xplorer von Heiniger feierte 2015 bei unserem letzten Test ihre Premiere — und setzte seinerzeit Maßstäbe. Ob das immer noch so ist?
Akku-Schermaschinen: Leichter und stärker als 2015 im profi-Test
Bei unserem letzten Test waren die Akkus der Schermaschinen teils über 400 g schwer, heute wiegen sie im Schnitt nur noch halb so viel. Und so zählt mit 223 g der Energiespeicher der Kerbl FarmClipper bereits zu den Schwergewichten. Basis des Fortschritts sind Lithium-Ionen-Akkus (Li-Ion). Aesculap und Heiniger setzen auf ein 10,8-Volt-System, Hauptner & Herberholz auf 12,0 Volt und Kerbl bei seiner FarmClipper 2 auf 14,4 Volt.
Die höchste Ladekapazität weist mit 4,0 Ah (Amperestunden) der 12-Volt-Akku von Hauptner & Herberholz auf. Mit 165 Minuten braucht er auch am längsten fürs Laden. Dennoch war dieser Akku bei unserem Labortest schon nach 84 Minuten wieder entladen. Damit dauert hier das Laden des Akkus doppelt so lange, wie man mit ihm arbeiten kann.
Der Hersteller kann unser Testergebnis nicht nachvollziehen und sichert an dieser Stelle Käufern der Electric 2020 eine Scherzeit von 120 Minuten zu. Bei Reklamationen muss sich nun der Hersteller an seinem Versprechen messen lassen.
Nicht zufrieden stellte uns auch das Ergebnis des optional erhältlichen 2,0-Ah-Akkus. Die Electric 2020 ist mit dem kleineren Akku zwar deutlich kompakter und handlicher. Doch blieb damit bei unserem Labortest das Messer der Schermaschine schon nach 43 Minuten stehen.
Heiniger nutzt für die Xplorer und für die Xplorer Pro 2-Speed das gleiche Akkusystem. In der zweiten Geschwindigkeitsstufe hält der Akku der Pro 2-Speed 143 Minuten. Das ist ein guter Wert, doch fast eine halbe Stunde weniger, als es die Heiniger Xplorer schafft. Dafür schert es sich mit der Pro 2-Speed wesentlich schneller.
Akkus schnell geladen
Mit 48 Minuten am schnellsten lädt Aesculap den Akku der Bonum, die Betriebszeit der Akkus haben wir mit 85 Minuten gemessen. Mit einem zweiten Akku im Ladegerät kann man mit dieser Maschine unterbrechungsfrei Kühe scheren. Das gilt auch für die Kerbl FarmClipper 2, wobei hier mit 109 Minuten das Laden ähnlich lange dauert, wie bei den Akkus des Herstellers Heiniger.
Dass die Labormessungen nicht allein theoretischer Natur sind, belegen unsere umfangreichen Praxistests. So war — abgesehen vom Akkusystem von Hauptner & Herberholz — bei allen Geräten der Akku immer bereits nachgeladen, wenn die Tester mit einem leeren Akku zur Ladestation zurückkamen. So sollte es sein.
Zu den Ladegeräten noch eine Anmerkung: Aesculap und Heiniger liefern ihre Ladegeräte mit einer Lade-Kontrollleuchte aus. Beim Einstecken der Akkus kann man so mit einem Blick sehen, wie voll der Akku bereits geladen ist — das gefällt. Und, falls das Laden mal vergessen wurde: An der Blinkfrequenz und an der Farbe lassen die Kontrollanzeigen ebenfalls erkennen, ob der Akku schon zu 90 % geladen und damit fürs Arbeiten ausreichend Energie hat.
Der große Vorteil von Akku-Schermaschinen liegt zweifellos in einer verbesserten Handhabung gegenüber kabelgebundenen Geräten. Kompakte Maße und Gewichte der Akkus wirken sich hier positiv aus.
Zum Vergleich: 2015 wog jedes Testgerät mehr als 1 000 g. Mit 921 g und 979 g bleiben diesmal mit der leichten Bonum von Aesculap und der Xplorer Pro 2-Speed von Heiniger gleich zwei Geräte deutlich unter dieser Gewichtsmarke — super! Mit 1 115 g bringt die Kerbl FarmClipper 2 fast 200 g und damit gut 20 % mehr auf die Waage.
