Praxistest
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Test: Standard- und VF-Reifen im Vergleich
Standard- und VF-Reifen im Vergleich: Flexibilität ist Trumpf!
Fast alle Hersteller bieten heute Traktorreifen in der Standard- und in der VF-Bauweise mit einer hoch flexiblen Karkasse an. Wir haben Reifen beider Bauarten auf dem Prüfstand der Technischen Universität Dresden untersuchen lassen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Dies ist kein Reifenvergleich, der alle Aspekte einer Kaufentscheidung berücksichtigt. Denn dazu würden auch Faktoren wie Zugkraftübertragung auf dem Acker, Fahrkomfort auf der Straße, Haltbarkeit oder Anschaffungspreis zählen. Je nach Einsatzgebiet der Reifen sind diese Faktoren für eine Kaufentscheidung zudem sehr unterschiedlich zu gewichten.
Wir können mit diesem Vergleich deshalb nur einen ersten Überblick geben, was moderne Reifen heute in Sachen Einfederung und Aufstandsfläche zu leisten vermögen. Dabei hat uns die TU Dresden mit Messungen auf ihrem Prüfstand unterstützt.
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Um es gleich vorwegzunehmen: Dies ist kein Reifenvergleich, der alle Aspekte einer Kaufentscheidung berücksichtigt. Denn dazu würden auch Faktoren wie Zugkraftübertragung auf dem Acker, Fahrkomfort auf der Straße, Haltbarkeit oder Anschaffungspreis zählen. Je nach Einsatzgebiet der Reifen sind diese Faktoren für eine Kaufentscheidung zudem sehr unterschiedlich zu gewichten.
Wir können mit diesem Vergleich deshalb nur einen ersten Überblick geben, was moderne Reifen heute in Sachen Einfederung und Aufstandsfläche zu leisten vermögen. Dabei hat uns die TU Dresden mit Messungen auf ihrem Prüfstand unterstützt.
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Für den Vergleich haben wir die Hersteller um Unterstützung gebeten, die Reifen beider Bauarten in der Größe 650/65 R 42 im Programm haben. Reifen geliefert haben daraufhin Alliance, BKT, Ceat, Michelin und Vredestein. Abgesagt haben z. B. Bridgestone, Continental, Mitas und Trelleborg. Aufgrund der Marktbedeutung haben wir für den Vergleich zwei Reifen von Trelleborg beschafft. Die anderen Marken sind leider nicht dabei.
Bei Radlasten von 30 kN und 45 kN wurde das Einfederungsverhalten und der Rollwiderstand untersucht. Um den mittleren Kontaktflächendruck berechnen zu können, wurde vor allem die Aufstandsfläche gemessen.
Die Messung der Druckverteilung wird später Basis für eine Simulation der Bodenverdichtung sein. Dazu gibt es sowohl von der TU Dresden als auch von der Berner Fachhochschule in der Schweiz entsprechende Programme (z. B. Terranimo). Ergebnisse dieser Simulationen werden wir in einer späteren profi-Ausgabe veröffentlichen.
Standard- und VF-Reifen im Vergleich: Die Testkandidaten
Folgende Reifen der Größe 650/65 R 42 wurden in unserem Auftrag untersucht:
Alliance Agristar 365 Standard und Agristar 365 Agriflex
BKT Agrimax RT657 und Agrimax V-Flecto
Ceat Farmax R65 und Torquemax
Michelin Multibib, Multibib Plus und Axiobib2
Trelleborg TM800 und TM1000 PT
Vredestein Traxion 65 und Optimall
Da es Standardreifen mit unterschiedlichen Tragfähigkeiten gibt, lieferte Michelin den Multibib und Multibib Plus an. Während der Multibib (wie der Trelleborg TM800 und der Vredestein Traxion 65) den Last-/Geschwindigkeitsindex 158 D hat (max. 4.250 kg Radlast bei 65 km/h mit 1,6 bar), haben der Multibib Plus sowie die Standardreifen von BKT und Ceat einen Load-Speed-Index von 165 D (5.150 kg, 65 km/h, 2,4 bar). Und der Alliance Agristar hat gar 170 D (6.000 kg, 65 km/h, 3,0 bar).
Alle Testreifen der VF-Norm (VF = Very High Flexion; VF steht immer vor der Größenangabe) haben den noch höheren Index 174 D, was immerhin 6.700 kg Radlast bei 65 km/h und nur 2,0 bar sind. Damit wird klar, wie wichtig der Reifeninnendruck für den Vergleich ist. Wir haben deshalb zusammen mit den Herstellern auf Basis ihrer offiziellen Reifendrucktabellen den für jeden Reifen empfohlenen Innendruck ermittelt.
