Einsatzbericht Veredlungstechnik
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Ferkelzähler Big Dutchman Ro-Main SmartCounting im Einsatzbericht
Ferkelzähler Big Dutchman Ro-Main SmartCounting im Einsatzbericht
Die aus Kanada stammende Technik SmartCounting zählt Ferkel und Mastschweine bei ihrem Lauf über den Zentralgang. profi erhielt exklusiv einen ersten Blick auf das Kamerasystem.
Stimmt: In den vergangenen Jahren gab es schon diverse Berichte über neue Kamerasysteme zum Zählen von Ferkeln. Nach profi-Informationen sind jedoch alle Entwicklungen nicht auf den Markt gekommen. Mit einer Ausnahme: SmartCounting von Ro-Main aus Kanada ist seit 2018 erhältlich. Schon heute werden damit täglich 400.000 Schweine gezählt, so der in der Provinz Quebec ansässige Hersteller.
Dieser Erfolg rief Big Dutchman auf den Plan. Im November 2023 schloss man deshalb einen Vertrag zum Vertrieb von SmartCounting. Das erste in Deutschland installierte System konnte profi exklusiv unter die Lupe nehmen.
Spart kostbare Zeit
Beim Handel von Schweinen zählen Stückzahl und Gewicht. Das Zählen der Tiere obliegt dabei immer noch der Natur und dem Verstand des Menschen. Gut, 50 oder 100 Ferkel mit dem bloßen Auge zu zählen ist keine Kunst — eigentlich.
Fakt ist aber, dass das Zählen kostbare Zeit beansprucht — vor allem, wenn man nachzählen muss. Fakt ist auch, dass man durch das manuelle Zählen keinen Blick mehr für die Tiere hat. Ferkel mit Nabelbrüchen oder Tiere mit dicken Gelenken gehen so ungewollt auf Reisen.
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Ein schnelles und zu 99,9 % genaues Zählen von Ferkeln und Mastschweinen verspricht Ro-Main mit dem SmartCounting. Zum System gehören eine Industriekamera (IP 67) und die mobil einsetzbare, in einem Metallkasten untergebrachte Prozessoreinheit EIP (Edge Intelligent Platform).
Befestigt wird der Kasten an der Stallwand mit einer magnetischen Konsole. Bei wechselnden Einsatzorten bleibt so die etwa 4 kg schwere Prozessoreinheit auch ohne Verschrauben sicher fixiert.
Auf der Vorderseite befinden sich Drucktasten sowie ein kleines Farbdisplay. Und im Gehäuse liegt versteckt die für den Zählvorgang notwendige Technik. Neben der Steuerung zählt dazu ein WLAN-Netzwerk zum Koppeln eines Smartphones, Tablets etc. Ein integrierter Akku sorgt zudem dafür, dass der Prozessor auch bei Spannungsschwankungen gut arbeitet.
In Echtzeit und im Speicher
Das Ergebnis einer jeden Zählung wird in Echtzeit am Display, am Smartphone, Tablet oder PC angezeigt. Zusätzlich speichert das Gerät jeden Zählvorgang für länger als 30 Tage, zusätzlich jedes Video für 30 Tage. Bei Unstimmigkeiten mit dem Abnehmer oder Lieferanten kann so das dem Geschäft zu Grunde liegende Video zur Klärung per Mail geschickt werden.
Durch die Ausstattung mit einem LAN-Anschluss muss man für diesen Transfer nicht im Stallbüro sein. Wobei folgender Hinweis wichtig ist: Für den täglichen Zählbetrieb benötigt das SmartCounting-System keinen Internetanschluss!
Drei Voraussetzungen
Das Zählen basiert beim Kamerasystem SmartCounting auf einer intelligenten Umrisserkennung — was erklärt, warum Schweine gezählt werden, Menschen oder Hunde jedoch nicht.
Voraussetzung für einen reibungslosen Betrieb ist allerdings, dass die etwa 1,30 m lange Zählzone unter der Kamera gleichmäßig ausgeleuchtet ist. Für eine Beleuchtungsstärke von 100 Lux sollte deshalb zur Kamera immer eine Leuchte installiert werden. Von außen einfallendes Licht kann ebenfalls das Zählergebnis beeinflussen, weshalb sich im Bereich des Zählabschnitts kein Fenster befinden sollte.
