Gut zu wissen
- Freie Satellitendaten lassen kleinräumig Rückschlüsse auf die Biomasse zu. Daraus entstehen Teilflächen-Applikationsdateien.
- Für die Erstellung dieser Dateien in Eigenregie gibt es Plattformen. Apps zeigen im Feld die Zonen an, um die Planmengen von Hand zu steuern.
- Bei allen Systemen kann der Betriebsleiter jederzeit von Hand eingreifen.
Meistens ist es im Leben nicht zielführend, sich auf kostenlose Angebote zu stürzen. Zu den berühmten Ausnahmen gehören die Satellitendaten aus dem EU-Programm Copernicus. Diese sind frei abrufbar, relativ aktuell und können unter anderem den Aufwuchs auf landwirtschaftlichen Flächen kleinräumig widerspiegeln.
Eine Reihe von Softwarefirmen haben auf Basis dieser Daten bezahlbare Werkzeuge für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung entwickelt. Sie verfügen über die Fachleute, die Software und die Rechenleistung, um große Datenmengen zu verarbeiten. Diese wandeln sie in sichtbare Bilder um, welche die Biomasse zeigen.
Die Pioniere der Teilflächen-Apps
Ein Pionier in dieser Technologie ist die Firma Vista aus München. Von 2010 bis 2014 entwickelte sie gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität ein Verfahren, um aus Luftbildern mehrerer Jahre sogenannte Basiskarten zu erzeugen. Diese machen ähnlich wie Ertragsdaten die Unterschiede in den Feldern sichtbar.
Die Basiskarte hat gegenüber Ertragskarten einen entscheidenden Vorteil: Sie bildet alle Kulturen ab, die im Laufe der Jahre auf dem Schlag angebaut wurden. Denn auch Kartoffeln und Zuckerrüben zeigen Unterschiede. Ertragskarten lassen sich dagegen nur bei Drusch- und Häckselfrüchten erzeugen.
In die Praxis kommt diese Teilflächentechnologie als TalkingFields, eingebunden in die Software von FarmFacts, früher Land-Data Eurosoft und heute ein Unternehmen der Baywa. Nach wie vor bietet FarmFacts den Landwirten die Teilflächendaten in verschiedenen Varianten an. Wie ihre später eingestiegenen Wettbewerber nutzen Vista und FarmFacts inzwischen anstelle von optischen Luftbildern auch die eingangs angesprochenen Copernicus-Satellitendaten.
Innovation aus Baasdorf
Ein weiterer Pionier war die Firma Agro-Sat aus Baasdorf in Sachsen-Anhalt. Dieses Unternehmen entstand in einem großen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Betriebsleiter Ulrich Wagner bereits 1995 für sich selbst ein PC-basiertes Teilflächenmanagement entwickelte. Er und seine Mitarbeiter verarbeiteten Ertrags-, Bodenproben- und Bodenschätzungskarten sowie Bodensensordaten zu Applikationskarten für die Düngung. Mit ihrer Technik und der Vorgehensweise waren sie auf Augenhöhe mit den öffentlich geförderten Projekten. Während diese fast alle verschwanden, gelang es Agro-Sat, mit seinem Teilflächendienst auch in anderen landwirtschaftlichen Betrieben Fuß zu fassen.
Das universelle Werkzeug
Vor zehn Jahren ging Agro-Sat mit der Firma geo-konzept mit Sitz in Adelschlag (Bayern) zusammen. Gemeinsam mit der Agravis-Tochter NetFarming (Hannover) entwickelten sie ein internetbasiertes Teilflächenmanagement, das den Namen iXmap trägt. Dabei handelt es sich um ein Basissystem ähnlich einem Werkzeugkasten, mit dem professionelle Dienstleister ihr Angebot für die landwirtschaftliche Praxis aufbauen können.
geo-konzept hat im Bereich der Teilflächenbewirtschaftung auch die Aufgaben und die Kundschaft von Agro-Sat übernommen. geo-konzept stellt unter dem Namen FARMinfo ein zweigleisiges Angebot zur Verfügung.
