Gut zu wissen
- Das Spot-Sprühverfahren mit dem RumboJet senkt den Mittelverbrauch deutlich.
- Die Online-Bildverarbeitung für die Ampfer-Erkennung ist schnell.
- Der Schlepper muss Strom, eine 540er Zapfwelle und mindestens ein dw-Steuergerät zur Verfügung stellen.
Ampfer ist ein hartnäckiges Unkraut. Jedoch dürfen Betriebe, die am Kulturlandschaftsprogramm Kulap teilnehmen, auf Grünland keine Flächenbehandlung mit chemischen Pflanzenschutzmitteln durchführen. Außerdem ist die chemische Flächenbehandlung von Dauergrünland in Bayern ab 1. Januar 2022 grundsätzlich verboten. Das heißt, zur Bekämpfung von Ampfer ist lediglich eine Einzelpflanzenbehandlung erlaubt.
Allgäu Automation RumboJet 880: Automatik senkt Verbrauch
Diesen Hintergrund nahmen die beiden Mechatronik-Studenten Andreas Breher und Simon Cordella zum Anlass, ein kameragesteuertes Spot-Sprühgerät zu entwickeln. Beide Landwirtssöhne kennen das Problem der Ampferbekämpfung auf Dauergrünland von ihren elterlichen Betrieben. So erfolgte beispielsweise auf dem 40-ha-Grünlandbetrieb der Cordellas eine Einzelpflanzenbehandlung bisher mit einem Handsprühgerät.Die Ausbringmenge ist bei diesem Verfahren Gefühlssache: „Wir haben die Menge mal ausgelitert. Grob geschätzt applizierten wir beim Handsprühen rund 1 200 l/ha auf die Ampferpflanzen! Das ist mehr als genug, erzählt Simon Cordella.
Bei einer Flächenbehandlung hingegen würdie Landwirte 200 bis 400 l Spritzbrühe pro Hektar ausbringen. „Wir brauchen bei der Einzelpflanzenbehandlung mit unserem RumboJet im Durchschnitt nur 30 l/ha — also rund 90 % weniger. Der tatsächliche Verbrauch hängt selbstverständlich vom Besatz ab“, ergänzt Andreas Breher.
Ampfer-Erkennung in rot
Der RumboJet ist ein angehängtes Gerät, das mittels Infrarotkameras während der Überfahrt die Blätter von Ampfer an ihrer Form erkennt und besprüht. Pro 1,50 m Arbeitsbreite sind eine Kamera, eine LED, ein Jobrechner und 15 Magnetventile installiert. Die Kamera nimmt 90 Bilder pro Sekunde auf und leitet sie an den Jobrechner weiter. Der Prozessor, ein Raspberry Pi mit 1,4 GHz Rechengeschwindigkeit, verarbeitet die Bilder in der gleichen, kurzen Zeit.
Hat die Bildverarbeitung eine Ampferpflanze erkannt, gibt der Jobrechner sofort den Befehl zum Sprühen. Ein elektronischer Schalter, ein sogenanntes Mosfet-Board, öffnet das betreffende Magnetventil für die vorgegebene Dauer.
Da die Ampfer-Detektion am besten bei gleichmäßiger Beleuchtung funktioniert, haben die jungen Entwickler eine rote Haube über die Kameras und den Spritzbalken gebaut. Sie schließt den Einfluss von Sonnenlicht und Bewölkung aus, lässt aber gleichzeitig etwas Restlicht durch.
Die Plane ist rot, weil die Kameras das rote und infrarote Licht aufnehmen. Die grünen Pflanzen reflektieren das infrarote Licht mit einem deutlichen Peak. In den Bildern der Infrarotkameras sind die grünen Blattflächen daher weiß, und scharfe Kanten grenzen sie ab. So ergeben sich klare Formen, die sich gut mittels Bildanalyse auswerten lassen.
