Schleppertest
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Traktor John Deere 6R 150 AutoPowr: Handlicher, aber teurer Hirsch
Traktor John Deere 6R 150 AutoPowr: Handlicher, aber teurer Hirsch
Der 6R 150 ist mit 177 PS Maximalleistung (mit Boost) der stärkste Vierzylinder von John Deere. Im Test konnte er beweisen, dass er handlich geblieben und sein Geld wert ist.
Vor allem in Deutschland sind leistungsstarke Vierzylinder sehr gefragt: Wendig für die Arbeit mit dem Frontlader, aber auch stark genug, um mit der schweren 3 m Drillkombination fertig zu werden. Auch John Deere konnte sich diesem Trend nicht entziehen und hat vor etwa einem Jahr die beiden „kleinen“ 6R 140 und 6R 150 mit 2,58 m Radstand und vier Zylindern unter der Haube vorgestellt.
Erkennen kann man die Neuen nicht nur an den grün lackierten Spiegeln, sondern auch am fehlenden Armaturenbrett. Stattdessen gibt es ein Display am A-Holm, wie wir es schon vom 7R, 8R und 9R kennen. Doch werfen wir zunächst einen Blick unter die Haube. Hier war unser Testkandidat statt des ab Werk lieferbaren Hägele-Umkehrlüfters (3 000 Euro) mit dem elektronisch geregelten Viscolüfter ausgestattet. Und um die Abgasstufe V zu erfüllen, sind hier Partikelfilter (DPF) und Dieseloxydationskatalysator (DOC) untergebracht, der SCR-Kat. sitzt im Auspufftopf rechts.
John Deere 6R 150 AutoPowr: Ergebnisse an der Zapfwelle
Der 6R 150 ist mit 110 kW/150 PS Nenn- und 121 kW/165 PS Maximalleistung angegeben. Hinzu kommt noch ein Boost, der bei Zapfwellen- und Hydraulikarbeiten (ab 0,5 km/h) sowie beim Transport (ab 15 km/h) aktiv ist. Dann legt der DPS-Motor mit 4,5 l Hubraum laut Prospekt noch einmal 20 PS bei Nenndrehzahl und 12 PS bei Maximalleistung nach.
Das haben wir natürlich auf dem Zapfwellenprüfstand des DLG Testzentrums kontrollieren lassen. Tatsächlich kommen beim 6R 150 bei Nenndrehzahl ohne Boost von den 110 kW Motorleistung genau 88,8 kW hinten am Stummel an. Etwas besser sieht das bei der Maximalleistung aus, die bei 1 700 Touren erreicht wird: Von den 121 kW im Prospekt sind es dann an der Zapfwelle 103,3 kW.
Wird noch der Boost per Laptop aktiviert (in der Praxis müsste der Schlepper über 0,5 km/h fahren), steigt die Zapfwellenleistung bei Nenndrehzahl auf 101,5 kW. Und maximal sind es dann 109,1 kW, die von den angegebenen 130 kW Motorleistung hinten ankommen — in Ordnung.
Sehr sparsam unterwegs
Sehr in Ordnung ist auch die Leistungscharakteristik: 50 % Drehmomentanstieg und 125 % Anfahrmoment sind genauso gut wie mehr als 600 Nm Drehmoment. Bleibt noch der Dieselverbrauch. Auch hier kann der 6R 150 mit den Besten seiner Klasse mithalten: 268 g/kWh an der Zapfwelle bei Nenndrehzahl sowie 254 g/kWh bei Maximalleistung mit Boost sind auch deshalb gute Werte, weil der Hirsch zusätzlich nur rund 8 g/kWh AdBlue verbraucht.
Bei den praxisnahen Powermix-Messungen zeigte sich der 6R 150 mit einem Mittelwert von 274 g/kWh (+8 g/kWh AdBlue) ebenfalls sehr sparsam und kann somit locker mit den Schaltschleppern in dieser Leistungsklasse mithalten. Noch besser wird es beim Transport: Mit 375 g/kWh bei 40 km/h ist der 6R nicht nur der sparsamste Vierzylinder, er liegt auch unter den besten fünf Traktoren, die wir je auf dem Rollenprüfstand beim Transport gemessen haben. Ein Grund dafür ist sicher auch das stufenlose AutoPowr-Getriebe, mit dem der 6R 150 serienmäßig ausgestattet ist. Das ermöglicht 40 km/h bei nur 1 480 min-1 (50 km/h bei 1 850 min-1).
