Gut zu wissen
- Die größeren Farmall C werden in Italien gebaut, die kleineren Modelle (55 bis 75 C) werden in der Türkei gefertigt.
- Der größte Unterschied zum Vorgänger JXU ist der Common-Rail-Vierzylinder von FPT.
- Achten Sie auf die vorhandenen Funktionen, da der Umfang der drei Ausstattungsvarianten ständig angepasst wurde.
Der Farmall C des Herstellers Case IH trat 2013 die Nachfolge des JXU an. Mit dem baugleichen Steyr Kompakt sowie dem New Holland T4 und ab Ende 2017 dem T5 decken die größeren Modelle der Baureihen einen Leistungsbereich von 55 kW/75 PS bis 84 kW/114 PS ab.
Bei der Suche sollten Sie allerdings beachten, dass die 75-PS-Variante nur als Steyr und als New Holland auf Basis der größeren Plattform erhältlich ist. Bei Case IH starten die Baureihe mit dem Farmall 85 C mit 63 kW/86 PS Nennleistung.
In diesem Beitrag beziehen wir uns vorrangig auf den in Italien gefertigten Farmall C, wobei die meisten Punkte auch auf die beiden anderen Baureihen des Konzerns zutreffen. Zusammen mit der Reise Landtechnik GmbH aus Lippetal in Nordrhein-Westfalen haben wir uns einige gebrauchte Modelle genauer angesehen.
Gebrauchte Case IH Farmall: Vier Generationen
Seit Einführung der Baureihen wurden immer wieder Anpassungen durchgeführt, deshalb ist vorab gut zu wissen, dass mittlerweile bereits die vierte Generation angeboten wird. Die größten Änderungen wurden aufgrund der Abgasvorschriften vorgenommen. Während die erste Generation ohne jegliche Nachbehandlung auskommt, wurde in der zweiten ein Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC) sowie ein Dieselpartikelfilter (DPF) unter der Motorhaube integriert, um die Abgasstufe IIIB zu erreichen. Die dritte Generation wurde zur Einführung der Tractor-Mother-Regulation vorgestellt, dessen Anforderungen alle neu zugelassenen Traktoren ab Januar 2018 erfüllen müssen. Hierzu gehört beispielsweise die Sicherheitsschaltung der Zapfwelle sowie die Montage von Weitwinkelspiegeln.
Traktoren der vierten Generation sind nun zusätzlich mit einem SCR-Katalysator ausgestattet. Deshalb ist das Tanken von AdBlue bei diesen Maschinen erforderlich. Außerdem haben die Motoren nun 0,2 Liter mehr Hubraum. Dadurch wird die Leistung der einzelnen Modelle laut Hersteller um bis zu 5 PS angehoben. Da diese allerdings erst ab diesem Jahr (2021) angeboten werden, kommt die vierte Generation für viele Gebrauchtkäufer wohl noch nicht infrage.
Aufgeladener Vierzylinder
Beginnen wir mit dem Motor: Wer vorher einen JX fuhr, dem müsste hier einiges neu vorkommen. So hält im Farmall die Common-Rail-Technik mit elektronischer Motorsteuerung Einzug. Die 3,4 Liter großen Vierzylinder von FPT werden zusätzlich von einem Turbolader mit Ladeluftkühler aufgeladen, um die angegebenen Nennleistungen zu erreichen. Gelegentlich hört man von Praktikern, dass die Motoren im unteren Drehzahlbereich beim Anfahren etwas träge sind. Bei neueren Modellen wird deshalb die Anfahrdrehzahl unter Last automatisch etwas erhöht.
Generell gelten die Motoren jedoch als robust und sparsam. Es gibt aber zwei Dinge, auf die Sie achten sollten: Zum einen gab es ein paar Probleme mit der Motorentlüftung. Durch einen zu hohen Druck im Kurbelgehäuse kommt es vereinzelt zu Undichtigkeiten an den Kurbelwellendichtringen. Eine einfache Abhilfe schafft ein Ölpeilstab mit Überdruckventil. Achten Sie also darauf, ob dieser bei älteren Modellen vorhanden ist. Bei neueren Modellen wurde das Problem werksseitig behoben. Achten Sie zudem auf nagelnde Geräusche im Motorraum. In wenigen Fällen kam es zu Defekten am Massenausgleich und somit einer aufwändigen Motor-Reparatur. Da das Problem überwiegend jedoch innerhalb der ersten 150 Betriebsstunden auftrat, sollten die meisten Gebrauchtmaschinen damit keine Probleme mehr haben.
