Seit rund 30 Jahren bietet Merlo Teleskoplader für die Landwirtschaft an. Wir zeigen Ihnen, warum ein Turbofarmer 38.10 interessant sein kann und wo Sie genauer hinschauen sollten.
Ganz schön giftig! So betitelten wir den ersten Praxistest eines Merlo Turbofarmer Teleskopladers in der profi, Ausgabe 5/1997. Seitdem hat sich viel getan. Erst vor wenigen Wochen stellte Merlo das neuste Update der Turbofarmer-Baureihe vor, das vor allem Änderungen an der Kabine und Bedienung mit sich brachte und mit dem die Motoren die Abgasstufe V erfüllen.
Die Baureihe reicht aktuell vom kleinsten Modell 27.6 mit 6 m Hubhöhe und 2,7 t Traglast bis zum TF 65.9 mit 9 m Hubhöhe und 6,5 t Tragkraft. Vorab ein Wort zu den Typenbezeichnungen: Die ersten beiden Ziffern nennen die Traglast der Maschine. Nach dem Punkt folgen die Ziffern für die maximale Hubhöhe. Wir beschränken uns in diesem Beitrag auf den Turbofarmer 38.10 — also ein Teleskoplader mit 3.8 t Traglast und 10 m Hubhöhe, der neben dem 40.7 bzw. 42.7 zu den am meisten in der Landwirtschaft eingesetzten Merlo-Maschinen gehört. Kunden schätzen vor allem das gute Handling der übersichtlichen Lader, die Bedienung ist feinfühlig und der Fahrkomfort hoch.
Ein erster Blick
Sollten Sie auf der Suche nach einem gebrauchten 38.10 sein, können Sie wählen: Zum einen die Modelle aus dem Bauzeitraum von 2005 bis 2014, die ein vorangehendes P in der Bezeichnung tragen. Und zum anderen die komplett neu konstruierten Turbofarmer ab 2014, die durch das TF in der Typenbezeichnung zu erkennen sind — auf die technischen Unterschiede kommen wir noch zu sprechen. Die Zusatzbezeichnung TT kennzeichnet Maschinen mit einem hydraulischen Niveauausgleich (8°) und Seitenverschub.
Wie immer beim Check einer Gebrauchtmaschine zählt der erste Eindruck, auch wenn man sich von einem blitzsauberen Lader nicht blenden lassen sollte. Prüfen Sie, ob die vorgeschriebenen UVV-Prüfungen durchgeführt und dokumentiert wurden. Schmierpunkte sollten ausreichend mit Fett versorgt sein, eine gute Pflege erkennen Sie auch am Motor. In jedem Fall sollten Sie die Maschine Probe- und Warmfahren, um Undichtigkeiten zu erkennen. Beim äußeren Zustand gibt es vor allem Unterschiede bei der Lackierung: Seit einigen Jahren sind die Maschinen pulverbeschichtet, bei früheren Ladern ist die Lackierung etwas rostanfälliger.
Antriebsquelle
Grundsätzlich sind die Turbofarmer-Modelle mit einem Deutz-Turbomotor ausgestattet — erst ganz aktuelle Modelle arbeiten nach einem Lieferantenwechsel mit Perkins-Aggregaten. Die frühen Turbofarmer P 38.10 bis 2011 (neue Elektrik/neues Armaturenbrett) wurden durch einen 120 PS starke Vierzylinder mit mechanischer Einspritzanlage angetrieben.
Es folgte der Wechsel zu einem Common-Rail-Aggregat mit 140 PS, der auch in den TF 38.10 bis zum Baujahr 2022 seinen Dienst verrichtet. Beide Motoren sind in den allermeisten Fällen problemlos und zuverlässig im Betrieb. Trotzdem: Ein Blick in den Luftfilter kann Rückschlüsse auf den Wartungszustand geben.
Mit Einführung der Abgasstufe IV änderte sich der Aufbau im Motorraum, jetzt wurde der Kühler liegend oberhalb des Motors montiert. Damit verschwand die bisherige Schmutzecke vor dem stehenden Kühler. Um bei der Frischluft zu bleiben: Ab 2014 war auch ein Umkehrlüfter serienmäßig. In den Baujahren davor finden sich vereinzelt Maschinen mit einem nachgerüsteten Cleanfix von Hägele. Beim liegenden Kühler gab es anfangs Probleme mit der Aufnahme des Lüfterantriebs — prüfen Sie bei Maschinen ohne AdBlue, ob bei dem sternförmigen Trägergehäuse die aufgedoppelte Verstärkung nachgerüstet wurde.