Der richtige Luftdruck
Vorgabe von uns war dabei eine Radlast von 30 bzw. 45 kN (was rund 3 bzw. 4,5 t pro Rad entspricht) im Dauereinsatz bei schwerer Zugarbeit. Rechnet man mit einem Triebkraftbeiwert von 0,5, kommt man bei den angegebenen Radlasten auf Zugkräfte von rund 50 kN bei 30 kN Radlast (Achslastverteilung vorne/hinten: 40/60 %) sowie rund 75 kN bei 45 kN Radlast. Dementsprechend sollte der Reifeninnendruck gewählt werden.
In der Tabelle „Alle Mess-Ergebnisse auf einen Blick“ sind die entsprechenden Reifeninnendrücke aufgeführt. Dabei fällt auf, dass bei den Standardreifen mit 30 kN Radlast die Empfehlung zwischen 0,6 bar (Vredestein) und 0,8 bar (Alliance, Ceat) variiert. Bei 45 kN Radlast sind es nur bei Alliance und Vredestein 1,3 bar, während alle anderen Hersteller 1,4 bar vorgeben.
Anders als die Standardreifen kommen die VF-Reifen bei 30 kN Radlast meistens mit nur 0,6 bar Innendruck aus, lediglich Alliance und Ceat schreiben 0,8 bar vor. Bei 45 kN Radlast variiert die Empfehlung lediglich zwischen 0,9 bar (Michelin, Vredestein) und 1,0 bar (alle anderen). Hier erkennt man bereits das höhere Potenzial der VF-Reifen mit ultra-flexibler Karkasse.
Aufstandsfläche bestimmt Bodendruck
Spannend wird es jetzt bei den Messungen der Aufstandsflächen. Bei den Standardreifen liegt die Kontaktbreite der 650er Reifen bei 30 kN Radlast tatsächlich nur zwischen 55 cm (Michelin) und 60 cm (BKT). Auch bei der höheren Radlast von 45 kN ändert sich daran kaum etwas, selbst bei den VF-Reifen ist das Bild ähnlich.
Deutlich größer sind die Unterschiede bei der Kontaktlänge: Während die Standardreifen bei 30 kN Radlast von 55 cm (BKT) bis 68 cm (Trelleborg) lang aufstehen, sind es bei den flexibleren VF-Reifen zwischen 64 cm (Alliance) und 70 cm (Michelin). So ergeben sich erhebliche Unterschiede bei der Aufstandsfläche. Dabei findet nicht nur die reine Stollenfläche Berücksichtigung, da auf dem Acker die Reifen einsinken.
Aufstandslänge variiert stark
So liegt bei 30 kN Radlast die gesamte Kontaktfläche der Standardreifen zwischen knapp 3.200 cm² (BKT) und gut 3.600 cm² (Trelleborg). Steigt die Radlast auf 45 kN bzw. um 50 %, geht die Aufstandsfläche aufgrund des vorgeschriebenen höheren Luftdrucks bei einigen Standardreifen sogar zurück (Michelin, Trelleborg, Vredestein) oder bleibt fast gleich (Alliance). Vergleicht man die Kontaktflächen der VF-Reifen, sind diese bei 30 kN Radlast nicht unbedingt größer als bei den Standardreifen. Erst bei höheren Radlasten können die VF-Reifen dank des niedriger vorgeschriebenen Innendrucks ihr Potenzial richtig ausspielen.
So haben der Alliance Agriflex sowie der Michelin Axiobib bei 45 kN Radlast mehr als 3.900 cm2 Kontaktfläche. Im Vergleich dazu kommt der Trelleborg TM1000 hier auf eine Kontaktfläche von nur 3.655 cm2. Umgerechnet auf den mittleren Kontaktflächendruck macht das einen Unterschied von fast 0,1 bar aus (1,15 zu 1,24 bar).
VF-Reifen im Vorteil
Tendenziell kann man an den Ergebnissen sehr gut die Vorteile der flexibleren VF-Reifen erkennen: Im Mittel liegt der Kontaktdruck bei allen Herstellern bis zu 0,2 bar niedriger als bei den vergleichbaren Standardreifen.
Hinzu kommt, dass die VF-Reifen bei einer Erhöhung der Radlast um 50 % von 30 auf 45 kN die Last deutlich besser abfangen. Der Kontaktflächendruck steigt hier im Mittel um nur rund 40 % an. Anders bei den Standardreifen: Hier steigt der Kontaktflächendruck mit plus 60 % überproportional stark an.
Ein eigenes Kapitel ist auch die Druckverteilung in der Kontaktfläche. Wir haben in den Grafiken den „Fußabdruck“ jedes einzelnen Reifens dargestellt. Hier lassen sich die Unterschiede sehr gut erkennen.
