Fahrbericht
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Technischen Daten und Praxiserfahrungen vom Mähdrescher New Holland CR11
Mähdrescher New Holland CR11: Dreschen in neuer Dimension?
Auf der Agritechnica war der CR11 in Ferrari-Gold das Highlight. Jetzt konnten wir mit dem neuen Flaggschiff aus Zedelgem endlich auf den Acker. Lesen Sie selbst, wie es sich geschlagen hat.
Bereits 2014 schaffte New Holland mit dem CR10.90 den bis heute ungeschlagenen Ernte-Weltrekord mit fast 800 t Weizen in acht Stunden. Das war gleichzeitig der Startschuss für die Konstruktion eines neuen Großmähdreschers. Das Ergebnis war auf der Agritechnica 2023 zu sehen — mit der DLG-Gold prämiert und im (konzern-eigenen) Ferrari-Gold lackiert. Doch fangen wir vorne an.
Auf der Agritechnica hat New Holland jetzt den brandneuen Großmähdrescher CR 11 enthüllt. Dabei wurden auch mehr technische Details zu der neuen Maschine bekannt.
New Holland setzt beim Mähdrescher CR11 auf Schneidwerke von MacDon des Typs FlexDraper
Was die Vorsätze für den neuen Ernteboliden angeht, verlässt sich New Holland auf die FlexDraper-Schneidwerke von MacDon. Mit 13,70 bzw. 15,20 m sollten sie genug Material für den CR11 heranschaffen und gleichzeitig durch die Dreiteilung für eine gute Bodenanpassung sorgen.
Der Schrägförderer ist wie alle folgenden Drusch- und Reinigungskomponenten im Vergleich zum aktuellen CR um 15 % breiter geworden. Außerdem kann er — dank der vom Hauptgetriebe direkt nach vorne laufenden Kardanwelle — nicht nur bis zu 210 kW auf den Vorsatz übertragen, sondern er hebt auch gewaltige 6,8 t.
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Fahrerunterstützung: Der Großmähdrescher kann automatisch reversieren
Zudem gibt es eine hydraulische Schnittwinkelverstellung (± 6°) mit Hydraulikzylindern unterhalb der Kuppelplatte. Unten liegen auch der Drehpunkt und der Zylinder der „AutoFloat“-Seitenneigung, was laut New Holland den Einzug verbessert.
Womit wir bei dem bekannten „Dynamic Feed Roll“-System (DFR) wären. Die 45er Zuführwalze wird per Winkelgetriebe vom linken Rotor angetrieben — synchron mit festem Vorlauf statt mit zwei schaltbaren Drehzahlen wie beim bekannten CR.
Schon folgt ein weiteres Highlight des CR11: Bei einer Blockade kann man nämlich den Einzug samt Zuführwalze und Rotoren reversieren. In dem automatisierten Prozess wird z. B. der Riementrieb der Zuführwalze im Wechsel auf der einen oder anderen Seite gespannt, um die Maschine mit „Schaukelbewegungen“ wieder frei zu bekommen. Auch wenn wir das System nicht gefordert haben, wird sicher mancher Fahrer damit eher den Mut haben, die Maschine im Grenzbereich zu fahren.
Das Dreschwerk des CR11 besteht aus zwei 61-cm-Rotoren
Statt 2,64 m im bekannten CR sind die beiden Rotoren im CR11 fast 3,42 m lang. Außerdem sind sie im Durchmesser von 56 auf 61 cm gewachsen. Die Unterteilung in den Zuführ-, Drusch- und Abscheidebereich gleicht aber, genau wie der Aufbau, den „TwinPitch“-Rotoren im heutigen CR.
Ganz neu ist allerdings das Antriebskonzept: So ist der Motor hinten längs, leicht nach rechts versetzt, eingebaut — und zwar im gleichen Neigungswinkel wie die Rotoren. Dank geänderter Ölwanne und etwas mehr Motoröl ist das laut New Holland auch bei Talfahrten kein Problem.
Vom dahinter angeordneten Stufenlosgetriebe geht es dann per Welle links am Motor vorbei zu einem Getriebe, mit dem drei überlappende Drehzahlbereiche von 280 bis 1.370 U/min für die Rotoren realisiert werden können — super!
Vorne im Druschbereich der Rotoren sind im CR11 jeweils drei Drahtkorbsegmente eingebaut. Diese kann eine Person ein- und ausbauen, da auch die Zugänglichkeit von beiden Seiten sensationell gut ist. Auch der Rotorabschnitt für die Restkornabscheidung ist mit Drahtkorbsegmenten bestückt. Das ergibt laut New Holland eine Drusch- und Abscheidefläche von insgesamt 4,5 m2 — ein Plus von fast 50 % gegenüber dem aktuellen CR! Und natürlich hat auch der neue CR oben in den Rotorabdeckungen Leitbleche. Deren Anstellwinkel kann man aus der Kabine justieren, um die Verweildauer des Materials (und damit die Drusch-/Abscheide-Intensität) zu ändern.
