Wartung und Verschleiß bei Wälzlagern: Viel Fett und kein Wasser
Wälzlager sind in fast allen landwirtschaftlichen Maschinen zu finden. Wie warte ich die Wälzlager richtig und was sollte ich unterlassen? Welcher Schmierstoff ist der richtige?
- Je schneller sich ein Lager dreht, desto gleichmäßiger ist der Schmierfilm (Aquaplaning-Effekt). - Für langsam drehende Lager bis 100 U/min wird ein spezielles, zähes Schmierfett empfohlen, da sich dieses nicht so schnell verdrängen lässt. - Außerdem spielen die Betriebstemperatur, die Art der Schmieranlage und der Einsatzzweck eine Rolle bei der Auswahl des Schmierfettes.
Wälzlager gehören zu den Verschleißteilen, die häufig bei Landmaschinen ausgetauscht werden. In der Industrie überdauern hingegen 92 % der Wälzlager die Maschinenlebenszeit. Auch bei Landmaschinen kann die Standzeit eines Lagers erhöht werden. Dazu haben wir uns mit Robert Braun, einem Spezialisten für Wälzlager und Geschäftsführer der Friedrich Braun GmbH, unterhalten. Das Handelsunternehmen aus 48153 Münster bietet für sämtliche Einsatzzwecke die passenden Lager an und ist zudem Erstausrüster einiger Landtechnikhersteller. Darüber hinaus befasst sich das Unternehmen an einem Standort in Dresden intensiv mit der Qualitätskontrolle. Hier untersuchen Spezialisten zum Beispiel die Gründe für häufig auftretende Lagerschäden.
Wälzlager bestehen aus fünf Teilen
Grundsätzlich besteht ein Wälzlager aus dem Außen- 1 und Innenring 2, den Wälzkörpern 3, dem Käfig 4 und den Dichtungen 5. Bei den Wälzkörpern gibt es zwei verschiedene Ausführungen. Zum einen punktberührende Wälzkörper in Kugelform oder linienberührende Wälzkörper, also Rollen.
Je nachdem, für welchen Einsatz das Wälzlager bestimmt ist, kann es verschiedene axiale oder radiale Kräfte aufnehmen. Ein simples Rillenkugellager kann z. B. 100 % der zulässigen Kraft radial aufnehmen. Gemeint ist die Kraft, die senkrecht auf die Welle wirkt. Allerdings können diese Lager nur 20 % der zulässigen Kraft axial aufnehmen. Axiale Kräfte wirken seitlich auf das Lager ein. Aus diesem Grund sind bei modernen Kurzscheibeneggen z. B. HB-Wälzlager mit zwei Wälzkörperreihen und geneigten Laufbahnen eingebaut, da diese axialen Kräften deutlich besser standhalten. Des Weiteren unterscheidet der Fachmann zwischen statischer und dynamischer Belastung. Die zulässige dynamische Belastung eines gängigen Rillenkugellagers, also die Belastung während der Rotation ab etwa 100 U/min, beträgt circa das doppelte der zulässigen statischen Belastung.
Schmierstoffe müssen Hohlräume füllen
Damit es im Lager nicht zu Korrosionsbildung und zum sogenannten „abrasiven“ Verschleiß kommt (also dem Abnutzen der Wälzkörper und der Laufbahn) gibt es Schmierstoffe die den Hohlraum des Lagers füllen. Wenn bereits angrenzende Bauteile geölt werden — z. B. in einem Getriebe — macht es Sinn, dass auch die Wälzlager mit Öl geschmiert werden. Die Vorteile sind, dass es in geschlossenen Gehäusen so gut wie keine Verschmutzungen von außen gibt, Öl relativ unempfindlich auf Temperaturschwankungen reagiert und zudem gute wärmeleitende Eigenschaften besitzt. Da allerdings 90 % der Wälzlager nicht unter solchen Bedingungen eingebaut sind, spielt die Fettschmierung bei Wälzlagern eine größere Rolle. Die Vorteile liegen darin, dass das Fett nicht so schnell aus Lagergehäusen austritt und bessere Schmiereigenschaften bei niedrigeren Drehzahlen bietet, als Öl.
Landmaschinen stehen unter ständigem Einfluss von Staub und Dreck. Besonders Lagerstellen in Bodennähe sind anfällig. Das Problem: Schmutz dringt ins Lagerinnere und blockiert die Wälzkörper. Gerade auf sandigen Böden sind die Lagerstandzeiten aufgrund der abrasiven Bodenstruktur geringer. Hersteller gehen deshalb dazu über, Wälzlager mit sogenannter Schleuderscheibe einzubauen, die den Dreck vor der Dichtung abfangen soll.
