Abgespeckt
Aus profi 4/1991
Immer wieder stellen auch wir uns die Frage: Wie viel Technik und Komfort braucht es wirklich? Schon vor mehr als 30 Jahren gab Steyr eine Antwort und bot einen Standardschlepper in absoluter Basisausstattung an.
Die Grundausstattung des Steyr 8075 a ist ohne viel Schnickschnack: Arbeits-, Heck- und Dachscheinwerfer, Wisch-Wasch-Anlage, Elektronik und Radio, Fußraumheizung, Schellkuppler, Innenverkleidung und Digitalanzeige hat der Schlepper nicht. Unser Steyr 8075 kam sogar - auf Kundenwunsch - ohne Türen und Scheiben daher.
Auf den ersten Blick ist diese sparsame Ausstattung nachteilig. Wer sich jedoch mit dem Schlepper intensiv auseinandersetzt, kommt zum Ergebnis: In Grundausstattung ist dieser Traktor zwar ohne Besonderheiten, technisch jedoch vollständiger als viele andere "Basis"-Schlepper in der 75-PS-Klasse.
Normalerweise hat die Kabinenversion des Steyr 8075 in ihrer Grundausstattung auch Türen, Seiten- und Heckscheibe. Der Kunde kann jedoch auf diesen "Luxus" verzichten - mit dem Vorteil, dass der Schlepper dann dank des Baukasten-Prinzips von Steyr billiger wird. Bei anderen Fabrikaten kann man die Türen und Scheiben zwar selber ausbauen, billiger wird der Traktor dadurch jedoch nicht.
Der Motor des Steyr 8075 hat mit 3 456 cm3 den gleichen Hubraum wie der Motor des Steyr 8090, den profi im Juli 1990 im Schleppertest vorstellte. Im 8090 leistet der Motor mit Turbolader 59 kW/80 PS, ohne Turbolader bringt der gleiche Motor im Steyr 8075 noch 47 kW/64 PS. Im Prospekt spricht Steyr von der "Steyr-Büffelcharakteristik": 22 % Drehmomentanstieg, große Durchzugskraft und hohe Elastizität.
Ein Vierganggetriebe, eine mechanische Untersetzung und drei Gruppen (Acker, Straße und Rückwärts) machen insgesamt 16+8 Gänge. Die synchronisierte mechanische Untersetzungsstufe befindet sich auf demselben Hebel wie der Rückwärtsgang. Diese Kombination lässt sich angenehm schalten. Die Straßengruppe liegt der Rückwärtsgruppe direkt gegenüber, im gleichen Gang hat der Schlepper vorwärts wie rückwärts die gleiche Geschwindigkeit.
Das angenehme Schalten gilt auch für den Gangschalthebel. Die Synchronisation ist gut, der etwas lang geratene Hebel hat auf die Bedienung keinen nachteiligen Einfluss. Weil der erste Gang der Straßengruppe bei 5,4 km/h liegt (7,9 km/h bei der 40-kmlh-Version), braucht der Fahrer bei schweren Transportarbeiten nicht in der Ackergruppe anzufahren. Das wäre auch problematisch, weil der Gruppenschalthebel nicht synchronisiert ist.
Die Ackergruppe geht bis zu 8,8 km/h (11,1 km/h beim Schnellläufer), hat allerdings trotz der Untersetzungsstufe noch zwei Löcher: Von 1H nach 2L geht es 66 % schneller, von 3H nach 4L steigt die Geschwindigkeit um 42 %. Anstelle der 16+8 Gänge wird der Steyr 8075 auch mit Superkriechgang als 16+16-Getriebe angeboten. Der Mehrpreis für die Kriechgänge beträgt 1 345 DM, wobei die synchronisierte Untersetzung dann fehlt.
Der Allradantrieb wird über eine Lamellenkupplung geschaltet. Der Hebel dafür befindet sich links unten in der Kabine und lässt sich während der Fahrt schalten. Die Kontrollleuchte funktionierte bei unserem Schlepper nicht.
Die Differentialsperre wird über ein Fußpedal rechts vom Sitz betätigt. Die Trittrichtung ist nicht ideal, die Sperre ist jedoch leichtgängig bedienbar. Die Sperre rastet ein, das Pedal muss zum Lösen nach hinten getreten werden. Die Sperre selbst löst sich allerdings erst dann, wenn die Spannung durch die unterschiedlichen Rad-Drehmomente verschwunden ist.
Das Kupplungspedal lässt sich mit wenig Kraftaufwand betätigen. Die Bremspedale lassen sich jedoch nicht so schön bedienen: Man muss den Fuß sehr weit heben, die Trittbewegung ist nicht angenehm.
Eine fast ideale Lösung für Wartungsarbeiten bietet der Steyr 8075 wie auch seine Geschwister 8065 und 8085: Die komplette Motorhaube mit den Seitenteilen ist nach vorne aufklappbar. Weil die Haube aus Polyester besteht, lässt sie sich leicht bewegen. Entriegelt wird die Haube von der Kabine aus.
Wichtige Wartungsteile wie Luftfilter und Batterie sind nach dem Aufklappen der Haube problemlos zu erreichen, der Ölstand ist mit Hilfe des Ölmessstabs natürlich auch bei geschlossener Haube zu kontrollieren.