TF 38.10 ab dem Baujahr 2017 sind mit einer Abgasnachbehandlung ausgerüstet die AdBlue benötigt — leider zu Lasten der Zugänglichkeit. Ein Blick auf die Leitungen der Abgasnachbehandlung zeigt, ob noch die störanfälligen Hartkunststoffleitungen montiert oder bereits auf die verbesserte gummierte Variante gewechselt wurde.
An dieser Stelle schon mal ein Wort zu einem Sonderfall, den Sie im Blick halten sollten: Während der Turbofarmer P 38.10 in Deutschland nur in der Top-Variante (mit 120 PS, variablem Fahrantrieb und LS-Hydraulikpumpe) angeboten wurde, lieferte Merlo für andere Märkte auch eine Variante mit deutlich geringerer Ausstattung: Dann muss der 38.10 mit nur 100 PS, Zahnradpumpe und einem Konstantfahrantrieb, der die Maschine auf 20 km/h beschränkt, auskommen.
Zwar neu in Deutschland nie verkauft, können diese Modelle durchaus auf dem Gebrauchtmarkt auftauchen — hier sollten Sie bei besonders günstigen Angeboten genau hinschauen. Unterscheiden können Sie die Modelle zum einen am Aufkleber „top“, zum anderen am unterschiedlichen Fahrmotor.
Merlo Turbofarmer 38.10: Immer hydrostatisch
Während bei den Import-Modellen nur 20 km/h möglich sind, können die „top“-Maschinen bis zu 40 km/h schnell unterwegs sein — und zwar immer. Für die entsprechende Zulassung konnten die Maschinen vom Händler auf 20 oder 30 km/h Maximalgeschwindigkeit gedrosselt werden — ein Prozess, der bei Ihrer gebrauchten Wunschmaschine im Zweifel auch wieder umkehrbar ist. Eine niedrige Geschwindigkeit ist daher kein Ausschlusskriterium.
Grundsätzlich sind die Teleskoplader von Merlo hydrostatisch angetrieben. Beim 38.10 gibt es zwei Varianten: Die meisten Maschinen sind mit einer mechanischen Zweigang-Untersetzung ausgestattet, in seltenen Fällen in der lastschaltbaren Shift-on-the-Go-Variante. Mit Einführung der TF-Modelle (ab 2014) bot Merlo als Option außerdem ein CVT-Getriebe mit zwei Fahrmotoren an, welches geschwindigkeitsabhängig einen der beiden Fahrmotoren zu- bzw. wegschaltet. Da der Aufpreis oberhalb von 10 000 Euro liegt, ist diese Variante zumindest beim TF 38.10 eher selten anzutreffen. Standard ist aber seit dem TF das Fahr- statt einem Gaspedal bei den Vorgängern. Damit wird die Motordrehzahl elektronisch bedarfsabhängig angesteuert. Die Aggressivität kann durch den Vertriebspartner individuell eingestellt werden, dadurch reagiert jede Maschine unterschiedlich, von aggressiv bis träge.
Egal in welcher Variante, achten sollten Sie auf den Zustand des Hydrostat-Öls: Durch die Nähe und Ähnlichkeit der Einfüllöffnungen für Öl und Kühlwasser kann es zu Verwechslungen kommen. Wurde dem Öl Wasser zugegeben, ist dieses milchig. Das Wasser ist kaum noch aus dem Antriebsstrang zu bekommen und kann auf Dauer Probleme mit dem Hydrostaten verursachen. Werfen Sie in diesem Zuge auch einen Blick auf den Öl-Filter: Bei jedem Motorölwechsel sollte auch der Filter für das Hydrostaten-Öl gewechselt werden — wird die Wartung selbst erledigt, wird das gerne vergessen.
Immer sinnvoll ist ein Schubversuch vor einer stabilen Betonkante oder Ähnlichem: Drehen die Räder dabei nicht durch, kann das ein Hinweis auf einen undichten Hydrostaten sein. Eine Besonderheit bieten dabei die älteren Modelle bis 2011: Im Motorraum gibt es einen Schlauch, über den der Hydrostat mit einem Prüfmanometer in der Kabine verbunden werden kann (vor dem Anschließen den Schlauch reinigen). Bei getretener Bremse sollte der Hydrostat noch 450 bis 500 Bar Druck aufbauen.
