Maring: Das Futter ist bereits im dritten Jahr sehr knapp. Leidet euer Dorf immer noch unter chronischem Ballenschwund?
Bauer: Liest du keine Zeitung? Es gab einen Bericht über unsere Ballenverfolgungsjagd, wobei allerdings kaum etwas richtig widergegeben war.
Fahrer: Dann wollen wir jetzt die Wahrheit hören.
Bauer: Seit Jahren verschwanden immer wieder Rund- und Wickelballen. Wir Landwirte haben uns dann zusammengerauft und gemeinsam eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
Maring: Das ist konsequent.
Bauer: Die Polizisten sind alle sehr nett, aber eine gute Idee, wie der Ballenklau zu stoppen war, hatten sie nicht. Und mit jedem neuen Diebstahl waren sie etwas genervter.
Fahrer: Welch Wunder.
Bauer: Doch hatte mein Nachbar einen Geistesblitz. Er ließ den Hut rumgehen und kaufte zwei kleine GPS-Tracker. Mit jeweils 80 Euro überstieg der Preis den Wert eines Ballens deutlich, aber es half ja nichts.
Lohner: Wie habt ihr die Teile installiert?
Bauer: Wir haben die Sender unter die Folie geschoben. Dazu wählten wir die Ballen aus, die unserer Meinung nach am einfachsten zu laden waren.
Maring: Wie funktioniert solch ein Gerät?
Bauer: Du kaufst den Tracker und meldest ihn beim Onlineportal des Herstellers an. Das Teil enthält einen GPS-Empfänger und eine SIM-Karte. Der Akku hält im Schlafmodus bis zu 60 Tage. Wenn der Strom zur Neige geht oder der Sender einen definierten Kreis verlässt, kriegst du einen Alarm auf dein Handy.
Maring: Hört sich sehr ausgetüftelt an.
Bauer: Wie es genau funktioniert, stand im April in profi. Aber lange Zeit verschwanden in der ganzen Gemeinde immer ausgerechnet solche Ballen, die wir nicht mit einem Sender ausgestattet hatten. Vielleicht hatte der Spitzbube Lunte gerochen? Daraufhin kauften wir noch einmal zwei nach.
Lohner: Ihr hättet euch auf die Lauer legen können.
Bauer: Vergiss es. Unser unbekannter Freund war ein Profi. Doch am vorigen Mittwoch hat er sich verzockt.
Fahrer: Jeder macht mal einen Fehler.
Bauer: Es war fast 23 Uhr, und ich wollte gerade ins Bett, da bekam ich eine Nachricht von einem der GPS-Tracker in den Ballen. Ich alarmierte sofort meinen Nachbarn und einen weiteren Freund im Dorf, der Polizist ist.
Maring: Was war mit der Nummer 110?
Bauer: Klar, die Polizei alarmierte ich natürlich auch. Über eine SMS an den Tracker schickte der Sender seine GPS-Position zurück, und mit einem Klick öffnete sich Google Maps auf dem Handy. So konnten wir die Beute schon mal orten.
Lohner: Den Burschen hätte ich mir sofort gegriffen.
Bauer: Wir fuhren im sicheren Abstand hinterher. Von einer überhasteten Aktion riet unser Polizist im Verfolgungsteam dringend ab. Per Handy wies er seine Kollegen im Einsatzwagen an, sich uns anzuschließen und zunächst keinen Zugriff durchzuführen.
Fahrer: Dann hattet ihr ja großes Kino.
Bauer: Den Ballenwagen mit zwei Autos zu verfolgen, war keine gute Idee. Inzwischen hatte der Fahrer das Licht ausgeschaltet, und plötzlich bog er links ab.
Maring: Nichts wie hinterher.
Bauer: Leichter gesagt als getan, denn dort ging es auf einen Truppenübungsplatz! Die Polizisten kapitulierten vor dem zerfurchten Feldweg und wiesen mich an, die Verfolgung per SMS und Handy aufrecht zu halten.
Lohner: An der Stelle des Diebes hätte ich die Ballen abgekippt und wäre abgehauen.
Bauer: Scheinbar wusste er nicht, dass seine Beute mit Sendern markiert war. Unser Polizist konnte seine Kollegen dann davon überzeugen, Verstärkung anzufordern.
Maring: Kamen die mit geländegängigen Fahrzeugen?
Bauer: Nein, aber nach 15 Minuten waren wir dort mit fünf Wagen. Ich konnte sehen, wo die Ballenfuhre war, und wir kreisten sie vorsichtig ein.
Fahrer: Auf einem Truppenübungsplatz bei Nacht?
Bauer: Das war schon abenteuerlich, zumal dort mit Schildern vor Bildgängern gewarnt wird. Nach anderthalb Stunden konnten wir den Missetäter einkeilen, und zum Glück war er nicht bewaffnet.
Lohner: Das war für dich doch bestimmt als wenn Geburtstag und Weihnachten zusammenfällt. Schließlich hatte die jahrelange Suche ein Ende.
Bauer: Es war hochdramatisch, und ich war zuerst froh, dass mein Auto noch ganz war. Die Festnahme war dann sehr bewegend. Es handelte sich um einen Landwirt aus der Nachbargemeinde, der sowohl mit Futter als auch mit Geld sehr knapp ist. Ein Polizist deutete an, dass dieser schon häufiger auf die Weise in Erscheinung getreten sei.
Maring: Wie ging es weiter?
Bauer: Der Mann wurde mit aufs Revier genommen. Meine Nachbarn und ich fuhren nach Hause. Ich baute die Ballengabel an den Traktor, hängte einen Wagen an und holte mir meine Ballen vom Truppenübungsplatz zurück. Um kurz vor drei Uhr war ich im Bett.
Fahrer: Das ist ja Stoff für einen Krimi.
Bauer: Wir sind alle froh, dass der Ballenklau zu Ende ist. Und dankbar sind wir meinem Nachbarn dafür, dass er die geniale Idee mit den GPS-Trackern hatte. Aber richtig freuen kann sich keiner, wenn ein Berufskollege dermaßen in Not ist und nicht mehr weiß, wie er sein Vieh satt bekommen soll.