Gelenkwellen warten, Teil 1: Das Kreuz mit dem Schutz
Eine ungeschützte oder gebrochene Gelenkwelle kann erheblichen Schaden an Mensch und Maschine anrichten. Deshalb sollten die Schutze und Gelenke regelmäßig kontrolliert werden.
Bei einem Besuch der Berufsgenossenschaft sind es häufig die Gelenkwellenschutze, die bemängelt werden. Doch nicht nur der Schutz, auch die technische Beschaffenheit der Gelenkwelle trägt maßgeblich zu ihrer Arbeitssicherheit bei.
Zudem fällt bei einer defekten Gelenkwelle gleich die gesamte Maschine aus. Vor allem bei Geräten, die hohe Antriebsleistungen benötigen, lässt sich in den meisten Fällen kein schneller Ersatz besorgen, da die Gelenkwellen in ihrer technischen Ausstattung und Dimension auf die Maschine abgestimmt sind.
Lutz Katerbaum, Inhaber und Geschäftsführer der Landtechnik Möckern GmbH in Sachsen-Anhalt rät seinen Kunden deshalb zur jährlichen Wartung der Wellen. Seine Firma ist zum einen Händler der Hersteller Bondioli & Pavesi sowie Walterscheid, bietet aber auch Wartungs-, Reparatur- und Umbauarbeiten an Gelenkwellen und Überlastkupplungen an.
Passende Größe der Gelenkwelle
Gelenkwellen sind hochbelastete Verbindungselemente, die die Kraft der Schlepperzapfwelle zum Arbeitsgerät übertragen. Die Baugröße der Gelenkwellen ist an den Kraftbedarf des Arbeitsgeräts angepasst, weshalb die Dimension der Kreuzgelenke und Rohrprofile sowie die Bestandteile der Gelenkwelle bei jeder Maschine angegeben sind. Müssen Sie die Gelenkwelle komplett wechseln, sollten Sie sich an diese Vorgaben halten.
Die Baugröße setzt sich zum einen aus der Kreuzgröße zusammen. Diese wird in Kreuzhöhe über Lagerbuchsen mal dem Lagerbuchsendurchmesser angegeben. Walterscheid beispielsweise bietet die Standard-Gelenkwellen in den Baugrößen W2100 bis W2700 mit sieben Kreuzgrößen von 55 mm x 22 mm bis 118 mm x 50 mm an. Diese sind in der Lage, Drehmomente von ca. 1 000 bis über 8 000 Nm zu übertragen. Abhängig von der Kreuzgröße werden die passenden Rohrprofile gewählt. Hier ist die Vielfalt herstellerübergreifend sehr groß. Am bekanntesten sind Zitronen- und Sternprofile. Der Durchmesser des Innen- und Außenprofils wird bei einem Ersatz an der größten Stelle gemessen.
Die Länge der Welle geben die Hersteller von Mitte Kreuzgelenk bis Mitte Kreuzgelenk an. In der Praxis wird häufig die Gesamtlänge gemessen. Deshalb sollten Sie hierauf besonders achten, um welches Maß es sich handelt. Muss die Welle im Nachhinein eingekürzt werden, darf sie in der kürzesten Position nicht stauchen. In der längsten Position muss sie mindestens in einer Länge, die dreimal dem äußeren Profildurchmesser entspricht, eingeschoben sein, um ein Übersetzen und Verkanten zu vermeiden.
Weitere Elemente einer Gelenkwelle können Überlastkupplungen, Freiläufe und Weitwinkel sein. Letztere erlauben einen Beugewinkel von bis zu 80° je Gelenk und werden häufig bei angehängten Geräten, etwa Ballenpressen, benötigt. Ohne Weitwinkel ist höchstens kurzzeitig ein Beugewinkel von 45° je Gelenk möglich. Auch diese Bauteile sollten bei der Inspektion nicht außer Acht gelassen werden. Während Überlastkupplungen und Freiläufe in den meisten Fällen überholt werden können, lassen sich verschlissene Weitwinkel nur durch ein neues Bauteil ersetzen.
