Technik

Bruchkornanteile beim Mähdrusch: Gibt es ungesehene Kornverluste?

Beim Wettbewerb wird zunehmend mit geringen Bruchkornanteilen geworben. Aber stimmt die Berechnung des Bruchkornanteils der Druschsysteme, und gibt es ungesehene Verluste? Ein Beitrag von Prof. Dr. Thomas Rademacher, TH Bingen.

Bruchkornanteil bei der Ernte

Bruchkorn findet sich zu rund 90 % im Bunker und nur zu 10 % im Mähdrescherabgang. (Bildquelle: Wilmer)

Gut zu wissen

- Nach Schätzung und Siebmethode wird der Bruchkornanteil in der Regel als zu hoch bewertet.
- Die verbreitete Annahme, dass Bruchkorn zu 50 % im Bunker und zu 50 % im Mähdrescherabgang auftritt, ist ein Irrglaube.
- Exaktversuche mit verschiedenen Druschsystemen haben gezeigt, dass sich im Mittel rund 90 % des Kornbruchs im Kornbunker befindet und nur etwa 10 % hinter dem Mähdrescher.
Körnerbruch entsteht immer dann, wenn möglichst gut entspelztes und entgranntes Korn gedroschen werden soll. Dabei kommen system­bedingt die Einzelvorgänge des Dreschens — Schlagen, Reiben und Zentrifugieren — unter­schied­lich zum Tragen. Das Risiko, Bruchkorn zu erzeugen, ist aufgrund des mehr schlagenden Drusches bei einem Tangential-Dreschwerk (Schüttler- und Hybrid-Mäh­drescher) größer als beim mehr reibenden Axialrotor-Dreschwerk.
Beim Tangential-Dreschwerk entscheiden oft nur geringe Änderungen bei der Trommeldrehzahl oder der Dreschspaltweite über zu hohe oder noch akzeptable Bruchkornwerte (Grafik: „Bruchkornanteil bei steigender Drusch­­intensität“). Doch auch mit diesen Mähdreschern sind geringe Bruchkornanteile möglich, wie viele Messungen belegen.

Geschätzte Bruchkornanteile

Oft wird der Körnerbruch geschätzt. Die Schätzgenauigkeit hängt von der Erfahrung der Schätzperson, also vom Abgleich mit Messwerten ab. Sehr häufig verfehlen die Schätzungen den tatsächlichen Bruchkorn­anteil deutlich, wie Untersuchungen der TH Bingen zeigen: Hier wurde anhand von 72 Kornproben nachgewiesen, dass der Kornbruch in der Regel als viel zu hoch eingeschätzt wird (Grafik: „Bruchkornanteil: geschätzt contra gemessen“).
Die Abzugstabelle gemäß den Richtlinien der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beginnt bei 3 % Bruchkornanteil. Von den 72 Kornproben eines Schüttler-Mähdreschers lagen nur drei Proben im Bereich von 3 % oder mehr Kornbruch.

Gemessene Bruchkornanteile

Bei Exaktversuchen mit Mähdreschern wird der Bruchkornanteil im Labor aus einer Original-Kornprobe von 100 g Masse per Hand selektiert. Er beinhaltet alle angeschlagenen Körner, Kornteile sowie Mehlkörperteile und gibt eine Aussage über den tatsächlichen Bruchkornanteil im Bunker.
Viele Versuchsansteller, aber auch der Handel versuchen, diesen Selektionsvorgang durch Siebung zu ersetzen. Das passt jedoch vor allem bei hohen Vollkorn- und Kleinkorn­anteilen nicht. Denn gebrochenes Weizen-Vollkorn fällt nicht immer durch das 2-mm-Langlochsieb (2,2-mm-Lang­­lochsieb bei Gerste), weil es zu dick ist — der Körnerbruch wird dann als zu gering bewertet. Bei hohem Kleinkornanteil werden dagegen Schmachtkörner auch als vermeintlicher Bruch ausgesiebt — der Körnerbruch wird demnach hier als zu hoch bewertet.
Reihenuntersuchungen zeigen, dass der per Siebmethode festgestellte Bruchkornanteil nicht der Realität entspricht (Grafik: „Bruchkornanteil: gesiebt contra gemessen“ auf der nächsten Seite). Bei durchschnittlich ausgeprägtem Korn wird per Sieb ein zu geringer Bruchkornanteil selektiert. Leider gibt es keine Norm, die beschreibt, wie der Körnerbruch zu bestimmen ist. Meist wird auch nicht beschrieben, ob per Hand- oder per Siebmethode vorgegangen wurde. Die Werte sind deshalb wenig nachvollziehbar.

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