Kuhn ruft zur EuroTier den Serienstart des autonomen Futtermischwagens Aura aus. Lesen Sie, von welchen Erfahrungen Testbetriebe berichten und was Käufer des Systems erwartet.
Mit dem Serienstart des autonomen Aura läutet Kuhn ein neues Zeitalter ein. Denn Aura mischt und füttert nicht nur automatisch, mit einem Fahrwerk ausgestattet entnimmt er auch die Silage und das Raufutter aus dem Fahrsilo. Das Aufstellen von Futterbunkern oder eine Halle zum Abstellen von Siloblöcken entfällt damit - ebenso wie das Entnehmen und Verbringen der Siloblöcke mit einem Lader.
Das spart neben Baukosten vor allem kostbare Zeit. Französische Praktiker, die zu den ersten Käufern gehören, wussten zudem von weiteren Vorteilen zu berichten. Hier lernten wir aber auch, dass der Kuhn Aura nicht zu jedem Betrieb passt. Dazu gleich mehr.
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Jahrelange Entwicklung des autonomen Futtermischwagens
Den Aura stellte Kuhn erstmals 2021 auf der Space in Rennes (Frankreich) vor. 2022 hatte profi die Gelegenheit, die Neuentwicklung im praktischen Einsatz unter die Lupe zu nehmen (profi 9/2022).
Der autonome Mischwagen Aura von Kuhn benötigt zum Füttern keinen Fahrer mehr — auch nicht für das Beladen des Mischers. Einen Haken gibt es aber...
Um mehr Tests durchführen zu können, sind inzwischen weitere Aura in ausgesuchten Betrieben installiert worden — im Heimatland Frankreich, um die Maschinen intensiv betreuen zu können. Nach insgesamt 40 000 Einsatzstunden sieht Kuhn nun den Zeitpunkt für den Serienstart zur EuroTier 2024 gekommen.
Für welche landwirtschaftlichen Betriebe ist der Kuhn Aura interessant?
Kuhn empfiehlt den 3-m3-Mischwagen für Mast- sowie Milchviehbetriebe mit 90 bis 280 Milchkühen zuzüglich der Nachzucht. Die Spanne ergibt sich aus der Anzahl an Futtergruppen, Häufigkeit der Futtervorlage und den zurückzulegenden Fahrstrecken. Davon abgeleitet passt der Aura zu Betrieben mit vier Melkrobotern.
Um dem Großbetrieb gerecht zu werden, arbeitet Kuhn wohl an einer Flottenlösung, bei der sich mehrere Aura die Arbeit teilen. Mehr wollte man dazu noch nicht verraten.
Wahnsinniges Navigations- und Sicherheitssystem für die autonome Arbeitsmaschine
Der leer 5,9 t schwere Aura fährt autonom über den Betrieb — er öffnet dafür auch selbsttätig Türen und Tore, und er blinkt sogar vor dem Abbiegen. Die mit 2 cm Abweichung angegebene Genauigkeit ist das Ergebnis eines ausgeklügelten Navigations- und Sicherheitssystems.
Basis ist eine von einem Vermessungsbüro zu erstellende Karte des Betriebs. In die Karte trägt Kuhn alle Fahrrouten, Fahr- und Kraftfuttersilos sowie Stallungen mit jedem einzelnen Trog ein. Das Navigieren bzw. die Positionsbestimmung erfolgt über eine ständige WLAN-Verbindung zu den beiden GNSS-Antennen auf der Maschine. Für eine lückenlose Navigation unter freiem Himmel sind deshalb über den Betrieb verteilt ausreichend viele WLAN-Antennen zu installieren.
Geht das GPS-Signal beim Einfahren in einen Stall verloren, wird die Maschinenposition per Streckenmessung (Odometrie) bestimmt. Parallel gleicht ein Lidar-Sensor (Light Detection and Ranging) die Position der Maschine ab. Lidar vermisst zum Erstellen einer 3D-Karte mit einem augensicheren Laser die Umgebung in atemberaubender Geschwindigkeit. Durch einen ständigen Abgleich der alten mit der neuen Karte erkennt Aura so auch in Gebäuden seine Position und Hindernisse.