Positiv auf die Handhabung wirkt sich auch die Bauform aus. Dabei gilt: Je kürzer die Maschine, desto besser — etwa, weil man so beim Scheren am Kronsaum von unten nach oben die Kurve besser bekommt. 2015 war hier eine Maschinenlänge von unter 30 cm noch die Ausnahme. Heute liegt mit 30,6 cm nur noch die Bonum von Aesculap über diesem Maß.
Wobei: Wer bei der Electric 2020 von Hauptner & Herberholz den großen Akku wählt, muss nicht nur mit einer Länge von ganzen 31,4 cm klarkommen — die Maschine wird damit auch hecklastig. Da der große Akku zudem quadratisch und somit sehr klobig ausfällt, schneidet die Electric 2020 mit großem Akku in Sachen Handhabung am schlechtesten ab. Anders mit dem kleineren 2,0-Ah-Akku. Mit nur 29,2 cm ist sie damit nur minimal länger als die sehr kurze Kerbl FarmClipper 2.
Wie gut eine Schermaschine in der Hand liegt, hat ebenfalls Einfluss auf die Handhabung. Der Umfang des Handgriffs ist dabei ein Wert, an dem sich dieser Aspekt gut festmachen lässt. Bei der Aesculap Bonum haben wir hier nur 13 cm gemessen. Sie ist damit besonders für Personen mit kleinen Händen empfehlenswert.
Die Electric 2020 von Hauptner & Herberholz und die FarmClipper 2 von Kerbl kommen auf einen Umfang von 17 cm. Der Unterschied erscheint marginal, doch muss hier der Anwender spürbar mehr Kraft zum Festhalten der Maschine aufbringen.
Gut angekommen sind bei unseren Testern die Griffe der beiden Modelle von Heiniger. Mit 15,5 cm Umfang kommen die beiden Geräte zwar nicht an die Bonum ran. Doch gab es hier von den Testern das meiste Lob für die ergonomisch durchdachte Schaftform. So fällt einem beim Scheren körperaufwärts bedingt durch die Konstruktion der Schaft regelrecht in die Hand, ohne dass man dabei fest zudrücken zu müssen. Der speziellen Schaftform ist es auch zu verdanken, dass man die Maschine mal mit dem Mittel-, mal mit dem Ringfinger und mal zwischen Daumen und Zeigefinger führt — was weniger ermüden lässt.
Körperlich anstrengend kann auch eine schlecht ausbalancierte Schermaschine sein. Ist etwa der Akku schwerer als der Scherkopf, muss man ständig den Kopf nach unten drücken. Das strengt an. Die gute Nachricht: Waren früher die Schermaschinen öfters mal kopf- oder hecklastig, ist dies beim aktuellen Test nur bei der Hauptner & Herberholz Electric 2020 mit großem Akku der Fall.
Passender Scherplattendruck
Entgegen dem Trend, Metall durch Kunststoff ersetzen zu wollen, besitzen noch alle fünf Testgeräte einen Scherkopf aus Metall. Den schlankesten Scherkopf hat die Electric 2020 von Hauptner & Herberholz. Doch verpufft der mögliche Nutzen beim Scheren in der Nähe von Hautfalten durch die vorne angebrachte Stellschraube.
Der Kopf der Kerbl FarmClipper 2 wirkt klobig, doch lässt es sich damit gut arbeiten. Am besten gefielen uns die vorne flachen und nach hinten rund zulaufenden Formen der Aesculap Bonum und der beiden Maschinen von Heiniger.
Zu reden ist jedoch über die Schermesser: Abgesehen von den Scherplatten der Electric 2020 von Hauptner & Herberholz sind die Schermesser der anderen Hersteller kompatibel. Auch wenn es nicht immer empfehlenswert ist, können sie so munter hin und her getauscht werden. Ein weiterer Vorteil der universellen Aufnahme ist eine größere Auswahl an Scherplatten aus dem Zubehör, z. B. von Oster aus den USA.
Mindestens genauso wichtig wie scharfe Messer ist der passende Anpressdruck: Ist der Scherplattendruck zu gering, schneiden die Messer nicht sofort sauber ab. Ist der Scherplattendruck zu hoch, steigen Reibungswiderstand und Kraftbedarf.