Die Software sucht zuerst nach ähnlichen Formen. Längliche Formen bedeuten Gras. Sie werden bei der weiteren Auswertung nicht berücksichtigt. Bei den flächigen...
Gut zu wissen
- Das Spot-Sprühverfahren mit dem RumboJet senkt den Mittelverbrauch deutlich.
- Die Online-Bildverarbeitung für die Ampfer-Erkennung ist schnell.
- Der Schlepper muss Strom, eine 540er Zapfwelle und mindestens ein dw-Steuergerät zur Verfügung stellen.
Ampfer ist ein hartnäckiges Unkraut. Jedoch dürfen Betriebe, die am Kulturlandschaftsprogramm Kulap teilnehmen, auf Grünland keine Flächenbehandlung mit chemischen Pflanzenschutzmitteln durchführen. Außerdem ist die chemische Flächenbehandlung von Dauergrünland in Bayern ab 1. Januar 2022 grundsätzlich verboten. Das heißt, zur Bekämpfung von Ampfer ist lediglich eine Einzelpflanzenbehandlung erlaubt.
Allgäu Automation RumboJet 880: Automatik senkt Verbrauch
Diesen Hintergrund nahmen die beiden Mechatronik-Studenten Andreas Breher und Simon Cordella zum Anlass, ein kameragesteuertes Spot-Sprühgerät zu entwickeln. Beide Landwirtssöhne kennen das Problem der Ampferbekämpfung auf Dauergrünland von ihren elterlichen Betrieben. So erfolgte beispielsweise auf dem 40-ha-Grünlandbetrieb der Cordellas eine Einzelpflanzenbehandlung bisher mit einem Handsprühgerät.Die Ausbringmenge ist bei diesem Verfahren Gefühlssache: „Wir haben die Menge mal ausgelitert. Grob geschätzt applizierten wir beim Handsprühen rund 1 200 l/ha auf die Ampferpflanzen! Das ist mehr als genug, erzählt Simon Cordella.
Bei einer Flächenbehandlung hingegen würdie Landwirte 200 bis 400 l Spritzbrühe pro Hektar ausbringen. „Wir brauchen bei der Einzelpflanzenbehandlung mit unserem RumboJet im Durchschnitt nur 30 l/ha — also rund 90 % weniger. Der tatsächliche Verbrauch hängt selbstverständlich vom Besatz ab“, ergänzt Andreas Breher.
Ampfer-Erkennung in rot
Der RumboJet ist ein angehängtes Gerät, das mittels Infrarotkameras während der Überfahrt die Blätter von Ampfer an ihrer Form erkennt und besprüht. Pro 1,50 m Arbeitsbreite sind eine Kamera, eine LED, ein Jobrechner und 15 Magnetventile installiert. Die Kamera nimmt 90 Bilder pro Sekunde auf und leitet sie an den Jobrechner weiter. Der Prozessor, ein Raspberry Pi mit 1,4 GHz Rechengeschwindigkeit, verarbeitet die Bilder in der gleichen, kurzen Zeit.
Hat die Bildverarbeitung eine Ampferpflanze erkannt, gibt der Jobrechner sofort den Befehl zum Sprühen. Ein elektronischer Schalter, ein sogenanntes Mosfet-Board, öffnet das betreffende Magnetventil für die vorgegebene Dauer.
Da die Ampfer-Detektion am besten bei gleichmäßiger Beleuchtung funktioniert, haben die jungen Entwickler eine rote Haube über die Kameras und den Spritzbalken gebaut. Sie schließt den Einfluss von Sonnenlicht und Bewölkung aus, lässt aber gleichzeitig etwas Restlicht durch.
Die Plane ist rot, weil die Kameras das rote und infrarote Licht aufnehmen. Die grünen Pflanzen reflektieren das infrarote Licht mit einem deutlichen Peak. In den Bildern der Infrarotkameras sind die grünen Blattflächen daher weiß, und scharfe Kanten grenzen sie ab. So ergeben sich klare Formen, die sich gut mittels Bildanalyse auswerten lassen.