Nach Angaben von Steyr hebt der 8075 im Hubwerk 2 550 daN (2 600 kg). Für einen Schlepper in dieser Leistungsklasse ist das kein überzeugender Wert. Unter dem linken Hubarm lässt sich ein Zusatzhubzylinder anbringen. Wer mit dem Siloblockschneider arbeiten will, sollte diesen Zusatzhubzylinder bestellen, auch wenn diese Ausrüstung in der sehr ausführlichen Liste mit Sonderausstattungen nicht mit aufgeführt wird.
Die Senkdrossel für das Hubwerk lässt sich nicht gut bedienen. Ebenso fehlt dem 8075 eine stufenlose Einstellung der Mischregelung. Überhaupt sehen die Hebel und Aufkleber des Hubwerks so aus, als wären sie vor 20 Jahren entworfen. Die Heckbetätigung des Hubwerks ist schwergängig. Die Hubstreben lassen sich an den Unterlenkern in einer zweiten Bohrung weiter vom am Schlepper anbringen. Dann hebt der Steyr 8075 deutlich mehr, der Hubweg wird dafür jedoch deutlich kürzer.
Die Ölpumpe der Hydraulik hat eine Fördermenge von 42 l/min, in dieser Leistungsklasse ein ausreichender Wert. Ein einfachwirkendes Steuerventil wird serienmäßig mitgeliefert. Deutlich positiv bewerteten wir die Handkupplung für die Zapfwelle. Sie ist links unter dem Lenkrad leicht zu bedienen. Der Schlepper ist mit 540er und 1000er Zapfwelle ausgerüstet, auf Wunsch bietet Steyr die Vierfach-Zapfwelle (mit 540 und 1000 Umdrehungen auch als Sparzapfwelle) an. Ab Werk kostet die Vierfach-Zapfwelle 595 DM mehr, bei Nachlieferung 940 DM. Dann lässt sich der 8075 allerdings nicht mit Kriechgängen ausstatten.
Wenn es kalt oder nass ist, bietet ein Schlepper ohne Türen und Scheiben natürlich wenig Komfort. Wer im Sommer jedoch gerne in frischer Luft sitzt oder häufig auf- und absteigen muss, hat hier Vorteile. Allerdings lassen sich auch bei der Komplett-Kabine die Türen und Fenster einfach herausnehmen und zur Seite legen.
Den Ein- und Ausstieg beurteilen wir etwas unterdurchschnittlich, weil die Kotflügel ziemlich weit nach vorne ragen. Der Geräuschpegel (87 dB(A) nach LBG) liegt in der RS2-Kabine des 8075 deutlich über dem Durchschnitt. Hier zeigt sich ein Nachteil des recht einfachen Kabinenkonzepts. Denn auch die teurere SK2-Variante hat einen Geräuschpegel, der über dem Durchschnitt in dieser Leistungsklasse liegt.
Das bleibt festzuhalten: In Grundausstattung bietet der Steyr 8075 für 51410 DM ein vollwertiges Arbeitspferd. Wichtige Bauteile wie Getriebe, Frontantrieb, Differentialsperre und Lenkung funktionieren überdurchschnittlich gut. Die Kabine ist leider laut. Die serienmäßige Hubkraft könnte doch höher sein. Technisch hat uns der Steyr 8075 in seiner sparsamen Grundausstattung dennoch gefallen.
Mehr Komfort kostet auch mehr Geld: So kosten bei Steyr Arbeitsscheinwerfer pro Stück 155 DM, Dachscheinwerfer 545 DM, die Wisch-Wasch-Anlage steht für 240 DM und die Digitalanzeige für 940 DM in der Liste. Die Fußraumheizung kostet 765 DM, und die Innenverkleidung 785 DM extra. Wer will, kann sich den Steyr also gegen Aufpreis auch bequemer gestalten.
profi Daten-Kompass
Steyr 8075 a
Motor:
Steyr Vierzylinder-Dieselmotor mit Direkteinspritzung, 47 kW/64 PS bei 2 400 Umdrehungen, 3456 cm3 Hubraum, maximales Drehmoment 229 Nm bei 1 600 Umdrehungen, 22 % Anstieg; wassergekühlt. Kraftstofftank mit 60 l.
Getriebe und Kupplung:
16 + 8 Gänge, 4 Gänge (synchronisiert), zweistufige Untersetzung (synchronisiert), Gruppenschaltung Acker/Straße und Rückwärts (unsynchronisiert), 8 Gänge zwischen 4 und 12 km/h, 30 km/h (auf Wunsch 40 km/h), Einscheiben-Trockenkupplung.
Hubwerk und Hydraulik:
Kat. I und II, maximale Hubkraft 2 550 daN (2 600 kg), Oberlenker-Regelung. Hydraulikpumpe mit 42,5 Liter Förderleistung, Arbeitsdruck 175 bar, ein einfachwirkendes Steuergerät.
Zapfwelle:
6 Keilnuten; unabhängig schaltbare Motorzapfwelle mit 540/1 000 Umdrehungen, auf Wunsch beide mit Economy-Schaltung.
Bereifung:
Vorne 11.2-24 AS 6 PR, hinten 13.6-36 AS 6 PR
Maße und Gewichte:
Länge 3,70 m, Breite 1,87 m, Höhe 2,31 m. Leergewicht 2840 kg, zulässiges Gesamtgewicht 4000 kg, Nutzlast 1 260 kg.
Preis:
In Grundausstattung ohne Mehrwertsteuer 51 410 DM