Wenn es um Breitbereifung oder sogenannte Gleisketten geht, dürfen Traktoren und Anhänger bis zu drei Meter breit sein. Das regelt die 35. Ausnahmeverordnung zur StVZO.
Die 35. Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrszulassungsordnung ist seit 1988 in Kraft und in der Praxis hinlänglich bekannt, auch wenn nicht jeder Landwirt oder Lohnunternehmer die Paragrafen dazu aus dem Kopf zitieren kann. Anfang Juli 2021 trat eine Änderung der Ausnahmeverordnung in Kraft, die bei den Praktikern im Land zu Verwirrung führte, denn: Der Bundesrat hatte beschlossen, dass diese Ausnahme nur noch gilt, wenn die Maschinen für Fahrten mit land- oder forstwirtschaftlichem (lof-) Zweck eingesetzt werden.
Mit diesem Beschluss wäre es bei erster Betrachtung faktisch so, dass mit den entsprechenden Fahrzeugen nur noch Fahrten möglich sind, die den Fahrerlaubnisklassen L und T entsprechen — also lof-Transporte wie etwa Getreide zum Handel fahren, Holz aus dem Wald zum Hof transportieren oder Mais zur Biogasanlage fahren. Gewerbliche Transporte — die die Klassen C/CE erfordern — sind nicht mehr von der Ausnahmeverordnung abgedeckt.
Also darf die Erdbaumulde des Lohnunternehmers mit bodenschonender Breitbereifung (3 m breit an den Reifen, gemessen oben, nicht an der Wölbung) beim Bauern Bodenaushub transportieren — auf die Baustelle darf diese Mulde aber nicht mehr?
Diese Frage führte um den Jahreswechsel zu erheblicher Verwirrung. die durch falsche Meinungsäußerungen und Fehl-Interpretationen in Veröffentlichungen befeuert wurde; und auch Verwarnungen durch Überwachungsbehörden — bislang allerdings ohne Sanktionen — nach sich zog.
Ziel der EU ist es, im Bereich der Gesetze und Vorschriften eine Harmonisierung bzw. Angleichung unter den einzelnen Ländern herbeizuführen. Das erfolgt in den letzten Jahren nach und nach. Dazu gehört beispielsweise auch die Verordnung (EU) Nr. 167/2013, die besagt, dass Mitgliedsstaaten das Inverkehrbringen, die Zulassung oder Inbetriebnahme von Fahrzeugen (…) nicht beschränken oder behindern dürfen, wenn diese den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen.
Konkret bedeutet dies, dass Hersteller bereits durch die harmonisierte Verordnung (EU) Nr. 167/2013 den verbrieften Rechtsanspruch haben, auch im Rahmen nationaler Typgenehmigungsverfahren das geltende EU-Recht (profi 2/2021) anwenden zu können.
Die maximalen Abmessungen eines Fahrzeugs der Klasse T oder C (Zugmaschinen/Traktoren):
Breite: 2,55 m (oben gemessen, ohne die Berücksichtigung der Ausbauchung der Reifen am Boden-Aufstandspunkt.
Die Breite kann auf bis zu 3 m erhöht werden, wenn dies ausschließlich auf die Montage der Reifen, der Gummiketten oder Doppelreifenkonfigurationen für den Bodenschutz, (einschließlich Spritzschutzsystemen) zurückzuführen ist, die Breite der dauerhaften Fahrzeugstruktur höchstens 2,55 m beträgt und das Fahrzeug (für das eine Typgenehmigung erteilt wurde) ebenfalls mit mindestens einem Reifensatz oder Gummiketten ausgestattet werden kann, durch die sich das Fahrzeug nicht auf mehr als 2,55 m verbreitern darf.
Die maximalen Abmessungen eines Fahrzeugs der Klasse R (Anhänger):
Breite: 2,55 m (ohne Berücksichtigung der Ausbauchung der Reifenwände am Aufstandspunkt auf dem Boden).
Die Breite kann auf bis zu 3 m erhöht werden, wenn bodenschonende Bereifung eingesetzt wird und das Fahrzeug auch mit mindestens einem Reifensatz ausgestattet sein kann, ohne dass es sich dadurch auf mehr als 2,55 m verbreitert. Sind solche schmalen Reifen montiert, darf auch das Spritzschutzsystem dieser Reifen nicht breiter sein als 2,55 m. Ist es breiter, als die genannten 2,55 m, muss es demontiert werden, so lange die schmalere Bereifung montiert ist.