Die Software sucht zuerst nach ähnlichen Formen. Längliche Formen bedeuten Gras. Sie werden bei der weiteren Auswertung nicht berücksichtigt. Bei den flächigen Formen prüft das Programm von Allgäu Automation dann, ob die Form zu Ampfer-Blättern passt.
Gute Trefferquote
Unter der Haube leuchten LED mit jeweils 3 Watt das Sichtfeld der Kameras aus. „Mit 9-Watt-LED könnte man theoretisch auch nachts fahren. Doch nachts schwirren Insekten um die Lampen und Kameras. Das stört. Also ist Nachtarbeit sowieso nicht möglich“, sagt Andreas Breher.
Dass der RumboJet tatsächlich die Ampferpflanzen im Grünland findet und passend besprüht, stellten wir bei unserem Einsatz fest. Alle mittelgroßen bis großen Ampferblätter waren nass — jedoch auch einige Löwenzahnblätter. Das ist in der Praxis sicherlich zu verschmerzen.
Die Treffgenauigkeit beträgt bei 9 km/h Fahrgeschwindigkeit in Fahrtrichtung nach eigenen Angaben plus/minus 2,5 cm. Der seitliche Versatz des Sprühnebels quer zur Fahrtrichtung ist durch den Düsenabstand von 10 cm vorgegeben. Eingebaut sind 20 Grad-Flachstrahldüsen von Lechler.
Standardtechnik inklusive
Abgesehen von dem RumboJet-Spritzbalken mit Elektronik unter der roten Haube besteht die Spritztechnik an sich aus Standardkomponenten. Die aufgebaute Pflanzenschutzspritze ist eine 600-l-Anbauspritze von Wanner. Außerdem fertigt die Firma Wanner Maschinenbau in Wangen im Allgäu das Fahrgestell und den Spritzbalken für den RumboJet.
Mit der Wanner-Spritztechnik am RumboJet lässt sich die Menge über den Druck und die Fahrgeschwindigkeit regulieren. Vom Druckregler gehen Stichleitungen zu jeder Düsenleiste. Die Enden der Düsenleisten sind über Drosseln mit dem Rücklauf verbunden. Eine kleine Menge von 1 l/min (so viel wie an zwei Düsen ankommt) fördert der Rücklauf ständig in den Tank zurück. Das stellt sicher, dass die Spritzbrühe im System gut durchmischt bleibt und in den Düsenleitungen immer Brühe mit frischem Herbizid ist.
Bedienung per WLAN
Für die Bedienung des RumboJets kommuniziert ein 7-Zoll-Touch-Display per 5 GHz WLAN mit dem Jobrechner. Die vier Menüseiten sind übersichtlich. Es gibt jeweils eine für den Automatikbetrieb, den Handbetrieb, die Einstellungen und für einen Systemtest.
Über das Einstellmenü lässt sich die Blattgröße des Ampfers in vier Stufen vorwählen: klein, mittelgroß, groß und sehr groß. Durch diese Voreinstellung erfolgt die Abgrenzung zu anderen Pflanzen wie z. B. Löwenzahn. Die Software legt virtuell einen Kreis in die detektierten Blattflächen. Passt die Kreisfläche hinein, entscheidet der Algorithmus: Das ist ein Ampferblatt und löst das Spotsprühen aus.
Am Terminal gibt der Fahrer auch die Fahrgeschwindigkeit vor, die er anschließend möglichst einhalten sollte. Einstellbar ist sie von 5 bis 10 km/h in 1-km/h-Schritten. Eine Abweichung von plus/minus 2 km/h während der Ampferbekämpfung ist laut Allgäu Automation noch tolerabel, ansonsten wird das Spotsprühen zu ungenau.