Altbewährtes Schaltgetriebe
Wer mal einen New Holland TL fuhr, der findet sich auch im Farmall sofort zurecht, da die Grundkomponenten von New Holland stammen. Jedoch gibt es ein paar Unterschiede bei den Getriebevarianten. Den Einstieg bildet ein einfaches Getriebe mit mechanischer Wendeschaltung (Synchro-Schuttle), doch besitzt nahezu jeder in Deutschland verkaufte Farmall der genannten Leistungsklasse ein Getriebe mit lastschaltbarer Wendeschaltung. Hierbei ist die einfache Variante ein 12 x 12-Getriebe mit mechanisch-hydraulischer Wendeschaltung. Per Hebel am Lenkrad betätigen Bowdenzüge das Powershuttle-Ventil. Nach dem gleichen Prinzip wird die nasse Fahrkupplung betätigt. Das Einlegen der vier synchronisierten Gänge erfolgt mechanisch beim Treten der Kupplung. Die drei Gruppen sind nicht synchronisiert.
Deutlich häufiger ist das 24 x 24-HiLo- Getriebe. Bei dem wird die Fahrtrichtung elektrohydraulisch betätigt. Hierzu ist am Lenkstock, der aus den größeren Baureihen bekannte Fahrtrichtungshebel montiert. Zudem finden Sie auf dem Gangschalthebel zwei Knöpfe zum Schalten der zwei Lastschaltstufen sowie einen weiteren für die Fahrkupplung. Wer viele Transportarbeiten mit dem Schlepper übernehmen möchte, dem raten wir zum HiLo-Getriebe.
Grundsätzlich beschleunigen beide Varianten den Traktor auf 40 km/h Höchstgeschwindigkeit. Für besonders langsame Arbeiten sind manche Farmall mit einer weiteren Kriechgang-Gruppe ausgestattet.
Drei Zapfwellendrehzahlen
Die von uns besichtigten Traktoren besitzen alle drei Zapfwellendrehzahlen (540, 540E, 1000 U/min), deren Kupplung je nach Getriebe mechanisch oder elektrohydraulisch geschaltet wird. Vor allem für leichte Arbeiten (z. B. Heuwender) ist die 540E-Zapfwelle sinnvoll. Im Betrieb liegt die Motordrehzahl gerade mal bei 1 535 U/min. Auf Wunsch gibt es sogar eine Wegezapfwelle.
Etwas störend empfinden einige Praktiker das knarrende Geräusch beim Umschalten der Zapfwellengeschwindigkeit, wenn der Stummel z. B. durch ein angebautes Arbeitsgerät nicht frei drehen kann. Etwas Abhilfe soll das Deaktivieren der Zapfwellenbremse durch die Werkstatt schaffen.
Hubwerk und Hydraulik
In der Basis-Version sind zwei Zahnradpumpen mit 48 l/min für die Arbeitshydraulik und 28 l/min für Lenkung und Getriebe eingebaut. Auf Wunsch gibt es Pumpen mit 64 l/min und 36 l/min. Diese sind beispielsweise bei Modellen mit Komfort- oder Profi-Ausstattung eingebaut.
Bei der Profi-Ausstattung finden Sie zusammen mit dem HiLo-Getriebe zudem immer eine elektronische Hubwerksregelung (EHR) sowie einen zweiten Zusatzhubzylinder. Damit stemmt der kleine Farmall bis zu 4 270 kg an den Unterlenkern, mit einem Zylinder sind es hingegen nur 2 880 kg. Mit einer 3-m-Säkombination z. B. erreichen die Schlepper dann jedoch ihre Grenzen.
Bis zu fünf Steuergeräte
Ebenfalls fanden wir in jedem der besichtigten Schlepper drei mechanische, doppelwirkende Steuergeräte im Heck. Bei diesen sogenannten Kontaktsteuergeräten gab es bis zum Jahr 2016 gelegentlich Probleme mit inneren Undichtigkeiten, weshalb im Nachhinein häufig Sperrblöcke in den Ventilen nachgerüstet wurden.
Für Frontladerarbeiten gibt es zwei weitere, per Kreuzhebel bedienbare Mittelachssteuergeräte. Apropos Frontlader: Ist ein Frontlader angebaut, schauen Sie einmal auf der Homepage des Herstellers nach, ob dieser auch für die Schleppergröße freigegeben ist. Zu große Schwingen belasten die Vorderachse stark. Grundsätzlich gilt diese zwar als robust, doch zeigt sich eine Überbelastung zunächst an undichten Endantrieben, die Sie unbedingt auf Ölaustritt an den Wellendichtringen der Steckachsen kontrollieren sollten.