Die Achsen ihrer Wunschmaschine sollten Sie genau prüfen. Ein kritischer Punkt ist die untere Lagerstelle der Achsschenkel: Bis zum Baujahr 2017 sind hier Kunststoffschalen als Verschleißteil verbaut. Werden diese nicht regelmäßig erneuert, wandern sie aus ihrem Sitz und es kommt zu Verschleiß am Gussteil. Kommt die weiße Lagerschale an einer Seite oben zum Vorschein, wird es Zeit für einen Wechsel, und auch wenn der Staubring auf den Achsen noch den originalen Grünton trägt, sollten Sie aufmerksam werden. Wird das frühzeitig erkannt und es ist nur das Kunststoffteil verschlissen, ist der Wechsel auch in der eigenen Werkstatt gut machbar. Anders sieht es aus, wenn die Schalen bereits seit 500 Stunden oder mehr verschlissen sind: Ab dem Baujahr 2010 sind die Achsschenkel auch unten mit Schmiernippeln versehen, teilweise wurden diese auch bei früheren Modellen nachgerüstet. Bei Maschinen ohne Schmiernippel kann die Haltbarkeit erhöht werden, wenn die Achsen bei jeder Wartung aufgebockt und die Lagerbereiche mit einem Fett-Öl-Gemisch befüllt werden. Apropos Aufbocken: Das kann bei der Gebrauchtmaschinenbesichtigung durchaus sinnvoll sein, vor allem bei den TF-Modellen, jedoch sollten Sie sich von leichtem Spiel in den Achsschenkeln nicht verrückt machen lassen. Merlo arbeitet zur Überlasterkennung mit Federpaketen in der Achsschenkelaufnahme, die leichtes Spiel benötigt.
Zurück zum TF: Mit Einführung der TF-Modelle mit Abgasstufe IV (ab 2014) verwendete Merlo neue, selbst konstruierte Achsen mit Achsschenkellagern statt Lagerschalen — die ein häufiges und regelmäßiges Schmieren erfordern. Passiert dies nicht, muss die Achse aufwändig überholt werden. Viele Maschinen sind daher mit einer Zentralschmieranlage ausgestattet — deren Funktion Sie überprüfen sollten. Übrigens: Die Kreuzgelenke und auch die Mittelachsbolzen machen selten Ärger.
Ein Wort noch zu den Bremsen: Durch den hydrostatischen Fahrantrieb werden diese nur selten benötigt und neigen daher dazu, sich festzusetzen. Machen Sie bei der Probefahrt eine Vollbremsung und fahren anschließend einige hundert Meter — riecht es nach verbrannten Belägen, sind die Bremsen fest. Der Austausch-Aufwand ist überschaubar und in einer gut ausgestatteten Werkstatt in Eigenregie durchführbar. Bei den TF-Modellen besteht dieses Problem nicht mehr, da die Bremse bei jedem Start getreten werden muss und damit in Bewegung bleibt. Checken sollten sie hier aber die Bremsschläuche an den Achsen.
Armdrücken
Herzstück ist der Teleskoparm, der beim Turbofarmer 38.10 mit einem Dreifach-Ausschub arbeitet. In jedem Fall sollten Sie die Abdeckung hinten an der Maschine abschrauben, um einen Blick in das Innere des Hubarms werfen zu können: Es kommt zwar selten vor, der Teleskopzylinder kann im Laufe der Jahre aber undicht werden — ein Fall für die Fachwerkstatt. Wie ist der Zustand des Schlauchpakets? In vielen Fällen wird hier bei ca. 4 000 Stunden ein Austausch fällig, da die Schläuche sehr viel in Bewegung sind. Auch die Seile sollten Sie einer Sichtprüfung unterziehen und checken, ob der Seilbruchsensor noch angeschlossen ist.
Kontrollieren Sie den Arm auf Risse: Während bei den TF-Modellen der Ausgleichszylinder für die Parallelführung unter dem Arm sitzt, ist dieser bei den Vorgängermaschinen links neben dem Arm angelenkt — hier können zum einen bei hoher Belastung die Bolzen leiden, zum anderen kann es zu feinen Rissen an der vorderen Schweißnaht an der Armoberseite kommen. Da der Arm aus Spezialstahl gefertigt ist, muss hier eine professionelle Reparatur durch einen Schweißexperten erfolgen. Die Bolzen können Sie prüfen, indem das Werkzeug ganz eingekippt und dabei das Spiel beobachtet wird. Gebrochene Bolzen und Verschleiß können hier teuer werden.
