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OnField Fahrerkabine 4.0: Der Arbeitsplatz der Zukunft?
OnField Fahrerkabine 4.0: Der Arbeitsplatz der Zukunft?
Wie die Kabine einer Landmaschine in Zukunft aussehen könnte, haben wir bei einem exklusiven Blick hinter die Kulissen beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gesehen.
GPS-Lenksysteme sowie Sensoren zur automatischen Maschineneinstellung und -überwachung halten Einzug in die Landtechnik. Da stellt sich die Frage, wie der Arbeitsplatz des Fahrers, also die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine (engl.: Human Machine Interface, HMI), künftig aussehen muss.
Im Rahmen des Projekts „Fahrerkabine 4.0“ (Umfrage in profi 4/2021), wird deshalb ein Arbeitsplatz entwickelt, der in der Lage ist, das aktuelle Beanspruchungslevel des Fahrers zu erkennen und darauf zu reagieren. So kann einerseits eine Überforderung vermieden und andererseits bei einer geringen Beanspruchung eine Handlungsempfehlung angeboten werden.
So soll der Landwirt auf der Maschine Tätigkeiten ausführen, die sonst im Anschluss erledigt werden müssten — egal, ob die Kontrolle der Biogasanlage, des Melkroboters oder der Getreidelogistik.
Noch größer wie heute und ohne Lenkrad bietet die Kabine Platz für die verschiedenen Aufgaben.
(Bildquelle: Budde Industrie Design)
Neben dem Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation sowie dem Institutsteil für Mobile Arbeitsmaschinen des KIT sind das Institut für Agrartechnik der Uni Hohenheim sowie die Firmen Claas, Budde Industrie Design und Inmach Intelligente Maschinen GmbH an dem Projekt beteiligt. Gemeinsam wollen sie zunächst Messverfahren entwickeln, die den Zustand der Fahrerbeanspruchung erkennen. Dabei geht es unter anderem um den Puls, der per Armband gemessen wird. Als ebenfalls aufschlussreich zeigt sich das Kamera-Tracking der Augenbewegungen.
Wird eine niedrige Beanspruchung des Fahrers erkannt, können ihm dann maschinenfremde Aufgaben zur Bearbeitung angeboten werden. Um dabei den Anforderungen an ein intuitives und nutzerfreundliches „HMI“ gerecht zu werden, muss der Arbeitsplatz Fahrerkabine mit ansprechenden Interaktionsmöglichkeiten ausgestattet sein. Als besonders aussichtsreich wird hier die Verwendung von Augmented Reality angesehen.
Unter Augmented Reality (AR) versteht man eine erweiterte Realität, bei der z. B. Elemente in die Umgebung projiziert werden, ohne die Kabine mit Bedienelementen zu überfrachten. Neben Monitoren in den beiden A-Säulen und drei Dachhimmel-Displays dienen dabei insbesondere die Scheiben der Kabine als Projektionsflächen für die individualisierbaren Anzeigen.
Hinzu kommt die Erforschung der Möglichkeiten zur Sprach-Assistenz und Gesten-Steuerung in einer Landmaschinenkabine. Voraussetzung dafür sind z. B. auch Kamerasysteme, die die Umfeld-Überwachung der Maschine sicherstellen.
Für die Büroarbeit gibt es eine passgenaue Tastatur mit Trackpad, die sonst an der rechten Seitenwand geparkt wird.
(Bildquelle: Tovornik)
Erster Prototyp
Steigt man das erste Mal in die OnField 4.0-Kabine, fällt neben dem großen Platzangebot die fehlende Lenksäule auf. Stattdessen gibt es nicht nur rechts, sondern auch links vom Sitz eine Bedienarmlehne mit Joystick und Touch-Monitor. Außerdem bekommt der Sitz künftig drei Modi, die der Fahrer per Knopfdruck anwählen kann.
Nach links gedreht ist der Entspannungsmodus. In der Mitte, mit Blick auf den Erntevorsatz, hat man den Arbeitsmodus. Und nach rechts gedreht befindet sich der Fahrer im sogenannten Büromodus. Hier kann dann die Seitenscheibe als Anzeige genutzt werden. Und an der Wand hängt griffbereit eine Computer-Tastatur mit Trackpad, die passgenau zwischen den Armlehnen positioniert werden kann.
Da das System die Beanspruchung des Nutzers kennt und darauf reagiert, kann eine individuelle Unterstützung erfolgen. Dazu gilt es noch, das Auslastungsprofil mit einem möglichen Anforderungsprofil der Nebenaufgaben zu verknüpfen, das sich vor allem durch die jeweilige Tätigkeit der Person ergibt. Auch dazu ist der „Demonstrator“ entstanden, mit dem man das Zusammenspiel aller Funktionen testet. Eine Gelegenheit dazu gibt es auf den DLG-Feldtagen vom 14. bis 16. Juni. Der Abschluss des Projektes ist dann die Integration eines Funktionsmusters der Kabine auf einem Mähdrescher.