Genauere Details zur Inspektion und Überholung eines Freilaufs und einer Nockenschaltkupplung sowie zu den Bauformen der Kopfstücke, erhalten Sie im zweiten Teil dieser Serie.
Wir konzentrieren uns zunächst auf den Zapfwellenschutz und die Kreuzgelenke. Bei der Wartung wird erst eine Sichtprüfung durchgeführt. Ist der Schutz noch richtig befestigt? Weißt er sichtbare Schäden auf und lässt er sich auf der Welle drehen? Danach schauen sich die Spezialisten die Gelenke an und prüfen diese durch einseitiges einspannen der Welle in einen Schraubstock auf axiales und radiales Spiel. Ist im Einsatz ein klackerndes Geräusch, beispielsweise beim Wenden am Vorgewende, zu hören, deutet dies auf fortgeschrittenen Verschleiß in den Gelenken und im Weitwinkel hin.
In solch einem Fall stellt sich die Frage, ob die Instandsetzung noch wirtschaftlich ist. Während eine Kreuzgarnitur je nach Größe bereits für etwa 50 Euro erhältlich ist (alle Preise ohne Mehrwertsteuer), fallen für einen Weitwinkel je nach Baugröße schnell 800 bis 1 000 Euro an.
Neben dem Handel und der Reparatur von Gelenkwellen und Anhängetechnik hat Landtechnik Möckern einen großen Ersatzteilbestand an Fortschritt- und IFA-Teilen auf Lager. Bereits 1991 kaufte Katerbaums Vorgänger große Mengen der Lagerbestände des ehemaligen Fortschritt-Werks im benachbarten Schönebeck auf. Der Bestand reicht von Ersatzteilen für Fortschritt ZT-, Famulus- und Belarus-Traktoren, über verschiedene Lastwagen wie dem W50 bis hin zur Erntetechnik des ostdeutschen Landmaschinenherstellers.
Für die Inspektion wird der Schutz demontiert. Generell ist der Aufbau und die Befestigung vor allem bei den Standard-Modellen der Gelenkwellenhersteller recht identisch. Bei Bondioli & Pavesi sowie bei Walterscheid sind die Schutze z. B. verschraubt. Zunächst ziehen Sie die Welle auseinander und lösen die Schrauben des Rohrschutzes am Schutztopf. Danach können Sie die Schrauben rings um den Schutztopf entnehmen und diesen lösen.
(Bildquelle: Bertling)
Danach können Sie die Schrauben rings um den Schutztopf entnehmen und diesen lösen.
(Bildquelle: Bertling)
Nun werfen Sie einen Blick auf die Gleitringe. Über PVC-Schmiernippel sollten diese bestenfalls regelmäßig mit Fett versorgt werden. Überprüfen Sie die Bauteile auf Einlaufspuren und Risse. Während der kleine Ring aufgebogen und entnommen werden kann, ist die geteilte Stelle des großen Rings bei Bondioli & Pavesi mit einer Spange gesichert. Diese entnehmen Sie und tauschen den Ring. Achten Sie darauf, dass die Ringe wieder ordentlich in den vorgesehenen Nuten liegen.
(Bildquelle: Bertling)
Kreuzgelenke ausbauen
Zunächst müssen die Sprengringe, welche die Lagerbuchsen in Position halten, entnommen werden. Diese legen Sie beiseite, da sie beim Zusammenbau wieder verwendet werden.
(Bildquelle: Bertling)
Das Auspressen erfolgt mit einer Drehdornpresse (alt. Hydraulikpresse) und einem Werkzeug, das kleiner ist als die Lagerbuchse. Als Unterlage dient eine Stützhülse, die innen größer ist als die untere Lagerbuchse. Drücken Sie das Kreuz so weit, bis es an der Gabel anliegt.