Zum einen handelt es sich um die Erstellung von Applikationsdateien als Dienstleistung. Dazu können Landwirte wie früher eigenes Karten- und Datenmaterial zur Verfügung stellen und hochladen. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, dass die Applikationsdateien auf der Basis der eingangs erwähnten Satellitendaten erstellt werden. Zum anderen bietet FARMinfo auch die Möglichkeit, dass Landwirte selbst ihre Applikationsdateien auf der Basis von Satellitendaten generieren.
Von den Genossen
Die Firma NetFarming geht einen Mittelweg. Die Landwirte können sich im Portal unter netfarming.de ein Konto anlegen und ihre Flächen dort einzeichnen oder die Feldumrisse aus dem Prämienantrag (Invekos) hochladen. Das System benötigt dann weitere Angaben wie die aktuelle Frucht und ob Dünger, Saatgut oder Wachstumsregler ausgebracht werden soll. Der Landwirt kann drei, fünf, sieben oder neuen Abstufungen generieren lassen. Wichtig ist auch die Angabe, mit welcher Technik er im Feld arbeitet.
Die Mitarbeiter von NetFarming erzeugen dann auf Grundlage der Copernicus-Daten eine sogenannte Management-Zonenkarte. Diese wird anschließend in eine Download-Datei überführt, die der Landwirt laden, speichern und per USB-Stick in sein Traktorterminal übertragen kann. Eine Schnittstelle zum agrirouter für die Fernübertragung hat NetFarming noch nicht.
Der Neuling
Erst seit 2019 ist die Firma Geo-Pard Agriculture mit Sitz in Bonn (Rheinland) im Teilflächengeschäft aktiv. Die Ursprünge liegen in Russland und der Ukraine. Die Internetseite ist zur Zeit in Englisch, Russisch und Ukrainisch verfügbar. Geo-Pard verfügt über umfangreiche und langjährige Satellitendaten. Das System ist in der Lage, auch Ertragskarten und Bodenprobenzonen zu verrechnen. Als Ausgabedateien der Teilflächenkarten bietet Geo-Pard Agriculture shp- und ISO-xml an.
Die bis hierher beschriebenen Systeme arbeiten überwiegend in Dienstleitung für die Landwirtschaft. Sie nutzen dafür langjährige Teilflächendaten aus verschiedenen Fernerkundungsquellen. Die Betriebsleiter können weiterhin betriebseigene Teilflächendaten in die Berechnungen einfließen lassen. Und natürlich arbeiten sie auch mit den freien Copernicus-Daten.
Mach es selbst
Eine Handvoll von Anbietern hat aus diesen Daten eine ganz neue Art von Dienstleistung entwickelt. Sie bieten den Landwirten ihre Teilflächenportale und Apps zum Selbermachen an. Die Praktiker können aus einer Vorauswahl von Teilflächenkarten einen Tag bestimmen, der die Ertragspotenzialunterschiede innerhalb ihrer Felder nach ihrer Erfahrung am besten widerspiegelt. Und das Beste dabei ist, dass sie zur Umsetzung der Saat, Düngung oder Spritzung nicht zwingend eine moderne ISO-Bus-Technik und ein aufwändiges Datenmanagement im Hof-PC benötigen.
Claas ist auch dabei
Der erste Anbieter eines solchen Teilflächenportals ist Claas CropView als Baustein von 365FarmNet.de. Die Voraussetzung ist, dass der Landwirt seine Feldgrenzen in der kostenlosen Schlagkartei des Systems erfasst. In Claas CropView sind fünf Biomasse- oder Ertragszonen vorgegeben. Nach der Auswahl eines oder mehrerer Schläge ist im Kalender zu sehen, für welche Tage in der Vergangenheit wolkenfreie Aufnahmen vorliegen.