Diese Ergebnisse werden später auch die Basis für eine Simulation der Bodenbelastung sein. Hierzu haben sowohl die Technische Universität Dresden als auch die Berner Fachhochschule in der Schweiz entsprechende Programme (z. B. Terranimo). Ein Beitrag dazu folgt in einer späteren profi-Ausgabe.
Möglich wird die Vergrößerung der Kontaktfläche durch die Einfederung. Hier haben die VF-Reifen dank ihrer flexibleren Karkasse mehr Spielraum als Standardreifen. Entsprechend ist die Einfederung bei den Messungen ebenfalls sehr unterschiedlich: Während sich z. B. die Flankenhöhe beim BKT Agrimax von 38,8 cm auf 29,8 cm nur um 9 cm verringert, federt der BKT V-Flecto von 39,7 cm auf 27,7 cm Flankenhöhe um immerhin 12 cm ein. Und beim Michelin Axiobib sind es gar 14 cm Einfederung bei 45 kN Radlast!
Eine derart starke Einfederung wird in der Praxis aus Angst um den Reifen allerdings nur selten akzeptiert. Hier muss man sich erst noch an den Anblick gewöhnen. Hinzu kommt, dass die Fahrstabilität bei einer so großen Einfederung natürlich leidet. Deshalb ist eine Anpassung des Luftdrucks beim Wechsel zwischen Acker und Straße — am besten per Reifendruckregelanlage — unbedingt zu empfehlen.
Unterschiede beim Rollwiderstand
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Rollwiderstand. Dieser entspricht der Kraft, die nötig ist, um den Reifen mit einer bestimmten Radlast auf einer festen Fläche zu rollen. Diese Kraft ist tendenziell bei allen VF-Reifen aufgrund der möglichen niedrigeren Innendrücke (und damit stärkeren Verformung der Karkasse) höher als bei den Standardreifen. Bezieht man den Rollwiderstand allerdings auf die Radlast (Rollwiderstandskoeffizient), wird deutlich, dass der spezifische Rollwiderstand mit steigender Radlast durchweg sinkt. Grund ist der höhere Innendruck.
Ohnehin sollte man einen höheren Rollwiderstand hier nicht überbewerten, da er auf fester Fläche mit niedrigst möglichem Innendruck gemessen wurde. Auf dem Acker würden nämlich die Reifen mit einer großen Aufstandsfläche weniger einsinken und hätten somit hier einen ungleich niedrigeren Rollwiderstand.
Vergleicht man die Standardreifen, läuft der Vredestein Traxion 65 mit Koeffizienten von 0,034 (bei 30 kN) und 0,024 (bei 45 kN) zumindest auf der Straße schwerer als zum Beispiel der Michelin Multibib Plus (0,026 bzw. 0,019).
Bei den VF-Reifen hat der Ceat Torquemax den geringsten Rollwiderstandskoeffizienten (0,028 bzw. 0,023), während auch hier der Vredestein Traxion Optimall mit Rollwiderstandskoeffizienten von 0,036 bzw. 0,027 deutlich darüber liegt.
Das bleibt festzuhalten
Ein erster Prüfstandvergleich von Standard- und VF-Reifen der verschiedenen Hersteller macht insbesondere die Unterschiede zwischen den beiden Reifenbauarten deutlich. Aber auch die Fabrikate unterscheiden sich zum Teil nennenswert bei dem Rollwiderstand, der Größe der Aufstandsfläche sowie der Druckverteilung in der Kontaktfläche. Diese Druckverteilung wird auch Grundlage für einen weiteren Beitrag zur Beurteilung der Bodenverdichtung unterhalb der Kontaktfläche sein.
Wie anfangs erwähnt, gibt es aber noch viele weitere Aspekte, die bei einem Reifenvergleich zu berücksichtigen sind. So hat der Ceat Torquemax zum Beispiel nur 45 mm hohe Stollen, während der Michelin Axiobib 58 mm zu bieten hat. Was die Zahl der Stollenpaare angeht, hat der Axiobib nur 20, während es beim V-Flecto von BKT 23 Stollenpaare gibt. Das kann unter Umständen Einfluss auf die Verzahnung im Boden bzw. der Selbstreinigung haben, was nicht weiter untersucht wurde.
Bleiben noch die Preise: Wegen der großen Unterschiede im Handel veröffentlichen wir hier den Mittelwert einer Preisabfrage bei drei Händlern (Stückpreis ohne MwSt. und Montage).
Danach ist der Ceat Farmax 65 schon für 1.520 Euro zu haben, während z. B. der Michelin Multibib Plus mit 3.800 Euro mehr als das Doppelte kostet. Noch größer ist die Differenz bei den VF-Reifen. Hier ist der Michelin Axiobib 2 mit 5.330 Euro in unserer Abfrage über dreimal so teuer wie der Ceat Torquemax für nur 1.720 Euro.