(Bildquelle: Bertling)
Im nächsten Schritt wird das Kreuz umgedreht und wieder zurückgedrückt, damit die andere Lagerhülse nach außen ausgetrieben wird. Hierfür wird ein selbst gebautes Hilfswerkzeug in Form einer Brücke genutzt. Unten wird wieder die Stützhülse untergelegt, die vom Durchmesser größer ist als die Lagerbuchse, damit diese beim Herausdrücken nicht auf der Werkbank aufliegt. Drücken Sie erneut so weit, bis das Kreuz an der Gabel anliegt. Danach kann das Kreuz herausgenommen werden.
(Bildquelle: Bertling)
Drehen Sie nun das Kreuzgelenk um und stecken Sie ein Stück Blech zwischen das ausgedrückte Kreuz und der noch festsitzenden Lagerbuchse. Danach nehmen Sie erneut die Stützhülse als Druckwerkzeug und drücken auch die zweite Lagerhülse nach oben heraus. Dann entnehmen Sie das Kreuz.
(Bildquelle: Bertling)
Bei der zweiten Gabel wird die erste Buchse nach oben herausgedrückt. Hierfür wird oben die zuvor genutzte Stützhülse als Druckwerkzeug benötigt, die Brücke dient als Auflage für das Kreuz.
(Bildquelle: Bertling)
Die Lagerhülsen drücken Sie nun aus beiden Gabeln z. B. mit dem passenden Pressdorn. Bei Lagerbuchsen mit Schmiernippeln nehmen Sie hierfür die Hülse, um den Nippel nicht zu beschädigen.
(Bildquelle: Bertling)
Neue Kreuzgelenke montieren
Die neue Kreuzgarnitur wird immer mit neuen Lagerbuchsen geliefert. Diese gilt es zunächst von außen einzupressen. Doch Achtung, drücken Sie die erste Buchse nur so weit ein, dass sie bündig mit der vorderen Innenkante der Gabel abschließt. Ansonsten können Sie das Kreuz nicht montieren.
(Bildquelle: Bertling)
Bevor Sie die gegenüberliegende Buchse eindrücken, stecken Sie das neue Kreuz ein. Dann drücken Sie die bereits montierte Lagerbuchse mit Hilfe der untergelegten Hülse oder Dorns so weit ein, bis das Kreuz an der oberen Gabel anliegt. Besitzt Ihr Kreuzgelenk eine Boden-Buchsen-Schmierung (BBS) und auch eine Mittelschmierung im Kreuz, achten Sie darauf, dass die Nippel (auch der eines Weitwinkels) in einer Flucht angeordnet sind. Im Nachhinein vereinfach dies die Wartung.
(Bildquelle: Bertling)
Dann können Sie die zweite Lagerbuchse von oben einpressen. Achten Sie darauf, dass der Lagerdorn des Kreuzes gerade in das Nadellager eingeführt wird. Drücken Sie die Lagerbuchse nun so weit ein, bis das Kreuz mittig in der Gabel steht und Sie die Sprengringe montieren können.
(Bildquelle: Bertling)
Wahrscheinlich ist das Kreuzgelenk noch schwergängig. Deshalb führen Sie mit etwas Kraft einen Setzschlag auf die Gabel durch, damit sich die Lagerbuchsen auf dem Kreuz entspannen. Im Anschluss montieren Sie die zweite Gabel in derselben Reihenfolge wie die erste.
(Bildquelle: Bertling)
Zuletzt schmieren Sie das Kreuzgelenk. Nutzen Sie hierfür bestenfalls eine Einhand- oder Handhebelfettpresse. Diese bauen nicht so hohe Drücke auf, wie beispielsweise eine Akku-Fettpresse. Hierdurch wird die Gefahr verringert, dass der Dichtring der Lagerbuchsen durch die Druckspitzen beschädigt wird.
(Bildquelle: Bertling)