Anschließend lässt sich eine Zonenkarte für jedes Feld erzeugen. Darin lassen sich die geplante Durchschnittsmenge, der untere und obere Wert oder die Abweichung vom Mittelwert in beide Richtungen sowie die Strategie Qualität oder der Ausgleich festlegen. Daraufhin berechnet das Programm die jeweiligen Mengen für jede Zone. Diese ist für jede Kachel oder ganze Bereiche auch manuell änderbar. Anschließend lässt sich eine Applikationsdatei erzeugen. Diese kommt per Download auf den PC, und von dort wird sie per USB-Stick in ein ISO-Bus-Terminal mit der App „Taskcontroller VR“ geladen.
Damit sich die Teilflächendüngung im Feld umsetzen lässt, ist noch ein GNSS-Empfänger auf dem Traktor nötig. Darin unterscheidet sich Claas CropView nicht von den zuvor genannten Systemen. Aber immerhin hat der Landwirt die Möglichkeit, seine Applikationsdateien selbst anzufertigen und kann entsprechend Geld sparen.
Komplett in Eigenregie
Der nächste im Bunde ist MyDataPlant von der Kleffmann-Digital GmbH. Dieses System konzentriert sich auf die schnelle Erstellung von Applikationskarten auf Basis von Satellitendaten und enthält keine Schlagkartei. Die Feldumrisse kann man einzeichnen oder aus anderen Quellen wie dem Invekos-Antragsprogramm, dem John Deere Operation Center oder Exatrek hochladen. Nach dem Aufruf eines Schlages kann man direkt Biomassekarten verfügbarer Zeitpunkte auf einer Zeitachse auswählen.
In weiteren Schritten werden die Ausbringstrategien angegeben und die gewünschte Karte erstellt. Wie auch bei Claas CropView lassen sich Bereiche in der Zonenkarte markieren und die vorgeschlagenen Werte von Hand überschreiben. MyDataPlant generiert Saat-, Dünge- und Ausbringkarten für Wachstumsregler und Fungizide.
Nach dem Erzeugen der Datei lässt sich diese exportieren und landet im Download-Ordner des PC. Alternativ lässt sich diese über den agrirouter oder Exatrek direkt an das Traktorterminal senden.
Doch jetzt folgt eine Besonderheit: Für MyDataPlant gibt es den „CropNavigator“ als kostenlose Android-App. Im Internetportal lassen sich die Applikationsdateien in einem speziellen Format für diese App erzeugen. Mit einem Tablet auf dem Traktor kann man sich damit beim Säen, Düngen oder Spritzen die Position im Feld anzeigen lassen. Die Zonen für die unterschiedlichen Ausbringmengen sind farblich gekennzeichnet. Diese Technik ermöglicht es dann, ohne extra GNSS-Empfänger und ISO-Bus-Terminal dennoch teilflächenspezifisch zu arbeiten.
In großer Schrift werden die geplante Ausbringmenge sowie die Ist- und die Soll-Geschwindigkeit angezeigt. Wer über einen Bordcomputer mit einer geschwindigkeitsunabhängigen Dosierung verfügt, kann allein die aktuelle Sollmenge vom Tablet ablesen und diese über die Plus-Minus-Tasten einstellen.
Alles per App
Einen ganz eigenen Weg zur Erzeugung von Teilflächen-Applikationsdateien geht Solorrow, eine Tochter der Firma Spatial Business Integration GmbH (SBI) aus Darmstadt. SBI gehört zu den weltweit größten Anbietern satellitenbasierter Datendienste. Solorrow erzeugt Biomasse- und Teilflächendüngekarten direkt auf dem Smartphone bzw. iPhone. Die App ist kostenlos im jeweiligen Store zu bekommen. Anders als bei den anderen Diensten gibt es kein extra Internetportal.
Die Software und die Datenbasis von Solorrow befinden sich auf den Servern des Anbieters. Das Tablet, iPad, Smartphone oder iPhone und die App dienen lediglich als Bedienoberfläche. Solorrow greift auf die Luftbilddienste von Google oder Apple sowie auf die interne Satellitenortung zurück. Auf diese Weise findet man in aller Kürze seinen Betrieb und die Flächen. Mit einem Klick in ein Feld legt Solorrow automatisch einen Feldumriss an. Wenn dies nicht passt, lässt sich der Umriss von Hand korrigieren. Im Anschluss erstellt das System eine Biomassekarte mit zunächst fünf unterschiedlichen Zonen.