Enorme Siebfläche beim Mähdrescher mit „doppeltem“ Siebkasten
Beim „TwinClean“ ist dem eigentlichen Siebkasten ein gleichläufiges Ober- und Untersieb samt eigener Kornschnecke vorgeschaltet. So kommt der CR11 auf eine Siebfläche von 8,8 m2 (gegenüber 6,5 m2 im aktuellen CR). Zudem gibt es vier Drucksensor-Systeme (zwei am vorderen, zwei am hinteren Obersieb), die über den Differenzdruck die Siebkastenbelastung messen. Ist diese (z. B. aufgrund von einseitiger Zuführung in Keilen) nicht gleichmäßig, können Vorbereitungsboden und Siebkasten unabhängig voneinander auch seitlich angelenkt werden. Am Ende des zweiten Siebkastens wird mit Verlustsensoren links und rechts der Erfolg überprüft. Laut New Holland können so auch Seitenneigungen bis 28 % (ca. 13°) kompensiert werden.
Die Überkehr wird von nur einer Schnecke mit Nachdrescher auf der linken Seite zurück zum Vorbereitungsboden gefördert. Dabei wird die Materialmenge erfasst, die Zusammensetzung leider nicht. Gerade diese Info könnte aber noch wertvolle Hinweise für die Einstellung, insbesondere der Untersiebe, liefern. Schließlich will New Holland mit dem CR11 möglichst 0 % Verluste fahren.
Ernte mit dem New Holland CR11: Einsatz im Weizen
Wir waren mit dem CR11 in Weizen der Sorte RGT Reform mit 9,7 t/ha Ertrag unterwegs. Das Korn hatte 15,3 % Feuchte, das teils noch grüne Stroh 23 %. Das Korn-/Stroh-Verhältnis lag mit 15 cm Stoppeln im 80-cm-Bestand bei 1 : 0,9. Unter den Bedingungen schaffte es der CR11 bis zum Korndurchsatz von 75 t/h die Verluste unter 0,3 % zu halten — sehr gut!
Unter diesen nicht optimalen Bedingungen war selbst bei Schwadablage der Motor mit seinen 775 PS bei dem Gesamtdurchsatz (Korn + Stroh) von etwa 150 t/h komplett ausgelastet. Erst als wir die Stoppelhöhe vergrößerten, knackte der CR11 die 100 t/h Korn (etwa 170 t/h Gesamtdurchsatz).
Auch dabei lagen die Kornverluste bei nur 0,9 %, und die Kornqualität überzeugte. Wir haben unter 1 % Bruchkorn und nur 0,5 % Besatz gemessen. Trotzdem würden einige PS mehr nicht schaden — vor allem, wenn man in kupiertem Gelände unterwegs ist und das Stroh häckseln will.
Technische Daten zum Mähdrescher New Holland CR11
Häcksler mit Radar sorgt für gleichmäßige Strohverteilung
Am Ende der Rotoren fördert eine 50 cm große Auswurftrommel das Stroh (ohne das vom CR bekannte PSD-Band) entweder direkt nach draußen, oder es wird von einem, optional aus der Kabine verstellbaren Leitblech in den Häcksler geführt. Dieser ist mit 88 Messern in sechs Reihen bestückt und dreht — anders als oft üblich — von links gesehen im Uhrzeigersinn.
Um die Häckselqualität zu beeinflussen, gibt es eine hydraulisch verstellbare Gegenschneide mit 67 Messern. Zur Orientierung wird dem Fahrer dabei der Kraftbedarf der Häckslerwelle angezeigt. Besser wäre es, die Einstellung von der Häckselqualität abhängig zu machen. Seit der Agritechnica ist ja bekannt, dass New Holland auch hier an einer Lösung arbeitet — wir sind gespannt!
Schon jetzt serienreif ist dagegen die Überwachung der Häckselgutverteilung per Radar. Das System IntelliSpread regelt einzig über die unabhängige Drehzahlsteuerung der beiden, 97 cm großen Radialverteiler mit einer beeindruckenden Genauigkeit das Streubild.
Abtankleistung einstellbar – bis zu 200l/s möglich
Das Korn wird im Siebkasten von zwei Bodenschnecken in den Kornelevator gefördert. An diesem kann unten optional ein NIR-Sensor installiert werden, etwas weiter oben sitzen die Feuchte-Messung und die GrainQuality-Cam. Sie steuert zusammen mit der übrigen Sensorik die Einstell- und Vorfahrtregelung IntelliSense. Der Fahrer wählt nur aus den Zielvorgaben „Minimale Verluste“, „Maximale Kornqualität“ oder „Maximaler Durchsatz“.
