Gut zu wissen
- Beim Familienunternehmen Sauermann ist bereits die vierte Generation im Betrieb aktiv.
- Es gibt nicht nur Anhängesysteme von Sauermann. Das Unternehmen aus Oberbayern produziert auch Kunststoffteile und Kotflügel.
- Bereits in zwei Jahren will Sauermann CO2-neutral produzieren.
Im Jahr 1935 gründete Johann Sauermann, Großvater des heutigen Inhabers Franz Sauermann, eine Firma für die Wasser- und Elektroinstallation sowie die Produktion und Installation von Dachrinnen. Nach dem Krieg kam im oberbayrischen Freinhausen südlich von Ingolstadt noch ein Fahrradhandel hinzu.
Sauermann: Vom Landmaschinenhandel...
1961 erweiterte der Sohn Hans Sauermann das Geschäft um den Landmaschinenhandel, ab 1962 verkauften sie auch Traktoren von Porsche und MAN. Schon bald zeichnete sich allerdings das Ende der Traktorenproduktion beider Marken ab. Auf der Suche nach Alternativen wurde Sauermann dann Händler für die aus den USA über Antwerpen und Köln nach Europa bzw. Deutschland importierten Fordson-Traktoren. Wegen der fehlenden Kotflügel bekamen die blauen Schlepper hier aber zunächst keine TÜV-Zulassung. Außerdem fehlte im Heck eine Anhängung für hiesige Verhältnisse.
...über den Bau von Kotflügeln und Ackerschienen…
Hans Sauermann — Sohn des Unternehmensgründers Johann und Vater des heutigen Inhabers Franz — begann deshalb mit dem Bau von Ackerschienen. Und die Rollmaschinen aus dem Dachrinnenbau nutzte der findige Unternehmer, um Kotflügel für die Fordson-Traktoren zu fertigen. Schon damals konnte man die Liebe zum Detail in dem Familienbetrieb erkennen: In die Kotflügel-Ausschnitte für die seitliche Spurstange schraubte Sauermann geschlitzte Gummi-Dichtungen, um die Sache perfekt zu machen.
Das sprach sich in der Branche schnell herum, so dass Sauermann schon bald viele deutsche Fordson-Händler mit Kotflügeln und Ackerschienen belieferte. Später gingen die Teile direkt nach Köln zum Generalimporteur, bevor Sauermann sogar die europäische Zentrale von Fordson in Antwerpen mit seinen Anbauteilen belieferte. So wurde das Unternehmen vom Landmaschinenhändler zum Hersteller für Kotflügel und Anbausysteme — und ist es bis heute.
Doch damit nicht genug. Hans Sauermann, stets auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern, begann 1978 mit der Produktion von Blechkotflügeln für Lkw und Anhänger. Bernard Krone aus dem Emsland gehörte damals mit seiner Anhänger- und Auflieger-Produktion zu den ersten Kunden.
Aber die Konkurrenz schlief nicht, schon Anfang der 1980er-Jahre kam der Wettbewerb mit ersten Kotflügeln aus Kunststoff auf den Markt. Sofort erkannte der mittlerweile in das väterliche Geschäft eingestiegene Sohn Franz Sauermann das Potenzial dieser Produkte — und begann mit der professionellen Produktion von Kunststoffkotflügeln.
…zur Kunststofftechnik
Hergestellt wurden die Formteile seinerzeit aus Polyurethan im sogenannten RIM-Verfahren (Reaction Injection Moulding). Dabei werden zwei Komponenten (und gegebenenfalls weitere Zusätze) vorgemischt und dann als Reaktionsmasse mit sehr hohem Druck in ein Form-Werkzeug gespritzt.
Nachteil dieses Verfahrens: Man braucht für jede Bauform ein eigenes, druckstabiles und damit teures Werkzeug. Sauermann wollte aber das große Sortiment an unterschiedlichsten Blechkotflügeln durch Kunststoff ersetzen. Nur dafür war die Produktion im Spritzguss-Verfahren viel zu teuer.
Als eine günstigere Alternative entdeckte man das Rotations-Schmelzverfahren oder Rotations-Sintern. Bereits 1989 wurde die erste Anlage von Franz Sauermann in Betrieb genommen. Bei diesem Verfahren wird eine Hohlform geöffnet und pulverisiertes Rohmaterial, wie z. B. Polyethylen, eingefüllt. Anschließend wird die Form beheizt, während der Formträger in zwei Achsen zu rotieren beginnt.