Solorrow greift auf bis zu fünf Jahre alte Vegetationsdaten zurück. Der Landwirt selbst kann keine Zeitpunkte auswählen. Wohl aber ist es möglich vorzugeben, ob man säen, streuen oder spritzen will. Die Anzahl der Zonen kann zwischen drei und elf variieren. Das Programm berechnet die Teilflächenmengen aus einer Durchschnittsmenge und einer Spreizung. Diese sind ebenfalls für jede Zone von Hand modifizierbar.
Nach dem Export versendet Solorrow eine E-Mail mit einer shp- oder ISO-xml-Datei für die Steuerung eines ISO-Bus-Gerätes. Alternativ lässt sich Solorrow beim agrirouter oder John Deere Operation Center als Endpunkt einrichten, so dass die Dateien dann direkt im Traktorterminal ankommen. Wer keinen teilflächenfähigen Bordcomputer und keinen Satellitenempfänger auf dem Traktor hat, dem bietet Solorrow den sogenannten „Fahrmodus“. Dabei handelt es sich wie beim CropNavigator von MyDataPlant um eine Feldnavigation, die die Teilflächen erkennt und die jeweilige geplante Ausbringmenge anzeigt. Wenn auch die Arbeitsbreite des Gerätes erfasst wurde, kann Solorrow zusätzlich eine Bedeckungskarte für bereits besäte, gedüngte oder behandelte Areale anzeigen.
Der Stickstoffspezialist
Die Letzte im Bunde der Apps ist Atfarm von Yara Digital Farming. Diese gibt es für iOS und Android. Atfarm ist auf Stickstoffdünger spezialisiert, die Aussaat und den Pflanzenschutz deckt das Programm nicht ab. Lediglich die Grunddüngung und Kalkung wären damit möglich. Das System ist wie MyDataPlant internetbasiert, und die vorbereitenden Arbeiten wie das Anlegen der Felder und die Auswahl der Dünger erfolgen am besten am Büro-PC.
Für die Berechnung der Teilflächenpotenziale nutzt Atfarm ebenfalls die Daten der Sentinel-2-Satelliten und eine vergleichbare Datenaufbereitung wie bei den anderen Systemen. Die Teilflächenmengen werden entweder als shp- oder ISO-xml-Datei ausgegeben und per Mail verschickt.
Alternativ kann die Applikationsdatei auch für eine App erzeugt werden, um ein Tablet oder ein Smartphone zur teilflächenspezifischen Feldnavigation zu nutzen. Wie der CropNavigator und Solorrow kann Atfarm abhängig von der Planmenge im jeweiligen Teilflächenareal die nötige Menge anzeigen. Diese lässt sich dann manuell am Bordcomputer einstellen. Zusätzlich bietet die App noch die Möglichkeit, die jeweils passende Fahrgeschwindigkeit anzuzeigen. Dann kann der Fahrer die Düngermenge über die Lastschaltung oder das Fahrpedal steuern.
Die Preise
Wer sich fragt, wie teuer eine Teilflächenapplikationskarte oder -datei ist, kann mit Preisen zwischen 10 Cent und 10 Euro pro Hektar und Applikation rechnen. Die in Dienstleitung erstellten und oft mit betriebsspezifischen Daten verschiedenster Quellen erzeugten Karten sind die teuersten. Die in Eigenregie produzierten Steuer- oder Anzeigedateien sind am preiswertesten. Die Preismodelle sind teils sehr unterschiedlich.
Das Fazit
Spezialisierte Dienste nutzen Satellitendaten, um Teilflächendateien zu erzeugen. Diese werden entweder im Auftrag erzeugt oder zur Selbsterstellung angeboten. Wer bereits eine ISO-Bus-Technik mit GNSS-Empfänger hat, kann so durchstarten. Alternativ gibt es Apps für Smartphones und Tablets als optische Anzeige. Und weil alle Systeme im Feld umverteilen, ist es legitim, vom gelebten Sozialismus zu sprechen.