Stichwort AutoPowr: Neu ist auch die Möglichkeit, den Vierzylinder optional mit der 1 000E-Zapfwelle ausstatten zu lassen. Man muss sich zuvor jedoch nach wie vor entscheiden, welche Drehzahlkombination man möchte (540/540E/1 000 oder 540E/1 000/1 000E). Lieber wäre uns für so einen Allrounder natürlich, wenn man alle vier Drehzahlen nutzen könnte. Eine weitere wichtige Entscheidung steht beim Schlepperkauf in Sachen Getriebe-Bedienung an: Standard oder CommandPro? Die altbekannte Bedienung über den kleinen Stick mit den zwei Geschwindigkeitsbereichen versteht jeder Fahrer sofort.
Für nur gut 1 800 Euro Aufpreis bietet die CommandPro-Ausstattung allerdings eine Menge Möglichkeiten, auf die eingewiesene Fahrer nicht mehr verzichten möchten. Angefangen bei der automatischen Parkbremse über den aktiven Stillstand sowie die Möglichkeit zur Wendeschaltung links und rechts bis hin zu den Tempomat-Funktionen. Vom völlig problemlosen Wechsel zwischen Pedal- und Hebelmodus beim Fahren sowie der individuellen Funktions-Belegung der zahlreichen Tasten auf dem Hebel ganz zu schweigen.
Zwei der Tasten kann man z. B. mit der Schnellbedienung der Hubwerke vorne und hinten belegen. Der Clou dabei: Die zweistufigen Taster erlauben erst einen langsamen Aushub, bevor der Schnellaushub aktiviert wird — super! Andererseits ist dann z. B. die Umstellung ew/dw vom Fronthubwerk nicht möglich. Doch bevor wir uns in Details verlieren, kommen wir zur Hubkraft: Die 85-mm-Zylinder sorgen mit geänderter Hubwerksgeometrie für eine durchgehende Hubkraft von fast 5 000 daN. So stemmt der kleine 6R schwerere Anbaugeräte, als es die maximale Hinterachslast von knapp 7,3 t zulässt.
Beim Fronthubwerk passt nicht nur die durchgehende Hubkraft von 3 500 daN. Es gibt auch einen gescheiten Oberlenkerhalter, man kann die Unterlenker vom Schlepper sehen, und sie lassen sich einklappen, ohne mit losen Splinten hantieren zu müssen — sehr gut!
Sehr gut sind auch die hydraulischen Seitenstabilisatoren im Heck, 1 640 Euro Aufpreis sind dafür anzulegen. Fehlt nur noch ein Ein-/Ausschalter, um beim Geräteanbau nicht die Einstellungen ändern zu müssen. Noch mehr stört, dass man zum Ändern des Spreizmaßes zwischen Kat. II und Kat. III nach wie vor kurbeln muss.
Serienmäßig liefert die Axialkolbenpumpe nur 118 l/min. Daher sollte man in jedem Fall rund 900 Euro Aufpreis für die Pumpe mit 155 l/min investieren. Damit hat das DLG Testzentrum 156,3 l/min sowie eine hydraulische Leistung von 44,9 kW an den Anschlüssen gemessen. Das ist genauso gut, wie 120 l/min Durchflussmenge durch nur ein Ventil.
Stichwort Steuergeräte: Neben den Power beyond-Anschlüssen gibt es maximal vier dw-Ventile im Heck und drei Zwischenachsventile. Hier muss man aber im Menü das Deaktivieren des Lader-Modus erst einmal finden, um z. B. die Zeitsteuerung nutzen zu können. Ansonsten gibt es aber sowohl für das Programmieren der Steuerventile als auch die Zuordnung zu den Bedienhebeln fast nur Lob. „Fast“ deshalb, weil z. B. in der Standard-Einstellung das vierte Ventil gar nicht zugeordnet und somit nicht auffindbar ist. Genau das Ventil ist aber für die externe Bedienung — z. B. für den Oberlenker — zuständig.
Was den Kabinenkomfort angeht, macht John Deere so schnell keiner etwas vor. 69,7 dB(A) sind genauso wie die Verarbeitung und das gewaltige Platzangebot ein Maßstab. Hinzu kommt die aufwändige (und mit über 3000 Euro nicht gerade günstige) hydropneumatische Kabinenfederung, die zusammen mit der gefederten Achse für herausragenden Fahrkomfort sorgt.
Wir können hier weitermachen mit dem beispielhaft weit seitlich drehbaren Sitz oder dem neuen A-Holm-Display, bei dem wir nur die Anzeige der Zapfwellendrehzahl vermisst haben.