Autonom fahrende Autos verwenden Lidar zur Kollisionsvermeidung. Aura setzt hier auf die Kombination mit weiteren Sicherheitssystemen. So befinden sich hinten und vorn an der Maschine Ultraschallsensoren, die bis auf 10 m Entfernung Hindernisse erkennen. Am Fräsarm installierte Laser überprüfen, ob sich jemand auf dem Silo oder zwischen Silostock und Maschine befindet. Und ein knapp über dem Boden eingebauter Laser scannt nach vorne im 240°-Winkel den Fahrweg ab. Objekte, die höher als 30 cm und länger als 60 cm sind, werden als Hindernis identifiziert.
Je nach Hindernis und Situation reagiert das Sicherheitssystems individuell. Weicht z. B. der Hofhund selbst nach einer gewissen Wartezeit nicht vom Platz oder wurde der 15 cm über dem Boden ringsum verlaufende Sicherheitsbügel ausgelöst, stoppt die Maschine vollständig. Dann erhält der Landwirt einen Alarm auf das Smartphone, woraufhin er zum Aura gehen und den Motor von Hand starten muss.
Die gute Nachricht: Unsere Befürchtung, dass Tiere durch ein Berühren des Sicherheitsbügels den Not-Aus auslösen könnten, hat sich erfreulicherweise nicht bestätigt.
Diese Voraussetzungen muss ein Silo beim Einsatz des autonomen Futtermischwagens haben
Betreffend der Sicherheit setzt Aura vom Betrieb einige Dinge voraus. So beginnt die Silofräse nur dann zu arbeiten, wenn sich die Maschine 2 m tief in einem Silo mit mindestens 1,80 m hohen Wänden befindet — um zu verhindern, dass eine Person über die Mauer in die Silofräse greift.
Am Futterstock angekommen fährt Aura zur zuletzt abgespeicherten Entnahmeposition. Bahn um Bahn wird so vom Stock abgefräst, was ein sauberes Schnittbild erzeugt und wodurch das Futter nicht überständig wird bzw. verdirbt.
Aura merkt sich auch die Höhe des Silohaufens, so dass der Arm nicht immer auf die maximal mögliche Entnahmehöhe von 4 m hochfahren muss. Bei kleineren Haufen hebt er zum Beispiel nur bis 1,50 m an, was Zeit und Diesel spart.
Auf der anderen Seite: Es gibt am Aura keine Sensorik, die Veränderungen an der Anschnittsfläche erkennt. Betriebe mit einer Biogasanlage oder Betriebe, die Tiere abseits der Hofstelle mit Silage versorgen möchten und entsprechend separat mit der Schneidzange Futter entnehmen, benötigen folglich am besten ein zweites Silo.
Gut gefallen hat uns die Sauberkeit im Silo. Abgefallenes Futter wird weitestgehend mitgenommen, indem die Maschine nach jedem Fräsvorgang immer erst zurücksetzt und dann beim Vorwärtsfahren nochmals mit der Fräse lose Silage aufnimmt.
Um nicht mit der Mauer zu kollidieren, fährt Aura die letzten Meter im Hundegang seitwärts auf die Wand zu. Durch den hydraulisch um 75 cm seitlich verschiebbaren Fräsarm muss die Maschine nicht für jeden Fräsvorgang neu umsetzen. Allerdings bleibt so an der Wand immer ein bis zu 20 cm breiter Streifen stehen. Dieser ist von Hand abzustechen. Wer eine Mauerfolie einsetzt, sollte diese regelmäßig kürzen, da sie als vermeintliches Hindernis zu einem Stopp der Maschine führen kann.
Aktuell fährt der Kuhn Aura mit Diesel - bald auch mit Akku?
