Technisch

Nutzen und Anwendung von Dieseladditiven: Den Diesel impfen

Vor allem als vorbeugende Maßnahme gegen die Dieselpest raten Mineralölhändler zur Verwendung eines Additivs. Doch es gibt noch weitere Effekte.

Vor allem wenn der Diesel im Winter lange im Tank lagert, macht der Einsatz von Additiven Sinn. (Bildquelle: Tovornik)

Ein Additiv wird einem Grundstoff meist im geringen Mischverhältnis beigemengt und beeinflusst dessen Eigenschaften positiv. Beispielsweise sind auch die Milch im Kaffee oder der Zitronensaft im Obstsalat Additive. Während die Milch den Geschmack und die Konsistenz des Kaffees beeinflusst, hat der Zitronensaft vor allem die Funktion eines Antioxidans. Genauer gesagt verhindert die Ascorbinsäure im Zitronensaft, dass die Früchte auch im geschnittenen Zustand braun werden, also oxidieren.
Im Bereich der Mineralöle und Kraftstoffe sind die Funktionen solcher Additive meist deutlich komplexer. Einer der Spezialisten in diesem Bereich ist das Unternehmen Innospec. Am deutschen Standort in Herne im Ruhrgebiet unterhielten wir uns mit Daniel Kukielka, Anwendungstechniker für Dieseladditive sowie mit Steven Schmidt aus dem Vertriebsinnendienst über die Thematik.

Innospec

Das Unternehmen Innospec mit Hauptsitz im amerikanischen Englewood (Colorado) beschäftigt über 1.900 Mitarbeiter in 24 Ländern. Es hat sich auf die Herstellung sämtlicher Additive für die Ölindustrie von der Förderung über die Ver­arbeitung in Raffinerien bis hin zum Endprodukt spezialisiert. Am Firmensitz in Herne mit etwa 150 Mitarbeitern werden vor allem Additive für Diesel und Heizöl hergestellt. Die Produkte werden direkt an die Mineralölhändler in Gebindegrößen von der 1-l-Flasche bis hin zum IBC-Container (1.000 l) vertrieben.
Um die Produkte und deren Wirksamkeit zu untersuchen, hat das Unternehmen eigene Prüflabore, arbeitet aber auch mit unabhängigen Laboren und Test­instituten wie der DLG zusammen.

Gemeinsame Standards

Zunächst ein Blick auf die Anforderungen an den in Europa hergestellten Diesel: Die EN 590 für Dieselkraftstoffe legt seit 2009 unter anderem fest, dass der an Tankstellen gelieferte Diesel mit einem Bioanteil von 7 % versehen sein muss. Für diesen Anteil kommen im sogenannten B7-Diesel vorrangig Stoffe auf Rapsölbasis zum Einsatz. Zudem sollte der Kraftstoff aufgrund der sicheren Lagerung und Handhabung einen Flammpunkt ab 55 °C besitzen.
Bestimmte Anforderungen bedingen eine sogenannte Grundadditivierung des Diesels. Das bedeutet, dass der Kraftstoff beispielsweise eine gewisse Schmier- und Fließfähigkeit besitzen muss. Letzteres spielt vor allem im Winter eine entscheidende Rolle, da der Diesel laut Norm bis – 21 °C fließ­fähig sein muss. Zudem werden besondere Anforderungen an die Sauberkeit der Tanklastzüge gestellt. „Alles in allem ist der in Europa angebotene Diesel von guter Qualität und unterliegt ständigen Kontrollen“, so Daniel Kukielka.

Diesel altert

Allerdings haben sich diese Anforderungen bis auf den Schwefelgehalt seit fast 15 Jahren kaum geändert. Die Motoren- und Abgastechnik hingegen hat große Sprünge gemacht.
„Häufige Probleme bei neu­eren Motoren, die durch den Kraftstoff verursacht sein können, sind z. B. verstopfte Injektoren und eine erhöhte Rußproduktion. Daraus resultieren eine vermehrte Rußpartikelfilter-Regeneration und im schlimmsten Fall sogar Leistungsverluste, höhere Kraftstoffverbräuche und Totalausfälle. Die EN 590 ist im Grunde nicht mehr konform zur aktuellen Dieseltechnologie“, berichtet Daniel Kukielka zur aktuellen Situation.
Das Problem liegt in der Lagerfähigkeit des Diesels. An der Tankstelle spielt dies häufig keine Rolle, da der Diesel nur eine kurze Zeit von etwa ein bis drei Wochen in den Lagertanks verbleibt. Anders sieht es vor allem in der Land- und Forstwirtschaft aus, wo der Diesel saisonal gekauft wird und außerhalb der Arbeitssaison auch länger in den Tanks lagert.
In diesem Fall kann es dazu kommen, dass der Diesel durch Einflussfaktoren wie Licht, Wasser, Sauerstoff und Temperaturschwankungen instabil wird und mit der Zeit in seine Bestandteile zerfällt. Dies wirkt sich vor allem bei neuen Motoren erheblich auf die Verbrennung aus.
Ein weiteres Problem der Lagerung ist die Kondenswasserbildung im Tank. Dieses Wasser sinkt aufgrund höherer Dichte im Vergleich zum Kraftstoff auf den Tankboden. Zudem gelangen Bakterien, Pilzsporen oder Hefen z. B. durch das Be- und Entlüftungsventil in den Tank. Die Mikroorganismen nutzen das sauerstoffhaltige Wasser als Lebensraum. Sie ernähren sich von langkettigen Kohlenwasserstoffen (Alkane), die vor allem im Bioanteil des Diesels vorhanden sind. Die Ausscheidungen der Mikroorganismen führen zur Bildung von Bioschlamm im Tank, besser bekannt als Dieselpest. Der Schlamm sorgt dann für verstopfte Filter.
Das Problem wird durch immer kleinere Maschenweiten der Dieselfilter moderner Motoren (5 bis 15 µm) verstärkt. Gelangen dennoch Feststoffe durch das Filter, kann es zu Schäden im Treibstoffsystem kommen, da diese durch den hohen Einspritzdruck moderner CommonRail-Motoren von bis zu 2.800 bar regelrecht zugeschossen werden und kleine Öffnungen verstopfen.