Einer genauen Prüfung sollten Sie auch die Merlo-eigene Werkzeugaufnahme unterziehen, die mit einem zentralen Verriegelungsbolzen arbeitet. Wird damit viel auf Zug gearbeitet, kann es hier zu hohem Verschleiß kommen. Ein wenig Spiel des Bolzens ist in Ordnung — ist es allerdings zu viel, muss im Zweifelsfall eine neue Buchse eingesetzt werden. Dafür müssen ein Tag in der Fachwerkstatt und Kosten von rund 1 000 Euro eingeplant werden.
An den Drehpunkten des Werkzeugträgers sind Fettkappen montiert, die durch ihren Druck die Schmierung übernehmen: Ordentlich gewartet sollten diese immer einen leichten Bauch haben. Überprüfen Sie bei dieser Gelegenheit auch die Kolbenstange des Werkzeugzylinders auf Riefen: Hier sammelt sich zum Teil Material oder es kommt zu Anfahrschäden.
Nicht sofort erschrecken sollten Sie, wenn ein breites Werkzeug quer zur Maschine nicht ganz bodenparallel steht: Die Gleitplatten des Arms sind einstellbar und verschleißen z. B. beim Einsatz einer Astsäge einseitig. Das ist in den meisten Fällen der Grund für die schräge Position.
Merlo Turbofarmer 38.10: Komfortable Kabine
Die Kabine des Turbofarmer 38.10 gilt als komfortabel. Mit der Einführung der TF-Baureihe 2014 kam auch eine neue Kabine. Seit 2012 bietet Merlo den Turbofarmer auf Wunsch mit der einzigartigen und sehr komfortablen Kabinenfederung CS an, mit der der Lader allerdings 6 cm höher wird. Ein wichtiger Check in der Kabine gilt bei den Modellen vor 2012 der Elektrik: Nach dem Lösen einer Schraube kann das Armaturenbrett umgeklappt werden — werfen Sie einen Blick auf die dahinterliegenden Verkabelung. Sind Mäuseschäden oder wilde Basteleien zu erkennen? Das Gleiche gilt für spätere Maschinen, bei denen sich die Elektrik hinter dem Fahrersitz verbirgt. Bei den TF-Modellen ist die Elektronik kein Thema mehr. Dafür ist ein Blick in den Fehlerspeicher einfach möglich: Bei eingeschalteter Zündung die OK-Taste bis zum Signalton drücken, dann im Menü nach unten bis zur „Tür“ scrollen und erneut die OK-Taste bis zum Ton drücken. Nun werden die Fehlerkategorien angezeigt und aktuelle Fehler mit einem Ausrufezeichen gekennzeichnet. Durch erneutes Drücken wird der genaue Code angezeigt.
Ein schönes Feature der moderneren TF-Modelle ist die automatische Drehzahlanhebung bzw. -absenkung beim Betätigen von Hydraulikfunktionen.
Ein hydraulischer Niveauausgleich samt Seitenverschiebung war bei den P 38.10 serienmäßig, bei den neueren TF kann zwischen den Modellen ohne und mit Niveauausgleich gewählt werden (erkennbar an der Zusatzbezeichnung TT). Wer diese Ausstattung kennengelernt hat, möchte sie nicht mehr missen: Seitenneigung von bis zu 8° ausgleichen oder eine Palette oder Strohballen seitlich um ein paar Zentimeter zu verschieben ist damit kein Problem. Auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt sind beide Varianten zu finden, ein Preisunterschied ist nicht feststellbar. Die Technik ist wartungsfrei und nur bei den neueren Modellen kommt es in seltenen Fällen zu Spiel: Prüfen können Sie dieses durch ruckartiges Hin- und Herlenken. Zusatzausstattungen wie LED-Scheinwerfer, Automatik-Zugmaul oder sogar eine Druckluftbremse wurden ab Werk angeboten, so gut wie alle Optionen lassen sich nachrüsten.
Abschließend noch ein Wort zum Angebot. Auf dem Gebrauchtmarkt sind aktuell nur wenige Maschinen zu finden. Auch bei dem von uns besuchten Händler, der Anton Hülsken GmbH aus dem westfälischen Rosendahl haben die meisten zurückgenommenen Maschinen schon einen Käufer und schaffen es gar nicht mehr auf die einschlägigen Gebrauchtmaschinenbörsen. Zu lange zögern sollten Sie daher nicht, wenn Sie eine passende Maschine gefunden haben. Umso wichtiger ist die genaue Überprüfung aller wichtigen Baugruppen, damit Sie keine böse Überraschung erleben. Übrigens: Sollte bei ihrer Wunschmaschine die eine oder andere Reparatur anstehen, kann es sich lohnen, bei Hülsken anzufragen: Für ausgewählte Maschinen ist eine Auswahl geprüfter Gebrauchtteile vorrätig.