Gerade bei offenen Lagerstellen muss extrem darauf geachtet werden, dass Wasser nicht mit Wucht auf die Dichtungen trifft. Dauerhaft geschmierte Wälzlager sind besonders wasserempfindlich: Die Feuchtigkeit gelang hinter die Dichtungen und sorgt dafür, dass sich kein Schmierfilm mehr aufbaut und die Wälzkörper korrodieren. Mittlerweile füllen Hersteller bis zu 95 % der Lagerholräume mit Fett, um Wasser und Schmutz zu verdrängen.
Vorsicht beim Schweißen
Bild 1
(Bildquelle: Redaktion profi)
Bild 2
(Bildquelle: Redaktion profi)
Auch Schweißen kann die Lebensdauer eines Lagers beeinflussen. Das Bild 1 zeigt das Negativbeispiel: Der Schweißstrom fließt durch das Wälzlager, um zur Masseklemme zu gelangen. Zwischen Außen- Innenring des Lagers kommt es zu Entladungen, die in den Laufflächen der Wälzkörper kleine „Krater“ hinterlassen können. Diese schädigen die Wälzköper und fördern ein Festlaufen des Lagers. Wenn dennoch geschweißt werden muss, dann sollte man die Masseklemme möglichst nah an die Naht setzen und eine Bestromung der Wälzlager unterbinden (Bild 2).
LAGERSCHÄDEN ERKENNEN
Sichtprüfung
Dieses Rillenkugellager eines Grubber-Nachläufers (Bild 1) ist bereits so angegriffen, dass die Dichtung herausschaut und Schmierfett austritt. Generell ist die Lagerdichtung ein guter Indikator, um auf den Zustand eines Lagers zu schließen. Sie muss fest in den Nuten sitzen und sollte keine kreisrunden Schmierstoffspuren aufweisen. Dies gilt vor allem bei dauerhaft geschmierten Wälzlagern (Bild 2). Wenn ein Schaden zu erkennen ist, dann ist ein rechtzeitiger Tausch wichtig, um Schäden an Welle und Gehäuse zu vermeiden.
Weist der Innenring zum Außenring ein deutliches Spiel auf, so ist in vielen Fällen der Käfig gebrochen und die Kugeln sind auf einer Lagerseite zusammengelaufen. Dies erkennt man vor allem an dem nicht mehr zentrierten Innenring. Der weitere Schadensverlauf ist ein Austreten der Kugeln und meist laute Geräusche. Ein sofortiger Tausch ist regelmäßig notwendig.
Bei Industriemaschinen sowie modernen Landmaschinen können besonders beanspruchte Lager durch Sensoren überwacht werden. Diese messen die Temperatur und erkennen Vibrationen. Auch das abgebildete Lager eines Kemper-Crackers in einem Feldhäcksler besitzt einen Temperatursensor (profi 11/2019): Der Fahrer sieht auf einem Display in der Kabine die Temperaturen der vier Lager und kann ggf. eine Reparatur vorhersehen und somit einem Maschinenausfall vorbeugen. Sind keine Sensoren vorhanden, kann gerade in der heißen Sommerzeit ein einfaches Laser-Thermometer Abhilfe schaffen: Erreichen kritische Lagerstellen über 100 °C, so kann von einer Überlastung ausgegangen werden.
LAGERSCHMIERUNG
Intervalle und Menge
(Bildquelle: Redaktion profi)
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Viel Fett schadet dem Wälzlager nicht. Es besteht aber die Gefahr, dass unter Druck die Lagerdichtungen herausgedrückt werden und ein Eindringen von Schmutz gefördert wird. Auf Nummer sicher geht man, wenn die in der Betriebsanleitung angegebenen Schmierintervalle und -mengen eingehalten werden. Zudem kann viel Fett den Rollwiderstand erhöhen. Soll dieser niedrig bleiben, eignen sich dauerhaft geschmierte Lager mit lediglich 35 % Fettfüllung, z. B. bei Rollenlaufbahnen.
Schmierfette
(Bildquelle: Redaktion profi)
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Zum Schmieren langsam drehendender Lager sollte ein eher zähes Mehrbereichs- oder Langzeitfett der NLGI-Klasse 2 verwendet werden. Zudem ist der Temperaturbereich entscheidend. Bei gängigen Fetten liegt dieser zwischen -30 bis +120 °C. Bei andauerndem Einsatz im Grenztemperaturbereich (unter 0 und über 80 °C) rät der Experte zu einem Hoch- bzw. Niedrigtemperaturfett.
Ein weiterer, besonderer Anwendungsfall ist die Lebensmittelverträglichkeit eines Schmierfettes, die durch die H1-Zulassung gekennzeichnet ist. Während normale Schmierfette auf Mineralöl basieren, basiert der Grundstoff lebensmittelechter Fette auf beispielsweise einem sogenannten Aluminium-Komplex oder auf PTFE (Polytetrafluorethylen).