Der Kunststoff in der Form schmilzt, und an der Innenwand baut sich das Kunststoffteil schichtweise auf. Nach dem Abkühlen kann das fertige Formteil entnommen werden.
Vom Dieseltank…
Vorteil dieses Verfahrens sind die sehr viel niedrigeren Werkzeugkosten, da man keine druckstabilen Formen benötigt.
Sauermann konnte sogar seine Rollmaschinen aus der Blechkotflügelherstellung nutzen, um die Formen für die Kunststoffteile selbst zu produzieren.
So wuchs die Bedeutung des Geschäftszweiges so rasant, dass der junge Unternehmer zusammen mit seiner Frau Christine 1995 neben der metall-verarbeitenden Hans Sauermann GmbH die eigenständige Franz Sauermann GmbH für die Kunststofftechnik gründete.
Erste große Aufträge in diesem Geschäftsbereich kamen z. B. von Kögel, wo die kompletten Radkästen für Postverteilerfahrzeuge von Sauermann produziert wurden. Und sogar eine eher versehentliche Anfrage von Daimler zu der Zeit mündete in einer bis heute andauernden Geschäftsbeziehung: Sauermann hatte bei der Konstruktion von Luftansaugstutzen für Lkw so innovative Ideen, die damals alleine 12 Mio. DM Werkzeugkosten einsparten.
Ein weiterer Vorteil des Rotationsverfahrens ist die Möglichkeit, auch komplizierteste Formgebungen mit Öffnungen, durchgehenden Verbindungen usw. zu realisieren.
So fertigt Sauermann heute nicht nur in Bayern Kraftstoff- und AdBlue-Tanks für Traktoren und Erntemaschinen z. B. von Same Deutz-Fahr, Fendt und John Deere. Seit 2012 gibt es mit der Imperial Sauermann Rotomoulding auch in Indien eine Fertigung. Und schon 2003 kam das eigene Werk für Spritzgusstechnik in Schrobenhausen dazu. Hier produziert das oberbayrische Unternehmen auch Kabinendächer, Kotflügelverbreiterungen, Leuchtenträger sowie komplette Armaturenträger für Traktoren z. B. von Case IH.
…bis zur Kugelkupplung
Womit wir bei einem weiteren Standbein von Sauermann wären: der Produktion von Anhängesystemen. 2014 übernahm Franz Sauermann auch dieses Geschäft komplett von seinem Vater. Und heute fertigt die „Spezialfabrik für Anhängesysteme“ zahlreiche Varianten von Anhängeböcken, Hitchkupplungen sowie Anhängekupplungen und vor allem Kugelkopfkupplungen. Dabei sieht man sich mit innovativen Produkten wie dem Kugeleinschub mit Einhand-Verstellung oder auch der stahlgeschmiedeten Kalotte für die Zukunft sehr gut aufgestellt.
Stichwort Zukunft: Mit den Kindern Marina (29) und Franz Xaver (27) steht bereits die nächste Generation in den Startlöchern. Nach abgeschlossenem Studium sind beide schon heute in verschiedenen Unternehmensbereichen in leitenden Funktionen tätig. Und wenn es um die Zukunft geht, ist auch die Nachhaltigkeit bei Sauermann ein großes Thema. So gibt es nicht nur Photovoltaik-Anlagen mit zusammen weit mehr als einem Megawatt auf den Dächern der verschiedenen Standorte. Modernste Wärmepumpentechnik nutzt auch die Abwärme aus der Produktion für die Beheizung der Gebäude — schließlich hat Franz Sauermann das ehrgeizige Ziel bereits in zwei Jahren komplett CO2-neutral produzieren zu können!
Fazit
Wer bei dem Namen Sauermann nur an Anhängekupplungen denkt, wird bei näherer Betrachtung überrascht. Ein genauso wichtiges Standbein des inhabergeführten Familienunternehmens aus Oberbayern ist die Kunststofftechnik.
Insgesamt mehr als 400 Mitarbeiter produzieren heute neben Anhängesystemen auch eine Vielzahl an Teilen aus Kunststoff — angefangen bei Kotflügeln über Diesel- und AdBlue-Tanks bis hin zu Kabinendächern und Armaturenträgern.