Fahrkomfort ohne Federung
Leider müssen wir Sie bei der Frage nach einer Federung enttäuschen. Den Farmall C sowie die vergleichbaren Baureihen gibt es nicht mit Vorderachs- oder Kabinenfederung. Ist ein Frontlader angebaut, empfiehlt sich deshalb eine Schwingungstilgung.
Die Kabine ist lediglich auf Gummiblöcken gelagert. Hier kam es anfangs zu Klopf-Geräuschen, da sich die inneren Buchsen der vorderen Lagerungen gelegentlich lösten.
Werkstätten wie Reise beseitigten dieses Problem, indem sie die Buchse mit je einer Schraube festsetzten oder erneut einklebten. Ab 2018 wurde die Lagerung werksseitig überarbeitet.
Im Kabineninneren kommt man aus unserer Sicht gut zurecht. Positiv anzumerken ist der flache Kabinenboden im Vergleich zu manchen Vorgängern mit Mitteltunnel.
Zudem bietet die Kabine Platz für einen Beifahrer und durch eine serienmäßig eingebaute Plexiglas-Dachluke einen Blick auf den angehobenen Lader. Ist diese Luke beschädigt oder stark verkratzt, lässt sie sich für rund 100 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer) recht kostengünstig ersetzen. Ist das Exemplar Ihrer Begierde eines der früheren Modelle und mit einer Klimaanlage und Heizung ausgerüstet, so fragen Sie nach, ob das Heizungsmodul getauscht wurde. Die Abstimmung der beiden Systeme war anfangs für viele Praktiker nicht zufriedenstellend.
Wartung
Von einem einfachen Traktor erwartet man, dass er auch wartungsfreundlich ist. Insgesamt fanden wir an der Vorderachse gerade einmal fünf Schmiernippel. Zudem ist es praktisch, dass in dem Farmall nur zwei Öle verwendet werden: zum einen das Motoröl und zum anderen das Getriebeöl. Dieses wird für den gemeinsamen Haushalt von Arbeitshydraulik und Getriebe verwendet, sowie für die Achsportale und die Vorderachse. Lästige Ansammlungen von Ölkanistern werden so umgangen.
Case IH gibt das Wartungsintervall mit 600 Betriebsstunden an. Nutzen Sie den Schlepper jedoch weniger, raten die Experten zur jährlichen Inspektion. Die Ventile des Motors müssen übrigens nicht nachgestellt werden, da es sich um wartungsfreie Hydrostößel handelt.
Weitere Details in Kürze:
- Um auffällige Geräusche des Lenkventils zu beseitigen, wurde dies bei frühen Modellen häufig überarbeitet (s. Foto).
- Es gibt rumpfgeführte, mechanische Fronthubwerke sowie achsgeführte, elektronische Fronthubwerke mit Entlastung und Frontzapfwelle.
- Der Wendekreis beträgt bei den größeren Modellen rund 10,2 m.
- Mit den optionalen Heavy Duty-Achsen ab Generation 3 steigt das zulässige Gesamtgewicht von 6,2 t auf 6,5 t.
- Die Allradzuschaltung beim Bremsen kann für Arbeiten unter 6 km/h von der Werkstatt deaktiviert werden.
- Eine Druckluftanlage lässt sich vergleichsweise einfach nachrüsten.
- Die hinteren Kotflügel sind recht kurz. Manche Praktiker verlängerten diese bereits durch Eigenbaulösungen.
Fazit
Gebrauchte Case IH Farmall der größeren C-Familie sowie die baugleichen New Holland T4 (später T5) und Steyr Kompakt (ab Modell 4075) sind vor allem als Hofschlepper mit Frontlader sowie als Allrounder auf kleineren Betrieben begehrt. Sie besitzen eine einfache Ausstattung und greifen auf bewährte Motoren- und Getriebetechnik des CNH-Konzerns zurück. Entsprechend rar sind die Gebrauchtmaschinenangebote.
Wer ein gepflegtes Exemplar mit wenig Betriebsstunden sucht, der sollte rechtzeitig mit der Suche beginnen. Preislich liegen die größeren Farmall C zwischen 40 000 bis 70 000 Euro je nach Alter und Modell. Die kleineren Modelle aus der Türkei sind etwas günstiger und häufiger zu finden.