Der zweite Punkt betrifft das Treiben der Tiere durch die Zählzone. Denn das System erkennt die Tiere sehr gut im Stehen und beim Laufen. Aber nur, wenn die Tiere nicht aufeinander herumsteigen oder sich gar übereinander türmen. Dann ist der Umriss eines Tiers nicht deutlich genug zu erkennen.
Davon abgeleitet ist wichtig, dass die Tiere von sich aus in Bewegung bleiben. Die Zählzone sollte deshalb nicht im Bereich zugiger Außentüren liegen, wechselnde Böden aufweisen und nicht unmittelbar vor der Verladerampe positioniert sein.
Die dritte Voraussetzung für ein exaktes Zählergebnis ist das Verhältnis von Gangbreite zur Einbauhöhe. Hintergrund hierfür ist die feste Brennweite der Kamera. Diese bedingt, dass bei einer Einbauhöhe von 2,40 m der Gang maximal 2,10 m breit sein sollte. Bei 3 m Höhe beträgt die Gangbreite maximal 2,75 m und bei einer Montagehöhe von 3,60 m höchstens 3 m. Passt die Gangbreite nicht zur Einbauhöhe, bietet das Aufstellen mobiler Trennwände möglicherweise eine Lösung im Alltag.
Die Praxis
Wir haben das System in einem niedersächsischen Betrieb mit 1.200 Muttersauen und eigener Ferkelaufzucht unter die Lupe genommen. Das SmartCounting war hier seit drei Monaten im Betrieb und wusste bereits in dieser Zeit zu überzeugen — insbesondere, weil die Ergebnisse verlässlich und die Handhabung einfach sind.
Der Betrieb nutzt das System dabei nicht nur für den Verkauf von Ferkeln, sondern auch beim Absetzen. So ist gewährleistet, dass in jedes Abteil nicht mehr Tiere eingestallt werden, als es ein Ringelschwanz-Förderprojekt zulässt.
Die Begeisterung für die Handhabung teilen wir. Denn nach Installation der Technik und Einrichtung der Zählzone genügt das Drücken des Start-Buttons am Gerät — und schon beginnt das Zählen der Schweine, die in der Zählzone unter der Kamera herlaufen. Nach weiterem Drücken der grünen Taste pausiert das System, mit der roten Taste stoppt das Zählen — total einfach!
Gruppenerkennung
Ebenso leicht ist das Zählen von Gruppen: Man startet dafür im Menü „Gruppenzählung“ jede Zählung manuell, am Ende wird die Summe aller Tiere ausgewiesen. Oder man überlässt es dem System, eine Gruppe zu definieren. Dafür genügt eine Zählpause von zwei Sekunden. Erscheinen dann wieder Ferkel in der Zählzone, ordnet das System diese Tiere einer anderen Gruppe zu.
Wichtig: Das Kamerasystem unterscheidet zwischen Ferkeln, die aus dem Stall in Richtung Ausgang laufen und Ferkeln, die von der Rampe in Richtung Stall laufen. Dieses Prinzip gilt auch für die Tiere, die innerhalb der Zählzone umdrehen. Sollte also ein gezähltes Tier vor der Verladerampe wieder umdrehen und in den Stall zurücklaufen, wird das Tier wieder von der Gesamtzahl abgezogen. Der Tierhalter kann sich so auf die wichtigen Dinge beim Verladen konzentrieren, ohne auf die Technik achten zu müssen — toll!
Übrigens: Bringt man z. B. ein Bruchferkel auf dem Arm zurück in den Stall, kann man durch ein Drücken der Minustaste das Tier von der Gesamtsumme abziehen — oder mit der Plustaste hinzuaddieren.
Praktisches Wi-Fi
Bei unserem Einsatz scannten wir auch den auf der Rückseite des Geräts aufgedruckten QR-Code. Wir konnten so mit unserem Smartphone eine Wi-Fi-Verbindung zum SmartCounting-System herstellen — wohlgemerkt in weniger als 30 Sekunden! Über die sich öffnende Web-Anwendung erhielten wir sogleich Zugriff auf die Kamera und konnten damit sofort Zählungen durchführen und in Echtzeit verfolgen.