Und Fahrzeuge, die unter die StVZO fallen?
Fahrzeuge mit nationaler Typgenehmigung („ABE“, § 20 StVZO; nur für Anhänger möglich) oder Einzelgenehmigung (§ 21 StVZO) fallen weiterhin unter die Vorschriften der StVZO. Anstelle der Vorschriften der deutschen StVZO können die Einzelrechtsakten und Einzelregelungen in ihrer jeweils geltenden Fassung angewendet werden, die in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 in ihrer je geltenden Fassung genannt sind.
Alle Vorschriften beinhalten keinerlei Auflagen oder Zweckbestimmungen und sind für landwirtschaftliche Fahrzeuge (Fahrzeugklassen T, R, Traktoren und Anhänger hinter Traktoren) — unabhängig vom Einsatz und unabhängig von ihrer Erstzulassung — allgemein gültig.
Fazit
Alle Traktoren und deren Anhänger dürfen unter Verwendung einer entsprechenden Bereifung oder Gleiskettenlaufwerken zur Bodenschonung eine Breite von maximal 3 m haben. Sie dürfen ohne das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung nach dem § 70 StVZO noch einer Erlaubnis nach dem § 29 Absatz 3 StVO betrieben werden.
Das gilt uneingeschränkt und unabhängig davon, zu welchen Zwecken diese Fahrzeuge eingesetzt werden. Es ist also unerheblich, ob sie von einem Landwirt für lof-Zwecke oder von einem Lohnunternehmer für gewerbliche Zwecke laufen. Dies gilt für alle Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, unabhängig von ihrer Erstzulassung.
Die 35. Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrszulassungsordnung ist inzwischen obsolet und sollte, um künftig Missverständnisse zu vermeiden, bei nächster Gelegenheit aufgehoben werden.
Rechtslage bei Reifendruckregelanlagen
Für den Einsatz von Reifendruckregelanlagen (RDA) gibt es einige Besonderheiten zu beachten, zum Beispiel hinsichtlich der zulässigen Breite und auch der Montage bzw. Wartung. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang.
Frage: Zählen Schläuche und Leitungen von RDA zur Fahrzeugbreite von bis zu 3 m oder dürfen sie breiter überstehen?
Antwort: Schläuche und Leitungen von RDA dürfen an jeder Seite bis zu 70 mm überstehen. Sie werden bei der Messung der Fahrzeugbreite nicht berücksichtigt (Grundlage: 55. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, in Bezug auf § 32 StVZO). Voraussetzung ist aber, dass sie eine Drucküberwachungsfunktion haben, was in der Regel der Fall sein dürfte.
Frage: Müssen die Kugelhähne von Ein-Leitungs-RDA während der Fahrt am Traktor und/oder am Anhänger geschlossen sein?
Antwort: Es gibt keine Rechtsnorm, die vorschreibt, dass solche Hähne geschlossen sein müssen. Unter Sicherheitsaspekten muss das auch nicht zwingend sein, denn selbst der platzende Schlauch einer Zuleitung wäre ja hinsichtlich der Gefährdung des Straßenverkehrs nicht gleichzusetzen mit einem platzenden Reifen. Sind solche Hähne aber vorhanden, bietet es sich trotzdem an, diese freiwillig zu schließen.
Frage:Einige Anbieter verkaufen RDA als Bausatz zur Nachrüstung. Wer darf die Anlagen einbauen? Ist dafür eine Zertifizierung notwendig?
Antwort:Die Werkstatt bzw. die Mitarbeiter, die die RDA einbauen, benötigen keine spezielle Zertifizierung, die beispielsweise mit einer Schweißfachwerkstatt gleichzusetzen wäre. Solche Anlagen kann theoretisch jedermann einbauen.
Frage: Muss eine nachgerüstete RDA im Fahrzeugschein eingetragen sein? Wenn ja, wie funktioniert das?
Antwort: Nein, eine nachgerüstete RDA braucht keine spezielle Abnahme durch Überwachungsorganisationen und daher auch keine Eintragung in die Fahrzeugpapiere.