Herz des Aura ist ein Dreizylinder-Dieselmotor von Kohler mit 42 kW / 57 PS mit der Abgasstufe V. Im Schnitt aller Betriebe verbraucht der Dieselmotor exakt 3,5 l/h, so Kuhn. Das Tankvolumen beträgt 200 l.
Für Betriebe mit eigener PV-Anlage arbeitet Kuhn auch an einer Ausführung mit Elektromotor und Akku. Näheres wollte man uns aber noch nicht verraten.
Offen bleibt auch, ob es dann beim hydraulischen Antrieb bleibt. Aktuell betreibt die Hydraulik neben der Entnahmefräse die beiden Mischschnecken, das 40 cm breite Futteraustragsband und den bis zu 7,2 km/h schnellen Allradantrieb mit hydraulischer Lenkung der vier Räder.
So urteilen die Praktiker
Wir hatten Gelegenheit, mit Testbetrieben in der Normandie über ihre Erfahrungen mit dem Aura zu diskutieren. Der erste Betrieb gehört Nicolas und Anthony Maillard aus Saint-Bômer-les-Forges. Die Brüder bewirtschaften seit 2007 ihren Familienbetrieb mit 250 ha Fläche, 110 laktierenden Kühen, 25 Trockenstehern, 115 Färsen, 250 Bullen und einer 250-kW-Biogasanlage. Zwei Melkroboter im Stall ermelken jährlich 1,1 Mio. Liter Milch.
Seit der Inbetriebnahme des Aura in 2022 konnte das Tagesgemelk/Kuh um fast 3 kg auf 31,2 l gesteigert werden. Um 0,2 zugenommen haben auch die Besuche an den Melkrobotern. Und bei den Bullen verbesserte sich mit einer 15 kg höheren Ausschlachtung das Ergebnis ebenfalls.
Entscheidend für den Kauf war aber die Entlastung von der Arbeitsroutine. So verlangte früher mit einem Euromix 3 das Füttern fast vier Stunden am Tag. Heute benötigen die Brüder im Schnitt 50 Minuten, so dass Aura an jedem Tag rund 2,5 Stunden Arbeitszeit einspart. Zur verbliebenen Hauptarbeit zählt das Zurückziehen der Folie auf den Silostöcken und das Abstechen der Seitenränder.
Bislang hat Aura 13.000 Stunden ohne nennenswerte Probleme abgespult und durchschnittlich 3,5 l/h Diesel verbraucht. Der Motorölwechsel alle 500 Stunden ist kein Problem, der 1.000-h-Service verlangt die Abstimmung mit der Werkstatt.
Auf die Frage, was am Aura besser gemacht werden könnte, hat Anthony einen Wunsch: „Ein NIR-Sensor im Wagen mit Bestimmung von Feuchte, Rohprotein und Rohfaser wäre eine super Sache.“
Entlastung von Arbeitsspitzen
Der zweite Betrieb gehört den Geschwistern Etienne und Adéle Salles aus Saint-Hilaire-de-Briouze. Mit ihren Eltern und drei Mitarbeitern bewirtschaften sie 240 ha Fläche, 130 Kühe, 100 Färsen, 25 Trockensteher, 180 Charolaise-Mastbullen sowie eine 250-kW-Biogasanlage. Gemolken wird mit zwei Robotern aus 2007. Pro Jahr liefern sie 1,4 Mio. l Milch ab.
Die tierischen Leistungen gingen mit dem Aura leicht nach oben, doch führt Adéle die Leistungssteigerung nicht allein auf ihn zurück. Für den Aura würden sich aber beide immer wieder entscheiden. „Wir sind mit unserer Arbeitszeit am Limit, ohne Aura hätten wir die Bullenmast aufgeben müssen“, erklärt Adéle.