Das Einstellen des Scherplattendrucks erfolgt bei allen Testmaschinen per Stellschraube. Doch bietet Heiniger nach unserer Meinung die zwei besten Lösungen: Die Xplorer besitzt eine gekapselte und selbstsichernde Rändelschraube, die sich mit Daumen und Zeigefinger gefühlvoll andrehen lässt. Die Xplorer Pro 2-Speed hat ebenfalls eine gekapselte Stellschraube. Zusätzlich ist der Kopf der Stellschraube mit einer grünen Markierung versehen. Je stärker man die Scherplatten anpresst, desto mehr tritt die grüne Kontrollanzeige hervor.
Die Einstellmöglichkeiten der anderen Hersteller mit einer einfachen Stellmutter wirken im Vergleich dazu recht nüchtern — doch auch sie erfüllen ihren Zweck. Bleibt zu erwähnen, dass Aesculap mit Torqui einen optionalen Drehmomentschlüssel anbietet. Damit können auch unerfahrene Anwender den Scherplattendruck einheitlich nach Vorgabe des Herstellers passend einstellen. Zum Einstellen setzt man den Drehmomentschlüssel von der Größe eines Fingerhuts auf die Stellschraube auf — und nach dem Andrehen wieder ab.
Bei aller Philosophie: Was zählt, ist die Scherleistung in der Praxis. Tatsächlich brauchen sich hier alle Testkandidaten nicht vor kabelgebundenen Netzgeräten zu verstecken. Überragt wird dieses gute Ergebnis von der neuen Heiniger Xplorer Pro 2-Speed. Wie der Name verrät, besitzt diese eine zweite Motorstufe. Statt mit einer Schnittfrequenz von 2 450 min-1 geht es dann mit 2 900 min-1 zur Sache. Macht einen Unterschied von 20 %. Das klingt im ersten Moment banal, doch ist man damit in der Praxis spürbar schneller. So benötigt einer unserer mit Tierschauen beschäftigte Testbetrieb mit der Xplorer Pro 2-Speed nur noch knapp 45 Minuten zum Scheren eines Rinds. Normalerweise sind es 55 Minuten — also gut 20 % länger.
Nach unserem letzten Test machte die erste Generation der Kerbl FarmClipper mit Problemen von sich reden. Entsprechend gespannt waren wir diesmal auf das Durchhaltevermögen der zweiten Generation aus dem Hause Kerbl.
Nach mehr als einem Jahr im praktischen Einsatz können wir berichten: Die FarmClipper 2 ist ein echtes Arbeitstier und ein überaus zuverlässiger Begleiter im Alltag.
Unser Sorgenkind diesmal war stattdessen die Bonum von Aesculap. Bei längeren Einsätzen wurde sie so heiß, dass man sie kaum mehr anfassen konnte — und irgendwann der Motor den Dienst quittierte. Kein Einzelfall, wie sich herausstellen sollte. Ursache für die Probleme war wohl ein für Rinder nicht ausreichend starker Motor. Im Herbst 2022 besserte der Hersteller nach, seitdem ist Ruhe.
Kerbl bietet die FarmClipper 2 für unschlagbare 234 Euro an (alle Preise ohne Mehrwertsteuer; inklusive zweitem Akku, Ladegerät, Koffer, Öl und Pinsel). Und auch die Scherplatten der FarmClipper 2 sind mit 38,65 Euro die günstigsten.
115 Euro mehr kostet die Electric 2020 von Hauptner & Herberholz mit 4,0 Ah-Akkus. Für 145 Euro Aufpreis gegenüber der FarmClipper 2 ist die 378 Euro teure Heiniger Xplorer mit zwei Akkus erhältlich.
Knapp 420 Euro ruft Aesculap für seine Bonum mit ebenfalls zwei Akkus auf. Für den Drehmomentschlüssel Torqui zum Einstellen des passenden Scherplattendrucks der Bonum verlangt Kerbl 37 Euro.
Mit 525 Euro ist die Heiniger Xplorer Pro 2-Speed das teuerste Gerät in unserem Vergleichstest.