Aber natürlich gibt es auch etwas zu kritisieren: Zum Beispiel verkratzt der Lack der neuen Spiegelkappen an der ersten Hecke. Die Spiegel waren sogar elektrisch teleskopierbar, können aber unverständlicherweise kaum unter 3 m Außenbreite eingezogen werden. Auch z. B. beim Silowalzen ein No-Go. Im Kühlfach müssen die Flaschen nach wie vor liegend transportiert werden, und das DAB+-Radio kann nicht mehr im Display bedient werden. Die wichtigsten Tasten sitzen aber in der Armlehne, und künftig wird es auch den 6R
mit dem 6,5-Zoll-Touch-Display und Apple Carplay/Android Auto geben.
Etwas mehr diskutiert haben wir beim Thema Programmierung und Bedienung: Man kann zwar persönliche Profile anlegen, die sehr viele Einstellungen bis hin zur Vorgewende-Automatisierung speichern. Wir würden uns aber zum Beispiel wünschen, auch die im Layout-Manager angelegten Bedienseiten per PIN sperren zu können.
Lästig ist auch, immer den Einstellungs- und Geräte-Manager beim Wechsel des Arbeitsgerätes aufrufen zu müssen. Und man erwischt sich oft dabei, Einstellungen direkt auf dem zweiten Monitor ändern zu wollen. Das funktioniert aber erst nach dem Wechsel auf die CommandCenter-Anzeige.
Um der höheren Leistung gerecht zu werden, hat die Hinterachse des 6R 150 nicht nur fast 7,3 t zulässige Achslast, sondern endlich auch wieder eine Nabe mit 275 mm Lochkreisdurchmesser (statt 203 mm). Zudem sind 1,80 m hohe Räder freigegeben (z. B. Reifengröße 650/65 R 38), und wahlweise kann man heute bei dem Vierzylinder auch eine Verstellachse ordern.
Genau wie die Hinterachse ist auch die Vorderachse verstärkt und hat dickere Lenkzylinder, zum Beispiel für den Frontladereinsatz. Die Wendigkeit hat das allerdings nicht verbessert, 11,80 m Wendekreis sind nur durchschnittlich.
Überdurchschnittlich gut sind die Bremsen: Mit einer gemessenen Verzögerung von 5,1 m/s2 kann man den Hirsch hervorragend zügeln. Das bietet vielleicht die Möglichkeit, das zulässige Gesamtgewicht von fast 10,5 t noch weiter zu erhöhen. Denn bei einem Leergewicht des 6R von 6,8 t (ohne Frontlader) bleiben nur 3,65 t Nutzlast — das ist für einen Allrounder in der 150-PS-Klasse zu knapp.
Aber noch mal zurück zum Lenken: Unser Testkandidat hatte bereits den neuen StarFire 7000-Empfänger. Er kann neben amerikanischen GPS- und russischen Glonass-Satelliten jetzt auch die Signale der Satelliten aus Europa (Galileo), Indien (Beidou) und Japan (QZSS) empfangen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, auch das RTK-Signal nicht mehr nur per Mobilfunk, sondern auch per Satellit zu empfangen (SF RTK).
Stolze Preise für den John Deere 6R 150 AutoPowr
Bleiben noch die Preise. In einer fahrbaren Basisausstattung kostet der John Deere 6R 150 bereits 164 420 Euro. Zugegebenermaßen gehören das stufenlose Getriebe und die gefederte Vorderachse hier schon dazu. Trotzdem kommt bei dem Testkandidaten noch eine lange Liste an Zusatzausstattungen hinzu.
So stehen allein das Fronthubwerk und die Frontzapfwelle mit 6 650 und 4 270 Euro im Konfigurator. Besonders zu Buche schlägt außerdem die AutoTrac-Vorbereitung samt Aktivierung und zweitem CommandCenter Gen4-Terminal (3 000 plus 3 500 plus 1 500 Euro).
Neben vielen Details fehlen dann noch die Frontlader-Vorbereitung (7 780 Euro) und der 623R-Lader, für den wir noch einen eigenen Test veröffentlichen, der ebenfalls mit stolzen 16 333 Euro in der Liste steht. So kostet der komplett ausgestattete Testkandidat dann insgesamt kaum vorstellbare 240 000 Euro, natürlich zuzüglich der Mehrwertsteuer!
Fazit
Der John Deere 6R 150 überzeugte im Schleppertest mit niedrigem Dieselverbrauch und sehr guter Leistungscharakteristik — wenn auch die Leistung selber durchaus noch etwas höher hätte ausfallen können. Das tat dem sehr guten Fahrkomfort, der beispielhaften Kabine sowie dem wohl besten Spurführungssystem allerdings keinen Abbruch.
Noch etwas mehr Nutzlast sowie einen etwas kleineren Wendekreis, und der Hirsch steht ziemlich perfekt da. Leider schlägt sich das aber auch im Listenpreis nieder: 240 000 Euro für einen 150-PS-Schlepper, wenn auch in Voll-Ausstattung, sind eine neue Dimension.