Additive auf dem Prüfstand

Um solchen Problemen vorzubeugen, können Sie über den Kauf von Diesel mit zusätzlicher Additivierung nachdenken. Additive wie „DK plus Strong Performance“ von Inno­spec und vergleichbare Produkte anderer Hersteller sollen durch sogenannte Anti-Fouling-Komponenten die Entwicklung von Mikroorganismen bremsen oder ganz stoppen.
Die DLG führte eine Prüfung nach dem internationalen Standard ASTM 1259-05 durch. Darin wurde nachgewiesen, dass das genannte Additiv eine antimikrobielle Wirkung gegenüber den Dieselpesterregern Pseudomonas aeruginosa, Hormoconis resinae und Yarrowia tropicalis hat.
Laut DLG wurde das Keimwachstum bei allen Proben um mehrere Zehnerpotenzstufen (log-Stufen) verlangsamt oder sogar ganz gestoppt. Bei allen drei Teststreifen waren nach 28 Tagen keine Keime mehr nachweisbar.
Ebenfalls wurde der Einfluss auf das Kraftstoffsystem und die reinigende Wirkung vorhandener Verschmut­zungen im Kraftstoffsystem, wie Verkokungen oder Versottungen der Injektoren bzw. Einspritzdüsen untersucht. Hierfür wurde die standardisierten CEC-Prüfung nach der Vorschrift CEC F-98-08, 7 durch­geführt, bei der ein Dieselmotor gezielt durch mit Zink belasteten Diesel verschmutzt wird. Die Ergebnisse zeigten, dass nach Zugabe des Additivs Verschmutzungen wieder entfernt und auch vorbeugende Effekte nachgewiesen werden konnten. Dies sind z. B. die Beseitigung von Leistungsverlusten sowie Kraftstoffeinsparung durch die bessere Einspritzung.

Weitere Wirkungen und Anwendung

Außer der Wirkung als Biozid und Motorreinigung werden dem vorgestellten Additiv weitere Effekte zugesprochen. Beispielsweise soll die Schmierfähigkeit verbessert werden, die vor allem bei hohen Belastungen den Motor und das Einspritzsystem schonen sollen.
Weitere Faktoren, die sich laut Innospec mit dem Additiv beeinflussen lassen, sind z. B. eine Erhöhung der Cetanzahl von 51 (nach Norm) auf bis zu 55. Hierdurch wird das Abbrennverhalten verbessert, was wiederum die Laufkultur des Motors sowie dessen Leistung positiv beeinflussen soll.
Ebenfalls enthält das Additiv laut Hersteller einen Korrosionsschutz – falls Wasser in das Kraftstoffsystem gelangt – sowie eine zusätzliche Anti-Schaum-Komponente. Diese sorgt dafür, dass der Schaum beim Tanken schneller zusammenfällt und damit z. B. das Befüllen zweiteiliger Tanks verbessert.
Um die Gefahr von Fehlanwendungen wie der falschen Dossierung zu umgehen, liefert Innospec seine Additive nur an Mineralölhändler aus. Entweder erfolgt die Dosierung direkt beim Kunden während des Einfüllvorgangs durch den Tankwagenfahrer oder über spezielle Dosiersysteme am Lager. Die Dosierung beträgt in unserem Beispiel 1:1.000, also 1 l Additiv auf 1.000 l Diesel.

Kosten

Spielen auch Sie mit dem Gedanken, additivierten Diesel zu beziehen? Dann fragen Sie bei Ihrem Kraftstoffhändler gezielt nach, welches Mittel er verwendet und welche Wirkungen dieses erzielen soll. Beispielsweise vertreiben Mineralölhändler mit dem Additiv DK plus Strong Performance versetzten Diesel unter dem Namen Premium-Diesel Ecodrive.
Die Kosten betragen in diesem Beispiel etwa 2 Cent mehr pro Liter im Vergleich zum Standard-Diesel. Ein von den Eigenschaften vergleichbarer B0-Diesel, also ein Diesel ohne Bioanteil, kostet hingegen pro Liter etwa acht bis neun Cent mehr.

Fazit

Für die Anwendung von Dieseladditiven in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben spielt vor allem der vorbeugende Schutz gegen die Dieselpest und die Dieselalterung eine entscheidende Rolle. Die Hersteller von Dieseladditiven versprechen meist noch viel mehr.
So benennt auch das Unternehmen Inno­spec eine Reihe positiver Effekte, die ihre Dieseladditive mit sich bringen. Die Wirksamkeit der Motorreinigung sowie die Bekämpfung von Mikroorganismen prüfte das Unternehmen zusammen mit der DLG. Die Ergebnisse sind positiv.

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