Gut zu wissen
- Die Bergung festgefahrener Maschinen bietet viele Gefahren.
- An Landmaschinen sind geeignete Zugpunkte für die Bergung nur selten zu finden.
- Eine große Gefahr geht von nicht passenden Bergemitteln wie schadhaften oder zu schwach dimensionierten Seilen aus.
1. Vorbeugen
Die beste Bergung ist die, die gar nicht erst nötig ist. Eine gute Einweisung fremder Fahrer, etwa beim Einsatz eines Lohnunternehmers, kann im Vorfeld viel Arbeit ersparen. Außerdem können Maßnahmen wie Reduzierung des Reifendrucks oder angepasste Beladung gefährliche Situationen von vorn herein vermeiden. Weisen Sie auf nasse Stellen, versteckte Gräben und Ähnliches hin. Sollten die Einsatzbedingungen schwierig sein, nennen Sie von vorne herein einen Ansprechpartner für den Fall der Fälle und teilen Sie mit, wo geeignetes Bergematerial lagert.
2. Ruhe bewahren
Wenn sich abzeichnet, dass sich eine Maschine festfährt, heißt es: Ruhe bewahren. Zu langes Wühlen oder verzweifelte Befreiungsversuche erschweren die spätere Bergung. Denn je tiefer sich eine Maschine eingegraben hat, desto höher ist später der erforderliche Kraftbedarf für die Bergung. Hinzu kommt die Gefahr des einseitigen Einsinkens, was die Bergung zusätzlich erschwert und die Gefahr des Umkippens mit sich bringt.
Auch für die Bergung selbst gilt der Grundsatz: Ruhe bewahren, auch gegenüber Mitarbeitern. Natürlich drängt die Zeit, und Stillstand kostet Geld. Aber schnell kommt es durch unüberlegtes Handeln zu vermeidbaren Schäden an der Technik oder schlimmstenfalls an Personen. Analysieren Sie die Situation und legen den besten Bergungsansatz fest.
3. Die Bergung erleichtern
Schon vor dem Vorspannen des Bergeschleppers können Maßnahmen ergriffen werden, um die Bergung zu erleichtern. Reduzieren Sie das Gewicht des zu bergenden Fahrzeugs: Güllefass abpumpen, Mähdrescher-Korntank entleeren oder auch Anhänger oder Anbaugeräte abkuppeln — das ist im Zweifelsfalle gut investierte Zeit. Senken sie auch den Reifeninnendruck der festgefahrenen Maschine: Die Aufstandsfläche vergrößert sich, der Rollwiderstand wird reduziert.
Auch die Schaufel kann ein geeignetes Bergungs-Werkzeug sein, um vor den Rädern Boden wegzuräumen. Je tiefer die Maschine eingegraben ist, desto größer ist der Zugkraftbedarf zum Freischleppen einer Maschine über den „Anstieg“ vor oder hinter den Rädern. Je nach Maschinengewicht können auch „Sandbleche“, also Rampen als Unterstützung eingesetzt werden. Alternativ eignen sich stabile Holzbohlen.
4. Das passende Bergefahrzeug
Wenn der Bergeschlepper vorgespannt werden muss, dann direkt richtig: Machen Sie keine Experimente. Das Bergefahrzeug sollte schon beim ersten Versuch ausreichend dimensioniert werden. Denn je mehr Maschinen vorgespannt werden müssen, desto größer ist auch das Unfallrisiko. Bedenken Sie: Unter schwierigen Bedingungen erreicht ein Traktor nur 60 % oder weniger seiner theoretischen Zugkraft. Überschlägig lässt sich dazu festhalten: Die halbe Gewichtskraft der Zugmaschine kann als Zugkraft für die Bergung veranschlagt werden. Achten Sie auf die passende Bereifung bzw. den Reifendruck. Im Zweifelsfalle kann auch der Einsatz eines Bergungsspezialisten mit einem Kran oder Abschlepp-Lkw samt Winde sinnvoll sein. Neben der nötigen Erfahrung verfügen diese Firmen über passendes Berge- und Hebezeug.
