Bauer: Die Welt wird immer verrückter. Wie ihr wisst, kontrollieren die Bauern in Niedersachsen, Bremen und Hamburg ihre Felder inzwischen selbst mit einer App auf dem Smartphone.
Fahrer: Oder sie fragen einen wie mich, wenn sie kein Smartphone haben oder das Ganze ihnen zu kompliziert ist.
Lohner: Was du nach Feierabend machst, ist mir egal, aber offiziell weiß ich nichts davon. Sonst kann ich noch einen Datenschutzbeauftragten einstellen.
Maring: Oder einen Mitarbeiter dazu ernennen. Welchen Aufwand wir als kleiner Dienstleister für den Datenschutz betreiben, geht auf keine Kuhhaut.
Lohner: Auf keine Kuhhaut geht, was mir jetzt mehrere Kunden zugetragen haben, die an einem Blühstreifenprogramm teilnehmen. Das hat mit Datenschutz gar nichts mehr zu tun.
Bauer: Du meinst die Mail mit den 999 Adressen?
Lohner: Ja. Die Landwirtschaftskammer hat alle an dem Programm beteiligten Biobauern per Mail angeschrieben und sie auf ihre Mitwirkungspflicht bei der Kontrolle der Fördermaßnahmen hingewiesen. Dass dann alle weiteren Beteiligten im cc-Feld standen, ist schon dreist.
Fahrer: Mein Vetter hat mir seine Mail weitergeleitet. Jetzt wissen wir, dass bei Outlook nicht mehr als 999 Adressen in das cc-Feld passen.
Bauer: Ich habe diese Mail inzwischen auch, ich wollte es nicht glauben.
Maring: Für unseren Maschinenring und meinen Job wäre ein solcher Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung das sichere Aus.
Fahrer: Nun ist es passiert, und der verantwortliche Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin hat ein Problem.
Lohner: Wer arbeitet, macht Fehler, und selbst mir ist es schon passiert, dass ich eine Mail falsch verschickt habe. Drücken wir die Daumen, dass dort keine Köpfe rollen.
Bauer: Seit wann bist du so mitfühlend? Ich sehe das völlig anders. Wir sprechen über eine Behörde, der wir Bauern unsere intimsten Betriebsdaten anvertrauen, und die nicht einmal die Grundfertigkeiten der EDV-Anwendung beherrscht. Jeder Auszubildende würde damit durch die Prüfung rauschen.
Maring: Ich bin bei Bernd, den Mitarbeitern können Fehler passieren. Hier drängt sich aber der Verdacht auf, dass das ganze System große Defizite hat. Unsere Rundschreiben liest immer ein zweiter, und wenn wir die Adressen zum Verschicken selektieren, gilt ebenfalls das Vieraugenprinzip.
Bauer: Die jetzige Geschichte hat noch einen zusätzlichen Beigeschmack. Ein Kollege von mir hatte viele Jahre eine Internetseite für seinen kleinen Ab-Hof-Verkauf. Ausgerechnet die Landwirtschaftskammer hat ihm diesen Spaß dann mit einer Abmahnung verdorben.
Lohner: Wie das?
Bauer: Es fehlte auf seiner Seite ein Hinweis auf die EU-Förderung, der laut einer Verordnung vorgeschrieben ist. Damals wurde mit Hilfe der Mailadressen der Landwirte gezielt nach Internetseiten gesucht, um diese zu überprüfen. Habt ihr da noch Worte?
Maring: Angesichts dieses fetten Bocks nicht zu fassen.
Fahrer: Den vorgeschriebenen Hinweis hätte dein Kollege doch leicht nachfügen können.
Bauer: Aber nicht mitten in der Ernte und innerhalb von zehn Tagen. Er hat die Seite dann aus dem Netz genommen, wobei es dann geblieben ist. Dass er jetzt extra sauer ist, kann wohl jeder verstehen.
Fahrer: Mein Vetter war natürlich auch nicht begeistert, aber jedes Ding hat auch immer eine gute Seite. Und so haben wir kurz überlegt, wie wir die Mail-Adressen zu Geld machen.
Maring: Seid ihr noch zu retten? Das sind sogenannte personenbezogene Daten, das ist ein heißes Eisen.
Fahrer: Wir wollten nicht auf den Schwarzmarkt, sondern in die Biolandwirtschaft. Er hat noch eine Partie Saatgut von 2022, das er wegen der Trockenheit nicht säen konnte, und jetzt ist es zu nass. Einer von 999 Kollegen hätte sicher Verwendung dafür. Aber instinktiv hat er es sein lassen.
Maring: Das war auch gut so. Das nennt man im Fachjargon kalte Akquise oder cold call. Das ist laut Datenschutzgrundverordnung streng untersagt und kann richtig teuer werden.
Fahrer: Das wissen wir jetzt auch. Hätte sich nur ein Adressat an den Verbraucherschutz oder einen Abmahnverein gewandt, wäre die Aufforderung zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung ins Haus geflattert.
Maring: So ist es. Diese ist gebührenpflichtig, und wenn dir in der Folge nur einer nachweist, dass du dich nicht dran gehalten hast, wird es abhängig vom Wert der Sache richtig teuer, und zwar für jede verschickte Mail.
Bauer: Was du alles weißt?
Maring: Bei uns im Büro bin ich der Datenschutzbeauftragte, und manchmal bleibt bei den regelmäßigen Schulungen auch was hängen.