„Der Wegfall der Fütterungsarbeit nimmt uns die Arbeitsspitzen, so haben wir vor allem am Wochenende mehr Zeit für Privates“, merkt die Rinderzüchterin an. Obwohl sie zuletzt schon mit einem Selbstfahrer fütterten, spart Aura heute täglich zwei Stunden Arbeitszeit ein. „Aura füttert nur, wenn einer von uns am Betrieb ist — so muss keiner zum Hof fahren, sollte einmal etwas sein“, ergänzt Etienne.
„Obwohl unser Aura erst seit 18 Monaten im Betrieb ist, haben wir uns schon so sehr an ihn gewöhnt, dass wir das Auftanken vergaßen“, verrät uns Etienne mit einem Schmunzeln im Gesicht. Heute schickt Aura deshalb einen Alarm auf das Smartphone, wenn der Sprit zu Ende geht. Parallel leuchtet an der Tankstelle jetzt immer ein Signal auf, sobald der Tank auf Reserve steht. „Wer das Signal sieht, tankt dann sofort nach“ erklärt Etienne.
Aktuell benötigt ihr Aura täglich zwölf Stunden zum Füttern. Dabei verbraucht er im Schnitt 3,3 l/h. Bei unserem Besuch stehen 7.000 Stunden auf dem Zähler. Und die Maschine fährt immer noch auf den ersten Vollgummirädern der Größe 23 x 9-10, die festen Untergrund erfordern.
Auch hier fragten wir, was am Aura besser werden könnte. Zunächst ernteten wir von den Geschwistern ein Achselzucken. Selbst unsere Idee, dass durch eine verbesserte Vernetzung von Melk- und Fütterungsroboter gewisse Vorteile zu erwarten wären, fand wenig Anklang. „Wenn ich Tiere in andere Gruppen umstalle, kostet mich das mit dem Aura nur einen Fingertipp auf dem Smartphone“, konterte Adéle treffend.
Die Kosten und Wirtschaftlichkeit des Kuhn Aura
Die Investitionskosten eines Aura inklusiv der Vermessungskosten und eines WiFi-Netzwerks liegen bei etwa 300.000 Euro — bei einem (garantierten) Restwert von 80.000 Euro bei 30.000 Betriebsstunden (alle Preise ohne MwSt.). Die Nutzungsdauer beziffert Kuhn auf acht Jahre bei 180 Kühen mit Nachzucht und bei zehn Stunden täglicher Einsatzdauer.
Daraus ergeben sich im Jahr überschlägig gerechnet 28.000 Euro für Abschreibung, 9.000 Euro Wartung und Reparaturen (3 %), 17.000 Euro Diesel (3,5 l/h, 1,35 Euro/l) und 9.000 Euro Zinsen (6 %). Macht 63.000 Euro bzw. 173 Euro/Tag. Die mögliche Lohneinsparung beläuft sich auf 18.250 Euro (2 h täglich zu je 25 Euro/Stunde x 365 Tage).
Fazit
Nach jahrelanger Entwicklung gibt Kuhn zur EuroTier 2024 den Serienstart des autonomen Selbstfahr-Futtermischwagens Aura bekannt. Der von einem Dieselmotor betriebene Aura fährt anhand einer exakt vermessenen Karte autonom zu den Silos und lädt hier die vorgegebenen Mengen selbsttätig. Anschließend mischt und verteilt der Selbstfahrer die Ration.
Zeit zum Ausruhen hat Kuhn derweil längst nicht, im Gegenteil. Denn vor dem Verkaufsstart in Deutschland müssen Serviceteams aufgebaut und die Händler vom Aura-Konzept überzeugt werden.
Spannend wird auch, wie ein Aura mit Batterieantrieb und wie eine Flottenlösung für Herden mit mehr als 280 Melkenden aussehen wird. Wir bleiben dran!
Steigende Tierzahlen und die ganzjährige Stallhaltung führten bei der Rinderfütterung über Blockschneider und einfache Verteilwagen zum Futtermischwagen. Hier Beispiele ihrer Entwicklung.