5. Gutes Zugmaterial
Wenn vorgespannt, angehoben oder gezogen werden muss, ist die Auswahl des richtigen Zugmaterials essenziell. Selbst zusammengeschusterte Abschleppseile mit Seilklemmen oder gar Knoten haben hier nichts verloren. Vor dem Einsatz ist das Zugmittel auf Beschädigungen zu überprüfen. Passt die Last-Kennzeichnung zum Bergevorhaben? Zugmittel ohne Last-Kennzeichnung sollten ausgetauscht werden.
Häufigstes Bergemittel sind Ketten oder Drahtseile. Verschiedene Hersteller bieten spezielle Abschleppseile mit entsprechenden Zugösen an. Außerdem werden die ermittelten Bruchlasten angegeben. Zum Teil werden auch synthetische Seile eingesetzt. Diese sind für die Bergung allerdings weniger geeignet: Die Seile sind extrem dehnbar und reißfest. Je elastischer ein Seil ist, desto mehr Energie kann es speichern — bei einem Abriss schnellen die Enden mit hoher Geschwindigkeit zurück und wirken wie eine Schleuder. Insbesondere Schäkel oder abgerissene Zugösen entwickeln sich damit zu Geschossen. Weniger dehnbar sind textile Abschleppschlingen.
Beim Einsatz von Ketten und Ösen gelten die gleichen Grundsätze: Es muss eine Kennzeichnung mit genauer Angabe der Bruchlast vorhanden sein. Außerdem dürfen Ketten keinesfalls ruckartig angezogen werden, da sich ihre Bruchlast dabei verringert. Für schwere Zuglasten sollten nur kurzgliedrige Ketten verwendet werden. Eine Alternative können Textilketten bilden (profi 11/2018).
Das sicherste Schleppmittel ist die Schleppstange. Allerdings mit dem Nachteil der kurzen Anspannlänge und dem schwierigen Verstauen. Auch Haken und Schäkel müssen in einem guten Zustand sein. Haken müssen mit einer funktionsfähigen Sicherung versehen sein.
Denken Sie daran: Sollte die Bergung im ersten Versuch nicht gelingen und es werden weitere Zugmaschinen vorgespannt, müssen auch die Zugmittel an die steigende Belastung angepasst werden!
6. Richtig anhängen
Bei Traktoren ist der ideale Anhängepunkt meist schnell gefunden: Das hintere Zugmaul ist auf hohe Zuglasten ausgelegt. Es sollte auf eine Position unterhalb der Achsmitte verschoben werden. Anders sieht es dagegen an der Schlepperfront aus: Hier ist häufig nur ein Rangier-Zugmaul zu finden, das nur für deutlich geringere Zuglasten konstruiert ist. Auf keinen Fall darf am Frontgewicht angehängt werden: Dort montierte Rangier-Zugmäuler sind ebenfalls meist nicht für die hohen Zugkräfte geeignet. Auch die Fronthydraulik leidet unter hohen Kräften, insbesondere bei schräger Zugrichtung.
Auch fest montierte Frontgewichte sind nicht als Zugpunkt für die Bergung geeignet. Das wird insbesondere dann zum Problem, wenn Anhänger oder Anbaugeräte gekoppelt sind. Denn an Anhängern oder Anbaugeräten sind geeignete Zugpunkte nur selten zu finden, und Starrdeichselanhänger lassen sich nur sehr aufwändig im Feld abkoppeln.
Ebenfalls schwierig ist das Finden geeigneter Zugpunkte an Selbstfahrern. Bei Feldhäckslern oder selbstfahrenden Gülleausbringern sind häufig noch einigermaßen stabile Anhängepunkte in Form eines Zugmauls zu finden. Anders verhält es sich bei Mähdreschern: Die Anhängekupplung ist nur für das geringe Gewicht des Schneidwerkswagens ausgelegt.
Entscheidend ist in allen Fällen, dass die technische Anhängelast am Zugmaul oder an der Zugöse nicht überschritten wird. Teilweise finden sich dazu Hinweise am Anhängepunkt selbst (Typenschilder oder Aufkleber) oder in der Bedienungsanleitung. Eine Kugelkopfkupplung (K80) ist nicht zum Anhängen von Zugmitteln geeignet, da hier die Zugmittel abrutschen können.