Auf der Testseite aktiviert der Fahrer vor dem Beginn des eigentlichen Einsatzes einmal alle Magnetventile. Die Elektronik öffnet daraufhin jedes Magnetventil nacheinander einmal kurz für 0,1 Sekunden. Das stellt sicher, dass an den Düsenventilen Spritzbrühe ansteht. Auf der Hauptmenüseite startet der Fahrer schließlich die Automatik. Zwei Zähler zeigen hier die Gesamt- und die Tageshektarleistung an.
Weitere Details wie die konkrete Einsatzfläche sowie die Öffnungszeiten und Öffnungshäufigkeiten der Düsen dokumentiert das System bislang nicht. „Die Rechenleistung der Jobrechner spricht dagegen, diese Informationen zu sammeln“, sagt Andreas Breher. Nach einem Update stellt das Terminal laut Allgäu Automation jetzt mit Balken für jedes Modul dar, wie viele Ventile in der vergangenen Sekunde geöffnet waren.
Sensor-Spritze: Erste Geräte verfügbar
Nachdem die Ampfer-Bekämpfung mit dem ersten RumboJet 880 in dieser Saison erfolgreich verlief, starteten Andreas Breher und Simon Cordella die Produktion der ersten Kleinserie mit 14 Stück. Der Preis des 8,80 m breiten Anhängegeräts beträgt 42 400 Euro ohne Mehrwertsteuer.
Vor dem Start der Serienproduktion hatten die beiden Entwickler auch einen Dauerbelastungstest durchgeführt. Dazu ließen sie die Elektronik eineinhalb Monate lang zwei Magnetventile zehnmal pro Sekunde öffnen und schließen. Dabei stand an den Ventilen ein Druck von 4 bar an. Insgesamt öffnete jedes Ventil 16-Millionen Mal. „Anschließend war noch alles dicht, und auch die Elektronik funktionierte noch“, versichern die Entwickler.
Was uns sonst noch auffiel:
- Die Haube hat neben der Abschattung einen weiteren Effekt: Sie hält Wind ab, so dass es keine Abdrift gibt. Das ist bei der Einzelpflanzenbehandlung wichtig, weil es hier auf punktgenaues Applizieren des Wirkstoffs ankommt.
- Die Elektronik und die Elektro-Magnetventile erhalten Strom über die dreipolige Steckdose des Schleppers. Zusätzlich ist auf dem RumboJet eine Pufferbatterie. Diese sorgt dafür, dass auch dann genügend Strom (70 A) verfügbar ist, wenn ausnahmsweise alle Düsen gleichzeitig offen sein müssen.
- Einfach zu öffnende Wartungsklappen ermöglichen auch in Arbeitsstellung den Zugang zu den Sprühmodulen.
- Allgäu Automation hat auf eine Bus-Steuerung verzichtet.
Allgäu Automation
An der Hochschule Kempten haben sich Andreas Breher und Simon Cordella kennengelernt. Während einer Projektarbeit entstand die Idee zum Bau des RumboJets. Im ersten Schritt nahmen sie rund 200 Fotos von Ampferpflanzen auf und programmierten die Software für die Erkennung von Ampferblättern. Im nächsten Schritt konstruierten sie einen 1,50 m breiten Prototyp. Nachdem die ersten Tests mit dem kameragesteuerten Sprühmodul positiv verliefen, bauten sie im Jahr 2019 den ersten RumboJet mit 9 m Arbeitsbreite.
Fazit
Der RumboJet 880 von Allgäu Automation mit 8,80 m Arbeitsbreite ist ein Sprühgerät zur selektiven Ampferbekämpfung. Die unter einer roten Plane installierten Infrarotkameras nehmen Fotos vom Bestand auf. Ein Jobrechner wertet sie sofort aus und setzt sie innerhalb von Sekundenbruchteilen in Steuerbefehle um. Magnetventile öffnen und schließen daraufhin die Düsen. Da der Düsenabstand mit nur 10 cm gering ist, ist die Applikationsgenauigkeit hoch. Davon konnten wir uns bei einem ersten Praxiseinsatz überzeugen.