Damit nicht genug: Nach Abschluss der Zählungen erstellt das Smartphone einen Lieferschein im PDF-Format. Mit einem Drucker kann man so vor Ort einen Lieferschein drucken und damit den Verkauf sehr leicht dokumentieren — klasse. Der wischfeste QR-Code bietet damit Stallmitarbeitern und auch dem Spediteur einen nicht zu unterschätzenden Nutzen.
Praktischerweise endet der Zugriff von außen, sobald z. B. das Smartphone des Fahrers der Spedition das Wi-Fi-Netzwerk wieder verlassen hat. Um einem Missbrauch vorzubeugen, können vom Administrator einzelne Bereiche für Benutzer gesperrt werden. Damit entfällt beispielsweise für Einzelpersonen der Zugriff auf den EIP-Speicher und damit auf die Zählungen der letzten 30 Tage — einschließlich der gespeicherten Videos.
Risikofaktor Mensch
Bei Einrichtung von SmartCounting nach Vorgaben des Herstellers liefert das System die versprochene Zählgenauigkeit. Das System erkennt zudem, ob ein Ergebnis unstimmig ist und gibt so am Display eine entsprechende Meldung aus.
Ursachen für Fehlermeldungen sind meist menschlicher Natur. Geht z. B. der Landwirt im Zählbereich in gebückter Haltung hinter den Ferkeln her, verdeckt die Person oft ein oder mehrere Tiere. Diese eingeschränkte Sicht wertet das System als risikobehaftet. Dann erscheint ein orangenes oder ein rotes Warnsignal am Display des EIP-Kästchens. Zur Korrektur wiederholt man am besten die Zählung.
Das Problem verdeckter Tiere kann nach Erfahrung des Herstellers auch beim Tragen großer Schildmützen oder durch das Wedeln mit einem Treibpaddel in der Zählzone auftreten.
Die Preise
Die Kosten für das SmartCounting von Ro-Main gliedern sich nach Angaben des deutschen Importeurs Big Dutchman wie folgt auf: Ein SmartCounting-System mit einer fest installierten Kamera kostet einmalig 3 475 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer). Jede weitere Kamera, für z. B. Zählzonen in einem anderen Stall, schlägt mit 484 Euro zu Buche. Hinzu kommen Lizenzgebühren, deren Höhe sich nach der Zahl an Zählungen richtet.
Aktuell gibt es vier Prepaid-Pakete: Für 50.000 Zählungen sind 2.065 Euro Prepaid-Gebühren fällig, für 100.000 Zählungen 3.435 Euro und für 500.000 Zählungen 13.945 Euro (weitere Staffelpreise auf Anfrage). Ist die Grenze eines Zählpaketes erreicht, kann online die Lizenz durch eine Vorauszahlung verlängert werden.
Unterm Strich kostet so das Zählen der ersten 50.000 Ferkel inklusive Anschaffungskosten rund elf Cent je Tier, während man mit einem 500.000er Lizenzpaket bei rund 3 Cent je Zählung landet.
Noch ein Hinweis: Betriebsinterne Zählungen z. B. beim Umstallen führen selbstredend auch zum Abzug von Zählmarken — sofern der Zählvorgang abgeschlossen wurde. Ferkel, die während einer Zählung zurücklaufen, werden nicht gewertet, so Big Dutchman.
Fazit
Das in Deutschland von Big Dutchman vertriebene SmartCounting-System des kanadischen Herstellers Ro-Main zählt Ferkel und Mastschweine mit einer Kamera. Im praktischen Einsatz besticht die Technik durch eine einfache Handhabung, verlässliche Resultate und tolle Möglichkeiten wie dem Ausdruck eines Lieferscheins an der Laderampe.
Empfehlenswert ist eine Kamera je Zählzone, während das mobile EIP-Kästchen in mehreren Ställen verwendet werden kann.
Dass man für das Zählen von Schweinen eine Gebühr bezahlen muss, erscheint im ersten Moment befremdlich. Doch kostet das Zählen der Tiere auch so schon viel Geld — bedenkt man die damit verbundene Arbeits- und Lebenszeit. Für den Anfang dürfte das SmartCounting-System jedoch vor allem für Betriebe mit Fremdarbeitskräften von Interesse sein.