7. In die richtige Richtung
Bei der Bergung sollten beide Maschinen „Rücken an Rücken“ zueinanderstehen. Zum einen können so die Zugmäuler als Zugpunkt verwendet werden. Zum anderen steht das Bergefahrzeug so in Zugrichtung — gut, da meist die Stollen bei Ackerschlepper-Bereifungen auf die höchste Zugkraftübertragung bei Vorwärtsfahrt ausgerichtet sind und sich so besser mit dem Boden verzahnen.
Idealerweise ist die Zuglinie gerade zum havarierten Gespann: Die Zugkraft des Bergefahrzeugs ist so am höchsten. Gefährlich ist das Ziehen schräg zum havarierten Fahrzeug — insbesondere dann, wenn ein angehängtes Gerät feststeckt. Durch den starken Zug kann der dazwischen hängende Schlepper einseitig angehoben werden und umstürzen.
Die Zugverbindungen sollten immer sanft vom Bergefahrzeug gespannt und erst dann mit voller Kraft belastet werden — auf keinen Fall ruckartig anziehen. Bei niedriger Zuggeschwindigkeit können außerdem die Reifen besser greifen und die Unfallgefahr ist geringer. Achten Sie auch darauf, dass die Zugmittel sich nicht verhaken oder über scharfe Kanten gezogen werden, da dies die Bruchlast reduziert und die Zugmittel beschädigt.
8. Sicher und sauber kommuniziert
Eine Maschinenbergung bietet immer auch eine Gefahrensituation, Schaulustige haben dabei nichts verloren. Reduzieren Sie die Anzahl der beteiligten Personen soweit wie möglich. Aber: Auf keinen Fall sollten Sie alleine versuchen, die Maschine freizuschleppen.
Zwischen den gekoppelten Maschinen dürfen sich keine Personen aufhalten! Neben dem Reißen der Zugmittel kann auch das plötzliche Freikommen der Maschine eine Gefahr darstellen. Einweiser sollten nur mit ausreichendem Sicherheitsabstand eingesetzt werden. Eine gute Kommunikation mit klaren Signalen ist insbesondere dann wichtig, wenn die Fahrer bei der Bergung keinen Sichtkontakt haben. Bei größeren Bergungen ist ein Koordinator zu bestimmen, der auch das Signal zum Start des Zugversuchs gibt und die Sicherheit überwacht bzw. auch im Zweifelsfalle abbricht.
Sorgen Sie auch dafür, dass keine Werkzeuge, Hilfsmittel oder lose Gegenstände die Bergung behindern. Und stellen Sie sicher, dass alle beteiligten Personen mit entsprechendem Equipment wie Handschuhen, Warnweste und Sicherheitsschuhen ausgestattet sind.
9. Nach der Bergung
Ist die Bergung abgeschlossen, sollte die geborgene Maschine grob gereinigt und auf Schäden kontrolliert werden. Prüfen Sie dabei auch die Verbindungen der Anhängepunkte.
Nutzen Sie die gesammelten Erfahrungen: Hätte die Situation vermieden werden können? Wie ist die Bergung gelaufen? Was könnte verbessert werden?
10. Wartung und Lagerung
Nach einer Bergung sollten die eingesetzten Hilfsmittel auf Schäden überprüft werden. Tauschen Sie beschädigte Zugmittel direkt aus. Achten Sie dabei darauf, ob die entsprechende Kennzeichnung noch vorhanden ist. Außerdem sollten Seile und Gurte gereinigt werden, um Korrosion und Schäden durch Feuchtigkeit zu verhindern. Stahlseile müssen vor Nässe geschützt gelagert und eventuell eingefettet werden. Ideal ist ein fester Lagerort, so dass das passende Zugmittel auch beim nächsten Mal schnell griffbereit ist.
Zugpunkte gesucht!
Leider sind bisher nur wenige Maschinen mit explizit für die Bergung geeigneten Zugpunkten ausgerüstet. Und auch in vielen Bedienungsanleitungen finden sich keine Hinweise. Gut erreichbare, deutlich gekennzeichnete Zugpunkte, vor allem bei Erntemaschinen, aber auch bei angehängten Fahrzeugen, wären wünschenswert — hier bietet sich für Landtechnik-Hersteller noch Entwicklungspotenzial.
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