Den Korntank gibt New Holland mit 20 m3 an. Wir konnten hier 13,6 t Weizen mit 77 kg/hl bunkern. Das sind umgerechnet effektiv zwar „nur“ 17,7 m3, diese waren aber in nur 90 Sekunden übergeladen. Das entspricht mit knapp 200 l/s zwar nicht ganz den angegebenen 210 l/s, trübt aber unsere Begeisterung für weitere Details kein bisschen.
So kann man nicht nur die Auslauftülle stufenlos schwenken, sondern die Überladeleistung auch halbieren. Dazu wird einfach eine der beiden Bodenschnecken im Korntank per Tastendruck deaktiviert. Genauso lässt sich die Überladeschnecke auch bei (teil-)gefülltem Korntank komplett entleeren, indem auch die zweite Zuführschnecke einfach deaktiviert wird.
Neue Kabinendetails
Wenn auch mit neuem Dach, neuer Schürze und sowie voller LED-Beleuchtung setzt New Holland auf die bekannte CR-Kabine einschließlich Bedienung mit bewährter Armlehne samt Joystick. In der Kabine gibt es eine Vielzahl von Verbesserungen: neue (Teil-)Ledersitze mit besserer Belüftung, neues Lenkrad, Fußrasten, neue Klimaautomatik sowie IntelliView12-Display — ergänzt um ein zweites Display.
Ebenfalls Serie ist die Ausstattung mit den hydraulisch gefederten „TerraGlide“-Raupen — optional bis 40 km/h und bei 66 cm Bandbreite unter 3,50 m Außenbreite. Und das Gewicht liegt nach eigenen Angaben auf dem Niveau des CR10.90.
Die Leistung im New Holland Mähdrescher kommt vom FPT Cursor 16 Motor mit 775 PS
Leistung und Einbaulage des Motors hatten wir bereits beschrieben. Mindestens so erwähnenswert ist die gute Zugänglichkeit der Kühler direkt hinter dem Korntank und der 1.500-l-Dieseltank. Dazu passt der Wartungsplan des CR11: Vom Schneidwerk abgesehen, gibt es keinen täglich zu schmierenden Nippel! Auch die Zahl der Riementriebe konnte man im Vergleich zum aktuellen CR noch einmal drastisch reduzieren und Ketten sucht man komplett vergebens — sehr gut!
Anders als hydropneumatische Systeme pulsiert die mechanische Sicherung der Rotorkörbe nicht. Sie rastet bei Überlast komplett aus, und per Elektromotor fährt man die Körbe wieder in Arbeitsposition.
Das „CrossFlow“-Gebläse ist hydraulisch angetrieben inklusive Drehzahlanpassung bei Bergauf- und -abfahrt.
Die Spreu gelangt direkt in den Radialverteiler. Über eine „Maisklappe“ geht das auch mit dem Rotorabgang.
Der Häcksler kann elektrisch zum Service geklappt werden. Zudem hat er zwei einstellbare Drehzahlen (900/3.600 min-1).
Es gibt neue Spiegel, eine 360°- Kamera und einen Kompressor mit Schlauch, Lanze und fünf Anschlüssen rundherum.
Der neue CR10 ist vom Aufbau her identisch, allerdings mit kleinerem Korntankaufsatz (16 m3), 159 l/s Entleerrate sowie Cursor 13 Motor mit 467 kW/635 PS.
Vom neuen CR laufen 19 Maschinen, 17 davon in Europa. Der Serienstart ist für Anfang 2025 geplant.
Preise für den neuen CR gab es zum Redaktionsschluss Ende Juli noch nicht.
Fazit
New Holland hat mit dem CR11 einen komplett neuen Ansatz in Sachen Antriebstechnik gewählt. Außerdem bietet die Maschine eine Vielzahl von Detaillösungen, die es so noch nicht gab. Angefangen beim automatischen Reversier-Prozess für die gesamte Maschine bis hin zu einer Regelung der Häckselgutverteilung per Radar.
Außerdem hat der CR11 ein Leistungspotenzial, das neue Maßstäbe setzen könnte. Bei unserem Fahrbericht in einem Weizenbestand mit knapp 10 t Ertrag und teils noch grünen Stoppeln begrenzte jedoch der Motor die Leistung und verhinderte vorerst neue Rekorde.
Mit dem CR11 geht New Holland auch in der Verkaufsargumentation neue Wege. So sollen die Erntekosten je Hektar durch die Anschaffung deutlich gesenkt werden, insbesondere auch durch eine perfekte Strohverteilung und minimale Kornverluste. Wir freuen uns deshalb auf einen Praxistest, um die neue Dimension des Dreschens noch besser einordnen zu können.