Gut zu wissen
- Der erste Bautz-Mähdrescher war 1954 eine gezogene Maschine.
- Ab 1958 gab es den Selbstfahrer T 600, von dem bis zu 1 800 pro Jahr gefertigt wurden.
- Die Bautz-Mähdrescher waren solide gebaut und zuverlässig.
- Der Titan gehörte 1968 zu den modernsten Mähdreschern.
Ein Mähdrescher ohne Kabine? Heute unvorstellbar. Vor gut 60 Jahren waren solche Maschinen aber die Krönung der Landtechnik. Damals gehörte unter anderem die Firma Bautz zu den innovativsten Herstellern.
Bereits 1937 war Claas mit dem gezogenen Mähdrescher MDB in die Serienproduktion gestartet. Bautz widmete sich diesem neuen Ernteverfahren erst ab 1951, doch dann mit Vehemenz. Die Konstrukteure entwickelten einen gezogenen Mähdrescher, der anders als der MDB von Claas bereits mit einem 20-PS-Traktor einsetzbar war. Es gab diese Maschine ab 1954 mit 1,20 m und 1,50 m Schnittbreite. Eine richtige Serienproduktion kam aber nicht in Gang.
Bautz-Mähdrescher: Der erste Selbstfahrer
Unabhängig von diesem Projekt arbeiteten die Entwickler ab 1954 an einem selbstfahrenden Mähdrescher. So entstand der Bautz SMD mit einem selbsttragenden Rahmen und einem Unterflurmotor hinter der Vorderachse. Sehr bemerkenswert war der damals gigantische Trommeldurchmesser von 600 mm bei einer Breite von 740 mm. Die Schnittbreite betrug 1,90 m.
Die ersten Versuchsmaschinen liefen in der Ernte 1956, die Serienproduktion des Bautz T 600 startete im Jahr 1958. Die Motoren mit 29 oder 35 PS kamen von VW oder von Güldner. Bereits zur Druschsaison 1959 gab es den T 600 mit 2,20 m Schnittbreite und einem 40-PS-Dieselmotor von MWM. Mit dieser Maschine war Bautz aus der Deckung gekommen und stellte sich in Deutschland dem Wettbewerb, der damals Claas, Dechentreiter, Ködel & Böhm, Lanz, MF und Sperry hieß.
Schneidwerke werden breiter
Im Jahr 1962 kam der T 604 mit 2,70 m Schnittbreite und einer Trommelbreite von 980 mm auf den Markt. Angetrieben wurde dieser Mähdrescher von einem luftgekühlten Güldner-Vierzylindermotor, der damals schon ganze 52 PS leistete.
Anfang der 1960er Jahre verließen an manchen Tagen über 20 Mähdrescher das Werk in Bad Saulgau. Für Bautz wurden sie neben Heugeräten, Ladewagen und Ballenpressen zum wichtigsten Umsatzträger. Bautz hatte immer einen exzellenten Ruf, und dennoch verstärkten und professionalisierten die Bad Saulgauer in der Zeit auch ihr Marketing. So wurde der große Mähdreschertyp T 604 zur Saison 1965 in Commodore umbenannt. Insider behaupten, dies sei eine Reaktion auf den Namen Matador Gigant für das Flaggschiff des Hauptkonkurrenten Claas gewesen.
Die Geburt des Titan
Den Landwirten waren die Namen egal, sie verlangten damals nach mehr Leistung. Und so begann 1966 die Entwicklung der Bautz-Serie Titan. Diese Mähdrescher wichen von allem ab, was Bautz und andere Hersteller bisher auf die Räder gestellt hatten. Die beiden großen Titan galten seinerzeit als modernste Mähdrescher der Welt. Zu den Highlights gehörten ein Sechszylindermotor, ein hydrostatischer Fahrantrieb, eine elektrohydraulische Bedienung und ein topmodernes Design.
Im Jahr 1967 erschien als größte Ausführung der Titan 1300 mit 4,50 m Arbeitsbreite und 110 PS, auf Wunsch war sogar ein Perkins-Achtzylinder mit 150 PS zu haben. Im Jahr darauf ersetzte die daraus entwickelte kleinere Baureihe Titan 1100 den Commodore. Die Titan-Serie bestand damit aus sechs Typen mit Schnittbreiten von 2,70 m bis 4,50 m und verschiedensten Zusatzausrüstungen.
Die Entwicklungen und die technische Ausstattung hatten ihren Preis. Zusammen mit einer beginnenden Marktsättigung führte das dazu, dass die Umsätze bei den Mähdreschern von Bautz 1968 erstmals zurückgingen. Der Hersteller reagierte mit abgespeckten Varianten. So konnten die Landwirte den großen Titan 1310 mit Dreiganggetriebe und Riemenvariator statt des hydrostatischen Antriebs bestellen und so 6 000 DM (nach heutiger Kaufkraft fast 6 000 Euro) sparen.
Das Ende in saatengrün
Mitte 1969 war Bautz in einer verzwickten Lage. Mit allen Produkten spielte das Unternehmen in der ersten Liga der Landtechnik. Doch es gab keine Perspektive, kurz- oder mittelfristig aus dem wirtschaftlichen Tal zu kommen. Überdies gab es in der Familie keine Nachfolge.
Eugen und Alfred Bautz entschlossen sich deshalb zum Verkauf ihres Unternehmens. Zum Jahreswechsel 1969/70 übernahm Claas die Firma Bautz in Bad Saulgau und damit zunächst auch die Mähdrescherproduktion. Danach konzentrierte sich Claas dort auf die Fertigung von Grünlandtechnik.
Noch bis 1972 wurden Bautz-Mähdrescher in Bad Saulgau gefertigt, die letzten in saatengrün statt rot. Zu konkreten Stückzahlen liegen aber keine belastbaren Unterlagen vor. Belastbar war hingegen die produzierte Technik. Und so gibt es immer noch einige Landwirte, die zur Getreideernte auf ihren Bautz Mähdrescher schwören.